Böse Mädchen (fm:Lesbisch, 58808 Wörter) | ||
Autor: gLuT | ||
Veröffentlicht: Jan 31 2022 | Gesehen / Gelesen: 15508 / 11702 [75%] | Bewertung Geschichte: 9.65 (54 Stimmen) |
Entdeckungsreisen der besonderen Art. |
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Ich half ihr, sie half mir, und nun wusste ich halt, wie ich tickte. Ich vertrieb ihr immer wieder ihre Langeweile, wenn sie zu faul zu Ausgehen war, mehr war das nicht für sie. Ich war bis über beide Ohren in sie verliebt. Litt unter ihrer Nichtbeachtung, ihren zahlreichen anderen Partnern, aber in ihrem Bett war das dann alles wieder vergessen. Die Welt wieder in Ordnung.
Bis sie dann schon nach nur einem Semester ihr Studium schmiss und auszog. Eigentlich ein Segen für mich, denn sonst hätte ich meins wohl ebenfalls nicht zu Ende gebracht. Wir stellten sicher, dass ihre Nachfolgerin genauso langweilig wie wir waren, und konzentrierten uns alle wieder schön aufs Studieren.
Nun hatte ich meinen Master in der Tasche, war zu meinen Eltern zurückgekehrt und hatte gerade angefangen, mich zu bewerben. Bislang erfolglos.
Ich musste husten, weil die fremde Frau mir wieder Rauch ins Gesicht blies. Ihr Gehabe gefiel mir nicht, machte mich nervös, stieß mich irgendwie ab. Ihr Aussehen gefiel mir schon eher, ein dunkler, südländischer Typ, wunderschöne braune Augen. Wohl keine Deutsche, ich meinte trotz der alles übertönenden Musik einen leichten Akzent wahrgenommen zu haben.
"Komm tanzen", meinte sie nach einer Weile und schnappte sich meine Hand.
Das wollte ich eigentlich nicht. Ich war total müde und kaputt, war nur wegen meiner Freunde auch auf diese Party noch mitgegangen. Die beiden waren immer noch bester Stimmung aufgrund der vielen Pillen, die sie eingeworfen hatte. Ich tat so etwas nicht. Hatte trotzdem viel getanzt und anfänglich auch viel Spaß gehabt.
Jetzt waren meine Beine schwer und ich hatte leichte Rückschmerzen. Die paar Bier, die ich getrunken hatte, brachten keine Erleichterung.
"Bin eigentlich zu kaputt", brüllte ich ihr ins Ohr, als wir schon auf der Tanzfläche waren. "Hab fast die ganze Nacht durchgetanzt."
"Ach so?", meinte sie nur und fasste in ihren Ausschnitt, hatte offenbar ihre Drogen in ihrem BH gebunkert.
Klemmte einen Pillenkrümel zwischen Daumen und Zeigefinger und führte ihn zu meinem Mund. Ich kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Sie zuckte mit den Schultern und nahm das Teil selbst, bediente sich kurzerhand wieder an meiner Bierflasche, die ich nicht abgestellt hatte, um es runterzuspülen.
"Na gut. Also nicht tanzen. Dann ficken wir eben nur", meinte sie ganz ruhig, nahm mich in die Arme und schob mir ihre Zunge in den Mund. Oh. Ihr ganzer Auftritt war mir merkwürdig, fast bizarr vorgekommen, aber dieser Kuss verwischte augenblicklich alles Vorangegangene.
Ihr weicher, überhitzt wirkender Körper schmiegte sich an meinen, setzte uns beide wie zwei Puzzleteile zusammen, die sich endlich wiedergefunden hatten. Jessica konnte küssen, diese Frau konnte einen mit ihrer Zunge zum Mond schießen. Ich schmolz dahin, wie Wachs in ihren Händen.
