Das Koma (fm:Romantisch, 20651 Wörter) | ||
Autor: Icke | ||
Veröffentlicht: Dec 12 2021 | Gesehen / Gelesen: 26905 / 25253 [94%] | Bewertung Geschichte: 9.79 (696 Stimmen) |
Markus wacht nach ein paar Monaten aus dem Koma auf, seine Frau tot, seine Tochter verkrüppelt. Eine ehrenamtliche Betreuerin holt ihn aus dem tiefen Loch |
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Ich schüttle leicht den Kopf.
Mir tut noch jede Bewegung weh. Ich habe knapp vier Monate im Koma gelegen und meine Muskulatur ist entsprechend zusammengefallen.
Meine Augen sind schon wieder feucht.
Die junge Frau kommt zu mir und legt ihre Hand auf meinen Arm.
"Sie hatte Geburtstag, wissen sie? An dem Tag ...", sage ich leise.
Die Schwester drückt meinen Arm etwas fester: "Es tut mir sehr leid für Sie und Ihre Familie."
Ich seufze und schaue wieder aus dem Fenster.
Plötzlich spüre ich etwas Feuchtes an meinem Hals und drehe mich um.
Die junge Frau steht über mir und ihr laufen die Tränen herunter.
"Hey", sage ich traurig.
Sie kommt zu mir herunter und dann weinen wir beide gemeinsam für eine ganze Weile. Sie hat irgendwann zwischendurch aufgehört und hält mich einfach nur fest.
Sie setzt sich auf den Bettrand und wir schauen gemeinsam aus dem Fenster. Die Schwester hat ihre Hand auf meine gelegt und versucht, mir Kraft zu schenken.
Ab und zu schaue ich sie an und habe das Gefühl, dass ich ihr auch Halt gebe.
Sie ist um die 18 Jahre alt, hat ein niedliches Gesicht, braune, halblange Haare und eine schöne Figur, nicht ein Stück Knochen.
Schwester Melanie ist vermutlich mit der Situation genauso überfordert wie ich gerade.
Ich weiß nicht, wie lange wir hier gesessen haben, aber auf einmal hören wir eine durch die Tür gedämpft klingende Diskussion. Vor der Tür zu meinem Zimmer verstummen die Wörter und ich höre ein Klopfen und die Tür geht auf.
Schwester Melanie springt auf und dreht sich schnell um. Vermutlich ist es nicht gestattet, so nahe bei den Patienten zu sitzen.
Ich drehe mich zur Tür und sehe zwei Frauen den Raum betreten.
Plötzlich rennt die junge Frau los und wirft sich der einen Frau in den Arm: "Mama", schluchzt sie auf. Die beiden verlassen den Raum.
Schwester Erika seufzt und kommt zu mir: "Es tut mir leid. Diesmal bin ich ins Fettnäpfchen getreten."
Ich schaue sie irritiert an: "Na ja, wegen der Sozialkompetenz. Der Vater von Melanie ist vor sechs Monaten bei einem Unfall gestorben. Da Melanie heute den ersten Tag hier in der Abteilung ist, wusste ich das leider nicht. Ich dachte nur, dass sie Ihnen ein wenig Halt ..."
"Ach Scheiße", murmelt sie dann: "Es gibt diese Tage."
Sie reicht mir ein Glas Wasser: "Frau Maler wird trotzdem gleich zu uns kommen. Aber geben sie den beiden einen Augenblick."
"Möchten Sie reden?"
Ich schüttle den Kopf: "Wann kann ich nach Hause?"
Sie schaut mich fragend an: "Meine Aussage oder die der Ärzte."
"Beides", murmle ich.
"Sie sind Privatpatient, daher werden die Ärzte pauschal vier Wochen buchen."
"Und Sie?"
"Bleiben sie ein bis zwei Wochen hier. Trainieren sie ihre Muskeln. Essen sie viel. Frau Maler wird ihnen vermutlich das gleiche Raten."
Sie seufzt: "Das Ganze hat aber einen Haken."
Ich hebe eine Augenbraue und sie fährt fort: "Wenn sie sich selbst entlassen, haben Sie Schwierigkeiten mit bezahlter Unterstützung."
Ich nicke: "Danke für die Info."
Kurze Zeit später öffnet sich erneut die Tür und eine Frau betritt den Raum. Sie kommt zum Bett und vor mir steht die ältere Version von der jungen Schwesternschülerin, etwas fraulicher, ein breites Becken, lange, blonde Haare. Definitiv die Mutter.
Sie sieht noch etwas verheult aus. Das Ganze hat sie wohl auch etwas mitgenommen.
Trotzdem kommt sie auf mich zu und gibt mir die Hand: "Guten Tag Herr Bäumler. Mein Name ist Veronika Maler. Ich möchte mich für die Situation gerade entschuldigen, aber für meine Tochter ist das eben nicht einfach gewesen."
"Schwester Erika hat mir ihren Fauxpas schon erklärt. Es tut mir leid für sie und ihre Familie."
Frau Maler schaut mich schief an: "Dankeschön. Und wir geht es Ihnen?"
"Weiß ich noch nicht", antworte ich nach kurzer Zeit, "mir fehlen vier Monate und ..."
Ich stocke und sie sieht mich ernst an: "Reden sie drüber, wenn sie bereit sind."
Sie schiebt einen Stuhl zu meinem Bett und setzt sich zu mir: "Ich bleibe jetzt erst einmal hier."
"Und ihre Tochter?", frage ich etwas verwirrt.
"Sitzt draußen mit ihrer besten Freundin. Das ist ok. Ich würde allerdings heute nicht so lange bleiben wollen wie geplant. Dafür bin ich dann morgen für sie da."
Sie lächelt mich an, während Schwester Erika den Raum verlässt.
Ich seufze. Eigentlich würde ich lieber alleine sein, andererseits habe ich Angst davor
"Was ist passiert?", frage ich dann: "Die beiden Ärzte vorhin waren", ich bekomme wieder feuchte Augen, "nicht sehr informativ."
"Sicher?"
Ich drehe mich zu ihr: "Mir fehlen vier Monate, vor allem aber ..."
Ich stocke und sie nimmt meine Hand.
Zwei Stunden später hat sie mir den Unfallhergang geschildert und auch, was danach passiert ist.
Der Fall war tagelang in den Medien und hat die ganze Pandemie-Diskussion, die sich langsam totgelaufen hat, überdeckt.
Der LKW-Fahrer ist einem Kind ausgewichen, was einem Ball hinterhergelaufen ist, und er hat daher die rote Ampel übersehen. Er ist seitdem in psychotherapeutischer Behandlung und kann seinen Beruf wohl nie wieder ausüben.
Meine Frau ist - gemäß Wunsch - anonym begraben und meine Tochter lebt im Augenblick bei meiner Mutter. Sie hat, das hatten die Ärzte ja vorhin gesagt, ein Bein teilweise verloren und hat gerade mit ihrer Reha begonnen.
Mein Arbeitgeber - ich war Projektleiter in einem Softwarehaus - hat direkt nach dem Unfall verlauten lassen, dass er mich erst wieder sehen möchte, wenn ich bereit bin, wieder arbeiten zu gehen.
"Ich habe heute Mittag mit ihm gesprochen", sagt Frau Mahler, "er würde, wenn Sie möchten, nächste Woche einmal nach dem Rechten sehen. Die Entscheidung liegt aber bei Ihnen."
"Unsere Wohnung, die Rechnungen, ich muss doch ...", fange ich an, aber sie stoppt mich: "Das meiste hat ihre Mutter erledigt, einen Teil ihr Chef zusammen mit dem Steuerberater."
Das größte Problem waren die Vollmachten für die Banken, die waren relativ stur, aber ein befreundeter Anwalt von Frau Maler hat meiner Mutter unter die Arme gegriffen.
"Kann ich mit meiner Tochter sprechen?"
"Wenn sie das wollen, können wir das gerne machen". Sie holt ein Handy und ein kleines Notizbuch aus ihrer Tasche.
"Ich habe vorhin schon mit ihrer Mutter gesprochen. Sie ist zu ihrer Tochter gefahren und wartet auf ihren Anruf."
Das Gespräch war fürchterlich. Meine Tochter war völlig aufgelöst und auch meine Mutter war total am Ende. Über meinen Zustand möchte ich gar nicht reden.
Die beiden versprechen, sich morgen in den Zug zu setzen. Sie würden im Laufe des Nachmittags eintreffen.
Ich bin völlig alle, und wenn meine Tochter nicht noch am Leben wäre, dann hätte ich ernsthaft über einen Suizid nachgedacht.
Frau Maler hat mich nach dem Telefonat lange angeschaut.
Auf einmal erzählt sie von sich.
Ihr Mann und sie waren 19 Jahre zusammen. Der Grund war ein One-Night-Stand zu ihrem 20. Geburtstag, der Melanie zur Folge hatte.
Richtig geliebt, "so mit Schmetterlingen im Bauch", haben sie sie sich nie, der gemeinsame Nenner war die Tochter.
Irgendwie führte dass dann zu dem einen oder anderen Seitensprung und vor sechs Monaten verließ ihr Mann, Manfred, nach einem Streit die Wohnung und kam nie wieder.
Er ist - ob mit Absicht oder durch einen Unfall - von der Fahrbahn abgekommen und von einer Brücke gestürzt.
Er war von Beruf Anwalt und hatte ihr und ihrer Tochter ein nicht unerhebliches Vermögen vererbt.
"Deswegen habe ich angefangen, mich um Patienten auf der Koma-Station zu kümmern. Der Pflegenotstand ist durch Corona nicht besser geworden und ich hatte ja Zeit. Meinen Job in der Kanzlei meines
es habe ich aufgegeben, da ein paar der Senior-Partner der Meinung waren, dass ich ja jetzt für sie verfügbar wäre."
Jetzt schaue ich sie eine ganze Weile an und sage dann leise: "Dankeschön."
Sie lächelt mich an: "Wofür?"
Bevor ich antworten kann, klopft es an der Tür und ihre Tochter steckt den Kopf rein: "Entschuldigung bitte, Mama, kannst du mal kommen?"
Frau Mahler will schon aufstehen, doch ich sage spontan: "Komm doch rein, wenn du magst."
Ihre Mutter sieht mich verdutzt an und Melanie kommt in den Raum. Die beiden tuscheln einen Augenblick zusammen und dann nickt ihre Mutter: "Klar, aber du rufst an, wenn irgendetwas ist?"
"Auf Wiedersehen, Herr Bäumler und gute Besserung", sagt Melanie dann und ist auch schon wieder verschwunden.
Ich schaue ihre Mutter fragend an und jetzt ist sie auf einmal traurig: "Sie übernachtet bei ihrer Freundin. Morgen hat sie frei und Schwester Erika möchte sie heute auch nicht mehr arbeiten lassen."
"Haben sie ein gutes Verhältnis im Augenblick?"
"Na ja", sagt sie: "Nach dem Unfall hat sie mir an den Kopf geschmissen, dass ich Schuld am Tod ihres Vaters währe. Sie hat sich zwar entschuldigt, aber irgendwie steht das immer noch zwischen uns."
Ich schiebe langsam meine Hand auf ihre: "Das sollten sie aus der Welt schaffen."
"Ich weiß", sagt sie, "wir waren beide in einer Therapie nach dem Unfall, aber irgendwie haben wir das nie ausgeräumt. Als Folge ist sie halt manchmal bei Ihrer Freundin und manchmal klammert sie ganz stark."
"Reden sie mit ihr, das tut ihnen beiden bestimmt gut."
Dann lächelt sie aber: "So und jetzt besprechen wir, wie es die nächsten Tage weitergeht. Ich arbeite sonst noch in einem Kinderheim ehrenamtlich, aber die Kleinen kommen auch mal ohne mich aus."
Sie erzählt mir einiges über die Übungen, und den ganzen Verwaltungskram, der jetzt auf mich zukommt.
"Ansonsten, wenn sie alleine sein wollen, sagen sie mir das bitte, dann gehe ich."
Sie fährt mit der Hand durch den Raum: "Sie haben hier Fernsehen, WLAN, es gibt eine Bücherei und", sie schaut mich ernst an, "wenn ich ihnen 'auf den Wecker' gehe, findet sich auch eine andere Betreuerin für sie."
Ihre Stimme ist dabei leiser geworden. Ich vermute, dass das zum Pflichtprogramm gehört, sie aber irgendwie gerne weiter mit mir arbeiten möchte.
Ich schaue aus dem Fenster: "Ich möchte jetzt nicht alleine sein und es wäre schön, wenn sie noch ein wenig bleiben."
Sie lächelt jetzt wieder: "Gerne. Wollen sie sich noch ein wenig unterhalten? Programm haben sie sonst heute nicht mehr, die beiden Stationsärzte haben Zimmerverbot."
"Die beiden mit der Sozialkompetenz?", frage ich und auf einmal muss ich lächeln.
Ich schaue sie an und fange an, Geschichten von meiner Frau zu erzählen, von uns, von Ausflügen und Reisen und auch davon, dass nach dem Tod meines Vaters das Verhältnis zu meiner Mutter nicht einfach wahr.
Sie hört mir gebannt zu, stellt interessierte Zwischenfragen und hält dabei meine Hand.
Tag 2
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Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich erwache, ist es bereits halb sieben Uhr morgens.
Jetzt kommt der Part, den ich in Krankenhäusern so hasse und wer die Krankenhaus-Szene aus dem Film "Werner beinhart" kennt, weiß, was ich meine. Die erste Schwester misst Blutdruck, Puls und Temperatur und nächste wäscht mich.
Um halb acht klopft es an der an der Tür und Frau Maler steckt den Kopf herein: "Guten Morgen Herr Bäumler, darf ich? Ich bringe auch Frühstück mit."
Sie lächelt mich an und ich bitte sie herein.
Dann stellt sie das Tablett auf den Rolltisch vor mein Bett und ich schaue sie ernüchternd an: "Das ist nicht ihr Ernst, oder?"
Haferbrei mit ein paar Früchten und ein dünner Tee, da bekommen die Gefangenen im Knast besseres Essen.
Sie grinst mich an: "Folgender Deal: Wenn sie den Teller alleine leeressen können, schmuggle ich Croissants oder was auch immer sie wollen, an den Schwestern vorbei."
Das kann ja nicht so schwer sein, denke ich und hebe die Hand.
Nun ja, es bleibt beim Versuch, mehr als fünf Zentimeter bekomme ich den Arm nicht angehoben.
Es ist mir unendlich peinlich, mich dann füttern zu lassen, aber Frau Maler lächelt dabei und erzählt nebenbei, was so in der Welt die letzten Monate passiert ist.
Das mit der Zwangsimpfung wahr ja absehbar ein Desaster, aber jetzt im Juli, ist die Inzidenz extrem niedrig und ein neues - in der Erprobung befindliches - Medikament scheint wohl der neue Heilsbringer zu sein.
Ich schaue sie immer wieder an und sie scheint heute Morgen deutlich entspannter zu sein als gestern.
Ich sage ihr dass und sie lächelt mich an: "Sie sind gestern noch vor dem Abendessen eingeschlafen und ich bin dann nach Hause und habe auch über mich und Melanie nachgedacht. Dann habe ich sie angerufen und sie ist direkt nach Hause gekommen.
"Wir haben uns bis weit in die Nacht hinein ausgesprochen und das hat uns gutgetan. Danke, dass sie mir da einen Schubs gegeben haben."
Sie streicht über meine Hand und ich lächle.
Kurz darauf kommt eine Schwester und putzt mir die Zähne und rasiert mich.
Frau Maler steht lächelnd daneben und meint dann: "Na schau, da ist ja ein Gesicht hinter dem Bart zu sehen."
Ich schaue sie verwirrt an und sie lacht auf: "So schlimm ist es nicht, aber ein Friseur-Termin stände Ihnen gut zu pass."
"Na super", sage ich: "Der erste Eindruck ist wohl dahin, oder?"
Sie lacht auf.
Die positive Stimmung hält an und wir unterhalten uns locker weiter über allgemeine Themen, bis ein älterer Arzt mit einer Entourage an Ärzten, Assistenzärzten und Schwestern den Raum betritt. Am Ende der Schlange kommen die zwei Ärzte, die gestern das erste Gespräch mit mir geführt haben, unter den strengen Augen von Schwester Erika in den Raum.
"Guten Morgen Herr Bäumler, es ist schön, sie wieder bei uns zu haben", fängt er gut gelaunt an.
Dann wird er leise und ernst: "Ich möchte Ihnen mein Beileid aussprechen."
Dabei legt er seine Hand auf meine Schulter und schweigt einen Augenblick.
Ich nicke ernst. Genau die Geste, die ich gestern erwartet hätte.
Dann schaut er Frau Maler an: "Guten Morgen Veronika. Ich sehe, du kümmerst dich weiter um Herrn Bäumler?"
Sie nickt und schaut zu mir: "Ich habe gestern alles Wichtige besprochen und heute kommt seine Tochter hierher."
"Prima", sagt der Professor und schaut mich dann ernst an: "Nach einem so langen Koma kann es in den nächsten Tagen noch zu Tagträumen oder anderen komischen Phänomenen kommen. Außerdem müssen wir ihre Muskulatur wieder in Schwung bringen. Das wird ein paar Tage dauern, aber unser Team von Physiotherapeuten", er zeigt dabei auf zwei junge Frauen, die ihn anlächeln, "wird sie schnell wieder auf Trab bringen."
"Und wann kann ich nach Hause?", frage ich direkt.
Er lächelt sanft und meint dann: "Das werden wir sehen, aber vier Wochen werden es wohl werden."
Ich schaue Schwester Erika an, und die grinst schief.
Kurze Zeit darauf ist der ganze Haufen aus dem Zimmer draußen und ich seufze: "Und das jetzt jeden Tag?"
Sie lacht mich an: "Ich habe auch manchmal das Gefühl, dass Ärzte das mit Absicht machen, damit Patienten freiwillig schnell gehen."
"Ich denke, das ist eher das Essen."
Auf einmal fällt mir etwas ein und ich schaue sie an: "Der Professor hat vorhin gesagt, dass Sie sich 'weiter' um mich kümmern. Außerdem scheint er sie schon länger zu kennen."
