Am Scheideweg (fm:Ehebruch, 9207 Wörter) | ||
Autor: Omega666 | ||
Veröffentlicht: Jun 21 2023 | Gesehen / Gelesen: 16244 / 10961 [67%] | Bewertung Geschichte: 9.40 (110 Stimmen) |
Das Wiedersehen mit dem Ex-Verlobten legt die Widersprüchlichkeit der eigenen Lebensplanung mit der Realität offen. |
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Als sie sich Davids Abschiedsworte in ihr Gedächtnis zurückrief, schüttelte sie amüsiert ihren Kopf. Das war doch nicht der selbst gefällige David, der sie vor fünf Jahren mit ihrer damaligen besten Freundin Sonja betrogen hatte. Als sie davon erfuhr, hatte sie ihm eine Szene gemacht, und ihn sofort verlassen. Sie dachte zurück, wie sie sich seinerzeit kennengelernt hatten, und wie sie sich Hals über Kopf so in ihn verliebt hatte, dass sie bereits nach dem zweiten Date miteinander die Nacht mit ungezügeltem Sex verbrachten. "David muss sich in den vergangenen fünf Jahren geändert haben, schließlich ist auch er älter geworden", beendete sie ihre Gedanken.
Nachdem sie die Haustür hinter sich geschlossen hatte, blieb sie still im Flur stehen. Sie schellte sich selbst eine Idiotin, als sie schnell in die Seitentasche ihrer Kostümjacke griff, und ihren Ehering herausholte. Sofort schob sie das Symbol ihrer Ehe über den Ringfinger ihrer rechten Hand. Jetzt war sie wieder eine Ehefrau.
Ihr Ehemann Walter hatte sie bestimmt schon gehört, und würde zu ihr kommen, um sie zu begrüßen. Mit dem Gefühl, dafür eigentlich noch nicht bereit zu sein, lauschte sie in die Stille des Hauses. Hatte Walter noch nicht bemerkt, dass sie da war? Sie rief nach ihm: "Hallo Schatz, ich bin zuhause! Wo treibst du dich denn rum?" Doch sie bekam keine Antwort. Das war ungewöhnlich, denn er war immer da, wenn sie nach Hause kam. Und er hatte sie immer mit einem Kuss begrüßt. Sie überlegte, ob er ihr gegenüber geäußert hätte, dass er heute später nach Hause kommen würde. Aber sie konnte sich nicht daran erinnern, dies von ihm gehört zu haben.
Sie rief Walter noch einmal, und machte sich dann auf die Suche nach ihm. Als sie sah, dass ein Licht im Esszimmer brannte, betrat sie erwartungsvoll den Raum. Doch er war menschenleer. Sie blickte sich um, und sah auf dem Esstisch ein paar Papiere liegen. Und etwas Kleines, das im Licht der Zimmerdecke ein wenig funkelte.
Schlagartig war ihre Fröhlichkeit verflogen, und wurde durch Schuldgefühle und Angst ersetzt. Als sie sich dem Tisch näherte, sah sie zwei Fotografien und Walters Ehering. Sie nahm die beiden Fotos zur Hand, und bemerkte dabei ein Diktiergerät, das unter den Bildern versteckt gelegen hatte. Obwohl ihr Herz raste, glaubte sie, dass es stehenbleiben müsste. Das Bild zeigte, wie David und sie sich vor wenigen Stunden vor dem Restaurant geküsst hatten. Als außenstehende Beobachterin, die sie jetzt war, war sie erstaunt zu erkennen, wie vertraut diese beiden Personen miteinander umgingen. Dieser Kuss war kein unschuldiger Begrüßungskuss unter Freunden gewesen. So wie sie sich beim Kuss umarmt hatten, war der Kuss Ausdruck einer tiefen seelischen und körperlichen Verbundenheit gewesen.
Auf dem Foto erkannte sie einen kleinen roten Kreis, der ihre rechte Hand umschloss. Was sollte er bedeuten? Als sie das zweite Foto zur Hand nahm, verstand sie den Hinweis. Dieses Foto war eine Vergrößerung ihrer Hand, genauer gesagt ihres Ringfingers. Es bewies das Fehlen ihres Eheringes.
Karin setzte sich auf einen Stuhl, und betrachtete intensiv das Bild, wie sie und David sich küssten. Walter musste dagewesen sein, und die Szene beobachtet und fotografiert haben. Ihr wurde schlagartig schlecht.
Nachdem sie sich über dem Toilettenbecken übergeben, und sich anschließend ein wenig frisch gemacht hatte, ging sie zurück in das Esszimmer. Sie nahm das Diktiergerät zur Hand, von dem sie wusste, dass es ihrem Mann gehörte, und startete die Aufnahme. Karin hörte seine Stimme:
"Liebe Karin, wir beide haben uns vor Jahren geschworen, nachdem wir eine lange Zeit der Trauer, der Wut und des Zweifelns, hervorgerufen durch den Betrug unserer letzten Partner, gemeinsam hinter uns gelassen hatten, dass wir es in unserer Lebensgemeinschaft besser machen würden. Wir waren uns einig, dass unsere Liebe definiert ist durch gegenseitige innige und tiefe Verbundenheit. Wir waren uns auch einig, dass die Basis unserer Liebe aus Vertrauen, Loyalität und Respekt besteht. Wird dieses Fundament beschädigt, und dafür reicht schon das Herbeiführen eines größeren Schadens an einem der drei Pfeiler aus, dann besteht die Gefahr, dass der Grundstein zusammenbricht, und damit unsere Liebe keine Basis mehr hat.
Ich habe per Zufall herausgefunden, dass du mich mit deinem Ex, mit David, diesem gewalttätigen Egomanen, hintergehst. Wie viele Stunden haben wir über ihn und über das, was er dir angetan hat, gesprochen? Es hat eine lange Zeit gedauert, bis du über seinen Verrat an dir hinweggekommen bist. Ich habe dir bei der Bearbeitung deines Traumas geholfen, so wie du mir nach meiner Trennung von meiner betrügenden Ex-Frau beigestanden hast. In dieser Zeit haben wir das Fundament unserer Liebe, unserer Ehe gelegt. Und, wir haben uns geschworen, niemals mehr Kontakt zu unseren Ex-Partnern zu haben. Kein Telefonat, keine E-Mail, keine SMS, keine WhatsApp, kein Treffen. Annäherungsversuche sollten kategorisch abgewiesen werden. Aber daran scheinst du dich offensichtlich nicht mehr zu erinnern.
Ich weiß seit etwa zwei Wochen von deinem Verhältnis mit ihm. Du erinnerst dich vielleicht, dass ich vor 14 Tagen eine schwere Erkältung hatte, und im Gästezimmer geschlafen habe, damit ich deine Nachtruhe nicht störe. Gegen 22 Uhr hat mich der Klingelton deines Handys geweckt. Es lag im Esszimmer, und du warst im Wohnzimmer, und hattest ferngesehen. Deshalb hattest du auch eine gewisse Zeitspanne gebraucht, um auf den Klingelton zu reagieren. Ich war aufgestanden, um zu schauen, warum du das Telefonat nicht annimmst. Ich stand im dunklen Flur, als du dein Handy ans Ohr führtest, und den Anrufer mit seinem Namen David ansprachst. Du fragtest ihn, was dir die Ehre seines Anrufs verschafft? Ehre? Wirklich? Und dann habt ihr über eine Stunde miteinander gesprochen. Es kann nicht euer erstes Telefonat nach der Trennung gewesen sein, dafür war die Begrüßung zu vertraut. Die Kontaktaufnahme durch ihn kam für dich auch nicht unerwartet.
Ich habe nicht gehört, worüber ihr euch unterhalten habt. Du hast sehr leise gesprochen. Ich unterstelle, dass du mich nicht wecken wolltest. Aber mit welcher Intention? Um etwas zu verbergen?