"Fühlst dich gut an", hauchte sie mir in einer kurzen Pause ins Ohr und massierte mir dabei erst meinen Hintern und dann meinen gequälten Rücken. Wie konnte sie ahnen, dass ich das mehr als alles andere gebrauchen konnte?
Okay, wahrscheinlich lösten die Drogen in ihrem Körper dieses eigenartige Verhalten aus, aber binnen Sekunden war mir das sowas von egal. Fühlte sich das sowas von klasse, hervorragend, himmlisch, geil, wahnsinnig schön an, dass ich einfach nur auf ihr Spiel einstieg. Sie ebenfalls streichelte und betatschte, wild zurückküsste, bis wir halb umkippten.
Sie kicherte und zog mich von der Tanzfläche weg. Weiter hinten im Raum waren eher unbequeme, mit Stoff überzogene Holzkästen, die sie zielsicher ansteuerte. Die hatte ich kurz zuvor ausprobiert, dann aber enttäuscht das Stehen wieder vorgezogen. Ihr schien die Bequemlichkeit in ihrem Zustand egal.
Sie setzte sich und zog mich auf ihren Schoß, öffnete dabei meine Schenkel, so dass ich nur mit meinem Hinterteil auf ihren Schenkeln, mit meinen Knien auf der Sitzfläche ruhte. Zog meinen Kopf wieder zum Kuss heran, während ihre linke Hand erst kurz bei meinen Brüsten Maß nahm und dann zu meiner Verblüffung sofort zwischen meinen Beinen landete.
Ich trug einen kurzen engen Rock, der jetzt bis zum Anschlag hochgerutscht war und auch mein neonfarbener Tanga stellte kein Hindernis für ihre frechen Finger dar. Die sie, eh ich mich versah, in mein von der ganzen Aktion tatsächlich angefeuchtetes Inneres bewegte.
"Unhöflich, sich nicht vorzustellen. Ich bin Jara", gab sie grinsend bekannt, während sie mir zwei Finger hart und heftig immer wieder in mein inneres Heiligtum rammte.
"Angie", brachte ich trotz meiner Fassungslosigkeit und physischen Schockstarre noch heraus. Dann nur noch Stöhnen. Oh mein Gott. Was für eine Abfahrt.
"Kleine geile Angie. Komm für mich, mein Engel", gurrte Jara, die mich nun abwechselnd mit ihren Fingern fickte und hart an meinem Kitzler rieb, an der Grenze zur Brutalität.
Sie wusste genau, was sie tat und ich spürte, dass ich ihrer Aufforderung binnen kürzester Zeit nachkommen würde. Es drang nicht einmal mehr in mein Bewusstsein, dass wir nicht alleine in einem dunklen Zimmer, sondern klar sichtbar mit vielleicht hundert anderen Gästen auf einer Party waren.
Ich hatte keine anderen Wahrnehmungen als die Eskalation an und in meinem Geschlecht und den Blick der Frau, die das alles auslöste. Mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen Göttin und Teufelin alles kontrollierte. Die mich nun nicht mehr küsste, sondern jede Phase meines Abgangs einsaugen wollte.
Den ich keuchend, grunzend und stöhnend in einem Inferno von Hitze und Blitzen vor meinen Augen zeitgleich mit einem anschwellenden Synthie-Sound der laufenden Musik erlebte. Oh mein Gott. Was war denn das? Ihr breites Grinsen holte mich nur langsam in die Realität zurück.
Sie zog ihre Hand aus meinem Schritt hervor und leckte genüsslich meinen Saft von ihren Fingern. Dann drückte sie mich sanft, aber bestimmt von ihren Schenkeln, legte einen der abgeschleckten Finger auf den Mund, als ich irgendetwas sagen wollte. Obwohl mir eigentlich nichts ferner als Worte in diesem Moment lagen. Öffnete sofort ihre Beine, als ich auf dem Boden angekommen war.
