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Einkaufsberatung

"Das steht ihnen sehr gut und sitzt ausgezeichnet."

Der Verkäufer nervt mich. Entweder ist er blind oder hat keine Ahnung.

Ich bin nach langer Zeit auf der Suche nach 2 Anzügen und einigen Jeans, da sich die Klamotten so langsam auflösen. Ich war seit mindestens 3 Jahren nicht mehr einkaufen, aber jetzt ist es nötig und so habe ich mich aufgerafft.

Die Anzüge, die der Verkäufer versucht mir schmackhaft zu machen, sind eine Katastrophe. Die Sakkoärmel sind zu kurz und auf dem Rücken habe ich zwischen den Schultern eine Querfalte. War schon immer ein Problem, da meine Schultern nicht so stark abfallen. In meiner Verzweiflung wende ich mich an eine Dame, die erkennbar auch Kundin ist.

"Entschuldigen sie, ich benötige ihre Hilfe. Da sie einen guten Geschmack haben, wie ich an ihrer Kleidung sehe, brauche ich ihr Urteil. Sitzt der Anzug?"

Sie wendet sich mir zu und betrachtet mich. Schließlich steht ihr Urteil: "Das geht überhaupt nicht. Die Ärmel sind zu kurz, die Hose zu weit, und auf der Schulter haben sie eine Querfalte im Nacken. Den Anzug können sie vergessen. Sie scheinen nicht sehr erfahren zu sein."

"Zumindest bei der Beschaffung von Bekleidung bin ich nicht sehr geübt."

"Und wie machen sie es sonst immer? Sprechen sie immer eine anwesende Frau an?"

"Das ist normalerweise nicht meine Art. Ich bin kompetentes Verkaufspersonal gewohnt. Früher stand ich bei solchen wichtigen Gelegenheiten immer unter der Aufsicht meiner Frau."

"Und warum fehlt jetzt diese Aufsicht?" fragt sie belustigt.

"Weil ich sie vor 3 Jahren an den Krebs verloren habe."

"Entschuldigen sie, wie ungeschickt von mir."

"Sie brauchen sich nicht entschuldigen. Sie konnten es ja nicht wissen. Ich brauche halt noch immer einen weiblichen Blick, um Fehlleistungen zu verhindern."

"Was haben sie denn noch dort. Ziehen sie mal an."

Also steige ich in den 2. Anzug, aber es ist auch nicht besser. Dann kommen die Jeans dran.

Sie bekommen ein vernichtendes Urteil.

"Die hängen an ihren wie Säcke. Was sind das überhaupt für Schnitte, da passt ja wirklich nichts zusammen."

"Vielen Dank für die klaren Worte. Ich werde dann mal weitersuchen."

"Ich begleite sie. Sie sind heute meine gute Tat. Ich will nur erreichen, dass sie vorteilhaft aussehen als Witwer."

Ich steige wieder in meine alten Klamotten und den Verkäufer einfach stehen. Er muss noch gewaltig lernen.

Vor dem Geschäft frage ich sie: "Wollen sie sich das wirklich antun? Das kann Stress pur werden."

"Ja, ich habe Zeit und sie sind so nett und verzweifelt. Außerdem macht es mir Spaß. Wir gehen jetzt am Besten zum Herrenausstatter Schulze-Lehmann, die sind gut sortiert. Die weiteren Kaufhäuser brauchen wir uns nicht zu geben. Übrigens ich bin Sybille und du?"

"Entschuldigung, wie unhöflich von mir. Ich bin Jens und Witwer."

Wir machen uns auf den Weg zu Schulze-Lehmann.

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