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Lernen, das Alter zu schätzen (fm:Ehebruch, 2112 Wörter)

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Veröffentlicht: Sep 20 2020 Gesehen / Gelesen: 21614 / 18672 [86%] Bewertung Geschichte: 9.14 (146 Stimmen)
Altes Thema: jüngere Frau, älterer Mann. Ich dachte, mir als Frau könnte das nie passieren. Denken heißt nicht Wissen.

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© Linette Dieser Text darf nur zum Eigengebrauch kopiert und nicht ohne die schriftliche Einwilligung des Autors anderweitig veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen ziehen strafrechtliche Verfolgung nach sich.

Lernen, das Alter zu schätzen

Die Zahl dreißig hatte ich deutlich überschritten. In fünf Jahren würde ich vierzig werden. Das ist sowas wie ein magisches Alter für eine Frau. Die Jugend ist dann endgültig vorbei.

Also wir Frauen denken so. Über mein bisheriges Leben konnte ich mich wahrlich nicht beschweren. Vor allem im Bett konnte ich mich nicht darüber beschweren. In meiner Jugend hatte es immer viele Verehrer gegeben, die mich auch ausreichend gefickt haben.

Seit sechs Jahren war ich nun mit Guido verheiratet. Auch hier gab es keine Beschwerden, weder von ihm noch von mir. Wir vögelten gerne und häufig miteinander.

Dann wurde Guido für ein halbes Jahr ins Ausland abberufen. Für so einen überschaubaren Zeitraum war es nicht sinnvoll, umzuziehen. Einmal im Monat konnte ich ihn oder er mich für ein Wochenende besuchen auf Firmenkosten. Jedes Mal vögelten wir uns dann die Seele aus dem Leib. Verständlich, nicht wahr?

Dennoch, ein halbes Jahr ist eine lange Zeit. Ich versuchte das Beste draus zu machen, trieb viel Sport und traf mich Freunden und Bekannten.

Eine Freundin lud mich ein, zum sechzigsten Geburtstag ihres Vaters zu kommen. Sie wollte mir einfach eine Abwechslung gönnen, denn ich kannte ihn zwar, aber er gehörte halt nicht zu meinem Freundeskreis. Ich fand es aber nett von ihr.

Er feierte zuhause mit all seinen Bekannten, und die Stimmung war fröhlich bis ausgelassen. Seine Tochter, ihr Mann und ich waren die einzigen Jüngeren unter den Gästen.

Einer der Männer hielt die obligate Geburtstagsrede. Er hatte das mit viel Humor gewürzt, und ich musste häufiger lachen. Sein Humor war nicht platt sondern eher tiefgründig.

Aber er ließ auch derben Witz nicht vermissen:

"Was unterscheidet einen sechzigjährigen Mann von einem zwanzigjährigen? ... Der Sechziger hat schon dreimal so viel gefickt wie der zwanzigjährige!"

Sogar die Frauen lachten. Er hatte das so charmant rübergebracht, daß man nur lachen konnte.

Als er geendet hatte ging ich zu ihm und bedankte mich artig für seine Worte und beglückwünschte ihn zu seiner launigen Ansprache. "Sie wissen, wovon Sie reden", sagte ich. "Nein", widersprach er, "ich werde erst nächstes Jahr sechzig." Dabei griente er mich schelmisch an.

Wir unterhielten uns noch ein wenig weiter, und auch jetzt erwies er sich als charmant und als ein guter Unterhalter. Da ich außer meiner Freundin und ihrem Mann niemanden weiter kannte, war ich froh, einen Gesprächspartner gefunden zu haben.

Wir kamen auch auf Guido und seinen Auslandseinsatz zu sprechen. "Oh", sagte er, "das kenne ich. Als ich vor sechs Jahren nur mal für drei Monate nicht zuhause war, war meine Frau mit einem neuen Lover entschwunden."

Er bemerkte seinen Faux Pas und entschuldigte sich sofort: "Das war jetzt unpassend, ich wollte Ihnen nichts unterstellen." Ich gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange und sagte: "Entschuldigung angenommen."

Die Feier nahm ihren Lauf. Immer mal wieder traf ich auf ihn, den Redner, und wir wechselten ein paar Worte.

"Wenn Sie so alleine sind", nutzte er eine Gelegenheit, "darf ich Sie dann mal zum Essen einladen?" Ein alter Dackel wollte auch mal wieder mit einer jungen Frau gesehen werden, fiel mir dazu nur ein. "Warum nicht", antwortete ich etwas keck.

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