Keine direkte Frage, aber sie wird leicht rot: "Nun ja, ich mache das hier seit etwas mehr als drei Monaten. Sie waren mein erster Patient."
Dann lächelt sie wieder: "Professor Kaul ist mein Onkel und er hat vor drei Jahren dieses Programm ins Leben gerufen."
Ich schaue sie an. Zumindest der erste Teil hört sich etwas unvollständig an, aber ich will ja nicht nachbohren.
Eine halbe Stunde später kommt die Physiotherapeutin und ich habe anschließend Tränen in den Augen, aber nicht von der Trauer über den Verlust meiner Frau.
Bis zum Mittag schlafe ich dann vor Erschöpfung.
Als ich aufwache, sehe ich Frau Maler neben mir sitzen, mit einem Buch in der Hand. Ich lächle. Ein schönes Bild.
Dann schäme ich mich und mir laufen Tränen die Wangen herunter. Ich habe das Gefühl, das Andenken an meine Frau zu beschmutzen, wenn ich die Frau neben mir attraktiv finde.
Ich muss wohl geschluchzt haben, denn auf einmal wird Frau Maler wach und schreckt hoch: "Entschuldigung, ich bin wohl eingenickt."
Ich sehe sie traurig an: "Alles gut, ich hatte nur so einen Moment."
Sie nimmt mich in den Arm und ich weine wieder lange.
Nachher entschuldige ich mich, als das Essen kommt.
Eine leichte Suppe und hinterher zwei Jogurt und Obst.
"Eine Sache noch", Frau Maler hat schon den Löffel in der Hand, "für Sie ist ihre Frau gefühlt vor ein paar Tagen gestorben, erwarten sie keine Wunder. Mein Mann starb vor sechs Monaten. Selbst ich trauere noch."
"Das mit dem Füttern ist mir so peinlich."
"Dann strengen sie sich an. Wenn sie sich alleine aufrecht halten können, besorge ich einen Rollstuhl."
Dann zwinkert sie, als der erste Löffel im Mund gelandet ist und auf seine Geschmacksknospen trifft: "Wenn sie ihren Arm höher als gestern heben können, gibts noch einen zweiten Nachtisch."
Hups, denke ich, das war jetzt aber zweideutig. Ich schaue sie schief an, wir sprachen gerade noch darüber, dass meine Gefühle für Magdalena noch sehr frisch sind.
Ich schaue sie schief an, sehe aber dann, dass sie eine Packung Toffife in der Hand hält.
Meine Gesichtsfarbe rutscht ins Tiefrote und sie schaut mich etwas verwirrt an: "Ist damit etwas nicht in Ordnung?"
Ich stottere etwas von "Nein ... Lecker ... aber das ist mir alles peinlich."
"Das wird schon", sie grinst, "aber erst kommt der Muskelkater."
Am Nachmittag kam dann meine Mutter mit Franziska.
Die Kleine war so aufgewühlt, dass sie aus dem Rollstuhl sprang und in meine Arme hüpfte.
Danach haben wir eine ganze Weile zusammen geweint.
Frau Maler hat sich kurz vorgestellt und ist dann aus dem Raum, hat aber vorher noch auf den Schwesternruf gezeigt: "Wenn irgendetwas ist."
Meine Kleine erzählt mir eine ganze Weile, ohne eine Pause, was sie erlebt hat und dass sie jetzt toll Rollstuhl fahren kann. Sie soll in knapp zwei Monaten ein neues Bein bekommen und kann dann wieder laufen.
Meine Mutter hat ihre Hand auf meine Schulter gelegt, unsere Begrüßung war nicht frostig, aber sie scheint etwas auf dem Herzen zu haben.
Wir unterhalten uns lange, auch über Magdalena.
Um 16:00 Uhr kommt leider die Physiotherapeutin und die beiden gehen dann auch. Meine Mutter verspricht, dass sie morgen wiederkommen und erst am Sonntag wieder fahren.
Danach unterhalte ich mich noch eine Weile mit Frau Maler, auch über die Kleine und wie es dort weitergeht.
"Wenn Sie aus dem Krankenhaus rauskommen, dann sollten sie sehen, dass sie ihre Tochter so schnell wie möglich nach Hause holen."
Ich schaue sie traurig an: "Ich bin doch alleine völlig hilflos, wie soll das gehen?"
Das bekommen wir schon hin: "Ich habe ihnen ja schon gesagt, dass ich auch nach der Entlassung weiter für sie da bin."
Dann sagt sie lächelnd: "Ich habe gesehen, wie sie und ihre Tochter aufeinander reagiert haben. Das würde ihnen beiden helfen."
Tag 3
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Frau Maler kommt heute etwas später, da sie einen Termin morgens hat. Dafür ist Melanie Maler im Raum und trainiert mit der Physiotherapeutin zusammen meine Bein- und Bauchmuskulatur.
Als Franziska in den Raum kommt, stürmt sie wieder auf mich zu, stolpert dabei aber und fällt in Melanie Maler, die sie auffängt: "Entschuldigung", murmelt Franziska.
Melanie lächelt sie an: "Du bist aber eine hübsche Wilde."
Dann reicht sie die Kleine zu mir aufs Bett und nimmt die Physiotherapeutin mit aus dem Zimmer.
Franziska unterhält mich wieder und ich bin total glücklich.
"Die Frau von gestern sieht aber heute ganz anders aus", meint sie dann.
Ich überlege kurz und grinse dann: "Das war nicht Frau Maler von gestern, dass war ihre Tochter."
"Oh, aber die sind beide hübsch."
"Vor allem sind sie nett", erwidere ich etwas verschämt.
Meine Mutter erzählt, dass sie Franziska in Berlin in einer Schule anmelden möchte und ob das für mich ok wäre.
"Ist das nicht ein wenig früh und eigentlich hatte ich vor, Franziska wieder zu mir zu holen, wenn ich zuhause bin."
Meine Mutter schaut mich verwirrt an: "In deinem Zustand, wie soll das gehen? Ich habe mich die letzten Monate um sie gekümmert und du bist ohne Frau."
Mir entgleisen völlig die Gesichtszüge und ich atme tief durch: "Moment", sage ich und drücke den Schwesternruf.
Kurz darauf kommt Melanie Maler in den Raum.
"Ist was?"
"Können Sie sich mal kurz um Franziska kümmern? Ich würde gerne kurz etwas mit meiner Mutter besprechen."
Sie schaut zwischen uns hin und her und weiß, dass das jetzt keine Spaß-Veranstaltung wird: "Hör mal, Franziska, kommst du kurz mit und zeigst mir, wie gut du mit dem Rollstuhl umgehen kannst?"
"Und Papa?", Franziska schaut mich an.
"Ich bin hier, und du kannst gerne gleich wiederkommen."
"Was wird das hier?", frage ich, als die Tür geschlossen ist.
"Was?", fragt meine Mutter.
"Warum soll Franziska in Berlin zur Schule. Sie lebt hier."
"Darüber wollte ich mit dir reden. Du kannst doch nicht alleine und ohne Frau eine Tochter großziehen."
"Warum nicht? Leben wir noch im Mittelalter?"
"Jetzt sei mal nicht so. Du kannst doch auch zu uns kommen und dann dort leben. Ich habe sowieso nicht verstanden, warum ihr hier und nicht in Berlin lebt."
"Weil wir es hier schön finden?"
"Und bei mir ist es nicht schön?"
"Das ist etwas anderes. Wir leben hier, haben Freunde, ich arbeite hier."
"Und? Dann arbeitest du halt hier. Da hast du dann auch nicht immer die Erinnerungen an Magdalena vor Augen."
Jetzt wird es aber wirr.
"Warum soll ich das nicht haben?"
"Weil die Schlampe dich nach Strich und faden beschissen hat", keift jetzt meine Mutter, "weil du wegen ihr von uns weggezogen bist und weil das Kind nicht mal von dir ist."
Ich schaue sie perplex an und mir laufen Tränen über das Gesicht. Ob der Worte meiner Mutter oder der Tatsache, dass Magdalena mich betrogen hat.
Ich atme tief durch: "Ich möchte, dass du jetzt gehst und ich möchte, dass Franziska so schnell wie möglich wieder hier ist, und wenn ich dafür eine Pflegefamilie organisieren muss. Die Kleine und auch ich werden in Zukunft so wenig Kontakt wie möglich zu dir haben. Du bist so eine - und ich habe es damals schon gesagt - richtig intigrante, verhärmte alte Frau."
Dann brülle ich sie an: "Raus hier!"
Kurz darauf kommt Frau Maler, die in der Zwischenzeit angekommen ist, in den Raum, greift kurz über mich und rennt sofort wieder raus.
Sie kommt mit einem Arzt wieder, der mir eine Spritze gibt.
Später hat sie mir erzählt, dass ich mir den Tropf rausgerissen habe und auf meinen Arm eingestochen habe.
Tag 4
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Ich wache auf mit fürchterlichen Schmerzen im Arm. Ich stöhne und mache dann die Augen auf: "Papa!"
Dann umarmt mich mein Engel und ich frage erstaunt: "Franziska, was machst du denn hier?"
"Guten Morgen Herr Bäumler", Frau Malers Gesicht wird sichtbar.
"Guten Morgen", sage ich leise und dann kommt wie ein Dampfhammer das Erlebte vom Vortag wieder.
Frau Maler nimmt Franziska hoch und redet kurz leise mit ihr und dann nehmen andere Hände Franziska und kurz darauf schließt sich die Tür.
Keine Sekunde zu spät, denn ich breche heulend zusammen.
Frau Maler steht neben mir und hat ihre Hand auf meine Schulter gelegt. Ich höre zwischendurch ein paar Satzfragmente: "Nein, brauchen wir nicht ... schaffe ... melde mich."
Irgendwann wird es etwas besser und ich mache die Augen wieder auf. Frau Maler steht immer noch so da. Ihr Gesicht meinem zugewandt, Mitgefühl und Trauer auf dem Gesicht.
"Wussten Sie es?", frage ich sie.
Frau Maler seufzt: "Ja, aber ich hielt diese Information im Augenblick nicht für so wichtig. Es hätte ja auch eine künstliche Befruchtung sein können, gewollt", sie seufzt: "Ich wollte ihr Andenken an ihre Frau damit im Augenblick noch nicht belasten. Es tut mir leid."
Ich versuche, meine Hand hochzunehmen und auf ihre zu legen und scheitere immer noch kläglich.
Sie sieht es, und legt ihre auf meine: "Ist ok."
Ich schaue sie an: "Und jetzt?"
Sie setzt sich hin und seufzt: "Nun ja, ihre Mutter ist abgereist."
Ich schaue entsetzt: "Und Franziska?"
Sie wird leicht rot: "Ist erstmal bei mir. Ich habe heute Morgen mit dem Jugendamt telefoniert und wir haben das erst einmal so gelassen, da ich auch viel hier bin und Franziska dann bei Ihnen ist. Die Dame würde aber heute Nachmittag einmal hierher kommen, um auch mit Ihnen zu sprechen."
Mit Tränen in den Augen sage ich: "Dankeschön."
Sie lächelt mich an: "Bedanken sie sich nicht. Melanie ist heute Morgen vor Freude fast ausgeflippt. Sie sieht sich gerade als große Schwester."
Jetzt wird sie rot, da sie das Gefühl hat, zu intim zu werden.
Ich drücke ihre Hand und sage nochmal: "Dankeschön."
"Was ist noch passiert?", dabei schaue ich auf meinen rechten Arm, der bandagiert ist.
Sie erzählt, was ich versucht habe. Der Vorgang ist nicht unter den Teppich gekehrt, sondern wird als Unfall in den Akten geführt.
"Der Psychologe sagt, ich soll ein Auge auf sie halten. Ach ja, schönen Gruß von ihrer Schwester. Sie hat mich heute irgendwie erreicht und möchte ihr Beileid ausdrücken. Die Aktion ihrer Mutter hat sie total wütend gemacht und sie würde gerne am Wochenende vorbeikommen, wenn sie darf."
Meine Schwester lebt in Schweden mit ihrem Mann und zwei Kindern. Er ist Schwede und sie haben sich dort im Urlaub kennengelernt.
"Gerne. Kommt sie alleine oder mit der Familie?"
"Das dürfen Sie entscheiden."
"Dann mit der Familie."
"Gut, ich schicke ihnen eine Email."
"Eine Frage habe ich noch?", sage ich dann etwas nervös.
"Ja?"
"Wann ist Wochenende?"
Wir lachen kurz auf und sie sagt, dass heute Donnerstag ist.
Kurze Zeit später ist Franziska wieder im Raum und sitzt auf meinem Bett. Sie schmiegt sich an mich und erzählt, dass Frau Maler sie heute mit nach Hause nimmt.
Das sie vorher bei meiner Mutter war, erwähnt sie mit keiner Silbe.
Kurz nach dem Mittag kommt die Frau vom Jugendamt und spricht lange mit Frau Maler und mir. Sie akzeptiert dann auch ohne Einschränkungen den Vorschlag, dass Franziska bei ihr ist. Sie erzählt auch, dass die Kosten bei meiner Mutter nicht unerheblich waren und sie daher froh ist, dass Frau Maler bis auf die Mindestzahlungen keine Ansprüche stellt.
Ich hebe nur eine Augenbraue und Frau Maler zuckt mit den Schultern.
Am Nachmittag bin ich so erschöpft, dass Frau Maler Franziska nimmt und mit ihr nach Hause fährt, damit ich in Ruhe schlafen kann.
Auf die Frage, ob sie mich alleine lassen kann, antworte ich nur: "Auf jeden Fall, ich freue mich schon, wenn ihr morgen wiederkommt."
Sie schaut mich ob der "Du-Form" in der Anrede etwas schief an, sagt dann aber nichts dazu und verabschiedet sich.
Tag 5
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Ich schlafe bis kurz nach Mitternacht und den Rest der Zeit liege ich wach, benutze eines der Trainingsgeräte und denke nach.
Dass meine Frau mich betrügt, das habe ich seit langer Zeit vermutet. Einer meiner Kollegen und Freund hatte schon immer ein Auge auf sie geworfen und er war ab und zu bei uns zuhause.
Wir hatten auch schon mehrfach offen über das Thema Trennung gesprochen, aber es wegen Franziska immer wieder zur Seite gelegt.
Wir hatten trotzdem Sex, aber ich vermute mal, dass Magdalena das als eheliche Pflichtübung ansah, und ich war überrascht, als sie mir gestand, dass sie erneut schwanger war.
Meine Mutter? Die war mit dem gestrigen Tag gestorben. Ich hätte ihr vielleicht noch verziehen, wie sie über Magdalena gesprochen hat, aber dass sie Franziska einfach auf dem Flur im Krankenhaus hat sitzen lassen.
Ich war total überrascht, als mir Melanie Maler erzählt hat, dass Franziska gestern schon bei ihnen übernachtet hat.
Und meine Schwester? Sie ist nicht ohne Grund nach Schweden gegangen.
Ich werde wie immer vom Krankenhausalltag geweckt. Wecken, Fieber, Blutdruck, Waschen und gefüttert werden.
Um kurz nach halb zehn kommen meine Kleine und Frau Maler in den Raum. Ich liege total kaputt im Bett, da die Physiotherapeutin mich fertig gemacht hat.
"Hallo Papa", ruft Franziska, "Veronika hat mir heute ein Croissant und Nutella zum Frühstück gemacht."
Ich schaue die beiden an und freue mich, dass Franziska so toll mit Frau Maler auskommt.
"Das ist toll mein Schatz, ich bekomme hier nur Brei."
Frau Maler zieht ihre Hand nach vorne und ich sehe eine Tüte vom Bäcker.
Ich habe noch nie so ein leckeres Croissant mit Schokofüllung gegessen.
Natürlich kommt der Arzt zur Visite, als ich gerade den Mund mit Krümeln und Schokocreme eingesaut habe.
Am Nachmittag habe ich mich lange mit Franziska beschäftigt. Sie hat inzwischen akzeptiert, dass ihr Bein nicht mehr da ist: "Ich habe doch den Rolli und bald bekomme ich ein neues Bein."
Sie erzählt fast gar nichts von der Zeit bei meiner Mutter und ich will sie da nicht drängen.
Irgendwann kommt Melanie Maler dazu und spielt am Tisch mit Franziska.
Ich schaue zu den beiden und lächle.
"Sieht schön aus, nicht wahr", meint Frau Maler und ich wende mich ihr zu: "Stimmt. Eins habe ich aber noch: Ich bin Markus, das Formelle liegt mir nicht so und meine Tochter hat sie/dich ja schon mit Vornamen angeredet."
Sie grinst mich an: "Deine Tochter ist echt süß", sie betont das "Deine". "Ich bin Veronika und da drüben sitzt Melanie, dass macht es einfacher."
Tag 6
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Freitag morgen muss ich mich das erste Mal hinstellen. Ein Arzt und die Physiotherapeutin halten mich fest und ich denke, ich muss sterben.
Plötzlich höre ich das Geräusch einer Kamera und schaue zu Veronika.
Sie lächelt mich an: "Erfolge muss man festhalten."
Nachmittags ist sie mit Franziska zur ersten Reha-Stunde. Sie darf im Krankenhaus eine ambulante Reha machen, da sie ja sowieso fast jeden Tag da ist und Veronika examinierte Physiotherapeutin ist.
Ich schaue sie irgendwann an: "Und warum hast du deinen Job gewechselt?"
Sie zuckt mit den Schultern: "Mein Mann wollte, dass ich in seiner Kanzlei mitarbeite, außerdem gab es mehr Geld."
Als die drei mich kurz vor dem Abendessen verlassen, spüre ich eine Leere wie schon lange nicht mehr. Irgendwie war der Tag schön mit den dreien.
Tag 7
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Samstag
Am Samstag esse ich zum ersten Mal alleine mein Frühstück. Mit Lätzchen und hinterher abgekärchert, aber ich war total stolz auf mich. Trotzdem füttert mich Franziska erneut mit einem Croissant und wir haben alle zusammen Spaß.
Melanie ist zuhause. Sie hat heute Nachtschicht, und sie muss vorschlafen.