Am nächsten Morgen habe ich dich gefragt, wer dich so spät noch angerufen hatte, und du hast mir geantwortet, dass es deine Freundin Michi war, die vermeintlich ein kleines Liebesproblem hatte, und von dir getröstet werden wollte.
Mit dieser Lüge hast du mein Vertrauen missbraucht. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte es schon komisch sein, wie Menschen, in diesem Fall leider du, manchmal die Folgen ihres Handelns unterschätzen. Warum hast du mich belogen? Warum hast du ausgenutzt, dass ich dir glauben würde? Warum hast du mein Vertrauen missbraucht? Und dann auch noch auf eine solch plumpe Art, denn ich hätte Michi doch einfach anrufen, und um eine Bestätigung eures Telefonates bitten können. Ich habe es aber nicht gemacht, weil ich dir vertrauen wollte. Dennoch, die Saat des Zweifels war gelegt. Und sie ging schnell auf. Seit einigen Wochen schon bist du immer dienstags und donnerstags später als davor üblich nach Hause gekommen. Du hast mir dafür eine - aus meiner damaligen Sicht - plausible Erklärung gegeben, indem du mir von einem Englisch-Kurs erzählt hast, an dem jeder Beschäftigte in deiner Bank - ab Position Abteilungsleiter - teilnehmen musste. Nun unterstellte ich einfach, dass auch dies eine Lüge war, und du diese Abende anders als mit Englisch Pauken verbracht hast.
Letzte Woche Dienstag habe ich vor deiner Bank auf dich gewartet. Ich wollte eine Bestätigung, dass deine Begründung für dein Fernbleiben keine Lüge war. Mein Vertrauen in dir war bereits angegriffen. Du glaubst nicht, wie enttäuscht ich war, als du gegen 17 Uhr das Bankgebäude verlassen hast, und du, statt nach Hause zu kommen, zu einem Restaurant in der Essener Innenstadt gefahren bist. Ja, ich bin dir gefolgt, und habe gesehen, wie du von einem Mann vor der Tür des Restaurants in Empfang genommen wurdest. Als du gegen halb neun nach Hause kamst, hast du mir, wie in den Wochen davor, ungefragt von deinem Tag und von deinem Englisch-Lehrgang erzählt. Du warst sehr überzeugend.
Am darauffolgenden Donnerstag habe ich in ausreichender Entfernung, um nicht von dir entdeckt zu werden, vor dem Restaurant auf der Lauer gelegen. Ich sah, wie du wieder auf einen Mann zugingst, den ich nun einwandfrei als David identifizieren konnte.
David hatte vor dem Restaurant auf dich gewartet. Ich sah, wie er dich zur Begrüßung küsste, und wie er anschließend vor dir das Lokal betrat, und du ihm folgtest. Später hast du mir berichtet, dass du den Englisch-Lehrer "knuffig" findest. Ich habe getan, als ob ich eifersüchtig wäre, und wir hatten in dieser Nacht Sex. Wir haben uns dabei nicht wirklich geliebt, dazu war ich nicht fähig. Unser Sex war nur körperlich.
Heute Abend habe ich dich und David mit Hilfe meines Tele-Objektives fotografiert. Eure Begrüßung hat sich von der von eurem Treffen davor eklatant unterschieden. Ihr habt euch verhalten wie ein Liebespaar, und euch innig geküsst. Ich bin, nachdem ihr das Lokal betreten hattet, nach Hause gefahren, weil ich dich heute Abend zur Rede stellen, und noch einige der Fotos, die ich von euch geschossen hatte, als Beweis ausdrucken wollte. Du wirst nicht glauben, wie erstaunt, verletzt, wütend und traurig ich war, als mir beim Betrachten der Bilder auffiel, dass du deinen Ehering abgenommen hattest. Warum hast du ihn abgezogen? Ich bin mir aber unschlüssig, ob mich deine Antwort noch interessiert.
Wie du bestimmt gemerkt hast, bin ich nicht anwesend. Der Grund ist einfach. Worüber, außer über gebrochene Versprechen, zerstörtes Vertrauen und über die Modalitäten unserer Scheidung, sollten wir noch reden? Du hast offensichtlich und sehr symbolhaft unsere Ehe bereits aufgegeben. Wie heißt es in der Bibel? "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!" Du hast es an Vertrauen, Loyalität und Respekt mir gegenüber missen lassen. Das ist auch der Grund, warum ich dir meinen Ehering zurückgebe. Mach damit, was du willst.
Wie geht es jetzt weiter? Ich bin nicht so arrogant zu glauben, dass du nur einen Fehler gemacht hast, du nur mich liebst, und du dir nichts sehnlicher wünscht, als zu mir, in unsere Ehe, zurückkehren zu dürfen, und David nun zum zweiten Mal endgültig Lebewohl zu sagen. Wenn dem so wäre, hättest du den Fehler nicht gemacht. Du bist mit unserer Ehe beim Spiel mit und um David ins Risiko gegangen, um was zu gewinnen? Die Antwort kann doch nur "David" sein. Ich gehe davon aus, dass du ein neues Kapitel in deinem Leben mit ihm aufschlagen möchtest, und es bislang noch nicht den richtigen Moment gab, es mir zu sagen, und die Scheidung einzuleiten. Ich fasse mal zusammen. Du magst vielleicht David gewonnen haben, unsere Ehe hast du aber verspielt.
David hat wahrscheinlich viele Qualitäten, insbesondere die im Bett, die ich nicht habe. Du solltest es ausprobieren, ob sie noch so gut sind wie vor fünf Jahren. Du und er sind 17 Jahre jünger als ich, da kann er sicherlich besser "seinen Mann" stehen. Ich muss für dich, mit meinen 55 Jahren, nur noch ein alter Mann sein, der dir zur Seite stand, als du seelische Probleme hattest, der aber jetzt ausgedient hat. Um mit Schiller zu sprechen: "Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen".
Falls ich mich mit meiner Interpretation des Geschehenen allerdings irren sollte, und du wirklich um mich und um unsere Ehe kämpfen willst, dann versuche dein Glück. Ich bin ergebnisoffen, und gebe dir und mir einen Monat Auszeit von unserer Ehe, speziell von unserem Ehe-Gelübde der Exklusivität. Wenn du zu mir zurückwillst, nenn mir in diesem Zeitraum Gründe, warum ich deine Rückkehr akzeptieren sollte. Derzeit fehlt mir allerdings die Fantasie, wie du es schaffen kannst, mich von deiner Ehrlichkeit zu überzeugen.
Aber vielleicht bin ich es auch, der in einem Monat nicht mehr zurück zu dir will. Die Auszeit gilt schließlich auch für mich. Bitte bedenke auch, dass alles, was wir in unserer Ehe-Auszeit entscheiden, tun und sagen werden, Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Wenn der Monat um ist, und wir nicht wieder zusammengekommen sind, werde ich die Scheidung einreichen.
Ich wohne ab sofort in einem Langzeit-Hotel, und werde ganz normal zur Arbeit gehen, und meinen Tag strukturieren. Versuche nicht, mir aufzulauern. Ich stehe dir für ein Telefonat, und erst einmal nur für Telefonate, nicht für persönliche Treffen, jeden Abend ab morgen für 30 Minuten zwischen 21 Uhr 30 und 22 Uhr zur Verfügung. Wenn du mit mir reden willst, ruf mich in diesem Zeitraum an. Aber das ist kein Muss. Wenn du mir nichts sagen kannst oder willst, vielleicht, weil es einfach nichts zu sagen gibt, dann ruf mich auch nicht an. Schweigen am Telefon ist nicht hilfreich.
Wenn wir allerdings miteinander sprechen, solltest du mir nicht erzählen, wie leid es dir tut, und dass du dich entschuldigen möchtest, und dass wir deinen Verrat hinter uns lassen können, um so weiter wie bislang zu machen. Ich lege dann sofort auf. Und du solltest mich auch nicht darum bitten, die Dauer unserer Ehe-Auszeit zu verkürzen. Du brauchst vielleicht nicht die gesamte Zeit, ich aber schon. Die einzige Ausnahme ist, wenn du schon bald selbst die Scheidung willst. Dann sei fair zu mir, und teile es mir schnellstmöglich mit.