Machte mir unzweifelhaft klar, was sie mir nun als meine Aufgabe angedacht hatte. Sie trug keine Unterwäsche unter ihrem Lederrock. Ich sah noch ein kompliziertes Tattoo auf ihrem Schamhügel, dann zog sie meinen Kopf in die gewünschte Stellung und an ihre feuchte Möse.
Okay, Jessica war voll des Lobes für meine sich schnell entwickelnden Fertigkeiten gewesen und schöner kann frau schließlich Dankbarkeit für eine Abfahrt, wie die eben zuvor erlebte, nicht ausdrücken. Sie schob ihr Becken noch ein Stück weiter vor, da sie wohl langsam ebenfalls mitbekam, wie unbequem die Sitzfläche tatsächlich war, und ab ging die Post.
Mich irritierte etwas, dass Jara nonchalant eine weitere Zigarette aus ihrem Rucksack entnahm und anzündete, aber ihre Zufriedenheit mit meiner Zungenfertigkeit war ihr deutlich anzusehen. Bald anzuhören, denn sie bedachte mich mit dreisprachigen Anfeuerungen, auf Deutsch, Englisch und, wie ich später erfahren würde, Tschechisch. Dann universal verständlichem Stöhnen.
Sie schüttelte kurz den Kopf, als ich ebenfalls zusätzlich Finger ins Spiel bringen wollte. Kein Problem, umso konzentrierter konnte ich das Malträtieren ihres Wonneknopfs gestalten. Eine Tätigkeit, die ich liebte, die mir fast mehr Freude bereitete, als selbst versorgt zu werden.
Der Geschmack einer Pussy, das Gefühl an der Zungenspitze, die Macht, die ich damit gewann und nach eigenem Gutdünken ausüben konnte. Ihr Geschmack war anfänglich leicht säuerlich und kein reiner Mösensaft, es mochte Schweiß und ein wenig Urin dabei gewesen sein, denn aus unerfindlichen Gründen gab es auf solchen Partys alles, außer Klopapier.
Aber auch das kannte ich schon und machte es zur meiner Aufgabe, die Reinheit ihres Sekrets durch Überproduktion noch vor ihrem nahenden Höhepunkt schmecken zu können. Von dem sie wirklich große Mengen absonderte. Sie hatte ihre Zigarette nicht einmal zu Ende geraucht, da waren beide Missionen erfüllt. Sie schnippte begeistert ihren Zigarettenrest weg, und stand auf, zog mich zu ihr hoch und umarmte mich.
"Das hast du gut gemacht, Schätzchen, Engelchen. Komm, jetzt gehen wir richtig Spaß haben. Zu dir oder zu mir?", wurde ich nach einem dieser Irrsinnsküsse befragt.
"Ich... lebe bei meinen Eltern...", stammelte ich mühsam.
"Gut, zu mir. Hast du Kohle für ein Taxi? Könnte ein Zwanziger werden von hier. Will nicht in die Scheiß-U-Bahn in dem Zustand."
"Klar."
In diesem Moment hätte ich ihr mein Sparbuch vererbt. Wow, was für ein wahnsinniges Erlebnis. Was für eine irre Frau. Die meine Hand noch einmal an ihr nasses Paradies führte, und vernahm wieder ein eigenartiges Geräusch, das entfernt an ein Gurren erinnerte.
"Da hat dich jemand liebgewonnen", klärte sie Hintergründe.
In diesem Moment kam Jonathan vorbei, einer der beiden schwulen jungen Männer, mit denen ich gekommen war. Gutes Timing, denn die beiden waren meinem Gedächtnis aufgrund der letzten Ereignisse völlig entfallen. Ich erklärte ihm kurz, dass es keine gemeinsame Heimfahrt geben würde. Weitere Hinweise waren überflüssig, da die an mir klebende Jara ein lebender solcher war.