Um 11 klopft es an der Tür und kurz darauf kommt meine Schwester mit ihrer Familie herein.
Es gibt großes Hallo, wir haben uns ja auch schon seit zwei Jahren nicht mehr gesehen.
Ihr Mann, der zwischenzeitlich leidlich Deutsch spricht, beschäftigt sich eine Weile mit den drei Kindern und Monika, meine Schwester, unterhält sich lange mit mir.
Nach dem Mittagessen - Veronika hat meine Familie unten in die Kantine gebracht - verbringen wir einen vergnüglichen Nachmittag und auch Melanie stößt noch dazu, bevor sie ihre Schicht beginnt.
Als die Horde endlich verschwindet, Veronika hat alle zu sich nach Hause eingeladen, "es ist ja genug Platz da", liege ich noch lange im Bett und werde nur ein wenig traurig, da ich die Erinnerung an Magdalena schon zur Seite gepackt habe.
Tag 8
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Am Sonntag frühstücken wir gemeinsam und Schwester Erika geht mit meinem Tablett kopfschüttelnd wieder aus dem Raum.
Es ist ein schöner Tag und Veronika und Monika heben mich irgendwann sogar in einen Rollstuhl und wir fahren nach unten in den Garten.
Interessant wird es, dass sich Veronika nach dem Gartenbesuch zurückziehen wollte und sowohl von Monika und auch von Franziska ein lautes Veto kommt.
Sie schaut mich überrascht an und ich zucke nur den Achseln: "Meine Familie ist immer sehr offen gewesen."
Ich sage leise: "Die meisten jedenfalls."
Wir haben einen schönen Tag, lachen viel und reden auch über Magdalena, ohne dass sich ein Schatten über uns legt.
Nur einmal sagt Franziska: "Ich fände es schön, wenn Mama hier wäre."
Sie schaut mich dann an und geht aber interessanterweise zu Veronika und hüpft auf ihren Schoß.
Monika schaut mich an und lächelt.
Irgendwann sitzt sie auf meinem Bett und wir unterhalten uns, erst über meine Mutter und dann über meine Zukunft.
"Wir haben heute bei Veronika geschlafen und haben ihr Haus bewundert. Franziska ist total begeistert und hat gestern Abend sogar im Pool gespielt."
Sie schaut zu meiner Tochter, die gerade mit Melanie und den anderen Kindern zusammen spielt: "Franziska zumindest ist mit der aktuellen Lösung sehr zufrieden."
"Was willst du mir jetzt sagen."
Sie grinst mich an: "Nichts. Nur so."
Ich schaue sie verblüfft an.
Sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
Am Nachmittag machen Monika und Familie sich langsam auf den Weg. Der Abschied ist tränenreich und wir versprechen uns, das wir, wenn ich wieder fit, auch nach Schweden kommen.
Monika wird auch noch einmal versuchen, mit unserer Mutter zu reden. Für mich ist das Thema durch.
Nachdem sie den Raum verlassen haben, sitze ich in meinem Bett und schaue aus dem Fenster.
Ich fand es total spannend, dass sich Veronika und Melanie so harmonisch in das Geschehen integriert haben. Und Franziska, die Kleine ist zwischenzeitlich eher bei Veronika als bei mir.
Eifersucht spüre ich dabei aber interessanterweise keine.
Die beiden verabschieden sich noch vor dem Abendbrot, damit "dein Papa seine Ruhe vor uns hat. Wir schauen uns zuhause noch einen Film an."
Dann grinst sie mich an: "Ach ja, Franzi?", die Kleine schaut aufgeregt, "Morgen geht es dann in den Kindergarten, wenn du magst und dein Papa das erlaubt."
Franziska hätte beinahe einen Luftsprung gemacht und dann hüpft sie auf mein Bett und schaut mich mit großen Augen an: "Darf ich morgen mit Veronika in die Kita?"
Ich streiche über ihren Kopf: "Wenn du das möchtest, dann gerne. Ich glaube aber, dass Veronika nicht die ganze Zeit dabei ist, zumindest nicht an allen Tagen."
Interessanterweise schaut sie erst traurig, dann lacht sie aber wieder: "Aber dann kann sie ja bei dir sein. Du freust dich ja auch, wenn Veronika da ist."
Ich grinse sie an und werde leicht rot: "Das ist schön, dass du dich freust, wenn ich mich freue."
Ich lächle Veronika an: "Ihr könnt gerne in den Kindergarten. Ich würde mich aber freuen, wenn Franzi auch mal zu mir kommt."
"Na klar, Papa", sagt Franziska, "wenn Veronika mitkommt."
"Natürlich, meine Kleine", sagt Veronika und lächelt Franziska an.
Franziska drückt mich noch einmal und ich bin danach mit Melanie alleine.
"Das ist ein Gewusel hier, oder?", frage ich.
Sie schaut mich schief an: "Ich finde es schön", und verlässt den Raum.
Etwas verwirrt mache ich den Fernseher an und beende innerlich den Tag.
Tag 9
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Ich darf heute das erste Mal alleine ins Bad, auf Toilette und mich waschen. Was für eine Wohltat.
Dann habe ich einen fürchterlichen Vormittag, da ich die ersten Schritte machen muss.
Ich falle völlig erschöpft ins Bett und bin schon am Einschlafen, da klopft es an der Tür.
Mein Chef Martin und meine Kollegin Rebecca kommen in den Raum. Ein riesen Blumenstrauß und eine große Karte, auf der viele Mitarbeiter unterschrieben haben.
"Hallo Rebecca, Martin", begrüße ich meine Kollegin und meinen Chef: "Schön, euch zu sehen."
"Schön, dass du wieder unter den Lebenden weilst."
Rebecca umarmt mich und schaut mich traurig an: "Alles gut mit dir?"
Ich lächle: "Wird schon. Franzi ist wieder hier und die Leute hier sind total nett."
Martin sagt: "Frau Maler hat mir letzte Woche gesagt, dass sie sich hier um dich kümmert und vermutlich heute auch da ist. Ich möchte mich eigentlich mit ihre darüber unterhalten, dass sie dich so lange wie möglich zu Hause lässt."
Er grinst mich an: "Es geht auch ohne dich, haben wir festgestellt."
Ich schaue in verwirrt an: "Spaß, sorry. Nein, es läuft nicht gut, der Vertrieb schafft ohne dich kaum Neugeschäft und das Bestandsgeschäft ist ein wenig runtergefahren. Aber die großen Projekte laufen weiter, wir haben uns hier externe Unterstützung geholt."
"Von daher: Bleib zuhause, schon dich und wir reden über eine Wiedereingliederung, wenn es so weit ist. Und was machst du so?"
Dann erzähle ich, was die letzten Tage mit meiner Mutter und Monika so passiert ist und dass Veronika sich um Franziska kümmert.
Die beiden freuen sich, dass ich offensichtlich hier so gut aufgehoben bin.
Dann fragt Martin erneut: "Kommt Frau Maler heute morgen noch rein?"
Ich lächle und schüttele den Kopf: "Veronika ist vermutlich mit Franziska im Kindergarten. Das hatten wir gestern so besprochen."
Rebecca schaut mich interessiert an: "Veronika? Kindergarten?"
"Nichts ist da, was du wieder denkst.", ich werde aber trotzdem ein wenig rot.
Die beiden schauen sich an und Martin sagt ganz neutral: "Das ist doch schön, dass sich jemand um deine Kleine kümmert. Ich werde sie dann heute oder morgen einmal anrufen."
Jetzt schaue ich die beiden an: "Gibt es sonst etwas Neues?"
Beide sind jetzt etwas unsicher und ich schaue sie ernst an: "Ich weiß Bescheid, daher mal direkt: Was ist mit Jochen?"
Beide drucksen herum, doch dann sagt Rebecca: "Er hat sich direkt nach eurem Unfall krank gemeldet und ein paar später Tage gekündigt. Wir haben ihn seitdem nicht mehr gesehen."
Ich schaue aus dem Fenster und eine Träne rinnt mir die Wange herab.
Rebecca schaut mich an: "Können wir irgendetwas für dich tun?"
"Eher nicht, die Zeit zurück drehen vielleicht ...", ich mache eine kurze Pause und fahre dann leise fort: "... eigentlich ... vielleicht aber auch nicht."
Ich schaue die beiden an: "Wärt ihr mir böse, wenn ich euch jetzt rausschmeiße? Ich brauche jetzt ein paar Minuten für mich."
Martin schaut mich ernst an: "Ruf mich an, wenn etwas ist. Egal was."
Ich lächle ihn an und sage nur: "Alles gut."
Dann grinse ich die beiden an: "Aber wenn wir schon von Beziehungen reden. Ihr beide braucht euch vor mir nicht zu verstecken."
Beide werden knallrot und Rebecca stammelt: "Wieso ... woher weißt du?"
Ich lache auf, und es tut mir echt gut: "Ihr benehmt euch seit Monaten wie zwei Teenager. Und es fällt auf, wenn ihr bei sensiblen Themen eure Hände festhaltet."
Die Hände gehen auseinander, als ob ein Stromstoß hindurchgefahren ist.
"Ich freue mich für euch", sage ich noch und dann: "So, jetzt raus. Ich hatte vor euch meine Foltermeisterin bei mir und ich muss noch ein wenig Kraft sammeln vor dem Mittag."
Rebecca umarmt mich noch einmal und flüstert mir ins Ohr: "Ich freue mich für euch."
Ich schaue sie verwirrt an und bekomme nicht einmal mit, dass mir Martin die Hand schüttelt.
Dann verlassen sie den Raum und ich sitze mit angezogenen Beinen auf meinem Bett und starre aus dem Fenster.
Gegen halb zwei kommen Franziska und Veronika ins Zimmer und Franzi springt zu mir aufs Bett: "Das war toll. Ich habe schon ganz viele neue Freundinnen. Darf ich morgen wieder da hin? Es gab heute Nudeln, und Veronika hat so ein schönes Auto ..."
Veronika steht hinter uns und schaut uns eine ganze Weile zu, während Franziska versucht, in 10 Minuten einen ganzen Vormittag zu packen.
Veronika stellt sich irgendwann neben mich und legt eine Hand auf die Schulter meiner Kleinen: "Hey, Süße, du musst deinen Papa auch mal ausreden lassen und vielleicht erstmal guten Tag sagen."
Das stoppt den Redefluss und sie grinst mich an: "Hallo Papa."
"Hallo Maus. Ich habe verstanden, dass du einen tollen Tag im Kindergarten hattest."
"Ja, und alle fanden es toll, dass ich mit dem Rollstuhl überall unterwegs war."
"Das freut mich. Möchtest du denn morgen auch wieder in den Kindergarten."
"Das hat mir Veronika schon erlaubt", strahlt sie mich an.
Ich schaue Veronika an und hebe eine Augenbraue.
Sie bekommt ordentlich Farbe und stottert: "Ähh, im Eifer des Gefechts ... und deine Kleine ist so süß."
Ich lächle sie an, rede dann aber zu Franziska: "Wenn Veronika das sagt, dann ist das ok. Du musst auch immer auf sie hören, ja?"
Franziska nickt ernst: "Na klar, sie passt ja jetzt auf mich auf."
Wir sehen beide verblüfft auf die Kleine und ich sehe eine Träne die Wange von Veronika herunterlaufen.
Um die Stimmung nicht noch weiter runterzureißen, frage ich: "Wo ist eigentlich mein Croissant?"
"Ups", meint Franziska und schaut mich betroffen an: "Du musstest bestimmt hungern heute, oder?"
Veronika und ich müssen lachen und ich nehme meine Kleine in den Arm: "Nein, ich bekomme hier Frühstück, aber wenn ihr morgens kommt, dann dürft ihr mir gerne ein Croissant mitbringen."
Franziska steht auf und steht, auf einem Bein balancierend vor Veronika, und flüstert ihr etwas ins Ohr.
Diese grinst, hebt sie in ihren Rollstuhl und reicht ihr einen Geldschein aus dem Portemonnaie. Sie geht nach vorne, öffnet die Tür und Frederike rollt raus.
Ich schaue Veronika fragend an und sie zuckt mit den Achseln: "Keine Ahnung, sie hat nach 10€ gefragt und schwups, ist sie weg."
"Hat dich jemand um den kleinen Finger gewickelt?"
"Du hast ja keine Ahnung", grinst sie, wird aber gleich wieder ernst.
"Du siehst traurig aus."
Ich nicke und klopfe auf meinen Platz neben mir am Bett.
Ich erzähle von dem Besuch meines Chefs.
"Es war zwar kein richtiges Geständnis, aber Jochen hat sich auch danach oder in den letzten Tagen nicht bei mir gemeldet."
Sie streichelt meinen Arm: "Alles ok mit dir?"
Ich grinse sie schief an: "War schonmal besser."
Dann werde ich ernst: "Hörmal, ich finde es toll, wie du Franziska verwöhnst ..."
"Darf ich das nicht?", fragt sie ängstlich nervös.
Ich lächle leicht: "Doch, na klar, aber ich habe kein Geld hier. Du musst das bitte alles aufschreiben, damit ich dir das zurückzahlen kann."
"Ist klar", sie schaut mich erst ernst an, dann aber lächelt sie: "Ich bekomme hier so eine süße Maus angereicht und muss mich echt zurückhalten, sie nicht auf einen Thron zu heben."
"Kenne ich", ich grinse, "Aber ich würde das nicht einfach so stehen lassen."
"Ich lasse mir etwas einfallen", lächelst du zurück.
"Und der Kindergarten?", frage ich. Ich weiß sehr wohl, dass der Kindergarten in der Stadt nicht kostenlos ist.
"Ich lasse mir etwas einfallen."
"Super, ich liebe diese Diskussionen", grummle ich.
Dann unterhalten wir uns über den Tag und meine Fortschritte, aber auch über das Wochenende.
Es klopft leise und Schwester Erika schiebt Franziska rein. Auf ihrem Schoß hält sie einen Teller mit einem Stück Kuchen auf den Knien und strahlt mich an: "Ich habe dir ein Stück Kuchen geholt. Die Kro-Dinger hatten sie nicht."
Ich bin sprachlos und schaue sie nur aus feuchten Augen an.
Veronika reagiert als erste: "Komm, mein Schatz, wir stellen das auf den Tisch, ich hole uns einen Kaffee und einen Tee für dich."
Dann nimmt sie Franziska den Teller von den Knien, gibt ihr einen Kuss auf die Stirn und rollt mit ihr Raus. Ich höre noch: "Ist Papa traurig?"
Dann rollen mir die Tränen richtig.
Kurze Zeit später kommen die beiden wieder in den Raum. Ich habe mich zwischenzeitlich in den Rollstuhl gequält und sitze am Tisch.
Als die beiden wieder in den Raum kommen, habe ich mein Gesicht wieder so weit im Griff und lächle die beiden an: "Na ihr beiden Hübschen?"
Fuck ... ihr beiden Hübschen? Was habe ich mir dabei gedacht ...
Franziska dreht den Kopf zu Veronika: "Guck mal, Papa lacht wieder."
"Habe ich dir doch gesagt."
Dann sitzen wir gemeinsam am Tisch und ich Teile den Kuchen und füttere die beiden mit meiner Gabel. Wir haben einen Riesenspaß.
Veronika schaut mich danach an: "Bist du alleine in den Rollstuhl gekommen?"
Ich grinse sie an: "Muss ich nicht zehnmal am Tag machen, aber ja, es geht."
"Wenn du es schaffst, dass du wieder alleine ins Bett kommst, hole ich dich hier raus."
Das war Ansporn genug für mich. Auf ins Gefecht.
Vor dem Bett sitze ich im Stuhl und habe Angst, es nicht schaffen zu können und mich vor Viktoria zu blamieren.
Sie steht neben mir, um mich auffangen zu können, falls mir etwas passieren sollte.
Franziska sitzt ein wenig von uns weg und beobachtet mich ganz genau.
Ich kippe nach vorne und liege mich mit dem Oberkörper halb auf das Bett, drücke mich mit den Armen hoch. Bevor ich den Mut verliere, setze ich beide Füße vor den Rollstuhl und drücke die Beine durch. Dann drehe ich mich vorsichtig um und setze meinen Hintern auf die Kante und lasse mich nach hinten kippen.
Ich drehe mich auf die Seite, ziehe meine Beine hoch, drehe mich auf den Rücken und schnaufe: "Geschafft."
Franziska hüpft auf mich zu und kommt aufs Bett und legt sich neben mich: "Das hast du toll gemacht, Papa."
Ich ziehe sie an mich, immer noch Zittern meine Arme.
Dann blicke ich auf und schaue zu Veronika und schaue verwirrt. Sie hat Tränen in den Augen, lächelt dabei aber.
Dann kommt sie zu mir und hockt sich vor das Bett: "Einen tollen Papa hast du da."
"Stimmt, oder?", meint Franziska. Sie dreht sich zu mir und drückt mich. Ich drehe mich zur Seite und sehe in Veronikas Gesicht und sage lautlos: "Danke."
Sie legt die Hand auf Franziskas Kopf. Dabei berührt sie - ob mit Absicht oder durch Zufall - mit ihrem Handrücken meine Wange.
Franziska schaut auf: "Fahren wir nach Hause?"
"Entschuldigung", sagt sie leise und bekommt rote Wangen. Dann spricht sie Franziska an: "Ja: Wir müssen langsam los. Außerdem wollen wir morgen deinen Papa hier abholen."
Ich schaue sie an: "Einfach so? Und wohin?"
Sie wird leicht rot: "Ich habe mit Dietmar, ich meine Professor Kaul, gesprochen. Er lässt dich gehen, wenn ich dich auch einmal alleine lassen kann."
"Wohin? Nun ja", sie ist jetzt sichtlich nervös, "aber deine Tochter lebt bereits bei uns im Haus und ich hatte gedacht ..."
Sie verstummt und ich lege meine Hand auf ihre. Dann fährt sie fort: "Ich würde gerne, dass du erst einmal bei uns mit wohnst. Das Haus ist groß genug, du kannst überall mit dem Rollstuhl hin - sogar mit Fahrstuhl."
"Ich kann doch nicht ...", fange ich an, doch Veronika unterbricht mich: "Doch, du kannst. Beziehungsweise: Warum nicht?"
