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Die Boutique (fm:Lesbisch, 1666 Wörter)

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Veröffentlicht: Jan 16 2018 Gesehen / Gelesen: 18301 / 11847 [65%] Bewertung Geschichte: 8.87 (47 Stimmen)
Viel Aufregung, Leid und Liebe rund um ein Vorstellungsgespräch

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© Joyce Cunnings Dieser Text darf nur zum Eigengebrauch kopiert und nicht ohne die schriftliche Einwilligung des Autors anderweitig veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen ziehen strafrechtliche Verfolgung nach sich.

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her auffraß.

"Ich würde dir das gerne verschweigen, kann ich aber nicht. Ich glaube, ich habe mich ein bisschen in dich ..." Ich traute mich nicht. Das war idiotisch. Ein Tag! Ein halber! Ich war verschossen, vielleicht. Aber sie so zu überrumpeln, war kindisch und unfair. Ich riss mich zusammen. Sie sah mich ohne Blinzeln an, richtete sich halb auf und legte sich auf mich. "Nur ein bisschen?", sie sah augenblicklich wieder nach Verschlingen aus und so verliebt wie ich mich fühlte, "ich bin mehr als ein bisschen ..." Ich verdrehte die Augen. Mein erster Impuls war, sie auf der Stelle zu heiraten und schon der zweite sagte, dass das eine völlig bescheuerte Damals-in-der-Disco-Idee war.

Das bis dato schönste Wochenende auf Erden fand beinahe ausschließlich im Bett statt. Ich fragte sie über ihr halbes Leben aus und hätte ihr ein Buch in die Hand gedrückt, wenn mir die Fragen ausgegangen wären, weil ich ihre Stimme so gerne hörte. Ihren Lippen beim Sprechen zuzusehen war wie ein Kino, das meine Gefühlswelt lesen und in Bilder umwandeln konnte. Sie lachte mich aus, wenn ich sie so offenkundig verliebt ansah und war dann noch schöner. Das führte regelmäßig dazu, dass ich nichts mehr fragte und sie nicht mehr antwortete, weil unsere Lippen miteinander beschäftigt waren. Die Blicke, mit denen sie meine beantwortete, wenn sie nicht lachte, hatte ich seit Jahren vermisst und jetzt konnte ich mich an keine anderen mehr erinnern.

Am Montag musste ich früh in die Boutique und ließ Lisa im zufriedenen Halbschlaf zurück. Sie wollte später nach Hause, sich aber melden. Lilly hatte ein Dauergrinsen im Gesicht, das meine Laune zu spiegeln schien. "Wie war dein Freitag?" "So wie der Samstag und Sonntag, danke." "Ich meine Lisa. War sie ihr Geld wert?" Sie sah mir an, dass mir das wehtat und ich sah ihr an, dass sie sich verplappert hatte. "Du hast sie bezahlt?" "Sie war mein Geburtstagsgeschenk. Keine gute Idee?" Ich schüttelte den Kopf, weil darin eine komplette Welt zusammenbrach. Ich brachte Termine hinter mich und verabschiedete mich früh von einer Lilly, die heute sicher auch nicht alt werden würde. Sie sah mich kaum an, als ich ging.

Ich fuhr nicht nach Hause, weil Lisa sowieso nicht wiederkommen würde. Mein Frust ließ sich nur widerwillig in Caipirinhas ertränken und die unbeholfenen, deutlicher werdenden Anmachen meines Barnachbarn führten zu ein paar sehr deutlichen Zurechtweisungen, die meinen Frust nicht abzubauen vermochten.

Lisa schrieb ein paar SMS, die mir wohl klarmachen sollten, dass sie noch Termine freihatte. "Schreib mir einfach, wann und wo es dir passt", war die letzte und ich überlegte, ihr eine gepfefferte Antwort zu schicken, wischte ihre Nachrichten aber einfach weg. Marketing, Kundenbindung, das konnte sie sich getrost sparen. Ich fühlte mich unfassbar dämlich und hasste mich dafür, wie eine Fünfzehnjährige auf dieses hinterhältige romantische Rollenspiel reingefallen zu sein.