Ach, weißt du eigentlich, dass dein Ex-Verlobter - und nun offensichtlich Wieder-Freund - David seit zwei Jahren geschieden ist? Es ist bestimmt gut für dich zu wissen, dass er wieder Single ist. Dadurch wirst du vielleicht nur eine Ehe zerstören. Der Scheidungsgrund war häusliche Gewalt. Er hat seine Frau im besoffenen Kopf wiederholt grün und blau geschlagen. Es gab allerdings keine Anklage, nachdem David seine Frau finanziell entschädigt hatte. Woher ich das weiß? Ein guter Freund aus alten Zeiten, der bis vor ein paar Wochen mit David noch zusammengearbeitet hatte, hat es mir erzählt. In diesem Sinne mach es gut, Karin."
Nach dem ersten Anhören seiner Botschaft spielte Karin diese noch ein zweites und ein drittes Mal ab. Dann schüttete sie sich ein Glas Wein ein, und ging ins Wohnzimmer. In der Dunkelheit setzte sie sich auf das Sofa, und zog die Beine an ihre Brust. Sie schloss die Augen, und dachte an ihren Mann. Er hatte die Situation auf den Punkt gebracht, so wie er es meistens tat. "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen." Scheiße, Walter hatte mit allem Recht. Warum hatte sie zugelassen, dass David wieder in ihr Leben trat? Warum hatte sie David höhergestellt, als ihren Mann? Sie verfluchte sich selbst, denn sie erkannte, dass sie allein an der aktuellen Situation Schuld trug. Sie musste versuchen, das eigentlich Unmögliche zu schaffen, nämlich ihre Ehe zu retten.
Sie fragte sich selbst, warum sie die Kontaktaufnahme durch David akzeptiert hatte. Dann erinnerte sie sich an die liebevollen Gefühle, die sie hatte, als sie heute Abend nach Hause kam. Aber diese Gefühle galten nicht ihrem Ehemann, sondern David. Sie hatte ihre Ehe aufs Spiel gesetzt, nur um ihren Ex-Geliebten zu treffen, und mit ihm für ein paar Stunden zusammen zu sein. Wie hatte es Walter in seiner Analyse ausgedrückt? Sie spulte das Band an die entsprechende Stelle, und lauschte Walters Worten: "Du bist mit unserer Ehe beim Spiel mit und um David ins Risiko gegangen, um was zu gewinnen? Die Antwort kann doch nur "David" sein. Ich gehe davon aus, dass du ein neues Kapitel in deinem Leben mit ihm aufschlagen möchtest."
Konnte es sein, dass sie das wirklich wollte? Nein, das wollte sie nicht, dessen war sie sich sicher. Sie musste deshalb Fakten schaffen. Wie in Trance nahm sie ihr Telefon zur Hand, und wählte Davids Nummer. Er nahm fast sofort das Telefonat entgegen, und begrüßte sie mit den Worten: "Hallo Süße, ich habe nicht so früh mit deinem Anruf gerechnet. Hast du mich vermisst? Ich schmecke immer noch deinen Kuss."
Karin unterbrach ihn. "Nein, David, ich habe dich nicht vermisst. Eigentlich habe ich dich seit unserer Trennung vor fünf Jahren, nachdem du Sonja gevögelt hattest, nicht mehr vermisst. Du hast es erneut geschafft, meine Partnerschaft mit dem Menschen, den ich liebe, zu zerstören. Nein, das stimmt nicht. Ich tue dir Unrecht. Ich war es, die meine Ehe vielleicht zerstört hat. Du warst nur eine kleine Requisite in diesem Prozess. Mein Mann hat mich verlassen, und das mit Recht.
David, ich will dich nie wieder sehen, noch mit der sprechen. Verschwinde aus meinem Leben, so wie du die letzten fünf Jahre verschwunden warst. Dieses Mal aber für immer. Ich liebe dich nicht. Ich hasse dich nicht. Du bist mir gleichgültig. Hast du das verstanden?"
"Karin, bis du von Sinnen? So wie du mich heute Abend geküsst hast, kann ich nicht glauben, dass du von dem, was du gerade gesagt hast, überzeugt bist. Du liebst mich, gestehe es dir ein. Hat dein Sinneswandel etwas mit deinem Ehemann zu tun? Ich wusste, dass du verheiratet bist, und du immer deinen Ehering, kurz bevor wir uns gesehen haben, abgenommen hast. Die Symbolkraft dieser Handlung ist doch eindeutig, und hat mich in meiner Einschätzung, dass du aus deiner Ehe mit diesem alten Mann raus willst, bestärkt. Will er um dich kämpfen? Ich werde es auf jeden Fall machen. Ich bin immer für dich da. Wir können unsere Beziehung wieder aufleben lassen. Ist das keine Perspektive für dich?"
Statt einer Antwort beendete Karin das Telefonat. David rief zurück, landete aber mit seinem Anruf nur auf ihrem Anrufbeantworter. Er hinterließ die Nachricht, dass er sie morgen Mittag von ihrer Arbeitsstätte abholen würde, damit sie beim Mittagessen miteinander sprechen könnten. Er drohte ihr damit, vor ihren Kollegen und Kolleginnen eine Szene zu machen, falls sie seiner Einladung nicht folgen würde. "Sei um Punkt halb eins im Foyer!", befahl er.
Jetzt war es mit ihrer Fassung vorbei. Tränen der Scham und der Angst liefen über ihr Gesicht. Der Mann, den sie liebte, und mit dem sie ihr Leben verbringen wollte, hatte Konsequenzen aus ihrem Verrat gezogen, und war gegangen. Sie war dazu verdammt, ihn davon zu überzeugen, sie wieder zurückzunehmen. Zuerst einmal musste sie aber David wieder loswerden. Oder konnte sie ihn als Freund behalten? Sie würde natürlich keinen Sex mit ihm haben, doch sie genoss seine Gegenwart und die Gespräche mit ihm. Walter konnte doch nichts dagegen haben, dass sie und David auf einer rein platonischen Ebene eine freundschaftliche Beziehung etablierten. Sie wäre natürlich weiterhin exklusiv für ihren Ehemann, und würde ihm auch nichts wegnehmen. Und Zeit würde sie mit David nur dann verbringen, wenn Walter arbeiten oder seinem Golfsport nachgehen würde. Wenn sie mit offenen Karten spielen würde, könnte er doch sicher sein, dass sie ihn nicht betrog, weder emotional noch körperlich sexuell. Aber waren das Argumente, ihn davon zu überzeugen, dass sie an dem Fortbestand ihrer Ehe interessiert ist? Eher nicht, gestand sie sich ein. Also musste David weg!
"Du bist mit unserer Ehe ins Risiko gegangen, und hast sie verspielt", hatte Walter ihr gesagt. Spiel, Risiko. Spielte sie wirklich mit ihrem Glück, oder stand sie mit ihrem Leben an einem "Scheideweg"? Links ging es zu David, rechts zu Walter. Es gab einen Weg, der geradeaus führte. Diesen Weg hätte sie allein gehen müssen, und das wollte sie nicht. Den Weg nach links zu gehen, war einfach. David wartete auf sie, und hatte ihr gesagt, dass er gewillt war, behutsam - oder hatte er langsam gesagt - ihre neue Beziehung aufzubauen. Egal, schließlich würde sie das Tempo in dieser Beziehung vorgehen. Davon war sie überzeugt. Nach rechts zu gehen war deutlich schwieriger, und der Erfolg war ungewisser, denn die Möglichkeit, auf diesem Weg zu gehen, hätte sie sich erst erarbeiten müssen.