"Ich weiß nicht, du kannst doch nicht einfach ... wie sieht denn das aus ..."
Sie schaut mich an und schüttelt nur mit dem Kopf.
"Komm Franziska, wir müssen gehen. Dein Papa braucht ein wenig Ruhe. Die Anstrengung war ein wenig viel für ihn."
"Aber wir holen ihn morgen ab, oder?"
"Wenn er lieb ist", sie schaut mich böse an.
Dann setzt sie Franziska in den Rollstuhl und sie fahren aus dem Raum.
Ich kann nicht einschlafen, weil ich mich wie ein Arsch benommen habe.
Ich hatte überlegt, sie anzurufen, habe aber festgestellt, dass ich nicht Mal ihre Telefonnummer habe.
Ihr irgendwie zu unterstellen, dass wir ... nein ... was andere denken ... Alter, wir leben im 21. Jahrhundert.
Gegen 20 Uhr rufe ich meinen Chef an und bitte ihn um ihre Nummer: "Spinnst du? Um die Uhrzeit?", blafft er ins Telefon: "Ich dachte, dir ist was passiert."
Ich erkläre kurz, was ich mir geleistet habe.
Er lacht auf und ich reagiere grantig: "Das ist nicht lustig."
"Das ist es auch nicht", kommt es aus der Leitung zurück.
Plötzlich höre ich eine Frauenstimme: Rebecca ruft: "Du Spinner, sieh zu, dass du das wieder hinbekommst. Gute Nacht."
Dann ist die Leitung tot und ich starre fassungslos auf das Telefon.
Kurze Zeit später bekomme ich eine Whatsapp mit einer Rufnummer und dem Kommentar: "Viel Glück, M&R"
Na super, das kling nach "Toi, toi, toi."
Es ist kurz nach neun und ich liege immer noch da und weiß nicht, was ich machen soll.
Dann fasse ich mir ein Herz und fange an zu tippen.
Hallo Veronika, erst einmal, bevor du es sagst: Ich bin ein Arsch. Chauvinistisch, unsensibel, ich höre nicht zu, ...
Aber eins kann ich jetzt tun: Mich entschuldigen. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht, was diese Worte auslösen können. Ich könnte jetzt vieles Erzählen, warum ich vielleicht so reagiert habe, aber bis auf: Ich habe Angst vor allem, was Normalität ist, fällt mir nichts ein. Auf der anderen Seite: Dass du mir meine Tochter wiedergebracht hast und dich so toll um sie kümmerst, macht mich unendlich glücklich.
Mein Problem ist, dass ich nicht weiß, wie ich diese positive Energie, die die letzten Tage von euch - und besonders von dir - auf mich eingeströmt ist, verarbeiten soll. Ich setze mich so unter Druck, es allen Recht zu machen und gleichzeitig meine Vergangenheit zu bewältigen, dass ich Angst habe, Fehler zu begehen. Und damit trete ich in so ziemlich jedes Fettnäpfchen.
Es tut mir wirklich leid und ich würde wirklich gerne hier raus und bei euch wohnen. Ich hoffe, du kannst mir meinen Ausfall verzeihen.
Eine gute Nacht und ich freue mich wirklich auf euch beide, Markus
P.S. ... und ich liebe diese kleinen Gesten wie die Croissants.
Nachdem ich noch ein wenig grüble, setze ich die Nachricht ab. Ich vermute mal, dass ich heute keine Antwort bekommen werde, verdient habe ich es ja.
Veronika ... Sie hat es auch nicht leicht. Ähnliche Situation: Ihr Mann ist auch erst vor kurzem verstorben, aber unter etwas anderem Vorzeichen. Mein Erwachen kam erst durch den Ausfall meiner Mutter, aber ich habe das Thema Magdalena relativ schnell zur Seite gelegt.
Dann sehe ich sie wieder heute Nachmittag vor dem Bett mit Freudentränen. Groß, vermutlich sogar ein Stück größer als ich, ein paar Kurven, die ich aber extrem spannend finde, ein hübsches Gesicht, die Haare.
Wenn nicht Magdalena und ihr Mann ... Scheiße!
Tag 10
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Zuhause
Um sechs Uhr wird die Tür aufgerissen und Melanie kommt in den Raum: "Guten Morgen Herr Bäumler. Das Programm kennen sie ja schon, oder?"
Fieber, Blutdruck, Aufstehen, im Rollstuhl ins Bad. Da lässt sie mich stehen.
"Melanie?"
"Für sie Frau Mahler!", grummelt sie.
Dann dreht sie sich zu mir: "Ich weiß nicht, was gestern passiert ist, aber ich habe Franziska zu mir geholt, da sie das Weinen meiner Mutter nicht mehr ertragen hat."
"Ich habe Mist gebaut", meine ich einfach, "und mich wie ein Arschloch benommen."
Überrascht schaut sie mich an. Meine ehrliche Ansage scheint sie doch angesprochen zu haben: "Was ist passiert?"
"Ich bin ein Idiot. Ich habe deiner Mutter indirekt vorgeworfen, dass sie mich für sich bei euch zuhause haben will."
"Scheiße!", rufe ich.
Sie kommt zu mir und umarmt mich: "Du bist echt ein Idiot, das weißt du, oder?"
Ich nicke und ihr Schwesternkittel wird in höhe meines Gesichts feucht.
Sie schiebt mich von sich: "Sie zu, dass ihr das hinbekommt. Ich habe keinen Bock auf Stress zuhause. Die letzten Monate waren Mist genug."
Dann geht sie schnell aus dem Zimmer und lässt mich einfach im Rollstuhl sitzen. Beim Rausgehen wirft sie mir noch einmal einen Blick zu, die Augen feucht, aber ein Lächeln auf den Lippen.
Mein Handy piept.
Mit einem flauen Gefühl rolle ich zum Bett.
Seit langem das erste Mal habe ich Angst, aufs Display zu schauen. Nützt ja nichts.
Anstelle von einer Nachricht von einer Nachricht von Veronika sehe ich eine Textnachricht einer unbekannten Nummer: "Rufst du Mama bitte an?"
Ich vermute einmal Melanie hinter der Nummer und wundere mich.
Ich will schon die Nummer aus dem Speicher suchen, da kommt eine weitere Nachricht: "Hopp jetzt! Und viel Glück."
Es klingelt ... einmal ... zweimal ... dreimal ... "Papa?"
"Franziska? Warum gehst du an das Telefon von Veronika? Kann ich sie sprechen?"
"Nein. Sie hat keine Zeit. Ich soll dir sagen, dass du nur mitkommst, wenn du dich schick machst."
Ich muss grinsen.
"Klar mein Schatz, mache ich. Küsschen für euch beide und sag Veronika Danke!"
Ich höre nur ein "Bitte", dass nicht von meiner Tochter komme und schaue auf das Display. Die Verbindung ist unterbrochen und ich habe gerade einen Kurzschluss.
Habe ich gerade "Küsschen für euch beide" gesagt?
"Scheiße!"
Eine Stunde und eine Dusche mit Hilfe von Schwester Erika später habe ich mich rasiert und in Hose und Hemd geschmissen und warte im Rollstuhl.
Sie haben gar nicht gesagt, wann sie mich holen. Mist.
Melanie kommt rein und schaut mich an: "Na ja", meint sie, das Handy am Ohr: "Die Frisur ist mist, aber er hat sich wirklich mühe gegeben."
Sie zwinkert mir zu und verlässt das Zimmer.
Ich sitze perplex da und überlege, ob ich im falschen Film bin.
Um halb neun kommt der Professor und eine der Psychotherapeutinnen in den Raum.
Er grinst mich an: "Sie wissen, dass wir sie nur auf eigenen Wunsch entlassen können?"
Ich nicke, ich hatte das befürchtet.
"Aber Frauke, unsere Physiotherapeutin hat heute Morgen mit Veronika, Frau Maler, gesprochen und Sie bekommen einen Behandlungsplan, den sie bitte mit Frau Maler durcharbeiten. Funktioniert das nicht, sprechen wir uns schneller wieder, als ihnen lieb ist."
Er grinst dabei, um dem Ganzen etwas die Schärfe zu nehmen. "Ihr Krankentransport kommt gleich, um sie abzuholen."
Er und die Physiotherapeutin schütteln ihm die Hand und sind dann wieder weg.
Irgendetwas passiert hier und ich bin der Spielball in der Mitte.
Es klopft an der Tür und Melanie kommt rein: "Dein Taxi ist da."
Ok, denke ich. Also werde ich nicht von Veronika abgeholt, aber das hat sie vorhin auch nicht gesagt.
Ein junger Mann kommt rein und nimmt meine Sachen und schiebt mich dann in Richtung Tür.
Dort werde ich von allen Schwestern verabschiedet und am Ende warten Melanie und Schwester Erika.
Ich wundere mich ein wenig über den Auflauf und frage am Ende die beiden.
"Es kommt nicht jeden Tag vor, dass hier ein Patient die Station verlässt, daher ist das immer eine Art Ereignis."
Ich umarme Schwester Erika und bedanke mich noch einmal.
Zu Melanie sage ich: "Ich denke, wir sehen uns noch."
Sie zuckt mit den Achseln, grinst aber dabei.
Eine halbe Stunde später halten wir in der Innenstadt in einer Geschäftsstraße vor einem Friseursalon.
Zwei Frauen kommen aus dem Laden, bauen den Rollstuhl auf und helfen mir hinein.
Ich schaue die beiden an: "Was mache ich hier?"
Die Ältere der beiden schaut mich verdutzt an: "Sie erkennen einen Friseursalon, wenn sie einen sehen?", fragt sie schnippisch, aber mit einem freundlichen Lächeln.
Ich grinse sie an: "Ok, dumme Frage. Dann los."
Der Taxifahrer wird gebeten, in 45 Minuten wieder hier zu sein.
Ich wusste gar nicht, dass ein Haarschnitt so schön sein kann. Dass ich bei der Kopfhautmassage nicht eingeschlafen bin, war dann auch alles.
Bezahlen soll ich nichts, das wäre bereits alles geregelt. Ich lasse meine letzten 10 Euro als Trinkgeld da und hoffe dann, dass der Taxi-Fahrer mich mit Karte zahlen lässt.
Wir halten vor einem großen Haus an und steigen aus. Dann falle ich in den Rollstuhl, den er mir hinstellt. Ein Garten vor der Tür, rechts eine Garage für mehr als ein Auto. Zwei Etagen und große Fenster.
Schick, denke ich mir und der Taxifahrer fährt er mich zu einer großen Tür, an der Seite ist eine provisorische Rampe aufgebaut.
Er klingelt und verabschiedet mich. Meine Reisetasche stellt er auf meine Knie.
Hmmm, super ...
Die Tür öffnet sich und meine Tochter steht auf einem Bein vor mir: "Hallo Papa!", ruft sie und fällt mir in die Arme.
Die ständigen Ermahnungen der Pfleger und Schwestern machen sich jetzt bemerkbar. Wenn man steht, Bremse rein.
"Hallo, mein Schatz. Darf ich reinkommen?"
Sie hält sich an mir fest und ich rolle ächzend über die Türschwelle.
Der Flur drinnen ist etwas dunkel und ich sehe erst nichts.
Dann geht die Beleuchtung an und eine ganze Horde Leute ruft: "Überraschung!"
Die halbe Firma steht in einem Halbkreis und in der Mitte sind Veronika, Markus und Rebecca.
Das ist mal gelungen. Sind ja schon genug Tränen geflossen, aber das ist dann zu viel.
Veronika und Markus springen vor, er nimmt mir die Tasche aus der Hand und Veronika kniet sich vor mir hin und sagt leise: "Willkommen!"
Dann nimmt sie mir Franziska ab und auf den Arm.
Ich rolle in die Mitte und alle kommen auf mich zu. Ich bekomme ein wenig Panik, der Höhenunterschied ist schon gewaltig, aber irgendjemand, vermutlich Veronika hat sie darauf hingewiesen und so knien sich alle vor mir hin und umarmen mich.
Die nächste Stunde gibt es belegte Brötchen, Kaffee, wer mag einen Sekt und für mich sogar Croissants.
Martin hat allen Mitarbeitern vor Ort freigestellt, zu kommen, und es sind fast alle da. Ein paar müssen wegen Terminen im Büro bleiben und bei den anderen habe ich kein Problem, dass sie nicht da sind.
Irgendwann schaut mich Veronika an und spricht kurz mit Martin. Sie hat wohl gesehen, dass mir das Ganze zu viel wird und ich kurz vorm Umkippen bin. Also scheuchen Martin und Rebecca die Meute wieder ins Büro. Ich muss aber allen das Versprechen geben, in ein paar Tagen einmal vorbeizukommen.
"Das werden wir sehen", sagt Veronika dann zu Martin und zwinkert ihm zu.
Als die Tür hinter Veronika zufällt, sacke ich auf meinem Stuhl zusammen. Sie kommt schnell auf mich zu, hält meinen Oberkörper fest und schiebt mich in den Wohnraum. Dort stellt sie den Rollstuhl neben ein Sofa: "Schaffst du es noch, mich zu unterstützen?"
Gemeinsam stemmen wir mich hoch und auf das Sofa: "Dankeschön." Ich lächle sie an und sie schaut mich etwas ernst an.
Ok, denke ich, also jetzt die Gardinenpredigt: "Hör mal ...", fange ich an, doch da werde ich von einem kleinen Wirbelwind überrascht, der auf mich hüpft.
"Schatz, langsam", ruft Veronika und eilt mir zur Hilfe: "Dein Papa ist völlig erschöpft. Wir haben doch gestern darüber gesprochen und du weißt, wie erschöpft du am Anfang warst."
Es kommt ein leises "Entschuldigung" von Franziska und sie fängt in den Armen von Veronika an zu weinen.
"Scht, mein Schatz", meint Veronika sofort, "alles gut. Du brauchst nicht zu weinen, aber nur ein wenig vorsichtiger sein. Es ist ja nichts passiert:"
"Danke", sage ich lautlos und dann setzt sich Veronika in Bauchhöhe mit auf das Sofa und dreht meine Tochter zu mir. Sie kommt zu mir gekrabbelt und kuschelt sich an mich.
Eine Stunde später werde ich wach, weil mir jemand über den Kopf streichelt: "Papa?", höre ich eine leise Stimme, "ich muss mal."
Ich mache die Augen auf und sehe Franziska neben mir liegen, ich habe meine Arme fest um sie geschlungen und sie lächelt. Ich lockere meine Arme und blicke mich um: Auf dem Sessel uns gegenüber sitzt Veronika und schläft auch.
"Schatz", sage ich leise: "Du kannst auch erstmal meinen Rollstuhl nehmen."
"Ist schon ok", sagt sie und hüpft auf Socken in Richtung einer Tür.
Ich schaue wieder zu Veronika. Ihre Bluse hat sich etwas verschoben und bietet dadurch einen Blick auf einen BH, unter dem kleine, aber stramme Brüste zu sein scheinen.
Im Gegensatz zu den letzten Tagen trägt sie heute einen Rock, der etwas hochgerutscht ist, und mir einen schönen Blick auf zwei wohlgeformte Waden bietet.
Könnte ich mich dran gewöhnen, denke ich bei mir und blicke auf ihr Gesicht.
Darf ich in einem Loch versinken? Ihre Augen blicken mich spöttisch an und leise sagt sie: "Gefällts?"
Ich nicke stumm: "Veronika, es tut mir echt leid wegen gestern. Kann ich irgendetwas tun, damit du mir das nicht mehr krummnimmst? Ich hoffe, meine Whatsapp hat es nicht noch schlimmer gemacht."
"Hmm", sagt sie, wird aber von Franziska unterbrochen: "Darf ich spielen?"
"Klar, ab nach oben, wir kommen auch gleich."
Dann setzt sie sich vor mich auf das Sofa und schaut mich an: "So, mein Freund. Jetzt mal Tacheles. Dein Spruch von gestern war unterirdisch und ich war echt sauer. Ich wollte eigentlich alles absagen. Dann haben Rebecca und Martin mich angerufen und erzählt, das du dich bei ihnen gemeldet hast und auch erklärt hast, was du für ein Arsch gewesen bist."
Ich mache den Mund auf, doch ihr Blick lässt ihn mich wieder schließen.
"Dann kommt nichts und danach eine Kurzgeschichte. Vor dem Telefonat mit Martin war ich kurz davor, dir dein Kind ins Krankenhaus zu bringen und dir ein schönes Leben zu wünschen. Nach dem Telefonat und einer Kopfwäsche meiner Tochter habe ich mich mit einem Glas Wein auf das Sofa gesetzt, das der feine Herr jetzt unter beschlag genommen hat, und habe nachgedacht.
Dann kam deine Nachricht und meine Tochter kam runter und hat mir gesagt, dass ich doch bitte leiser weinen soll."
Sie seufzt: "Hör mal zu: Ich weiß nicht genau, warum ich so viel Engagement in dich stecke. Aber ich wünsche mir als Erstes, dass du gesund wirst, als Zweites", und jetzt hat sie Tränen in den Augen, "ist mit Franziska und dir auch für mich und Melanie seit Langem ein wenig Normalität in unser Leben eingekehrt."
Ich schaue sie erstaunt an.
Sie legt einen Finger auf meine Lippen: "Ich habe mich vor sechs Monaten hier eingeigelt und versucht, nicht zu sterben, da ich mir lange vorgeworfen habe, dass ich am Tod meines Mannes schuld bin. Dann habe ich vor drei Monaten mit meinem Onkel über deinen Fall gesprochen und du hast mich aus dem Loch gezogen.
Ich habe viel in den letzten Tagen darüber nachgedacht, warum ich das mache: Mitleid? Dein Aussehen? Beides?
Vielleicht. Aber ich möchte einfach, dass wir hier ein paar schöne Tage verbringen und das ihr beide schnell wieder fit seid. Alles andere lasse ich im Augenblick liegen.
Ein letztes noch: Melanie und ich sind gerne um euch rum. Auch deine Schwester am Wochenende war einmal ein positives Element. Du hast ha etwas Ähnliches gesagt. Lass uns das Nutzen und uns gegenseitig ein wenig auch die Seelen heilen lassen.