Weil ich zu betrunken war, um mich weiter aufzuregen und noch länger zu bleiben, schrieb ich eine harsche SMS an Lisa, die ihr unmissverständlich klarmachte, dass ich auf weitere Dienste verzichtete und sie weitere Belästigungen gefälligst zu unterlassen habe. Ich löschte ihre Nummer und ihre Nachrichten. Die letzte SMS ging an Lilly. "Was kostet so eine? Hoffentlich nicht zu viel!! Im nächsten Jahr bitte wieder Blumen!" Ob Lilly antwortete, bekam ich nicht mehr mit.

Als ich vor Lilly stand und mich für die nächtliche Belästigung entschuldigte, sah sie verwundert auf ihr Handy. "Hundert." "Euro?" "Nee, Zloty, klar Euro, was dachtest du was so ein Luxusdate kostet?" "Für ein Wochenende?" "Hä? Für eine Stunde! Wo lebst du?" "Du hast sie nur für eine Stunde bezahlt?" "Klar, bin ich Krösus? Moment, wie lange war sie ..." Ich sah nach, ob Lisa sich noch einmal gemeldet hatte, sie hatte nicht. "Scheiße! Hast du ihre Nummer, Adresse oder so?" Sie hatte. Die Nummer war falsch und die Adresse gehörte zu einem Autohaus, vor dem ich jetzt stand. Ich rief Lilly an. "Wie hast du sie ... also du musst sie doch kontaktiert haben." "Agentur, warte mal ... geht nur per Kontaktformular. Soll ich ..." "Ja!"

Lilly rief zurück. "Die rücken keine Daten raus aber ich kann sie nochmal buchen." "Mach das!" "Für wann?" "Jetzt!" Schweigen "Jetzt!!" "Bin ja schon dabei!" Ich legte auf.

Als ich zur Boutique zurückkehrte, blieb mein Blick an einem unserer Schaufenster hängen. Nicht wegen der Dekoration, die auch nett war, eher wegen der davor kauernden Schönheit. Als sie mich sah, stand sie auf. Sie zitterte am ganzen Leib und sah aus wie das Elend in Menschengestalt. "Die Verkäuferin hat gesagt, dass du unterwegs bist. Du bist nicht rangegangen, also hab ich hier auf dich gewartet." Der kurze Blick auf mein stummgeschaltetes Smartphone zeigte eine zweistellige Anzahl verpasster Nachrichten und Anrufe. Sie heulte wie die Fünfzehnjährige, die sie gestern aus ihrem Smartphone und ihrem Leben gelöscht hatte. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände, weil es genau da hingehörte. "Ich wollte doch nur mit dir reden! Ich hab das nicht nur für Geld gemacht. Am Anfang schon aber du bist ... ich wollte es dir sagen aber ich konnte nicht." Ihre Stimme versagte. Ihr Blick tat weh und da wo ihr Lächeln hingehörte waren nur Tränen und Zittern. Ich umarmte sie und drückte sie fest an mich. "Du bist das beste Geburtstagsgeschenk aller Zeiten." Meine Tränen mischten sich mit ihren als könnten sie ihrer Verzweiflung etwas von meinem wiedererlangten Glück beimischen.

Sie beruhigte sich allmählich, schien mich aber nie mehr loslassen zu wollen. "Den Job würde ich immer noch nehmen." Für mehr als ein lautloses Lachen konnten wir unsere Lippen nicht voneinander fernhalten. "Ich habe keinen Job für dich. Wenn du willst habe ich einen Platz in meinem Leben für dich."

Ich rief Lilly an. "Ich nehme mir heute frei." "Hast du sie gefunden?" "Habe ich." "Dann storniere ich meine Buchung wohl mal." "Mach das." Ich konnte Lilly durchatmen hören. "Viel Spaß. Und nächstes Jahr gibt es wieder Blumen!"



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