Von seinem Freund Tim verabschiedete ich mich nicht noch gesondert, sondern eilte mit meiner Eroberung in den brillanten Julimorgen hinaus. Boah, sie sah bei Tageslicht noch geiler aus. Doch ganz schön verstrahlt, aber das war mir egal. Es zählte nur noch die Fortsetzung, irgendwo auf einem bequemen Bett. Wir fanden sofort ein Taxi.
Auf ihr Geheiß hielten wir vor einem Späti, wo sie mich anwies, ihr eine bestimmte Zigarettensorte zu besorgen. Vor dem Laden zog sie dann eine Flasche Sekt aus ihrer Jacke hervor. Ups? Das war keinem der Anwesendem aufgefallen. Offenbar nicht ihr erster Fischzug dieser Art. Sie grinste und meinte nur, jetzt wären wir wirklich ausreichend ausgerüstet.
Sie lebte in einem besetzten Haus in der Nähe der Warschauer Straße. Es war eines dieser Instandbesetzungs-Häuser, um die es einige Zeit später Krawalle und Straßenschlachten geben sollte. Ziemlich verwahrlost, aber mit einem ganz eigenen, wilden Charme.
Von ihren Mitbewohnern sah ich zunächst nur eine mit angezogenen Beinen auf einem großen Sofa in der Küche schlafende Frau, und einen ziemlich bekifften Typen daneben. Der uns ein Bong reichen wollte, als Jara die geklaute Sektflasche in der großen Kühltruhe unterbrachte. Wir lehnten beide ab.
Jara schaute mich kritisch an und fragte dann nach, ob sie mir vielleicht erst einmal einen Kaffee machen sollte. Eine hervorragende Idee. Allerdings wurde es nur ein eilig angerührter Instantkaffee, mit dem ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende nicht mehr richtig warmwerden würde.
"Was macht ihr jetzt?", wollte der Mitbewohner wissen.
"Ficken, was sonst", kam die postwendende Antwort. "Die Frau kann lecken."
"Das ist gut", kam die befriedigte Antwort. "Das Leben an beiden Hörnern packen", fügte er noch den Sinnspruch des Tages hinzu.
Jara grinste, stellte noch einmal die beiden Tassen ab und griff an meine Titten.
"Recht hast du."
Oh ja, da konnte ich nur zustimmen. War fast enttäuscht, als sie ihre kurze, aber ungemein gekonnte Massage einstellte und unsere Getränke griff.
"Na los, ich will endlich sehen, was ich mir da eingehandelt habe", klärte sie mich auf. Ihr Zimmer erwies sich als wenig luxuriös, auch eine Tür war im Nullpreis nicht inbegriffen, sondern der Türeingang nur mit einem Tuch verhängt. Das in diesem Moment wichtigste und vielversprechendste Möbelstück, nämlich eine Doppelbettmatratze auf dem Boden, entschädigte für alle weiteren erkennbaren Mankos.
Sitzmöbel gab es nicht, also setzte ich mich darauf. Sie zog sich ihre Jacke aus, schmiss sie in eine Ecke und setzte sich zu mir. Sah mich eine Weile einfach nur lächelnd an und nippte an ihrem Kaffee.
"Angie. Das ist ein wunderschöner Name."
"Jara auch, hab ich vorher noch nie gehört. Woher kommst du ursprünglich?"
"Tschechien, Prag, um genau zu sein. Warst du schon mal da?"
"Nein, noch nie. Ich bin überhaupt noch nicht viel rumgekommen, einmal ein Urlaub in Schweden und einmal in Österreich. Meine Eltern haben ein Wochenendhaus an der Küste, also haben wir unseren Urlaub immer da verbracht."
"Das ändert sich jetzt", meinte sie leichthin. "Ich muss ohnehin bald zurück. Du kommst einfach mit. Auch eine geile Stadt."
"Wie... einfach mit?"
"Was machst du, arbeitest du?"
"Nein, bin gerade mit dem Studium fertig."
"Na, dann ist das doch kein Problem. Wir erleben was zusammen."