Punkt!"
"Ähh", fange ich an, fasse mich dann aber: "Ok. Lass uns hier einfach ein paar schöne Tage verbringen. Einverstanden."
Dann schaue ich sie nervös an: "Hilfst du mir in den Stuhl?"
"Ach, der feine Herr, zu schlapp, um alleine aufzustehen. Aber denken, dass ich über ihn herfalle."
Dann lacht sie auf und hilft mir in den Stuhl.
Was für ein Haus. Im Erdgeschoss ein riesiger Wohn- und Essbereich, eine Terrasse, die fast so groß ist wie unserer Wohnung. Der Garten mit Pool ist wunderschön angelegt und in der Küche können bestimmt vier Leute gleichzeitig arbeiten.
"Wird aber nichts", grinst Veronika, "das hier ist das Reich von Maria, meiner Haushaltshilfe. Hier darf keiner rein."
Eine Frau in unserem Alter, sehr hübsch, vermutlich aus Südamerika, kommt auf mich zu: "Guten Tag Herr Bäumler. Mein Beileid."
"Dankeschön."
Dann lächelt sie: "Sie sind also der Vater dieser wohlerzogenen jungen Dame."
Ich schaue sie grinsend an: "Sie meinen jetzt aber nicht Franziska, oder?"
Sie lächelt mich an: "Ich muss Frau Maler widersprechen. Ihre Tochter darf sehr wohl in mein Reich. Sie ist so höflich und möchte immer helfen. Und Frau Maler ist immer so angetan von der kleinen Maus."
Ich höre ein peinliches Hüsteln an meiner Seite, lächle aber nur und lasse das aus gutem Grund unkommentiert.
Im oberen Bereich ist der Schlafbereich von Veronika, daneben zwei kleine Appartements mit Wohn- und Schlafraum sowie einem Bad mit Dusche. Am Ende des Ganges gibt es noch ein großes Zimmer, das mir zugedacht ist. Auf ein eigenes Bad muss ich verzichten, aber Franziskas Bad kann ich mitbenutzen.
"Morgen kommen noch ein paar Handwerker, die im Bad noch ein paar Optimierungen speziell für die Kleine vornehmen. In den nächsten Tagen sollten sie dir aber auch helfen."
"Und nein, ich will nicht schon wieder eine Diskussion über Geld hören."
"Schau dich um: Ich habe dieses Haus und so viel Geld geerbt, dass ich es dieses Leben nicht mehr ausgeben kann. Daher gibts jetzt ein paar Givebacks für euch und auch andere."
Mein Mund steht offen und ich bekomme nur ein: "Es zieht", zu hören.
Als letzte Station gehen wir noch in den Keller. Ein Fitnessraum mit angeschlossener Sauna: "Dein Arbeitsplatz für die nächsten Wochen.", grinst sie mich an.
Maria hat Makkaroni mit Tomatensauce gekocht, Franziskas Lieblingsessen.
Es schmeckt total super und auf meine Frage, wie oft es das die letzten Tage zu essen gab, verdreht Veronika die Augen, grinst aber dabei: "Jeden zweiten Tag. Maria kann deiner Tochter nichts abverlangen."
"Das werden wir aber trotzdem etwas anpassen, nicht wahr, mein Kind?"
Ein Spaghetti-Saucen-Monster grinst mir entgegen.
Nachmittags bekomme ich meine Antwort auf die Frage, ob Veronika das mit der Physiotherapie noch drauf hat.
Am Ende frage ich erschöpft: "Darf ich freiwillig ins Krankenhaus zurück."
Veronika zeigt auf den Rollstuhl, der am anderen Ende des Raums steht: "Versuchs doch."
Abends setzten wir uns nach draußen und Veronika legt mich auf eine Liege im Garten und sich daneben.
Wir stoßen mit einem Glas Wein an: "Dankeschön für diesen Tag und die Überraschung heute morgen", sage ich nur und schaue sie dabei lächelnd an.
"Gerne. Mir hat es auch Spaß gemacht. Nur, dass ich heute morgen in der Küche rumgewirbelt habe, das wird mir Maria noch monatelang vorhalten."
Wir lachen beide, schauen in den Garten und gehen unseren Gedanken nach.
Ich wache auf, als es schon dunkel ist.
Franziska kann ich nirgends sehen und Melanie scheint auch bereits schlafen gegangen zu sein.
Ich liege auf der Seite, mit dem Kopf auf Veronikas Schoß.
Ihre Hand liegt leicht auf meiner Hüfte und ich höre gleichmäßige Atemgeräusche.
Hoffentlich hat sich nichts mitbekommen und ich versuche, mich aufzurichten.
Dabei stöhne ich wohl leicht auf und Veronika wird wach.
"Bleib so liegen", höre ich leise und sie streichelt über meine Seite und mein Gesicht.
Also bleibe ich liegen, allerdings bekomme ich auf einmal ein sehr männliches Problem und ihre Hand auf meiner Jeans muss das mitbekommen.
Egal, denke ich, ich kanns auch nicht ändern.
Als ich das nächste Mal aufwache, ist mir kalt.
Veronika ist auch fest eingeschlafen, sie hat sich mit dem Kopf auf meine Hüfte gelegt.
"Veronika?", sage ich leise. Sie reagiert nicht. Daher sage ich etwas lauter "Veronika?", und fange an, über ihr Bein zu streicheln.
Ergebnis ist erneut, dass sich bei mir etwas anfängt zu regen und ich stoppe das streicheln.
"Mach bitte weiter:"
Ich seufze, "Ich würde ja gerne, aber ich muss mal dringend und für mich ist der Weg anstrengend."
Sie richtet sich auf: "Entschuldigung."
"Dafür nicht."
Ich wuchte mich in den Stuhl und rolle in Richtung Klo.
Von hinten höre ich: "Aber wenigstens muss ich dir nicht sagen, dass du dich auf dem Klo hinsetzt."
"Nicht lustig. Super, was du von mir hältst."
Die Tür zum Klo fällt etwas fester zu als gewollt.
Kurze Zeit darauf komme ich aus dem Klo und vor mir steht Veronika und schaut mich traurig an: "Können wir irgendwie die Reihenfolge ändern und den ersten Streit auf später verschieben?"
Ich hatte Ähnliches im Kopf und muss daher laut auflachen: "Zwei Doofe, ein Gedanke."
Ich rolle auf sie zu und umarme sie: "Entschuldige bitte, du hast recht. Vielleicht lernen wir uns erst einmal richtig kennen."
Ich gähne herzhaft und sie streicht über meinen Kopf: "... aber nicht mehr heute Abend ..."
Sie schiebt mich zum Fahrstuhl und dann in mein Zimmer. An der Tür sagt sie leise: "Gute Nacht", dreht sich um und geht in Richtung ihres Schlafzimmers.
"Gute Nacht", sage ich leise und gehe in mein Zimmer.
Eine gute Seele, vermutlich Maria, hat meine Sachen in den Schrank geräumt, aber alles so, dass ich es erreichen kann.
Tag 11
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Das Bett war super, die Nacht nicht.
Und jetzt. Gestern Abend haben wir auf dem Sofa gelegen wie ein altes Paar und es hat mir echt gefallen.
Daher habe ich die Nacht über gegrübelt, was das mit mir macht. Was mich dabei so irritiert, dass der Gedanke, dabei Magdalena zu hintergehen, gar nicht erst aufkommt.
Vielleicht, weil sie mich betrogen hat, oder weil im Kopf die Realität angekommen ist, dass ihr Tod bereits mehrere Monate zurückliegt. Habe ich sie überhaupt noch ein wenig geliebt oder hatten wir in den Diskussionen unsere Ehe bereits begraben?
Und Veronika? Mal unabhängig von der offensichtlichen Reaktion meines kleinen Markus gestern Abend schwirrt mir diese Frau nicht nur durch den Kopf, weil sie sich so herzlich um meine Tochter kümmert. Ihr Engagement mir gegenüber ist aus meiner Sicht viel mehr, als ich erwartet habe. Und ich finde es toll.
Ich fühle mich rundum wohl. Selbst die Zankereien sind irgendwie erfrischend und wir benehmen uns dabei wie zwei Teenager während der ersten Liebe.
Und da ist es wieder: Liebe. Empfinde ich etwas für Sie? Wenn ja, will ich das?
Ich wache auf, weil ein kleiner Körper in mein Bett kommt.
"Hallo mein Schatz", sage ich zu Franziska.
Sie kuschelt sich an mich und wir schlafen wieder ein.
Irgendwann werde ich leise geweckt: "Markus?"
Ich mache die Augen auf und sehe auf den Hinterkopf meiner Tochter.
Jemand hat die Hand auf meine Schulter gelegt, ich höre eine Stimme an meinem Ohr: "Ich gehe davon aus, dass Franziska heute hierbleibt, oder?"
Ich nicke, drehe meinen Kopf nach oben und sehe in das lächelnde Gesicht von Veronika.
"Ich kümmere mich um Frühstück", sie dreht sich um, und lässt die Hand von meiner Schulter gleiten.
Mir wird warm.
Das Verhalten von Veronika eben hat die Diskussion von heute Nacht mit mir selbst wieder entfacht. Linke Seite: "Du kannst doch nicht einfach schon wieder eine Beziehung angehen." Rechte Seite: "Du magst sie, gib es zu."
Links: "Aber Magdalena."
Rechts: "Und? Sie hat auch keine Rücksicht genommen. Außerdem ist das fast ein halbes Jahr her."
Links: "Was sollen denn die anderen denken."
Rechts; "Bis auf euch beiden ist es doch jedem bewusst, was hier abgeht."
Links: "Und Franziska, was soll sie denn denken?"
Rechts: "Die beiden sind doch jetzt schon ein Herz und eine Seele. Außerdem kann man Türen abschließen."
Super, denke ich, während die Diskussion in meinem Kopf weitergeht. Das kann ja heiter werden.
Ich fange an, Franziska über den Kopf zu streichen. Das haben wir früher auch immer gemacht, wenn sie bei uns im Bett geschlafen hat.
Sie wird langsam wach: "Papa?"
"Ja mein Schatz."
"Gehen wir noch mit Veronika kuscheln?"
Ich stocke, und ich höre von Rechts aus meinem Kopf süffisant: "Kein Kommentar."
"Veronika ist schon aufgestanden und macht Frühstück."
"Och Mann", schimpft die Kleine, springt auf und krabbelt aus dem Bett.
"Vergiss deinen Rollstuhl nicht", rufe ich noch hinterher, da ich vermute, dass sie ansonsten übermütig durchs Haus hüpft.
Ich kämpfe mich in den Stuhl und dann ins Bad.
Kurze Zeit später komme ich aus dem Fahrstuhl und rolle an den Esstisch. Franziska sitzt da und schaut böse.
"Schmollst du?"
"Maria und Veronika wollen mich nicht in die Küche lassen."
"Warum?"
"Ich habe geschimpft, dass ich nicht kuscheln und helfen darf."
Ich ziehe eine Augenbraue hoch: "Und?"
"Na ja", sagt sie kleinlaut: "Ich habe nicht 'Guten Morgen' gesagt."
"Und?"
"Dann habe ich mich hierher gesetzt."
"Franziska", sage ich ernst: "Hast du dich entschuldigt?"
Sie sackt zusammen und schaut mich an: "Ich traue mich nicht."
"Warum nicht?"
"Weil Mama immer geschimpft hat, dass ich mich nicht entschuldigen soll."
Dann fängt sie an zu weinen.
Hinter ihr sehe ich Veronika schockiert zu uns schauen und sich dann schnell umdrehen.
Ich rolle zu der Kleinen und nehme sie in den Arm: "Hör mal mein Engel. Veronika ist nicht deine Mama und ich würde es doch einfach mal versuchen. Ich glaube, dass Veronika dich ganz doll lieb hat und dir bestimmt zuhört, wenn du dich entschuldigst."
Sie seufzt und ich sage: "Ich komme auch gerne mit."
Ich nehme Franziska und wir rollen beide in die Küche. Maria hat Veronika die Tränen abgewischt und sie schaut zu uns.
Franziska sagt leise: "Veronika?"
Diese grinst und beugt sich herunter: "Was ist denn, mein Schatz?"
"Ich möchte mich entschuldigen, dass ich nicht nett war heute Morgen."
Sie duckt sich in ihrem Stuhl zusammen und ich nehme ihren Arm.
Veronika schaut lange zu Franziska, die irgendwann aufschaut, da es wohl keine Standpauke gibt.
Veronika nimmt Franziska auf den Arm: "Hör mal zu. Ich werde nicht böse, wenn du dich entschuldigst. Ich finde das toll. Das zeigt mir doch, dass du verstanden hast, dass du einen Fehler gemacht hast."
"Hast du mich den wieder lieb?"
"Ich habe dich die ganze Zeit lieb gehabt, mein Schatz."
"Darf ich jetzt wieder helfen?", fragt sie vorsichtig.
"Na klar, du hast dich ja entschuldigt."
Ich schaue die beiden an, wie sie sich anblicken und muss mich schnell umdrehen. Ich rolle zum Tisch zurück.
Kurz darauf kommt Veronika an den Tisch und reicht mir einen Kaffee.
Ich sage leise "Danke", und streiche dann über ihre Hand.
"Wofür?"
"Wir den Kaffee und Franziska", flüstere ich.
Sie drückt meine Hand und wendet sich wieder der Küche zu.
Kurz darauf frühstücken wir gemeinsam und Maria fährt Franziska ins Krankenhaus zur Reha.
"Ich muss deinen Papa auch behandeln. Morgen gehst du wieder in die Kita und anschließend fahren wir wieder zusammen ins Krankenhaus."
"Ok", murrt sie, vermutlich etwas sauer, weil sie Veronika mit mir teilen muss.
Ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn: "Morgen machen wir das gemeinsam, ok?"
"Ich mag deine Tochter", sagt Veronika, als sie mit mir zusammen ein paar Schritte in ihrem Fitnesscenter läuft.
"Das beruht wohl auf Gegenseitigkeit."
Ich gehe noch ein Schritt und auf einmal knickt mein Knie ein und ich rutsche nach unten.
Veronika, versucht, mich noch zu halten, aber wir sacken gemeinsam zu Boden. Sie liegt jetzt auf mir, ihr Gesicht kurz vor meinem. Als ich dann noch ihre Brüste spüre, ist es um mich geschehen. Mein Penis richtet sich spontan auf und presst sich gegen ihren Unterleib.
Ich laufe knallrot an: "Entschuldige."
"Warum denn", sie hat auch Farbe bekommen, "ich nehme das Mal als Kompliment."
Dann gibt sie mir einen Kuss auf die Wange und hilft mir hoch: "Nochmal", sagt sie.
"Nochmal fallen?", frage ich spitz.
"Auch ne Option", grinst sie mich an.
Die Wange, auf der ich den Kuss bekommen habe, brennt noch lange.
Nach dem Mittag schaue ich Veronika fragend an: "Sag mal, können wir vielleicht in meine Wohnung fahren und ein paar Klamotten holen? Ich komme mit meinen Sachen nicht wirklich weit."
Sie schaut mich kurz an und dann auf den Rollstuhl: "Drei Treppen? Du? Was hältst du davon, wenn ich mit der Süßen und Melanie heute Nachmittag rüber fahre, und du gibst mir eine 'Einkaufsliste' mit."
Irgendwie ist es mir peinlich, dass sie in unserer Wohnung herumwuselt, aber wir hatten das Thema Vertrauen und Umgang bereits ausgestritten: "Ok, auch wenn mir das ein wenig peinlich ist."
Sie lacht auf: "Ne, ist klar. Ich habe noch nie eine Unterhose eines Mannes in der Hand gehabt? Melanie hat sogar schon viel mehr von dir gesehen."
Ich werde rot, aber sie hört sofort auf und streichelt über meinen Arm: "Entschuldige."
Franziska möchte natürlich mit: "Darf ich noch ein paar Spielsachen holen?"
Zwei Stunden später kommen Veronika, Franziska und Melanie mit mehreren Koffern und Kartons wieder zurück. Während Melanie mit Maria die Sachen nach oben verfrachtet, schaut Veronika mich nur kurz an und sagt: "Ich muss leider mal dringend telefonieren", und verschwindet mit schnellen Schritten in ihrem Arbeitszimmer. Ich sehe, dass sie traurig ist.
Da ich sonst nichts machen kann, fahre ich nach oben und helfe Melanie und Maria, unsere Sachen auszupacken.
Nach dem Einräumen bleiben ein paar Sachen im Koffer, weil einfach kein Platz mehr in meinem Schrank ist.
"Das packt Mama dann in ihren Schrank, wenn du nichts dagegen hast, damit sie nicht zu stark zerknittern."
Scheint ja genug Platz zu sein, denke ich mir, wenn ihr Mann vor ein paar Monaten gestorben ist.
Ich zucke mit den Schultern und schaue sie dann an: "Weißt du, was deine Mutter so Wichtiges hatte?"
Sie schüttelt den Kopf: "Sie hat schon einmal kurz telefoniert, als wir bei euch wahren und wahr danach etwas gereizt."
Sie dreht sich um, kommt aber nochmal zurück: "Unten auf dem Esstisch liegt noch Post für euch, die Martin noch nicht abgeholt hat."
Also beschäftige ich mich mit der Post, während Franziska Maria und Melanie damit beschäftigt, ihre Spielsachen und deren Funktion zu demonstrieren.
Nichts Wichtiges, meistes irgendwelche nicht unmittelbar ersichtliche Werbung, aber auch ein Brief von der Krankenkasse des Unfallgegners, die ein weiteres Gutachten für die Bezahlung weiterer Leistungen benötigen.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Schon knapp sechs. Veronika ist seit über einer Stunde in ihrem Arbeitszimmer.
Ich sehe Maria die Treppe herunterkommen und sie fragt mich, ob ich auch Hunger habe. Ich nicke: "Was ist mit Veronika?"
Maria schaut zur Tür: "Sie hat mir gerade eine Nachricht geschrieben, dass sie gleich dazustößt."
Wir sind fast mit dem Essen fertig, da kommt sie aus ihrem Arbeitszimmer, mit dem Handy an der Wange: "Vielen Dank für die Unterstützung, Thomas. Du hast was gut bei mir. Ja, die Rechnung zu meinen Händen."
