WIEN BEI NACHT - Kapitel 5: Am Kanal (fm:Schlampen, 1825 Wörter) [5/8] alle Teile anzeigen | ||
Autor: zufruehabgestillter | ||
Veröffentlicht: Jan 22 2021 | Gesehen / Gelesen: 6590 / 4664 [71%] | Bewertung Teil: 8.67 (6 Stimmen) |
Wo Wiens hippes Unter 30-Segment die Sommernächte im Freien durchfeiert, sieht man unsere beiden Helden als amüsante Exoten. Ein Augenpaar jedoch hat sich auf den Herrn Doktor eingeschossen. |
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WIEN BEI NACHT
Kapitel 5: Am Kanal
Wieso ist da eigentlich kein Geländer? Bitte alles ist zu Tode reguliert in dieser Stadt, jeder Fliegendreck muss behördlich abgenommen werden. Jede Rolltreppe, jeder Schanigarten, jeder Radfahrstreifen. Überall sieht man potenzielle Gefahrenquellen, wo es heißt, die muss man vorweg also weg! Wir leben in der lebenswertesten Stadt der Welt nämlich, und da schauen wir drauf, dass das auch so bleibt. Aber hier? Schau her, da ist die Kante von der Kaimauer, und dahinter gehts zack runter, unten fließt der braune Donaukanal, der immer noch diesen gewissen Sommergestank hat, obwohl es Ende September ist.
Falls jetzt Leute nicht von hier sind, also hier am Donaukanal, da steppt in der warmen Jahreszeit der Bär! Da drängt sich das dynamische Segment der Wiener Bevölkerung auf einem schmalen Promenadenweg, zur rechten hast du diverse Sauf- und Fressbuden, zur linken gähnt der ungesicherte Abgrund. Und gerade da, am Rand zum Abgrund hast du lauter kleine Grüppchen, auf Decken lungernd, mit flüssigem Dosenproviant und diversen Musikwiedergabegeräten. Es sind die jungen, die sich hier niederlassen, weil die sich für unsterblich halten. Tanz am Abgrund, es hat was Poetisches. Aber auch die, die Probleme mit dem Älterwerden haben, streichen hier rum, auf der Promenade. Leute wie ich also. Ich geh gern am Donaukanal spazieren in einer schwülen Samstagnacht im Sommer, bisschen herumschauen. Die Mädels hier schwitzen billigen Wodka aus ihren Mösen raus, und weil sie in größere Gruppen eingebettet sind, lassen sie ihre Schutzschilde sinken. Manchmal geht was. Wie gesagt, der Alk ist der große Gleichmacher.
Wir suchen die Sonja und die Wilma. Die Sonja hat mir ihre Position mit dem Handy durchgegeben, aber das wäre nicht nötig gewesen, weil die Wilma sieht man von weitem. Ich sag immer zur Sonja, die Wilma ist genau der Kletterbaum, den ich als Kind gerne gehabt hätte. Jetzt noch gerne hätte. Weil die Wilma Wohlmuth ist eine sanfte Ein Meter Achtzig-Riesin mit verzagten Schlafzimmeraugen und einem epochalen Vorbau. Sie ist, also das Wortspiel ist jetzt nicht beabsichtigt, die absolute Busenfreundin von der Sonja. Ich kenn sie, weil sie auch die Quali für Ordinationsassistenz hat, und ab und an für die Sonja einspringt in meiner Ordi, wenn die sich mal wieder in der Nacht davor ein Rauscherl umgehängt hat. Die alten Knacker unter meinen Patienten können besonders gut mit der Wilma, da beginnt's immer gleich mächtig aus dem Dudelsack zu pfeifen, wenn die sich vor ihnen aufpflanzt und ihnen das Lungenvolumen misst.
Jetzt habe ich sie schon länger nicht gesehen, die große Wilma. Weil vor einem Monat hat sie gewor-, also Mami ist sie halt geworden. So glücklich war sie da! Jetzt wiederum ist sie glücklich, weil sie das erste mal wieder ohne Baby ist, so schnell geht das. Die Omi erfüllt nämlich heute ihren Omi-Zweck, und man kann wieder mal auf die Piste gehen, weil man ist ja kaum dreißig und will auch noch was haben vom Leben.
Die Runde, zu der wir endlich stoßen, ist ein ziemlich aufgekratzter Haufen. Wie alle hier, haben sie sich unmittelbar am Abgrund auf dem Gehweg breitgemacht, eine ranzige Decke markiert das Territorium. Die Freunde von der Wilma fallen überwiegend in das Segment, das man gemeinhin als "alternativ" bezeichnet. Das Alphatier ist ein sehniger Tattootyp mit einem eher schütteren Vollbart. Er kanalisiert die Aufmerksamkeit aller, und verwaltet Bier und Musik. Die Sonja, die neben ihm auf der Decke lungert, scheint ihn zu kennen, so zutraulich wie sie ihn ankörpert. Gleich zu Beginn geht er auf Tuchfühlung mit mir, und drückt mir ein Ottakringer in die Hand.
"Hey! Ich bin der Florian! The Flow! Bist der Chef von der Sonja, gell?"
"Ja, aber die Hierarchie bei den beiden ist eher FLACH", wirft der Roland ein, mit einer obszönen Geste. Gar nicht schlecht.
"Also darf sie auch Diagnosen machen, die Sonja?", hakt der Florian nach.
"Nein. Höchstens an mir, wenn ich sie lass, haha". Ich will nicht allzu sehr auf seinen Schmäh einsteigen und frage stattdessen ihn:
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