Sie schaute in die Schwärze der Nacht, und rief leise noch einmal nach Walter. Wieder kam keine Antwort. Sie war allein in der ehelichen Wohnung. Ihr Mann hatte sie verlassen. Es war ihre Schuld gewesen, das war ihr bewusst. Karin fühlte sich einsam, und sie spürte fast körperlich die Angst, dass diese Einsamkeit nun ihr ständiger Begleiter sein würde. Sie trank den letzten Schluck Wein direkt aus der Flasche, und legte sich dann, bekleidet, wie sie war, in ihr Bett. Leise rief sie noch einmal vergeblich nach ihrem Mann. Sie kroch auf seine Bettseite, drückte seinen Schlafanzug an ihr Gesicht, und atmete tief durch die Nase ein. Karin meinte, seinen Körpergeruch zu riechen. Dann weinte sie sich in den Schlaf.
Der erste Tag der Ehe-Auszeit.
Am nächsten Morgen war sie gegen sechs Uhr wach. Sie erledigte ihre Toilette, frühstückte, schminkte sich anschließend dezent, und kleidete sich an. Trug sie am Arbeitsplatz, sie arbeitete im Kreditbereich mit Kundenkontakt, üblicherweise geschäftsmäßige Kleidung, wie ein körperbetonendes Kostüm, hautfarbene Strumpfhosen und Pumps beschloss sie, sich heute wie eine "langweilige Tante" zu kleiden: Weißer BH und weiße Pants, eine dunkelblaue Bluse, eine helle Stoffhose, weiße Baumwollstrümpfe und Ballerinas im Farbton der Bluse. Sie hatte nicht vor, sich für David sexy zu kleiden.
Karin war nervös, als sie kurz vor halb eins den Aufzug verließ, der sie in das Foyer der Bank gebracht hatte. Sie schaute sich um, und erblickte David, der freudestrahlend auf sie zukam. Als er sie zur Begrüßung auf den Mund küssen wollte, drehte sie ihren Kopf zur Seite, so dass seine Lippen nur ihre Wange berührten.
Auf dem Weg zu seinem Auto fragte sie ihn in einem kühlen Ton: "Wo gehen wir hin?" "Wir fahren natürlich zu "unserem" Restaurant", beantwortete er ihre Frage mit einem Lächeln. Als Karin fragend eine Augenbraue hob, schob er die Erklärung nach: "Wir gehen natürlich in das Restaurant, in das wir die letzten Wochen gegangen sind. Ich habe nicht vor, daran etwas zu ändern, um deinem Mann glauben zu machen, dass wir etwas zu verbergen hätten. Glaubst du, er lässt dich von einem Detektiv beschatten?"
Die letzte Frage ließ Karin erschaudern. Was wäre, wenn dies den Tatsachen entsprach? Dann würde Walter erfahren, dass sie sich heute - nur einen Tag nach seinem Auszug - wieder mit David getroffen hatte. Wie würde sie dann dastehen? Wie sollte sie ihm das erklären?
Sie überlegte einen Moment, doch dann war sie sich sicher. "Nein, Walter lässt mich nicht beschatten", sagte sie voller Überzeugung. "Er hat mir gesagt, dass er mir und ihm einen Monat Auszeit von unserer Ehe gibt. Auszeit bedeutet, ich muss mich in diesem Zeitraum ihm gegenüber nicht rechtfertigen. Glaube ich zumindest, oder? Ich muss mir seine Nachricht noch einmal anhören, um sicher zu sein."
Der Rest der kurzen Fahrt verlief schweigend. Im Restaurant nahm David den Gedanken von der "Ehe-Auszeit" auf. Nachdem Karin ihm eine Zusammenfassung von Walters Nachricht gegeben hatte, kommentierte David das soeben Gehörte: "Das ist doch fantastisch. Er hat dir eine Auszeit von der Ehe gegeben. Er hat dir also einen Persilschein ausgestellt. Du bist in den nächsten vier Wochen frei zu tun, was du willst. Du bist ihm dafür keine Rechenschaft schuldig."
"Ja, vielleicht, ich weiß es nicht", giftete Karin ihn an, "aber ich werde trotzdem nicht mit dir vögeln. Und du kannst dir ganz schnell abgewöhnen, mir zu drohen. Du hast doch mehr zu verlieren als ich. Du bist doch jetzt Vorstandsvorsitzender der Schaumburg Privatbank. Was, glaubst du, wird dein Aufsichtsrat sagen, wenn ich mich bei ihm über dich wegen sexueller Übergriffe beschwere? Dann bist du deinen Posten ganz schnell wieder los. Oder liege ich da etwa falsch?"
Nach einer kurzen Zeit, in der David sich sammeln musste, erklärte er: "Ich merke, du bist knochenhart geworden. Na ja, als Abteilungsleiterin der Kreditabteilung einer Bank musst du bestimmt oft kompromisslos sein. Aber ja, ich habe verstanden, und entschuldige mich bei dir. Es kommt nicht wieder vor. Ganz nebenbei, ich könnte eine Führungskraft wie dich gebrauchen. Ich biete dir ein doppelt so hohes Gehalt, wie du es von deinem aktuellen Arbeitgeber bekommst, an, verbunden mit der Leitung des gesamten Kreditbereiches. Sei nicht blöd, nimm dieses Angebot an."
Jetzt war es an Karin, ihre Gedanken zu ordnen. "Warum bietest du mir den Job an?", wollte sie verwirrt wissen.
"Ich sehe, du bist interessiert", bestätigte David lächelnd. "Ich muss mich für meinen Betrug von vor fünf Jahren entschuldigen. Ich habe dich enttäuscht. Ich habe dich verraten. Es tut mir so leid, was ich dir angetan habe. Ich versuche, meine Schuld ein wenig abzutragen. Natürlich bekommst du, wenn du mein Angebot annehmen solltest, zusätzlich eine Arbeitsplatzgarantie für die Zeit meiner Amtsführung und für weitere drei Jahre darüber hinaus."
Karin fragte sofort: "Und an deinem Angebot sind keine Bedingungen geknüpft? Ich muss dich nicht vögeln oder dir anderweitig zu Diensten sein? Du bietest mir die Bereichsleiterstelle nur an, weil ich sie kompetent ausfüllen kann?"
David nickte als Teil seiner Antwort. "Natürlich bekommst du den Job nur, weil du es wert bist. Ich bin dem Unternehmen verantwortlich und würde keine Person einstellen, von der ich wüsste, dass sie den beruflichen Anforderungen nicht gewachsen ist. Mein einziger an dich gerichteter Wunsch ist es, dass wir wieder Freunde sein können."
"Lass mich darüber nachdenken, David", bat Karin. "Deine Offerte ist verlockend."
"Natürlich bekommst du Zeit, meinen Vorschlag zu überdenken", erwiderte David, "allerdings nur bis morgen, 14 Uhr. Dann läuft die Abgabefrist ab. Es liegen einige sehr gute Bewerbungen vor. Einen weiteren Kandidaten interviewen wir auch morgen - nach dir - gegen 15 Uhr. Du musst, wie jeder andere Bewerber auch, das ganz normale Bewerbungsverfahren der Bank durchlaufen. Aber ich bin mir sicher", und dabei lächelte er verschwörerisch, "dass deine Qualifikationen jeden in der Bank überzeugen werden. Komm um zwei in mein Büro, und bring die üblichen Bewerbungsunterlagen mit. Die Leiterin meiner Personalabteilung, Frau Hille wird zum Termin anwesend sein, und wir werden mit dir das übliche Bewerbungsgespräch führen. Bitte denk daran, mich im Termin nicht zu duzen. Es muss in der Bank zum aktuellen Zeitpunkt noch keiner wissen, wie gut wir uns kennen. In Ordnung?"
"David, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich habe dich offensichtlich total falsch eingeschätzt. Du verstehst aber bestimmt, dass ich dein Angebot mit meinem Mann besprechen muss. Ich werde ihn heute Abend anrufen, und ihn um seine Meinung bitten", erklärte Karin sachlich.