Dann seufzt sie und strafft ihre Schultern und kommt zu uns. Sie setzt sich neben Franziska: "Na mein Schatz? Zufrieden mit den ganzen Sachen?"
"Oh ja, Maria und Melanie haben jetzt auch ganz viel, damit sie mit mir spielen können."
Ich grinse, und auch auf Veronikas Gesicht stiehlt sich ein Lächeln, was aber gleich wieder verblasst.
Wir essen weiter und Franziska erzählt, was sie die nächsten Tage alles machen möchte.
Maria und Melanie sehen so bedauernswert aus, dass ich lachen muss.
Veronika schweigt dazu.
Nach dem Essen schickt Veronika die Kleine ins Bett: "Kann Melanie dich heute ins Bett bringen? Ich bin ganz kaputt. Ich fahre dich aber morgen früh in den Kindergarten. Ist das ok?"
"Oh ja, das ist schön."
Dann gibt sie uns allen einen Kuss auf die Wange und rollt los. Melanie folgt ihr und schaut verwirrt zu ihrer Mutter.
"Was ist los?", frage ich direkt.
Sie schaut zu den beiden und meint nur: "Später."
Dann steht sie auf, geht in den Keller und kommt mit einer Flasche Wein wieder, die sie ohne zu Fragen in Richtung Wohnzimmer bringt.
Dann holt sie Gläser und stellt diese auf den Tisch.
Maria hat das Ganze schweigend beobachtet und bringt schnell die Lebensmittel in den Kühlschrank und kommt mit einer Flasche Mineralwasser und weiterem Gläsern. Dann nickt sie mir zu und sagt leise: "Veronika trinkt in der Woche nur, wenn sie genervt oder wütend ist."
"Also ist das diese Woche nicht das erste Mal?"
Sie grinst mich an.
Ich will mich auf einen der Sessel setzen, doch sie schaut mich nur an und klopft auf einen Platz auf dem Sofa neben sich.
Ich lächle sie an und mache wie befohlen.
Sie lächelt nicht. Das Thema ist ernst.
Nachdem ich mich gesetzt habe, nimmt sie einen Brief, der auf dem Tisch liegt: "Es tut mir leid, dass ich ihn geöffnet habe, aber das war wichtig."
Auf dem Umschlag steht: "Förmliche Zustimmung", der Absender: "Familiengericht Berlin."
Ich schaue sie an und fange an zu lesen.
Nach ein paar Sekunden fange ich an zu zittern und Veronika sagt nur: "Schnaps."
Maria springt auf und geht zu einer kleinen Bar und kommt kurz darauf mit drei Gläsern und einer Flasche zurück.
Ich trinke den Ersten auf Ex und schaue dann auf: "Warum?"
"Ich weiß es nicht", sagt sie leise.
Im Brief fordert meine Mutter das Sorgerecht für Franziska, da ich als Vater weder gesundheitlich noch zeitlich nicht in der Lage bin, ein behindertes Kind zu versorgen.
Der Brief ist letzte Woche eingegangen und die Frist zur Stellungnahme läuft morgen ab.
Ich zeige auch Maria das Schreiben und sie füllt nach dem Lesen wortlos die Gläser wieder auf.
Ich fange lautlos an zu weinen.
Veronika nimmt mein Gesicht zwischen ihre Hände: "Ich habe bereits mit Frau Meier vom Jugendamt gesprochen. Dem Vorgang wird morgen widersprochen, aber sie braucht dafür die Unterschrift ihres Vorgesetzten. Sie hat heute mit ihm gesprochen, er segnet das morgen ab.
Und ich habe auch mit Thomas Wagner, einem der vernünftigen Senior-Partner meines Mannes gesprochen. Er hat direkt mit dem Gericht gesprochen. Der zuständige Richter war nicht zu sprechen, aber die Rechtspflegerin sagte mir, dass sie und der Richter sowieso an der Rechtmäßigkeit des Vorgangs zweifeln, da ein paar der eingereichten Unterlagen vermutlich gefälscht oder zumindest nicht im richtigen Zusammenhang stehen."
Sie trinkt einen weiteren Schnaps.
Zwischenzeitlich ist auch Melanie da und nimmt das Schreiben in die Hand. Auch ihr fließen die Tränen, doch diesmal geht Maria mit ihr in Richtung Küche, in der Hand zwei Gläser.
Ich bin immer noch sprachlos.
Nach einer Weile fange ich dann doch an: "Wieso hast du dich da so reingehängt?"
"Weil mir niemand meine Familie wegnimmt."
Sie stockt und wird rot: "Ich wollte ... ich meinte ..."
Ich schaue sie an: "Du meintest genau das, was du gesagt hast."
Dann fasse ich mir ein Herz und streichle über ihre Wange: "Und das ist ok."
Sie umarmt mich und weint hemmungslos.
Wir werden über das Thema bestimmt noch reden müssen, aber jetzt ist definitiv der falsche Augenblick.
Maria und Melanie kommen zurück und sehen uns in der Haltung. Ich schaue zu den beiden und strecke den Daumen nach oben und sie verschwinden wieder.
Nach einiger Zeit versiegen die Tränen und sie kommt wieder hoch.
"Es tut mir leid?"
"Was?"
"Was ich gerade gesagt habe."
"Das fand ich ok. Du magst Franziska und ich kann dich verstehen."
"Ich hatte den Brief gesehen und wusste genau, was da drin stand. Ich habe in der Kanzlei genug solcher Briefe gesehen."
"Es ist ok. Und ich kann mit deinen Entscheidungen gut leben."
Ich küsse sie auf die Wange. Sie lächelt mich an: "Wein?"
Ich muss lachen: "Die zwei Kurzen haben mich gerade fast getötet, können wir das mit dem Wein auf morgen verschieben. Dann haben wir auch was zu feiern, oder?"
Sie lächelt jetzt auch: "Vermutlich ja."
Sie muss mir den Stuhl helfen, ich bin wirklich abgeschossen.
Tag 12
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Ich werde wach. Es ist noch dunkel, als ich eine Stimme neben mir höre: "Papa?"
Ich rücke zur Seite und Franziska hüpft aufs Bett: "Dürfen wir kuscheln kommen?"
Ich sage im Halbschlaf: "Na klar" und rücke weiter zur Seite. Das "Wir" habe ich irgendwie überhört.
Ich wache das nächste Mal auf, als mein Wecker brummt: 6 Uhr. Franziska muss in den Kindergarten und ich wollte Frühstück machen, dabei die Warnung Veronikas ignorierend.
Ich will schon den kleinen Körper vor mir leicht wachrütteln, da stelle ich fest, dass das kein kleiner Körper ist.
Ich bin spontan hellwach und liege starr im Bett.
Neben mir liegt nicht meine Tochter, sondern Veronika mit dem Rücken zu mir und erst dahinter kann ich die Locken von Franziska sehen.
"Sie musste nochmal aufs Klo, ich bin dann wohl eingeschlafen."
Sie schiebt sich von mir weg, doch ich lege meine Hand auf ihre Schulter.
"Bleib", murmle ich und sie kommt wieder zu mir. Ich schiebe nur mein Becken nach hinten, damit es nicht zu peinlich wird.
Wir liegen so noch eine Weile, bis sich Franziska regt und sich umdreht. Wir rücken schnell voneinander ab.
"Das war schön, mit euch zu kuscheln. Das machen wir nochmal."
Dieses kleine Biest.
Um acht stehen wir vor dem Kindergarten und die Leiterin kommt kurz raus, damit sie ein Foto von mir machen kann. Ich bin damit in den Kreis der berechtigten Personen aufgenommen.
Die Frau schaut auf meinen Rollstuhl: "Wie wollen sie denn ihre Tochter abholen?"
Ich lächle sie an: "Das ist nur übergangsweise. In ein paar Tagen", ich schaue zu Veronika, die die Augenbraue anhebt, "ok, in ein paar Wochen wieder fit bin."
"Das ist schön, ihre Tochter und ihre Mutter sind ja so nett."
"Mutter?", frage ich verwirrt.
Die Erzieherin erkennt den Fauxpas, antwortet dann aber direkt: "Nun ja, Franziska spricht immer von ihrer neuen Mama, daher dachte ich ..."
Veronika hat jegliche Farbe im Gesicht verloren und ich schaue auch etwas perplex und antworte dann eher automatisch: "Ist schon ok."
Auf dem Weg nach Hause wechseln wir kein Wort.
Vor dem Haus vergisst Veronika sogar, denn Rollstuhl aus dem Auto zu holen. Da ich zwischenzeitlich aber doch deutlich fitter bin, mache ich das selbst und folge ihr ins Haus.
Als ich die Tür schließe, dreht sie sich um und sagt: "Scheiße, Entschuldigung."
Ich lächle schief: "Du hast wenigstens nicht die Tür vor meiner Nase zugeschlagen."
Maria kommt uns entgegen und sieht uns an: "Ist etwas mit Franziska?"
Veronika schaut mich an und dann lachen wir los.
Es ist ein befreiendes Lachen und Maria ist total perplex. Da wir ihnen keine Antwort geben, geht sie auf spanisch fluchend in die Küche zurück.
Ein paar Minuten später gehen wir gemeinsam in die Küche und klären Maria auf. Sie ist anschließend immer noch ein wenig sauer und lässt das aber eher an Veronika aus. Sie nennt sie den ganzen Vormittag 'Mama'.
Ich stelle dabei fest, dass ich das gar nicht schlimm finde.
Gegen 10 bekommt Veronika einen Anruf. Wir sitzen auf der Terrasse auf einer Liege. Ich habe gerade ein paar Runden im Garten hinter mir und werde gleich in den Fitnessraum gehen.
Nach ein paar Minuten sagt sie nur: "Danke Thomas."
Sie dreht sich zu mir um und umarmt mich: "Der Widerspruch ist rechtzeitig eingereicht, sogar die Stellungnahme des Jugendamtes ist dabei. Thomas sagt, die Sache ist sicher. WIr haben auch von meinem Onkel ein entsprechendes Gutachten eingereicht, dass du innerhalb der nächsten vier Wochen wieder voll als Vater da sein wirst."
Ich umarme sie: "Danke. Das war toll von dir."
Dann schaue ich ihr ins Gesicht und gebe ihr einen Kuss.
Sie schaut mich an und lächelt dann. Sie küsst mich zurück: "Das entlässt dich aber nicht von der Hantelbank. Hopp."
Ich muss lachen.
Mittags holt Veronika Franziska aus der Kita ab und wir essen gemeinsam.
Als die Teller leer sind, schaue ich Veronika an. Sie wird ein wenig blass und sagt nur: "Mach du bitte."
Franziska schaut mich an: "Was möchtest du machen?"
Ich schaue sie ernst an: "Hör mal mein Spatz. Ich war heute Morgen mit im Kindergarten."
"Ja Papa, das war toll."
"Wir haben auch mit deiner Erzieherin gesprochen. Sie ist ja total begeistert von dir."
"Das ist ja auch total toll da. Vor allem die Marie und Jennifer. Die gucken nicht so komisch, weil ich nur ein Bein haben."
Ich schaue schockiert und Veronika übernimmt schnell: "Gibt es denn viele Kinder, die über dich lachen?"
Franziska schüttelt den Kopf: "Lachen tut nur der Bernd, aber den mag keiner. Die anderen schauen nur komisch und haben immer Angst, dass ich mir wehtue."
"Dann ignorier den Bernd. Die anderen verlieren auch die Angst. Und irgendwann hast du ein neues Bein, dann fällt das überhaupt nicht mehr auf."
"Danke Mama."
Maria fällt das Geschirr runter.
"Hups, das wollte ich nicht sagen", kommt es von Franziska.
Ich streichle über ihren Kopf: "Es hat uns nur überrascht. Ich finde es nicht schlimm."
"Aber Veronika weint doch." Sie schaut zu Veronika, der die Tränen aus dem Gesicht laufen.
"Mein Schatz, das sind Freudentränen, Veronika ist nicht traurig. Sie freut sich, dass du sie so toll findest. Vielleicht drückst du sie einfach mal. Dann ist sie nicht mehr so traurig."
Dass sie nicht über den Tisch gehüpft ist, das ist auch alles.
Die beiden liegen sich eine Weile in den Armen und Maria und ich gehen in die Küche, um ihnen einen Augenblick zu geben.
Am Nachmittag kommt der Anwalt und übergibt uns Kopien der Anschreiben an das Familiengericht.
Er hat mit dem Richter sprechen können. Wenn sich der Fall so darstellt, wird der Antrag schon aus formellen Gründen abgelegt. Er hat aber darauf hingewiesen, dass ein persönliches Gespräch die beste Option ist, um das Problem zu beseitigen.
"Ist klar", sage ich: "Der Antrag ist an dem Tag gestellt worden, als meine Mutter erfahren hat, dass ich aufwache. Das war alles vorbereitet und mit dem Aufwachen hat sie versucht, Fakten zu schaffen."
Ich schaue Veronika an: "Vielen Dank für deine Unterstützung hier."
Ich drücke ihre Hand.
Der Anwalt verlässt uns kurz darauf und wir schauen uns alle an. Von oben kommt: "Darf ich ins Wasser?"
"Klar", kommt es von Veronika, dann schaut sie mich an.
Ich lächle sie an: "Ich habe nichts dagegen, dass du sie hier mit erziehst, Du hast eine wunderbare Tochter großgezogen und mich hast du auch ganz gut im Griff. Da wird eine Fünfjährige wohl kein Problem darstellen."
"Du Spinner", sie boxt mir in die Seite.
"Wollen wir auch schwimmen?", fragt sie.
"Ich habe doch gar kein ..."
"Oh doch, mein Lieber. Alles für dein Training."
Wahnsinn. Vor mir geht eine sehr hübsche Frau in Richtung Pool, ich folge. Veronika schwingt etwas die Hüften und ich bin froh, dass ich die Handtücher auf dem Schoß habe, als ich hinter ihr her rolle.
Sie springt elegant ins Wasser und schwimmt zu Franziska. Maria hat der Kleinen die Schwimmflügel aufgeblasen und aufgesteckt. Jetzt sitzt sie in einem Stuhl neben dem Becken und liest ein Buch.
"Papa, komm rein. Das Wasser ist schön warm."
Ich stehe langsam auf und bewege mich alleine in Richtung Pool.
Das ist das erste Mal, dass Veronika nicht automatisch neben mir steht, und ich gehe mit großem Respekt in Richtung Rand.
"Komm rein, Papa!"
Ich stehe am Rand und schaue nach unten. Vor mir ist die Treppe.
Ich grinse Veronika an und sie bekommt große Augen: "Markus, nicht!"
Und dann lasse ich mich ins Wasser fallen.
Im Wasser angekommen, stelle ich fest, dass das eine Scheißidee gewesen ist. Das Wasser ist eiskalt und meine Muskeln ziehen sich zusammen.
Ich tauche unter und fange an, Panik zu bekommen. Ich versuche, mich zu bewegen, es passiert aber nichts.
Erst nach ein paar Sekunden löst sich die Anspannung und ich strample mich nach oben.
Kurz vor der Oberfläche greifen zwei Hände nach mir und ziehen mich aus dem Wasser.
"Bist du verrückt?", motzt Veronika, als sie mich an sich zieht.
"War ne Scheißidee, oder?"
"Du bist echt doof."
Dann bekomme ich einen Kuss.
"Ihhh", kommt es aus zwei Mündern gleichzeitig.
Ich drehe meinen Kopf: "Hallo Michaela."
Veronika sagt spitz, als sie mich hinter sich her in Richtung Rand zieht: "Und ihr seit auch doof!"
Später sitzen wir auf der Terrasse.
Veronika hat ein "Familienblech" Pizza bestellt und haben ein Glas Wein vor uns stehen.
"Morgen müssen wir noch einmal ins Krankenhaus, aber ich gehe davon aus, dass du dann das letzte Mal da bist."
"Na Gott sei dank. Schwester Erika ist ja echt ein Hingucker, aber Zuhause ist es doch am schönsten."
"Ich kann Dietmar ja fragen, ob er ein Date für dich und Erika arrangieren kann. Wir gehen dann morgen mit ihrem Mann gemeinsam essen", kommt es relativ ungehalten von meiner Seite.
Ich lege meine Hand auf ihren Oberschenkel: "Das ist für mich keine Option."
"Besser ist auch, sonst schmeiße ich dich in den Pool."
Am Abend unterhalten wir uns lange über uns, unsere Vorlieben und Vergangenheit, damit wir zumindest ein bisschen das Gefühl haben, uns besser zu kennen.
Ab und zu gibt es einen kleinen Kuss, ansonsten Händchenhalten wie bei zwei verliebten Teenagern.
Tag 13
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Ich schlafe unruhig, da ich immer wieder davon Träume, dass meine Mutter mir Franziska wegreißt und dann auffrisst.
Als ich in der Nacht erneut einen Alptraum habe, nimmt mich jemand in den Arm und ich schlafe sofort wieder ein.
Ich wache mit leichten Kopfschmerzen auf. Das dritte Glas Wein wahr dann wohl zwei zu viel.
Meine Hand liegt locker auf ... ich wache spontan richtig auf.
Langsam versuche ich, meine Hand von der Brust von Veronika zu nehmen. Ich habe meine Hand wohl in ihren Pyjama geschoben und umschließe eine kleine, aber feste Brust mit spitzen Nippeln.
Mein Schwanz drückt spontan an ihren Po.
Na super.
Mein Herausziehen aus der Pyjamabluse hält mich auf einmal eine Hand fest und drückt sie wieder auf die Brust zurück: "Schön zärtlich", schnurrt Veronika.
Sie drückt dabei ihren Hintern gegen mein Becken, so dass es fast schmerzt.
Ich streichle jetzt leicht über ihre erregte Warze und drehe sie dann ganz sanft zwischen Zeige- und Mittelfinger.
Ein leises Stöhnen ist zu hören und Veronika dreht sich um und öffnet ihr Oberteil.
Ich schaue ihr in die Augen: "Sicher?"
Sie gibt mir einen Kuss und die nächsten Minuten sind unsere Zungen miteinander am Arbeiten.
