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Morgendliches Jogging auf dem Bergpfad (fm:Exhibitionismus, 4046 Wörter) [8/9] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Aug 14 2022 Gesehen / Gelesen: 3584 / 2540 [71%] Bewertung Teil: 9.18 (17 Stimmen)
Ein Treffen mit Raymond lag Jahre zurück. Jetzt werden wir eine ganze Woche im Vercors verbringen. Heute früh beim Jogging durch die kalte anregende Morgenluft traf ich einen aggressiven Schmetterling und erreichte mit ihm zusammen schwindelnde

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Wiedersehen nach Langer Zeit - Teil 1

Wie lange schon habe ich mein "Tagebuch" nicht mehr angerührt, nichts mehr schreiben können, denn es geschah einfach viel zu viel in meinem Leben? Und gleichzeitig viel zu wenig, denn meistens waren Raymond und ich wegen unserer Berufe getrennt voneinander, lebten hektische Leben auf verschiedenen Kontinenten, die einem Treffen sehr erfolgreich Steine in den Weg rollten... Manchmal schafften wir es, uns zu treffen, hatten meistens nur eine Nacht, zwei oder drei mal sogar ein kurzes Wochenende zusammen. Aber es war immer nur in einer fremden Stadt, die nicht unser Zu-Hause war, in einem Zimmer, das nicht unseres war . . . Und dann kam Corona, und machte das Reisen zwischen Kontinenten noch schwieriger.

Ich weiss nicht, wie ich diese hektische Periode überlebt habe. Bald nach meiner Promotion, als meine Dissertation endlich veröffentlicht war - wegen des Umfangs alles andere als einfach, und vor allem war es schwierig, einen kompetenten Referenten zu finden, der meine Beweisführung verifizieren konnte - , trudelten sofort täglich mehrere Stellenangebote aus aller Welt ein, sozusagen von Zypern bis Afghanistan. Aber warum sollte ich an eine obskure Universität in zB Australien ziehen, wenn gleichzeitig eine Einladung von einem pakistanischen Top-Institut kam? Ich meine hier "Top" im internationalen Vergleich, denn auch an einigen Instituten in der, was in Europa und den USA gerne herablassend "dritte Welt" genannt wird, existiert gerade in meiner Wissenschaft seit Jahrhunderten exzellente Expertise, auch wenn die Elfenbeinturm-Mentalität der USA und Europa dies immer noch nicht wahrhaben will. Das Gehalt ist dann zwar meistens etwas weniger pompös, aber der Eigendünkel zumindest überschattet nicht die die wissenschaftliche Qualität.

Raymond half mir dabei, die Angebote richtig zu beurteilen und Forschungsprojekte zu definieren, sodass ich die ersten Schritte meiner Karriere richtig setzen konnte. Trotzdem wurde es viel hektischer als erwartet. Jetzt, nach insgesamt drei Zwischenstationen in 4 Jahren - unter Akademikern "Postdoc" oder "Juniorprofessor" genannt -, lehre und forsche ich an einem der prestigiösesten Institute an der amerikanischen Westküste und soll hier meine eigene Forschungsgruppe aufbauen. Der Titel "Associate Professor" hört sich interessant an, ist aber - ganz prosaisch - ein extrem arbeitsreiches Unterfangen, denn wissenschaftliche Qualifikation ist notwendig, aber alleine nicht hinreichend. Ohne Erfahrung im Forschungsmanagement und mit den Eigenheiten der amerikanischen Elite-Academia fühlt man sich wie in der Löwengrube: die freundlichen Kollegen warten nur darauf, dich zum Frühstück verspeisen zu dürfen, und bei etwas vorlautem Geplapper kann man (sozusagen) das eigene neue Forschungsresultat von gestern abend schon am nächsten Morgen als Preprint eines Kollegen lesen, nach dem Motto: Wer zuerst publiziert, gewinnt. Plagiat, das unerlaubte Zitieren ohne Angaben der Quellen - oder, etwas einfacher gesagt : der Diebstahl von geistigem Eigentum - , gehört zum Alltag im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und am Ende gewinnt, wer das meiste Geld hat für den Advokaten ...

In diesem Kontext möchte ich mir eine sehr persönliche Bemerkung erlauben: gelegentlich fragt ein Leser, ob ich diese Geschichte irgendwo auf dem Internet gefunden hätte... Lieber Leser: "Geht's noch?", bin ich fast genötigt dich zu fragen? Warum beschuldigst du mich des Diebstahls ?! Du merkst gar nicht, wie unmoralisch und wie beleidigend deine Unterstellung ist ? ! !

Lass mich dir bitte sagen:

Dies ist meine Geschichte und die von Raymond ! Zwar ich muss "leider" zugeben, dass ich sie nicht "erfunden" habe, denn - ganz prosaisch - : sie beruht auf meinen ureigenen, ganz persönlichen Erlebnissen. Natürlich verwische ich Spuren, indem die Namen der handelnden Personen und ihre Berufe und auch die Geographie ein bisschen durcheinander gewirbelt werden - aber diese "Erlebnisberichte" erzählen ungefähr das, was mir tatsächlich widerfahren ist in meinen Treffen mit Raymond. Natürlich gibt es manchmal auch Erträumtes neben Erlebtem, aber selbst das Erträumte wäre nicht ohne das Erlebte geträumt worden. Lieber ungläubiger Leser: das meiste von dem, was Du hier liest, hat in meiner Gegenwart stattgefunden, und ich war das Objekt dieser Erlebnisse; ich war es, die gelitten und genossen hat und höchste Lust erfuhr.

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