In einem genauso sachlichen Ton bestätigte David: "Ich hoffe, dass du es bist, die die finale Entscheidung treffen wird und nicht dein Ehemann. Ich wette, dass er es dir ausreden möchte, weil er nicht will, dass du mit mir zusammenarbeiten wirst. Er wird wollen, dass du in deinem, von ihm bewachten Käfig sitzen bleibst, weil sein männlicher Stolz es nicht zulassen will, dass du eine für dich äußerst positive Entscheidung über seinen Kopf hinweg triffst. Er hat Angst davor, dass du selbstständig wirst. Du hast diese Karriere verdient, glaube mir."
Nach einer kurzen Gedankenpause, in der keiner der beiden etwas sagte, fuhr er fort: "Und nun lass uns etwas essen. Ich habe Hunger."
Während des Mittagessens machte David keine Anzeichen, Karin Avancen zu machen. Sie unterhielten sich über Gott und die Welt - und letztendlich auch über Karins Ehe. David hatte sie durch geschickte Fragen dazu gebracht, dass sie ein wenig über die Stärken, aber auch über die Schwächen ihres Ehemanns erzählte. Natürlich kommentierte er die Stärken positiv, und bewertete die Schwächen wohlwollend. Selbstverständlich verstand er es, seine Stärken in das Gespräch einfließen zu lassen, und natürlich stand er im Vergleich zu Karins Mann besser da. Aber dies zu bemerken, überließ er Karin. Dass sie ihm auf den Leim gegangen war, meinte er daran zu erkennen, dass Karin manchmal wissend mit dem Kopf nickte.
Eine dreiviertel Stunde später brachte David die Frau, die sich anschickte, wieder eine - vielleicht seine - Freundin zu werden, zurück zu ihrem Arbeitsplatz. Er hielt ein paar Hundert Meter von der Bank entfernt, beugte sich zu Karin rüber, und fragte sie: "Bekomme ich einen kleinen Kuss zu Abschied?" Karin lächelte ihn an, und sie fanden sich wenige Augenblicke später für etliche Sekunden in einem zärtlichen Kuss vereint.
Das erste Telefonat seit der Trennung.
Karin war nervös. Gleich würde sie das erste Mal, seitdem Walter sie verlassen hatte, mit ihm telefonieren. Je näher sich die Uhrzeit halb zehn näherte, desto mehr wurde ihr bewusst, dass sie ihren Ehemann schon wieder betrogen hatte. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich erneut mit David getroffen hatte, und wie sollte sie ihn um seine Meinung zu Davids Jobangebot bitten? Was konnte sie ihm erzählen, dass für sie als seine Ehefrau sprach? Er hatte ihr untersagt, sich für die Lügen und den begangenen moralischen Verrat an ihm und an ihrer Ehe zu entschuldigen.
Punkt 21 Uhr 30 nahm sie ihr Smartphone zur Hand, und wählte seine Rufnummer. Sie hörte das Freizeichen vier-, fünfmal. Dann nahm er endlich das Gespräch entgegen und begrüßte sie. "Hallo Karin, ich freue mich, dass du anrufst. Wie geht es dir?"
Walter konnte ihre Nervosität durch das Telefon spüren. Nach einer gefühlten Ewigkeit von nur ein paar Momenten sprudelten die Worte aus Karin heraus. "Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, Walter", begann sie die Konversation. "Ich will keinen Neuanfang mit David. Als er mich vor einigen Wochen das erste Mal anrief, um sich mit mir auf einen Kaffee zu verabreden, war ich einfach nur neugierig zu erfahren, wie er sein Leben seit unserer Trennung gestaltet hatte. Wir haben nur geredet, uns unterhalten. Da war nichts Anstößiges dabei. Dass musst du mir glauben. Und dann kam es nach ein paar Wochen zu diesem einen Kuss, den du gesehen hast. Ich weiß nicht, warum ich ihn zugelassen habe. Es fühlte sich so verboten an, aber auch so vertraut. Kannst du das vielleicht ein bisschen verstehen?"
"Nein, das kann ich nicht!", erwiderte Walter bissig. "Du machst dir selbst etwas vor. Wenn eure Treffen nichts Besonderes waren, warum hast du mir davon nichts erzählt? Und warum hast du zu deinen Dates mit diesem Typen deinen Ehering versteckt?"
Traurig versuchte Karin ihr Fehlverhalten zu begründen: "Das waren keine Dates. Ich wollte nie, dass es so weit kommt. Ich war mir sicher, dass ich ihn auf Distanz halten kann. Den Ring habe ich abgenommen, weil ich mich nicht mit ihm über unsere Ehe oder über dich unterhalten wollte. Er sollte von uns nichts erfahren. Ich weiß, diese Begründung muss für dich ziemlich konstruiert klingen, aber ich habe keine Bessere. Mit dem Kuss hat er mich überrumpelt. Ich war einfach dumm. Je länger diese wirklich rein platonische Verbindung mit David andauerte, desto schwieriger wurde es für mich, mich dir anzuvertrauen.
Noch in der Nacht, in der ich dich durch meine Handlungen dazu getrieben hatte, mich zu verlassen, habe ich David sofort angerufen, und ihm gesagt, er solle mich nie wieder kontaktieren. Aber er hat mich genötigt, mich mit ihm noch einmal zu treffen, und mit ihm zu reden. Gleichwohl stellte sich dieses Meeting als ein ganz harmloses heraus. Es war fast so etwas wie ein Bewerbungsgespräch. Er hat mir eine Stelle in seiner Bank angeboten. Ich kann Leiterin des Kreditbereichs werden, und dadurch fast doppelt so viel verdienen wie bislang. Kannst du dir das vorstellen? Er hat mir hoch und heilig versprochen, dass an meiner Einstellung keine Bedingungen oder Erwartungen seinerseits geknüpft sind. Ich muss das ganz normale Bewerbungsverfahren durchlaufen. Dennoch, ich will das Angebot nicht ohne deine Zustimmung annehmen."
Nun war es an Walter eine ganze Weile zu schweigen. Nachdem er seine Gedanken geordnet hatte, sprach er in einem ruhigen und besonnenen Tonfall, "Ich hatte dir mitgeteilt, dass ich einen Monat Auszeit von unserer Ehe brauche, um dir und mir Gelegenheit zu geben, uns unserer Gefühle füreinander sicher zu sein, und, um zur Ehrlichkeit zurückzufinden. Wir beide sind in diesem Zeitraum frei, Entscheidungen allein zu treffen, ohne diese, wie es Eheleute üblicherweise tun würden, im Vorfeld mit dem Partner zu besprechen. Wir können tun und lassen, was wir wollen. Aber wir müssen natürlich daran denken, dass alles, was wir in unserer Ehe-Auszeit entscheiden, machen und sagen werden, Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Wenn du mich also bittest zuzustimmen, dass du zukünftig Tür an Tür mit deinem Ex-Verlobten acht, neun, zehn Stunden am Tag vertraulich zusammenarbeiten wirst, dass dein neuer Job es wahrscheinlich mit sich bringen wird, dass ihr gemeinsame Dienstreisen durchführen werdet, dann sage ich dir, dass du meine Genehmigung nicht brauchst, und, dass ich einen Teufel tun werde, sie dir zu geben. Du musst jetzt deine Entscheidungen selbst treffen und verantworten.
Wenn du mich allerdings als deinen Freund fragen würdest, was ich von diesem Job-Angebot halte, dann würde ich dir gestehen, dass ich deinen Ex fast ein wenig bewundere. Er ist wirklich ein Macher, wenn auch ein moralisch äußerst verwerflicher, da er sich an eine verheiratete Frau ranmacht. Er hat keine Zeit verschwendet, um dich anzubaggern, und versucht nun, dich von ihm abhängig zu machen. Wahrscheinlich hast du ihm von unserer Ehe-Auszeit erzählt, und er nutzt dieses Wissen, dich zu beeinflussen."