Meine Hand liegt wieder auf ihrer Brust und streichelt diese.
Irgendwann wandert ihre Hand von meiner Seite nach unten und streicht über meine Beule in der Shorts, die ich trage.
Ich ziehe mein Becken leise stöhnend zurück, da ich befürchte, gleich einen großen Fleck im Slip zu hinterlassen.
"Au", höre ich hinter mir und wir beide schrecken hoch auf.
"Papa! Ich falle gleich aus dem Bett", höre ich es vorwurfsvoll von Franziska und ich schiebe schnell wieder mein Becken nach vorne, was Veronika mit einem leichten Stöhnen quittiert, während sie hektisch versucht, ihr Oberteil zu schließen.
Franzi richtet sich auf und schaut zu Veronika: "Hast du schmerzen?"
Während sich unsere Gesichtsfarbe in ein tiefrot verwandelt, fange ich an zu grinsen und warte gespannt auf die Antwort von Veronika.
"Dein Papa hat mich gestoßen", antwortet sie - auch grinsend - und meint dann zu meiner Kleinen: "Dafür gehört er ordentlich durchgekitzelt."
Von zwei Seiten ausgekitzelt zu werden, ist kein Spaß, vor allem, wenn gefühlt beide stärker sind als man selbst.
Als Veronika vom Kindergarten wiederkommt, sitze ich im Wohnzimmer auf der Couch und lese tatsächlich seit Monaten das erste Mal meine Emails.
Mein Passwort war natürlich abgelaufen, aber ein kurzer Anruf bei der IT half und ich sortiere gerade 1400 Emails, als Veronika sich das Gerät schnappt und es zuklappt: "Du sollst dich erholen, Papa."
Dann schaut sie mich ernst an: "Was wird das mit uns?"
Diese Art von Gespräch also, andererseits sollten wir das jetzt klären und nicht später scheitern.
"Das ist eine gute Frage. Ich hoffe, etwas Gutes. Ich fühle mich wohl, das erste Mal seit Jahren. Trotzdem, ich habe vor ein paar Monaten meine Frau verloren, meiner Tochter fehlt das halbe Bein und ich versuche hier, heile Welt zu spielen."
Sie lehnt sich an mich: "Als ich vom Tod meines Mannes gehört habe, habe ich genau das Gleiche gemacht. Immer weiter. Alles andere haben wir zur Seite geschoben.
Und dann kamst du. Dietmar bat mich, dass ich mich um dich kümmere. Es ist sonst keiner hier. Dein Chef konnte die Rolle nicht vollständig ausfüllen, also habe ich angefangen, meine Tage im Krankenhaus zu verbringen, dir Geschichten zu erzählen. Du müsstest im Unterbewusstsein die gesamte Scheibenwelt gespeichert haben."
Veronika grinst mich an.
Ich lache auf: "Scheibenwelt? Terry Pratchett? Ich liebe es."
"Irgendwann hat Melanie mich angesprochen. Ich schaue dich immer so 'komisch' an.
Das war für mich der Punkt, an dem ich vermutlich an der gleichen Stelle wie du warst. Mein Gefühlschaos mit dem Tod von Manfred, einem Erbe mit so viel Geld, dass ich es nie wieder ausgeben kann. Und dann du. Also habe ich ein bisschen Vorsprung vor dir was meine Gefühle angeht."
Sie streichelt über mein Gesicht.
"Ich kann mich an dieses Streicheln erinnern", sage ich auf einmal.
Veronika schaut mich erschrocken an: "Echt? Hat nicht auch ..."
"Nein, Magdalena hat mich nie im Gesicht gestreichelt."
Ich gebe ihr einen Kuss auf die Tränen, die aus ihrem Gesicht fließen: "Warum hast du vorher nichts gesagt?"
"Was denn?", schluchzt sie: "Hallo Markus, schön, dass du aufgewacht bist. Ich bin Veronika, deine Frau ist tot und ich liebe dich?"
"Ist klar", sagt sie, während sie aufspringt und nach oben rennt.
Ich springe auf und gehe ihr schnell hinterher.
Maria kommt mir entgegen: "Do sollst doch ..."
"Ist mir egal", sage ich, nehme dann aber doch den Fahrstuhl.
Vorsichtig klopfe ich an ihre Schlafzimmertür: "Veronika?"
Keine Antwort, nur weiter Weinen, dass sogar durch die Tür dringt.
"Darf ich reinkommen?"
Wieder nichts.
Ich öffne vorsichtig die Tür.
Veronika hat sich in einer Embryo-Haltung auf das Bett gelegt.
Ich gehe leise in den Raum und setze mich neben sie. Ihre Augen sind offen und sie schaut ins Nichts.
Die richtigen Worte gibt es in dieser Situation vermutlich nicht. Daher lege ich mich zu ihr und umschließe sie von hinten.
Sie streckt sich aus und drückt sich an mich.
Ich streiche langsam über ihren Rücken.
Sie liebt mich, das war eben ein klares Geständnis. Und was mache ich: Ich sage nichts.
Veronika ... die gesamte Woche und gerade in den letzten Tagen habe ich mich jedes Mal gefreut, wenn sie bei mir war. Und wenn sie nicht da war, dann warte ich auf sie.
Was bin ich, 16?
Und wenn ich wieder richtig laufen kann, dann wieder in die Wohnung? Ich habe einen tollen Job, aber was ist dann mit Franziska.
Und dann ist Veronika weg?
Nein!
"Ich liebe dich auch", sage ich leise und drücke sie an mich.
Sie rückt von mir weg, dreht sich um und schaut mich an.
Nervös fragt sie: "Sicher?"
"Das ist mir zu ernst, um nicht sicher zu sein. Beim Gedanken, dich verlassen zu müssen, wäre ich beinahe gestorben."
"Und ja, Magdalena ist vor kurzem gestorben. Ich wache nachts auf und werfe mir vor, nicht genug getan zu haben, um Franziska zu schützen. Mir bricht es das Herz, Franziska im Rollstuhl zu sehen. Ich habe mich noch nicht einmal getraut, auf ihr Bein zu schauen."
"Aber ..."
"Nein! Bitte erst ich", unterbreche ich sie und fahre dann fort.
"Meine schönen Träume sind von dir, du behandelst Franziska wie deine Tochter, deine Tochter ist eine große Schwester, wie ich sie gerne gehabt habe.
Mal ganz ehrlich, warum soll ich dich nicht auch dafür lieben, dass meine Tochter dich nach ein paar Tagen Mama nennt.
Und zum Schluss: Ich liebe dich, weil du wunderschön bist, ich liebe dich, weil du eine tolle Familie hast, und ich liebe dich, weil du einfach da bist und ich will das nicht verlieren."
"Und das war kitschig."
Ich bekomme einen Kuss: "Nein ... ja doch ... aber schön", sagt Veronika.
"Ich habe aber trotzdem eine Bitte", sagt sie dann.
Ich schaue fragend an.
"Können wir es trotzdem langsam angehen lassen. Ich habe Angst, dass wir etwas kaputt machen könnten. Gerade bei euch beiden ist noch vieles frisch."
Ich gebe ihr einen Kuss: "Ich bin da ganz klassisch, Ladys First. Deine Geschwindigkeit, deine Regeln."
Veronika grinst: "Prima! Regel 1: Ich habe immer recht!, Regel 2: Wir stehen jetzt auf. Regel 3: Wir reden über deine Tochter."
"Meine Tochter?"
"Später. Vorher kuschelt wir noch einen Augenblick und stehen dann auf."
Sie kuschelt sich auf meine Brust und streichelt mich ein wenig: "Das ist schön."
"Finde ich auch."
Kurz darauf stehen wir auf und gehen nach unten. Maria lächelt uns an: "Na endlich."
Wir grinsen wie zwei Teenager, die von den Eltern erwischt wurden.
Am Nachmittag grillen wir und haben eine schöne Zeit am Pool. Ich schaffe es tatsächlich, ein paar Bahnen zu schwimmen, schlafe dann aber auf der Liege vor Erschöpfung ein.
Ich wache irgendwann auf, weil mir jemand die Hand auf die Schulter legt. Ich schaue in das Gesicht von Maria, die ihren Finger auf den Lippen hat.
Sie zeigt nach rechts.
Dort liegen Veronika und Franziska, eng aneinandergekuschelt und schlafen.
Maria flüstert: "Hilfst du mir, den Sonnenschirm umzustellen, damit die beiden Schatten bekommen?"
Scheißidee, denke ich einen Augenblick später, denn ich versuche, nicht zu schnaufen, während wir den Schirm umstellen.
Einen Augenblick später stehen wir vor den beiden und lächeln uns an.
Maria holt einen Augenblick später meinen Rollstuhl und führt mich ins Wohnzimmer. Sie holt mir ein isotonisches Kaltgetränk.
"Ein schönes Bild", sagt sie.
Ich nicke: "Da haben sich zwei gefunden."
"Das sagt der Richtige. Du magst Veronika wirklich, oder?"
Ich nicke: "Und ja, ich habe es ihr gesagt."
"Das wurde ja auch langsam unerträglich. Seit Wochen redet sie nur von dir, hat sonstige Themen zur Seite geschoben und als klar war, dass du geweckt wirst, ist sie hier rumgetigert wie ein Teenager vor dem Abschlussball."
Ich will was sagen, sie hebt aber die Hand: "Ich weiß, dass ihr gerade am Anfang steht, aber sie wurde echt schwer verletzt und dass ihr Mann gestorben ist, ist daher Fluch und Segen. Ich werde nichts dazu sagen und auch nicht über die Zeit davor reden, aber lass ihr Zeit, die wird sie brauchen."
"Ich habe ihr heute Morgen gesagt, dass sie die Geschwindigkeit vorgibt."
"Prima. Wie gesagt, ich freue mich für euch."
Wir sitzen noch eine Weile zusammen und unterhalten uns über Maria und ihre Familie, die sie seit ein paar Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie kommt aus Mexiko aus einem kleinen Dorf.
Manfred, der Exmann von Veronika, hat sie über einen Service nach Deutschland geholt. Sie schickt jeden Cent ihres Verdienstes nach Mexiko. Sie hatte nach dem Tod von Manfred mit Veronika ausgemacht, dass sie dieses Jahr nach Hause fliegt, da ihr Mann Maria das immer untersagt hat. Er hat ihr bei der Ankunft den Pass abgenommen.
"Wusste Veronika davon?", frage ich verwirrt.
Sie schüttelt den Kopf: "Er hat mir Strafen angedroht, wenn ich etwas sage. Sie hat mich damit konfrontiert, als sie mit Hilfe eines Schlossers seinen Tresor hat öffnen lassen."
Innerlich atme ich auf. Ich würde schon komisch schauen, wenn sie Teil dieses Systems gewesen wäre.
"Wann wolltest du denn fliegen?", frage ich.
"Vor zwei Wochen." Sie grinst mich an.
"Und warum bist du noch hier?" Ich schaue sie fragend an.
"Weil ich Veronika helfen wollte."
Ich umarme sie: "Du bist toll."
"Nein, du bist toll."
"Das weiß ich", höre ich auf einmal hinter uns und schaue in das fragende Gesicht von Veronika.
Ich schaue sie offen an: "Maria hat mir ihre Geschichte erzählt und auch, dass sie ihren Urlaub verschoben hat wegen uns. Daher habe ich mich bedankt, dass sie ihr geholfen hat."
Veronika grinst: "Dann ist es ja gut." Sie zwinkert Maria an und lacht dann zusammen mit Maria auf.
"Was?", frage ich: "Habe ich eine grüne Nase?"
"Nein", lacht Veronika, "aber dein peinlicher Blick, als ich dich mit Maria gesehen habe."
"Aber ich habe doch nicht ..."
"Auch dass weiß ich."
Maria grinst mich an: "Ich stehe nicht auf Männer und Veronika weiß das."
"Ihr seid beide doof", grinse dabei aber und irgendwie reift ein Plan in mir heran.
"Warum sind Maria und Veronika doof?", kommt es von Franziska, die hinter Veronika erscheint.
"Das erzählt dir Veronika gerne", sage ich und setze mich grinsend auf das Sofa.
Am Abend sitzen Veronika und ich auf der Terrasse. Sie hat sich mit dem Rücken zwischen meinen Beinen an mich gekuschelt und wir schauen in den Himmel.
Ich streichle über ihre Schultern und ihr Gesicht.
Plötzlich nimmt sie meine Hände und legt sie auf ihre Brust. Ich fange an, sie durch die Bluse hindurch zu streicheln, Sie atmet tief ein.
Dann öffnet sie ihre Bluse und ich streichle jetzt direkt ihren Busen. Als ich das erste Mal ihre Brustwarze leicht zwirble, stöhnt sie laut auf.
Ich küsse ihren Nacken und fahre ganz leicht mit der Hand über ihre nackte Haut.
Veronika steht auf und zieht mich hoch.
Wir stehen vor ihrem Bett und sie zieht sich bis auf ihren schmalen Slip aus.
"Komm in unser Bett."
Ich ziehe mich auch bis auf meinen Slip aus. Ihre Geschwindigkeit.
Ich krieche in das Bett und Veronika kuschelt sich mit dem Rücken an mich. Sie drückt sich gegen meine Erregung und legt meine Hand wieder auf ihre Brust.
Ich streichle sie wieder und Veronika stöhnt leise auf.
Als ich ihren Nacken küsse, drückt sie erneut ihr Becken an meinen Schwanz. Sie greift mit der Hand nach hinten und streichelt leicht die Erregung in meiner Hose.
Dann murmelt sie: "Entschuldige, der kommt auch noch dran, heute aber bitte nicht."
"Alles gut." Ich streichle sie weiter und fahre dabei über ihren Bauch. Sie atmet tief ein und ich fahre zurück.
"Mach weiter", flüstert sie.
Langsam drehe ich sie auf den Rücken und presse meine Lippen auf ihre Brust und beiße ganz leicht in ihre Brustwarze.
Das Stöhnen wird lauter.
Mit der zweiten Hand bewege ich mich langsam zu ihrem Slip und fahre über den Rand zwischen ihre Beine.
Sie fängt an zu zittern und als ich ganz sanft zwischen den Schamlippen über den Slip fahre, bekommt Veronika ihren ersten Orgasmus. Sie hat ihre Augen aufgerissen und zittert am ganzen Körper. Sie stöhnt ganz laut auf. Ich halte sie fest und lasse sie langsam wieder los. Dann gebe ich ihr einen Kuss.
"Danke. Das habe ich so noch schon lange nicht mehr .. noch nie ... also ..."
Sie bekommt Tränen in die Augen.
Ich küsse diese weg: "Was ist?"
"Jetzt bitte nicht." Sie küsst mich und kuschelt sich an mich.
Ich nehme sie in den Arm und halte sie fest.
Sie sagt noch einmal: "Dankeschön. Das war unerwartet, ich habe bisher nur das Rein-Raus-Prinzip gekannt, und das, ob ich wollte oder nicht."
Sie weint wieder und kuschelt sich wieder zu mir.
Ich halte sie weiter fest und flüstere in ihr Ohr: "Das würde ich nie tun."
Kurz darauf ist sie eingeschlafen.
Tag 14
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Irgendwann kommt Franziska zu uns: "Darf ich kuscheln?", fragt sie leise.
"Klar mein Schatz. Möchtest Du noch schlafen?"
"Nein. Nur kuscheln. Ich finde es schön, bei euch zu sein."
Ich schaue sie an: "Wie geht es deinem Bein?"
"Na ja, ok. Es juckt manchmal, aber bald kann ich ja wieder laufen."
"Hör mal, das mit deinem Bein tut mir ganz doll leid. Und wenn es mal juckt oder wehtut, dann kannst du auch zu mir kommen und ich streichle es dann oder creme es dann ein, wenn du magst."
"Das ist toll."
Dann schweigt sie.
"Was ist denn?"
"Ich hatte Angst, dass du mich nicht mehr magst mit dem Bein."
"Aber mein Schatz. Ich mag dich immer, und dein Bein. Nun ja, da fehlt ein Stück, aber der ganze Rest ist so süß, noch viel süßer als ich mir das vorstellen kann. Du bist meine Tochter, und ich finde dich ganz vollkommen."
Franziska hat Tränchen in den Augen: "Du bist mir also nicht böse? Oma hat das immer gesagt."
Ich bin schockiert: "Nein mein Schatz, da hast du bestimmt etwas falsch verstanden. Ich war dir nie böse, warum denn auch? Der Unfall ist einfach so passiert, wir waren nicht zu spät oder irgendetwas anderes, woran du schuld sein könntest."
Ich drücke sie ganz fest: "Mein Spatz. Ich habe dich ganz doll lieb."
Als ich kurz die Augen öffne, sehe ich über den Kopf von Franziska in das Gesicht von Veronika, der die Tränen aus den Augen laufen. Lautlos sagt sie: "Hast du toll gemacht. Ich liebe dich."
"Papa?"
"Ja mein Schatz?"
"Bist du böse, wenn ich Veronika Mama nenne?"
"Warum sollte ich böse sein? Das hatten wir doch geklärt."
"Na ja, du hast so komisch geschaut."
"Ich war nur überrascht, du kennst doch Veronika, Mama, noch nicht so lange."
"Aber sie ist viel lieber als meine andere Mama. Die hat immer nur geschimpft."
"Na ja, so viel auch nicht. Aber du darfst ja auch zwei Mamas haben. Ich habe da nichts dagegen. Ich fände es nur schön, wenn du auch Veronika fragst. Das findet sie bestimmt toll."
Ich schaue in ein böse dreinschauendes Gesicht.
"Darf ich sie wachmachen."
"Ich bin wach, mein Schatz", sagt Veronika, "und ja, natürlich darfst du mich Mama nennen."
Sie rutscht zu uns rüber. Franziska dreht sich auf den Rücken und wir kuscheln uns an die Kleine.
"Hör mal, Franziska", sagt Veronika dann: "Darf ich deinen Papa auch lieb haben?"
"So richtig? Und ich bekomme dann ein Geschwisterchen."
Ich grunze und Veronika gibt mir einen Tritt gegen den Oberschenkel.
