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Das Geschenk (fm:1 auf 1, 3718 Wörter) [2/2] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Jan 21 2017 Gesehen / Gelesen: 14661 / 10053 [69%] Bewertung Teil: 9.17 (54 Stimmen)
Die gestrige Geschichte noch einmal aus anderer Perspektive. Dies ist keine Fortsetzung, sondern die gleiche Geschichte noch einmal. Nur der Blickwinkel ist komplett anders.

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© Marvin Dieser Text darf nur zum Eigengebrauch kopiert und nicht ohne die schriftliche Einwilligung des Autors anderweitig veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen ziehen strafrechtliche Verfolgung nach sich.

Hallo, ich bin Lisa. Manchmal bin ich aber auch Larissa. Und ich war auch schon mal Elsa oder Linnea. Das kommt immer darauf an, was ich gerade für eine Rolle spiele. Von meiner Erscheinung her kann ich das komplette Spektrum Nordeuropas abdecken, aber auch als Russin gehe ich notfalls durch, wenn mein Kunde nicht gerade vertiefte Sprachkenntnisse erwartet. Ich bin sehr hellhäutig, blond und habe blaue Augen. Ich bin sehr sportlich, schlank und wenn man bösartig wäre, würde man mich wohl als flach bezeichnen. Außerdem spreche ich ziemlich gut Englisch, schwedisch, ordentlich dänisch und ein paar Brocken russisch habe ich auch im Repertoire. Mit finnisch, norwegisch und isländisch kann ich kaum dienen, aber das kann ja auch sonst niemand.

Ich bin das, was man eine éProfessionelle‘ nennt. Eine Sexarbeiterin, wie es offiziell im Moment heißt. In meiner Agentur verkörpere ich wegen meines Aussehens und den Sprachkenntnissen wahlweise den Typ éjugendlich unerfahren‘ oder die Skandinavierin. Oder eben auch beides gleichzeitig. Ich mache das schon eine Weile, aber man sieht mir meine 27 Jahre ohne Koketterie nicht an. In aller Regel werde ich für gerade volljährig gehalten. Ich bin mir natürlich darüber im Klaren, dass ich diese Rollen nicht mehr ewig verkörpern kann, aber das habe ich auch nicht vor. Ich finanziere mit der Prostitution nur mein Studium.

Für meinen heutigen Auftrag brauche ich eigentlich gar keinen Namen oder eine Rolle, denn in meiner Auftragsbeschreibung steht vor allem: Kein Wort reden. Du verstehst deinen Kunden nicht, egal, welche Sprachen er versuchen sollte. Aber offensichtlich scheint er ein Faible für junge, mädchenhafte Frauen zu haben, sonst wäre die Wahl auf eine Kollegin gefallen. Ansonsten weiß ich nicht viel über den Mann. Er ist wohl etwa in meinem Alter, Doktorand (na toll: jetzt ist schon mal einer schlau, dann darf ich nicht mit ihm reden) und zu einer Konferenz in der Stadt. Und ich bin sein Überraschungsgeschenk.

Die Agentur hat mir ein Zimmer im gleichen Hotel gebucht, nicht sehr weit von seinem. Das ermöglicht es mir, mit sehr leichtem Gepäck zu ihm zu gehen. Ich hatte ein Foto und eine konkrete Beschreibung, wann und wo mit ihm zu rechnen ist. Dadurch ist es mir möglich, sicher zu stellen, dass er auch wirklich da (und allein). Den Umschlag und den Zettel habe ich in Absprache mit der Agentur selbst verfasst. Ich habe eine Weile überlegt, was darauf stehen sollte und mich schließlich für eine stark reduzierte Fassung entschieden. Zwischendurch hatte ich auch eine Menge Beispiele für den Punkt éich tu alles, was du willst‘ aufgeschrieben, aber am Ende war es ein sehr schlichter Text: "Ich spreche deine Sprache nicht und kann dir daher nicht antworten. Aber ich bin ein Geschenk. Ich erfülle dir jeden Wunsch und stehe zu deiner Verfügung. Benutz mich! Wenn du mich willst, nicke einfach."

Was ich mache, wenn er nicht nickt, weiß ich allerdings nicht. Dann platzt mein Auftrag und damit auch mein Gehalt.

Als ich mich auf den Weg mache, bin ich natürlich frisch geduscht und überall sauber. Mein Schamhaar ist getrimmt und ich trage ein Seidenkleid über dem Slip. Einen BH lasse ich weg, ebenso Schuhe. In den Händen habe ich gut sichtbar den Umschlag einerseits und sehr dezent in der anderen Hand versteckt zwei Kondome, ohne die mein Job nun einmal nicht läuft. Und ich kann nicht voraussetzen, dass mein Kunde welche da hat.

Ich klopfe und trete einen halben Schritt zurück. Er soll mich sehen können, mich begutachten. Mir macht meine Arbeit viel mehr Spaß, wenn ich gewollt werde. Und ich habe gelernt, das sehr schnell erkennen zu können, wenn ich dem Kunden gegenüber stehe. Es dauert einen Moment bis sich die Tür öffnet, aber dann steht er vor mir. Dass er hübsch ist wusste ich ja schon. Dass ich ihm gefalle, kann ich sehr schnell erkennen. Er mustert mich von oben bis unten, der Mund steht ihm offen und er weiß offensichtlich nicht, was er sagen soll. Ich hingegen darf ja nichts sagen, sondern halte ihm nur den Umschlag hin.

Nun ja, der offen stehende Mund und die sinnfreie Frage "Für mich?" aus seinem Mund spricht nicht unbedingt für seinen Intellekt, aber er muss auch ziemlich überrumpelt sein in dieser Situation. Also ist mein schnelles Urteil wohl ungerecht ihm gegenüber. Außerdem ist er auch ein bisschen süß, wie er da so ratlos steht.

Er nimmt den Umschlag und ich gehe unaufgefordert an ihm vorbei. Ruhigen Schrittes erlaube ich ihm einen Blick auf meine Rückseite. Dann setze

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