Walter ließ seine Aussage ein wenig wirken, und sprach dann weiter: "So, Karin, unsere halbe Stunde Gesprächszeit ist fast um. Ich habe leider nichts von dir gehört, warum wir weiter verheiratet sein sollten." Sarkastisch führte Walter fort: "Ich freue mich aber, dass du kein Geheimnis davon gemacht hast, dass du deinen Ex unverzüglich nach unserer Trennung wieder getroffen hast. Ich hätte gerne gewusst, wie ihr euch begrüßt, und wie ihr euch verabschiedet habt. Aber eigentlich geht mich das nichts an.
Wenn du es willst, sprechen wir uns morgen Abend wieder. Aber, wie gesagt, es ist kein Muss. Ich wünsche dir eine gute Nacht." Damit beendete er das Telefonat, und ließ eine immer verzweifelt werdende Karin mit sich allein.
Während Walters Zusammenfassung ihres Gespräches, dass es derzeit keinen Grund gäbe, verheiratet zu bleiben, in ihrem Kopf kreiste, setzte Karin sich fast mechanisch an ihren Laptop, und fing an, ihren Lebenslauf zu aktualisieren und ihre Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen. Falls ihre Ehe mit Walter wirklich vorbei wäre, musste sie an ihre eigene Karriere und Zukunft denken. So versuchte sie ihr Tun logisch zu begründen.
Am nächsten Tag in Davids Büro.
Geschäftsmäßig mit einem schicken knielangen Kostüm, bestrumpften Beinen und Pumps mit fünf Zentimeter hohen Absätzen gekleidet, betrat sie Davids Vorzimmer, und meldete sich bei seiner Sekretärin an. Sie wurde sofort in sein Büro geführt, in dem neben David auch eine Frau auf sie wartete. David stellte sie als Frau Hille, die Leiterin der Personalabteilung vor.
Das Interview verlief geschäftlich. David überließ es Frau Hille, Karin zu befragen, und ihre Qualifikationen abzuklopfen. Über die Bezahlung wurde, wie in einer ersten Befragungsrunde üblich, noch nicht geredet, wohl aber über die sonstigen Sozialleistungen, ihre Kompetenzen und den Berichtsweg. Sie erfuhr, dass David im Vorstand für den Kreditbereich verantwortlich war, und sie direkt an ihn berichten würde. Nachdem auch ihre Fragen von den beiden Bankenvertretern beantwortet worden waren, stand David auf, und beendete formal das Bewerbungsgespräch mit Verweis darauf, dass Frau Hille sich in der kommenden Woche bei Karin melden wird, um das weitere Vorgehen abzustimmen, wie ein weiteres Kennenlerngespräch mit den zwei anderen Vorstandsmitgliedern. Karin bedankte sich ebenfalls für das Gespräch, und verließ dann das Gebäude.
Zwei Stunden später rief David sie an. "Du hast auf die Personalerin einen super Eindruck gemacht. Sie ist von deinem Fachwissen und deinen sozialen Kompetenzen überzeugt, und hat dich für die Finalrunde empfohlen. Ich wollte es dir nur schnell zurufen. Ich habe mit ihr auch schon die Bezahlung und die Jobgarantie besprochen. Bei letzterem musste sie ein wenig schlucken, ist dann allerdings darauf eingestiegen. Der nächste Termin ist der kommende Mittwoch zum Mittagessen in unserer Vorstandsküche um 12 Uhr 30 mit meinen beiden Vorstandskollegen und Frau Hille."
"Klasse", rief Karin ins Telefon. "Vielen Dank für das Feedback. Auch wenn es bedeutet, dass wir uns bis auf Weiteres nicht mehr sehen werden. Schließlich möchte ich nicht, dass irgendein Mitarbeiter deiner Bank uns zufällig zusammen sieht, und Gerüchte in die Welt setzt. Erst wenn ich den Vertrag unterschrieben habe, und ich mit dir zusammenarbeiten werde, können wir uns wieder miteinander in der Öffentlichkeit zeigen."
"Das ist nicht dein Ernst. Ich genieße die Gespräche mit dir. Kann ich nicht heute Abend auf ein Stündchen zum Quatschen zu dir kommen?", fragte David, wobei sein enttäuschter Tonfall Karin eigentlich hätte signalisieren sollen, dass er sich vielleicht als Gegenleistung doch mehr von ihr erhofft hatte. "Schließlich lebst du doch zurzeit in einer Ehe-Auszeit. Dann kann es ja kein Ehebruch sein, insbesondere wenn wir nur reden. Ich verspreche auch, dass ich dich nur zur Begrüßung und zum Abschied küssen werde. Einverstanden?"
"Aber jeweils nur einen kleinen, freundschaftlichen Kuss, und nicht mehr. Verstanden?", lachte Karin. "Wir treffen uns um acht in der "Spanischen Reihe". Die Kneipe ist bei mir direkt um die Ecke. Du weißt doch, wo ich wohne?"
"Natürlich weiß ich das. Schließlich hast du mir heute deine Bewerbungsunterlagen übergeben. Bis gleich um acht." Damit beendete David das Gespräch.
Das Treffen in der Kneipe.
David hatte schon in einer lauschigen Ecke Platz genommen, als Karin, freizeitlich gekleidet, den Raum betrat. Sie sah ihn sofort und näherte sich seinem Tisch. David stand auf, ging ihr entgegen, und begrüßte sie mit einem Kuss auf die Lippen. Dies hätte als ein freundschaftlicher Kuss gewertet werden können, wenn er nicht Karin - weiterhin küssend - an sich gezogen, und mit seinen Armen umschlungen hätte. Karin versuchte sich, von David zu lösen. Doch der starke Mann hatte sie mit seinen Armen fixiert, und beschnitt so ihren Bewegungsspielraum. Endlich gelang es ihr, sich von ihm loszureißen, und zischte ihn an: "Hör auf damit, David! Ich hatte dir einen freundschaftlichen Kuss versprochen, keinen französischen Kuss, und schon gar nicht eine innige Umarmung."
Karin und David standen sich weiterhin vor ihrem Tisch gegenüber. "Verzeih mir, bitte", unterbrach David sie. "Ich habe mich von meinen Gefühlen für dich hinreißen lassen. Schließlich liebe ich dich immer noch. Das weißt du doch, oder etwa nicht? Gib es endlich zu, Karin, du hast die gleichen Gefühle für mich."
Karin sprach nun so laut, dass die anderen Kneipenbesucher ihre eigenen Gespräche unterbrachen, um dem Zank zwischen den beiden zuzuhören. "Nein, ich habe keine Gefühle mehr für dich. Ich liebe dich seit dem Zeitpunkt nicht mehr, als ich erfuhr, dass du - kurz vor unserer geplanten Hochzeit - meine Scheiß-Freundin Sonja gefickt hast. Dein Betrug hat alle Liebe zu dir in mir zerstört.
Ich hatte in den letzten Wochen gedacht, ich könnte eine freundschaftliche Beziehung zu dir aufzubauen. Aber ich habe mich getäuscht. Wir werden niemals mehr Freunde sein, und ich will dich nie mehr wiedersehen. Wenn du mich stalkst, erwirke ich eine einstweilige Verfügung gegen dich, und werde deinen Aufsichtsrat informieren, dass du mich sexuell belästigst. Hast du das endlich verstanden?" Mit den letzten Worten drehte sich Karin um, und verließ erhobenen Hauptes die Bar, einen sichtlich verwirrten David zurücklassend.