"Also ... nun ja ... irgendwie ...", stammelt sie dann.
Ich lächle die beiden an: "Nun ja, vielleicht gibt es auch ein Geschwisterchen, aber das müssen wir alle entscheiden. Wir, Veronika und ich, haben uns lieb und dann schauen wir weiter."
"Och schade, aber lieb sein ist auch ok. Ich habe jetzt Hunger", sagt Franziska und krabbelt aus dem Bett.
... und lässt zwei völlig überforderte Erwachsene schockiert zurück.
"Ähhh ... was war das?", fragt Veronika.
"Ein Eltern-Kind-Gespräch? Gewöhnen wir uns dran."
Wir nehmen uns in den Arm: "Ich liebe dich", meine ich leise.
"Ich dich auch. Und du hast das heute ganz toll gemacht."
"Was hast du mitbekommen."
"Alles. Du bist ein toller Papa."
"Und du eine tolle Mama. Die große Tochter hast du ja schon."
Melanie hat ein (fast) freies Wochenende. Morgen Abend hat sie wieder Nachtschicht.
Sie flachst mit Franziska rum und irgendwann spricht Veronika ein Machtwort. Beide hören sofort auf, grinsen sich aber immer wieder an.
Mein Telefon klingelt: "Schau mal auf die Uhr ... nein ... geht dich nichts an ... egal ... muss ich fragen ... jaha ...", ich halte die Hand vors Handy.
"Hört mal. Wollt ihr mit in den Zoo?"
Die Antwort kommt von allen.
"... klar ... Grillen ... bekommen wir hin. Um 10?"
Ich blicke in die Runde. Allgemeines Nicken.
Um halb 10 stehen wir vor dem Auto.
Ich schaue mich um: "Wo ist Maria?"
Veronika schaut zu Melanie: "Und?"
Melanie druckst etwas: "Na ja ..."
"Meinst du, wir sind blind oder Markus hat etwas dagegen? Der ist zwar manchmal ein Spinner, aber das er komisch schaut? Neee... Hol sie."
Ich schaue beide verwirrt an.
Kurze Zeit später schiebt Melanie Maria vor sich her und diese schaut uns unsicher an.
Dann geht mir ein Licht auf und lächle die beiden an: "Ich bin ein Mann. Ich brauche manchmal ein wenig länger."
Am Eingang vom Zoo treffen wir auf Martin, Rebecca und Rebeccas Sohn Marc. Er ist ungefähr 14 und wirkt genervt.
Auch wenn ich jeden Tag fitter werde, haben wir aus gutem Grund heute einen Rollstuhl für mich mitgenommen. Franziska haben wir in einem Bollerwagen untergebracht und in einem zweiten ein paar Kühltaschen mit Lebensmitteln und Getränken mitgenommen.
Melanie und Maria halten wie Veronika und ich auch Händchen.
Martin, der mit Rebecca hinter uns läuft, tuschelt die ganze Zeit mit ihr und irgendwann drehe ich mich um.
"Was?", frage ich und schaue dabei unbewusst auch zu Rebeccas Bauch, weil Martin seine Hand darauf gelegt hat.
"Bist du schwanger oder seid ihr erst 15?"
Veronika schaut mich irritiert an und folgt dann meinem Blick.
Rebecca und Martin bekommen die Gesichtsfarbe einer Kirsche und auch Marc schaut seine Mutter irritiert an.
Rebecca trägt heute ein enges Kleid und der Brauch wölbt sich wie nach einem ordentlichen Essen leicht vor.
"Mama?"
Ich stammle: "Entschuldigung ... ich wollte nicht ... schon wieder ein Fettnäpfchen ... scheiße."
"Ähhh, wir wollten es eigentlich an der richtigen Stelle fallenlassen", meint Markus, und Rebecca sagt stolz: "Ja, dritter Monat."
Ich springe auf und gehe auf die beiden zu: "Herzlichen Glückwunsch, ihr beiden."
Alle gratulieren den beiden, nur Marc schaut etwas komisch aus der Wäsche und Rebecca und er lassen sich etwas zurückfallen und Martin übernimmt den Bollerwagen mit Franziska.
Eine halbe Stunde später kommen wir zum Nashorngehege. Dort steht eine schwangere Nashornkuh und frisst aus einem Futtertrog. Sie ist etwas abgeschottet von den anderen Tieren.
"Hier wollten wir es eigentlich in einer Geschichte erzählen", meint Martin, "aber dieser Mann mit dem Blick für Details hat uns das ganz schön verhagelt."
Hinter uns kommen Marc und seine Mutter und lächeln jetzt wieder.
Veronika unterhält sich leise mit Franziska, die auf ihrem Arm sitzt, damit sie besser schauen kann.
Ich verstehe nur einzelne Wörter, denn beide Flüstern und Veronika wird rot.
"Frauengespräche?", frage ich und stehe auf.
"Genau", antwortet Franziska sofort und alle lachen auf.
Es ist ein wunderschöner Tag und abends grillen wir noch bei uns zuhause.
Gegen 21 Uhr verabschieden sich unsere Gäste und wir sitzen noch im Garten und unterhalten uns, nachdem ich Franziska ins Bett gebracht habe.
"Wie lange geht das schon mit euch?", frage ich Melanie und Maria.
"Knapp zwei Monate", antwortet Melanie.
"Und warum dachtet ihr, das vor uns geheim halten zu müssen. Vor mir kann ich das ja noch verstehen, wir kennen uns noch nicht so lange, aber Veronika?"
"Na ja", meint Melanie dann, "ich hatte vorher nur Beziehungen zu Männern und ich wusste nicht, wie Mama ...", sie stockt.
Veronika setzt sich zu ihrer Tochter: "Ich weiß, dass Manni sehr streng und konservativ war, aber er ist jetzt nicht mehr da. Du kannst mit mir - oder auch mit Markus - über alles reden. Ich war in der Vergangenheit vielleicht sehr stark auf deinen Vater fixiert, aber in den letzten Jahren habe ich mich abgekapselt."
Sie seufzt: "Kennst du den Grund, warum Manni an dem Abend losgefahren ist?"
Ich werde nervös: "Sollen wir euch kurz alleine lassen?"
Veronika schaut mich an: "Nein, Schatz, ihr solltet das auch hören."
Sie kämpft mit den Tränen und geht nach drinnen, um ihr Handy zu holen.
Dann zeigt sie uns Fotos, die sie vermutlich von einem Computerbildschirm abfotografiert hat, wie ein Mann mit einem Knüppel auf eine junge Frau einschlägt. Dabei sind mehrere andere Männer am Onanieren. Das letzte Bild ist wohl ein Gruppenfoto, irritierenderweise mit Gesichtern.
"Hör auf", sage ich, als ich sehe, dass Melanie anfängt zu würgen.
Veronika hält das Handy runter.
"Ich habe das erste Bild auf seinem Handy bei Whatsapp gesehen, als er mir das Telefon wegen etwas Dienstlichem überreicht hatte. Er wand sich damals heraus, dass das ein wirrer Ex-Kollege wäre. An dem Abend habe ich, als ich auf seinem Laptop Recherchen gemacht habe - meinen hatte zu dem Zeitpunkt Melanie genutzt - beim Öffnen des Verzeichnisses eine Serie Nathalie 1-18 gesehen. Er hat nichts geleugnet, sondern hat nur gesagt, dass er das braucht.
Dann war er weg."
Ich schaue sie an: "Hat er jemals ...", jetzt stocke ich.
"Nein", antwortet sie schnell.
Maria hat Melanie fest umschlungen und ich habe Veronika in den Arm genommen.
"Ich habe nie etwas geahnt."
Und ich rege mich auf, dass meine Frau mich betrogen hat. Diese Form von Doppelleben ist ne ganz andere Liga.
"Hat die Polizei die Bilder oder das Laptop?"
Veronika schaut mich verwirrt an: "Nein? Das Laptop steht oben in seinem Büro. Da war nach seinem Tod keiner mehr. Zwei seiner Partner wollten sich einmal umsehen, doch das habe ich verhindern können."
Wir liegen später in ihrem Bett und sie hat sich an mich gekuschelt. Die Bilder haben mich so geschockt, dass sich der kleine Markus gar nicht erst traut, Leistungen einzufordern.
"Kannst du dir vorstellen", sagt sie auf einmal, "wie beschmutzt ich mich fühle? Jedes Mal, wenn ich an ihn oder an Sex denke, kommen die Bilder hoch."
Sie umarmt mich: "Das gestern war das erste Mal seit sehr langer Zeit, dass ich mich komplett fallen lassen konnte."
Ich küsse sie in den Nacken: "Das ist schön. Rede mit mir, wie du es magst und wann und wir bekommen das hin."
"Mhh", höre ich nur noch, dann schweigt sie eine Weile.
Irgendwann murmelt sie nur noch etwas und ich höre sie danach gleichmäßig atmen.
Und jetzt liege ich hier neben einer Frau, die vermutlich ein genau so verkorkstes Gefühlssystem wie ich habe. Aber vielleicht ist das ja normal, dass sich Menschen mit kaputten Geschichten finden und man nur hoffen kann, sich aus dem Sog zu befreien.
Mit diesen und anderen Gedanken befasse ich mich und schlafe irgendwann ein.
Tag 15
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Ich wache auf, weil irgendetwas fehlt. Veronika ist nicht da.
Ich springe auf. Man gut, dass ich so viel Training in den letzten Tagen gemacht habe.
In Franziskas Zimmer ist auch keiner, aus Melanies Zimmer höre ich Stöhnen, ich vermute, dass die beiden hier auch nicht sind.
Unten in der Küche ist keiner, aber ich sehe eine Liege im Garten, auf der Veronika und Franziska sitzen und sich unterhalten.
Leise gehe ich in den Garten und höre zu: "Warum warst du heute Morgen so traurig?"
"Ach weißt du, mein Spatz, bevor ihr gekommen seid, hatte ich eine schwere Zeit und war oft traurig.
Jetzt bist du ja hier und dein Papa und das ist sehr schön."
"Und warum bist du dann traurig?"
"Weißt du, wenn dein Papa wieder gesund ist, dann wollt ihr bestimmt wieder in eure Wohnung und dann können wir uns nicht mehr jeden Tag sehen."
"Ach Veronika", sagt meine Kleine dann ernst: "Mein Papa mag dich auch, das hat er gesagt, oder?"
Veronika nickt, verblüfft von der Ernsthaftigkeit von Franziska.
"Ich glaube nicht, dass er wieder in die alte Wohnung möchte. Hier ist es doch viel schöner und wir sind hier doch so toll zusammen."
Dann wird sie leise: "Ich möchte meine neue Mama nicht verlieren."
Die beiden kuscheln sich aneinander und ich gehe leise und zitternd in die Küche, mache uns einen Kaffee und Franziska noch einen Kakao. Mit einem Tablett mache ich mich auf den Weg.
Draußen wieder angekommen, räuspere ich mich und die beiden drehen sich um.
"Guten Morgen, ihr beiden Schönheiten."
Ich gebe beiden einen Kuss auf den Kopf und hocke mich dann zwischen sie: "Ich möchte auch, dass wir bleiben."
Gut, dass ich das Tablett vorher abgestellt habe, denn die beiden umarmen mich stürmisch und wir fallen auf den Rasen.
Danach sitzen wir zusammen auf der Liege und schauen der Sonne beim Aufgehen zu.
Nach dem Frühstück schlägt Melanie vor, dass sie mit Maria und Franziska zusammen in das Aquarium gehen.
Veronika schüttelt den Kopf und sagt, dass es ihr heute nicht so gut geht und sie gerne zuhause bleiben möchte.
"Vielleicht wollt ihr alleine los?", fragt sie und schaut uns an.
Ich schüttle den Kopf, sage stattdessen: "Wir machen Folgendes: Ihr drei fahrt ins Aquarium und ich kümmere mich um Mama."
Melanie schaut mich erst etwas ernst an, umarmt mich aber dann und sagt leise in mein Ohr: "Danke, Papa!", und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
Franziska murrt etwas, aber als Maria fragt, ob sie vielleicht auch zu McDonald's will, schafft sie es gerade noch so, sich zu verabschieden.
"Alles ok?", frage ich Veronika.
"Ja ... nein ... ich weiß nicht."
Ich schaue sie an.
"Weißt du", fängt sie an, schweigt dann wieder.
Sie atmet tief durch: "Bleibst du bitte für immer hier?"
Ich nehme sie in den Arm und küsse sie: "Ich hatte nichts anderes vor."
Veronika zieht mich aufs Sofa und setzt sich auf meinen Schoß.
Dann küsst sie mich wie eine Ertrinkende und wir fangen an, uns zu streicheln. Mein Penis drückt hart gegen die Trainingshose, die ich mir in Erwartung einer Trainingseinheit angezogen habe.
Ich ziehe Veronika das Shirt aus und mache direkt auch den BH auf. Dann streichle ich über ihre Brustwarzen und nehme eine davon in den Mund und küsse sie.
Veronika stöhnt auf und fängt an, auf meinem besten Stück herumzurutschen.
Als ich eine Brustwarze leicht zwirble, stöhnt sie tief auf und beugt sich nach hinten.
"Stop!", haucht sie und steht auf. Dann zieht sie mir das T-Shirt aus und kniet sich vor mich.
Sie zieht an meiner Hose und - nachdem ich kurz meinen Hintern angehoben habe - rutschen Hose und Slip nach unten und mein Schwanz zuckt nach oben.
"Schön", murmelt sie und streicht über den Schaft.
Jetzt bin ich es, der die Luft scharf einzieht.
Sie beugt sich vor und küsst die Spitze, auf der sich bereits Feuchtigkeit gesammelt hat, und streichelt weiter an Schwanz und Hoden entlang.
"Ich kann nicht ...", sage ich noch, und dann brechen Tage der Erregung aus mir heraus in ihr Gesicht, auf meinen Bauch und auch in ihren Mund, den sie leicht geöffnet hat.
"Scheiße", murmle ich, als ich wieder zu Atem komme.
"Warum, das war schön", sagt Veronika, die mich und ihr Gesicht gerade mit ihrem Shirt abwischt.
Sie kommt nach oben und gibt mir einen intensiven Kuss.
Schmeckt interessant, denke ich noch bei mir, da steht sie bereits auf und sagt: "Ab nach oben", schnappt sich ihre und meine Sachen und geht los.
Ich währe beinahe gefallen, da meine Hose noch auf den Fersen hängt, aber ich humple/laufe ihr schnell hinterher.
Im Schlafzimmer liegt sie bereits nackt im Bett und grinst mich an.
Ich habe noch nie in meinem Leben nackt neben einer Frau gelegen.
Ich fange, wieder an sie zu küssen und streichle mit meiner Hand über ihren Körper.
Sie ist schon wieder auf 180 und als ich mit meiner Zunge ihren Kitzler berühre, kommt sie und drückt ihre Scham an meinen Mund. Heute muss ich nicht mehr viel zusätzlich trinken, denn sie läuft quasi aus.
Nach ihrem Orgasmus rutsche ich nach oben und lege mich zwischen sie.
Als ich in sie eindringe, flüstert sie mir ins Ohr: "Oh Gott, ich liebe dich so sehr."
Wir bewegen uns langsam und sie winkelt ihre Beine an, damit ich fest in sie stoßen kann.
Als ich merke, dass auch ich mich wieder auf dem Weg Richtung Abschuss bewege, gleite ich unter Protest aus ihr und drehe mich auf den Rücken und ziehe sie auf mich.
Sie lässt sich ganz langsam auf meinen Stab nieder und fängt an, mich zu reiten.
Als ich ihre Brust streichle, bekommt sie erneut einen Orgasmus und sie drückt sich so tief, dass ich auf einen Widerstand stoße, der vermutlich der Gebärmutterrand ist.
Das kickt mich auch über die Klippe und ich verströme eine weitere Unmenge Sperma, aber diesmal in das von der Natur angedachte Ziel.
Wir liegen erschöpft nebeneinander und sie schaut zu mir: "Sag mal, mein Schatz. Ist das immer so mit dir?"
"Ganz ehrlich", sage ich, "in der Form ist das für mich auch neu."
Sie streichelt über meinen Bauch und fängt an zu grinsen: "Aber es scheit dir zu gefallen", nachdem sie feststellt, dass ich schon wieder hart bin.
Wir lieben uns erneut, diesmal aber ganz langsam und zärtlich.
Danach schlafen wir ein.
Danach
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Am Montag haben wir die Polizei wegen der Fotos informiert. Angeblich habe ich das Laptop gestartet, um alle Daten zu löschen, bin dabei aber auf die Bilder gestoßen.
Dass zwei der Senior-Partner der Kanzlei betroffen sind, ist in dem Aufschrei, dass sogar ein Bundespolitiker und ein Staatsanwalt mit dem Schwerpunkt sexuelle Gewalt involviert sind, fast untergegangen.
Es gab natürlich weitere Durchsuchungen und Vernehmungen, aber die Rolle von Veronika war klar die des Opfers.
Nach ein paar Wochen wurde es dann auch ruhiger und wir konnten wieder ein normales Leben führen.
Als Erstes sind wir alle zusammen nach Mexiko zur Familie von Maria geflogen und haben dort zwei schöne Wochen verlebt. Anschließend hat Franziska ihre erste Prothese erhalten und lernt jetzt langsam wieder laufen.
Wir haben meine Wohnung aufgelöst und ich habe - sehr zum Bedauern von Martin und Rebecca - meinen Job gekündigt.
Veronika und ich haben eine Stiftung gegründet, die Opfern von sexueller Gewalt und Sex-Ritualen den Kampf angesagt hat. Unterstützung bekommen wir von der Anwaltskanzlei von Veronikas Ex-Mann und meiner ehemaligen Firma, die einen Geschäftsbereich rund um das Thema digitale Forensik und Bildanalyse aufgebaut hat.
Unsere Hochzeit haben wir zweimal feiern müssen. Die Idee, im 9. Monat einer Schwangerschaft eine Hochzeit durchzuführen, war nicht unsere beste Idee, aber drei Monate später - beim zweiten Anlauf - hat es dann geklappt.
Franziskas Wunsch, ein Geschwisterchen hat sich als Felix entpuppt.
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