David stand wie erstarrt da, und schaute ihr hinterher. Erst, als die Stille im Raum dadurch unterbrochen wurde, dass die anderen Gäste ihre Gespräche wieder aufnahmen, ließ er sich konsterniert auf eine Sitzgelegenheit fallen. Sollte er sich so in Karin und in seine ausgeprägte Fähigkeit, Menschen zu manipulieren, getäuscht haben. Sie hatte doch mit ihm geflirtet. Sie hatte ihre Ehe für ihn verraten, als sie zu ihren Treffen ihren Ehering abgenommen hatte. Sie hatte sich weiterhin mit ihm getroffen, nachdem ihr Mann sie verlassen hatte. Karin war gewillt gewesen, für ihn zu arbeiten, trotz - davon ging er aus - Bedenken ihres Partners. Damit hatte sie doch zum Ausdruck gebracht, dass sie Davids Wünschen mehr Wert beimaß als Walters, und David somit über ihn gestellt hatte. Er beschloss, sie zur Rede zu stellen, aber zunächst musste ihre Wut ein wenig verraucht sein. In ungefähr einer Stunde würde er bei ihr anklopfen, und eine Friedenspfeife anbieten. David stand auf, und setzte sich an die Bar. "Einen doppelten Scotch!", rief er dem Barmann zu. Dieser brachte ihm das Getränk mit den Worten: "Und die ganze Aufregung nur wegen eines Kusses. Manchmal wollen Frauen einfach nur eine starke Hand, die ihnen zeigt, wo es lang geht. Lass dich nicht unterkriegen." In der nächsten Stunde trank David noch einige Whiskeys, und teilte dem Barkeeper immer dezidierter mit, wie er Karin disziplinieren würde. Der Barkeeper war es gewohnt, kommentarlos zuzuhören.
Gegen 21 Uhr erhob sich David - leicht torkelnd - und verabschiedete sich von seinem neuen Freund, dem alten Barkeeper: "Ich danke dir, Kurt, dass du mir zugehört hast. Ich werde jetzt mit dieser Schlampe reden. Sie muss akzeptieren, dass es für mich kein Nein gibt." Damit machte er sich auf den kurzen Fußweg zu Karins Haus, das er eine viertel Stunde später erreichte. Das Haus lag etwas abseits der Hauptstraße. David stellte fest, dass in keinem der Nachbarschaftshäuser Licht brannte.
Karin bereitete sich gerade mental auf das Telefonat mit Walter vor, als es an der Haustür schellte. Sie fragte durch die geschlossene Haustür, wer da wäre. David antwortete: "Ich bin es, Karin. Ich bin frustriert, wie der Abend verlaufen ist, und möchte mit dir besprechen, wie wir dieses dumme Missverständnis aus dem Weg räumen können."
Karin unterbrach ihn: "Es gibt nichts zu besprechen. Das Einzige, was du tun kannst, ist dich zu verpissen, und mich ab sofort und für immer zu meiden. Wenn du nicht gehst, rufe ich die Polizei." Sie log, als sie David sagte: "Ich telefoniere mit Walter, seitdem du geschellt hast. Er hört alles mit, und wird bald da sein, um dich in deinen Arsch zu treten."
"Ist schon gut", sagte David beschwichtigend wie zu einem kleinen Kind, und wandte sich ab. Er glaubte ihr nicht, dass sie mit ihrem Mann gesprochen hatte, als er zur Tür kam, denn es war noch keine 21 Uhr 30. Er kannte ihr Zeitfenster, in dem sie mit Walter sprechen konnte. Deshalb schlenderte er nur bis zur nächsten Straßenecke und wartete dort ein paar Minuten. Dann ging er wieder zurück zu Karins Haus, schellte, und als Karin fragte, wer da sei, rief er mit verstellter Stimme: "Hier ist die Polizei. Wir sind benachrichtigt worden, dass ein Mann vor Ihrem Haus randaliert hat. Geht es Ihnen gut?"
Karin wollte die Haustür nicht öffnen, um das Gespräch von Angesicht zu Angesicht weiterzuführen, denn es gab leider keinen Türspion, durch den sie hätte sehen können, wer auf der anderen Seite der Tür stand.
"Ja, Herr Polizist, mir geht es gut. Der Mann ist von allein weggegangen. Ich komme schon klar. Vielen Dank für Ihre Mühe ", beantwortete Karin die Frage.
Doch der vermeintliche Polizist ließ nicht locker. "Wir haben für solche Fälle die Anweisung, uns davon zu überzeugen, dass sie nicht gezwungen werden, uns wegzuschicken. Bitte öffnen Sie kurz die Tür, damit ich Sie in Augenschein nehmen kann."
Karin überlegte einen Augenblick und sagte dann, während sie die Tür öffnete: "Ist in Ordnung. Ich mache die Tür auf." In dem Moment, in dem sie die Türklinke herunterdrückte, wusste sie, dass es ein Fehler war. David warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür, die mit Wucht aufsprang. Karin wurde dadurch nach hinten geschleudert, und fiel auf den Boden. Schnell war David im Zimmer, schloss die Tür hinter sich, und knurrte sarkastisch: "So, mein Täubchen, vielen Dank dafür, dass du mich zu dir nach Hause eingeladen hast. Wir beide werden eine wundervolle Nacht erleben. Ich werde dich so in deine Fotze und in deinen Arsch ficken, dass du morgen nicht gehen und nicht sitzen kannst. Steh auf, Schlampe. Du darfst mich in dein Schlafzimmer führen."
Als Karin seinem Befehl nicht nachkam, stellte sich David breitbeinig über die auf dem Rücken liegende Frau, und wollte sie hochziehen. Aufgrund seines alkoholisierten Zustands schwankte er ein wenig, als er sich nach vorn beugte. Auf diese Gelegenheit hatte Karin gehofft. Mit aller Kraft, die ihr zur Verfügung stand, trat sie David in sein Gemächt. David hatte damit in keinster Weise gerechnet. Der Schmerz war so groß, dass er keine Luft mehr bekam, und er begann, nach vorn zu fallen. Schnell krabbelte Karin unter ihm durch, stand hinter ihm, und trat noch einmal zu, natürlich war das Ziel wieder seine Hoden. Dann rannte sie ins Wohnzimmer, nahm ihr Smartphone, und schloss sich in der Toilette ein. Sie rief Walter an.
Nach wenigen Sekunden nahm er ab. "Gott sei Dank, du bist da. Ich habe Angst. Ich brauche dich. David ist in unser Haus eingebrochen, und bedroht mich. Bitte komm schnell, und hilf mir", bettelte sie. David schlug derweil mit einer schweren Metallbüste, die er auf der Suche nach Karin im Wohnzimmer entdeckt hatte, gegen das Schloss der Toilettentür, und versuchte, sie so aufzubrechen. Nach wenigen Minuten gab das Schloss den Schlägen nach, und die Tür schwang auf.
Karin hatte sich in eine Ecke des Raums verkrochen, und versuchte sich klein zu machen. Natürlich ohne Erfolg.
David herrschte sie an: "Wo bist du, du Schlampe? Dann sah er sie: "Ah, da bist du ja. Nett, dich wiederzusehen. Ich habe beschlossen, dass ich dich, bevor ich dich ficken werde, verprügle. Dein Mann wird dich anschließend nicht mehr wiedererkennen, denn dein Gesicht wird Matsche sein. Du wirst entstellt sein, und kein Mann wird dich jemals wieder anschauen. Du kannst mich dann mitunter mal anflehen, dir einen Gnadenfick zu geben. So, und nun steh auf, und zieh dich verdammt noch mal aus!"
"Ich bin mir sicher, dass sie das nicht machen wird", hörten David und Karin eine sonore Stimme. Panikartig drehte sich David in Richtung der Stimme, und sah nur noch, wie eine Faust in Richtung seines Gesichtes geschlagen wurde. Als sie auf seinem Gesicht aufschlug, brach sie seine Nase. Dann waren wieder seine Hoden Ziel eines Angriffs mit dem Fuß, und dann sein Knie, das mit einem nicht zu beschreibenden Ton brach, als Walter von außen dagegen trat. David stürzte, vor Schmerzen schreiend, auf den Boden.
Walter sah schnell zu seiner Frau, und fragte sie: "Geht es dir gut, mein Schatz?" "Seitdem du da bist und auf mich aufpasst kann es mir nicht besser gehen", antwortete sie mit einem glücklichen Gesichtsausdruck.
"Ruf die Polizei und einen Krankenwagen", forderte er seine Frau auf. Dann kniete er sich neben Davids Kopf, und sprach in einem ruhigen Ton zu ihm: "Bevor du glaubst, du kommst aus dieser Nummer ungeschoren heraus, sage ich dir, dass ich deine Drohungen aufgezeichnet habe, du feiger Scheißkerl. Du kennst doch meinen Freund Kurt? Nein? Erinnerst du dich an den alten Barkeeper in der Bar, in der du heute meine Frau belästigt hast? Du hast ihm erzählt, dass du meine Frau verprügeln willst, um ihr Manieren beizubringen. Jetzt hast du's. Das ist Kurt. Und Kurt wird der Polizei genau dies bestätigen.
Meine Frau kennt ihn zwar nicht, aber er hat sie von den Bildern, die ich ihm von Karin mal gezeigt hatte, erkannt und hat mich, nachdem du die Bar verlassen hattest, sofort angerufen, und mir von deinem Vorhaben berichtet.
Ich bin mir sicher, du wirst für deinen Angriff ein paar Jahre in den Knast wandern, insbesondere, wenn der Vorfall um deine geschiedene Frau wieder aufgerollt wird. Glaube aber nur nicht, dass, wenn du irgendwann wieder in die Freiheit entlassen wirst, du dann vor mir sicher bist. Wenn du nicht einen Abstand von mindestens 30 Kilometer Luftlinie von meiner Frau und von mir einhältst, solltest du dunkle Parkplätze und Ecken meiden. Du wirst nie wissen, wer dort auf dich wartet, um deinen Arsch zu entjungfern. Wir sehen uns vor Gericht, Schweinebacke."
Zwei Polizisten stürmten mit gezogener Pistole in das Haus. Walter hob seine Hände hoch, und deutete auf den vor Schmerzen wimmernden David. Dann sagte er, dabei glücklich lächelnd: "Es tut mir leid, dass ich Ihnen die Arbeit abgenommen habe. Hier zu Boden liegt David Schmidt. Ich händige Ihnen die Beweise aus, die belegen, dass er meine Frau bedroht hat, und ich gebe Ihnen die Kontaktdaten des Barkeepers, der heute Abend mitverfolgt hat, wie dieser Mann meine Frau sexuell belästigt hat, und wie er, nachdem sie ihn hat abblitzen lassen, anschließend geplant hat, sie zu vergewaltigen. Die Einbruchsspuren sind ja offensichtlich. Bitte nehmen Sie die Metallbüste mit seinen Fingerabdrücken zu den Beweisen."
Die Gesetzeshüter schauten sich an, nahmen ihre Waffe herunter, und deuteten Walter an, dass er seine Hände senken könnte. Walter drehte sich um, und war mit ein paar Schritten bei seiner Frau, die er fest an sich drückte.
Aufgrund der unterstellten Schwere der Tat wurde ein Kommissar der Kriminalpolizei herbeigerufen, der die beiden noch am Tatort vernahm. Die Sanitäter, die kurze Zeit nach den Polizisten den Tatort erreicht hatten, überzeugten sich davon, dass es Karin den Umständen entsprechend gut ging, und fuhren anschließend David zur weiteren Behandlung in ein Krankenhaus - mit Handschellen gefesselt und in ständiger Bewachung durch einen Polizeibeamten.
Zwei Stunden später waren Walter und Karin endlich allein in ihrer Wohnung. Sie saßen im Wohnzimmer zusammen auf dem Sofa. Karin hatte sich an ihren Mann geschmiegt. Sie merkte, dass er sich nicht entspannen konnte. Sie fragte ihn direkt: "Was willst du von mir wissen, Walter?"
"Karin, bitte erklär mir, warum du die Affäre mit David nicht beendet hast?"
Sie schaute ihn an, und zum ersten Mal heute Abend liefen ihr Tränen über die Wangen. Als Antwort stellte sie eine Gegenfrage: "Haben wir noch eine Chance, Walter, oder habe ich alles, was meine Welt und was mein Leben ausgemacht hat, verloren?"
"Ich kann es dir nicht mit Bestimmtheit sagen", versuchte sich Walter an einer Antwort. "Der Teil von mir, der dich immer noch innig liebt, sagt ja, wir können es schaffen. Der andere Teil, der deinen Verrat nicht verzeihen kann, will lieber heute als morgen die Scheidung einreichen. Was mir nicht aus dem Kopf geht, ist, dass du zu deinen Dates deinen Ehering abgenommen hast. Ich sehe darin deinen Wunsch nach Veränderung, nach einem Neuanfang. Aber ich bin kein Psychologe. Ich schlage vor, wir suchen uns professionelle Mediation bei einem Eheberater. Wir gehen ergebnisoffen in die Gespräche, und werden versuchen, das Optimum für uns beide herauszuholen.
Karin, du bist in deinen besten Jahren. Ich dagegen könnte vom Alter her fast dein Vater sein. Ich habe meine Hochzeit bereits überschritten, und mache mir da nichts vor. Du hast die Interessen, Wünsche und Pläne einer attraktiven und intelligenten Frau in der Mitte ihres Lebens. Ich dagegen bereite mich so langsam auf meinen Ruhestand vor.
Wenn es darauf hinauslaufen sollte, dass wir unser Leben zukünftig getrennt führen, und wir uns scheiden lassen, dann möchte ich es in Frieden und in Einklang mit dir tun. Ich hoffe, dass wir, wenn nicht Ehepartner, dann aber die bestmöglichen Freunde für eine möglichst lange Zeit sein können."
Epilog.
Walter beendete mit Karins Zustimmung sofort die Ehe-Auszeit, und zog wieder in die eheliche Wohnung zurück. Sie begaben sich in die Hände einer Eheberaterin, und nahmen sich viel Zeit, ihre individuellen und gemeinsamen Probleme zu erkennen, darüber offen zu sprechen, und an der Lösung zielorientiert zu arbeiten. Das Ziel war klar definiert: Die Ehe sollte weiter bestehen.
Es kristallisierte sich aber im Laufe der Sitzungen immer mehr heraus, dass Walter mit seiner Vermutung, der Altersunterschied von fast 20 Jahren - er an die 60, sie um die 40 - wäre zu groß, ihr Grundproblem darstellte.
Denn nach der Beschreibung ihrer jeweiligen, in die mittlere Zukunft von 10 bis 20 Jahren ausgerichteten Lebensplanungen, gaben sie nach einer langen Zeit, in der sie gegen die sich immer mehr aufdrängende Erkenntnis ankämpften, dass ihre Planungen einfach zu unterschiedlich waren, um sie gemeinsam umzusetzen, resigniert auf. Die Mediation endete mit vielen Tränen der Trauer und des Frustes über das Ende ihrer Ehe. Ihrer Liebe zueinander tat dies aber keinen Abbruch.
Zusammen beantragten sie die Scheidung, und als diese durchgeführt worden war, veranstalteten sie ein großes Fest, zu dem sie ihre Verwandten und Freunde einluden. Sie zeigten damit allen, dass eine echte Liebe auch beinhalten kann, loszulassen, um so dem Partner zu ermöglichen, eigene Wege zu gehen, und trotzdem miteinander freundschaftlich verbunden zu bleiben. Karin und Walter blieben Freunde fürs Leben, ohne Zusatzleistungen.
Davids Leben, wie er es gewohnt war, endete allerdings. Natürlich wurde seine Berufung zum Vorstand widerrufen. Er wurde des Einbruchs und der versuchten Vergewaltigung für schuldig gesprochen, und musste für fünf Jahre ins Gefängnis. Die Höchststrafe wurde verhängt, nachdem seine Ex-Frau ihn nun auch für die erfahrene häusliche Gewalt angezeigt hatte. Nachdem er die Hälfte seiner Strafe abgesessen hatte, wurde er wegen guter Führung vorzeitig entlassen.
Doch außerhalb der Gefängnismauern gab es für ihn keinen Neuanfang mehr. Mittellos, ohne ein Zuhause, ohne Freunde und Familie, die ihn unterstützen wollten, hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
Er wurde nie mehr ein Teil von Karins Leben.
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