Jetzt war ich wirklich verwirrt. Das war nicht nur ein schnelles Abenteuer für sie, sondern der Auftakt zu irgendetwas, vielleicht sogar zu einer Beziehung? Ich wollte nicht gleich nachfragen. Diese vage Idee machte mich selig.
"Und was machst du?"
"Das Leben genießen."
"Nee, ich meine beruflich."
"Ja. Eben. Hauptberuflich. Und jetzt dich genießen. Nebenberuflich. Zieh dich aus."
"Du verlierst nicht gerne Zeit?"
"Genau. Wer weiß, was morgen ist. Wir leben jetzt."
Eine kleine Philosophin. Na herrlich. Aber eine unfassbar schöne Frau. Die sich nun ebenfalls auszog. Oh mein Gott. So einen perfekten Körper hatte ich noch nie in Natura gesehen. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Und das lag nicht an den drei oder vier Löffeln Kaffeepulver, die sie da verwendet hatte.
"Gefalle ich dir?", frage sie gelassen, als ich voller Bewunderung in meiner Bewegung eingefroren war.
"Du bist die schönste Frau der Welt", gab ich etwas lahm zurück.
"Ja, ich weiß. Los, mein Geschenk auspacken. Zier dich nicht so."
Sagte die Frau, zwischen deren Beinen ich eine halbe Stunde zuvor mit der Zunge Samba getanzt hatte. Auch sie schien angenehm überrascht.
"Aber hallo. Damit können wir doch arbeiten. Okay, da ich dir nicht widersprechen will, bist du eben nur die zweitschönste Frau der Welt. Leg dich auf deinen Bauch."
Oh? Was kam jetzt? Damit hatte ich nicht gerechnet. Folgte ihrer Aufforderung trotzdem sofort.
"Dir tun die Beine und der untere Rücken weh, nicht wahr? Ich kümmere mich drum. Massier dich kurz. Willst du außer Kaffee irgendwas zum Wachbleiben haben? Hab so einiges da."
"Nee, Kaffee reicht. Ich... bin Biologin. Ich habe es nicht so mit Drogen."
"Versteh ich nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Egal, entspann dich."
Das machte sie nicht zum ersten Mal. Das fühlte sich professionell an. Wow. Ich schmolz schon wieder dahin.
"Mädel, du hast einen total geilen Arsch. Na, das haben dir doch bestimmt schon viele gesagt, oder?"
"Nein. Du... bist meine zweite Frau."
"Die das sagt? Oder heute?"
"Nein. Insgesamt. Ich... war bis jetzt erst nur mit einer Frau intim."
"Ach so, du bist bi. Okay. Nicht mein Ding. Jedem das seine."
"Nein, ich bin lesbisch. Habe noch nie mit einem Mann was gehabt. Halt eine Spätzünderin."
"Lass die Beine lockerer, du verspannst dich. So ist das gut. Echt? Davon habe ich vorhin nichts gemerkt."
"Danke. Oh, das ist himmlisch. Hast du das gelernt?"
"Massieren? Nö. Ich bin halt viel auf Partys."
"Und bist du immer so direkt?"
"Na klar. Wenn ich das richtige Vibe kriege, wie von dir."
"Du sprichst nebenbei perfekt Deutsch, wie kommt das?"
"Jetzt wirst du lachen: Fernsehen hauptsächlich. Ich hab als Kind fast nur Zeichentrickserien auf Deutsch geschaut. Na und dann in der Schule. Jetzt bin ich oft in Deutschland, manchmal ein ganzes Jahr."
"Aber willst in näherer Zukunft zurück nach Prag?"
"Ja, bald. Nur eine Woche oder so. Was abholen. Still jetzt."
Sie beendete die Massage meiner müden Beine. Küsste meinen Hintern. Zog langsam meine Pobacken auseinander. Mir stockte der Atem. Oh mein Gott. Sie ließ mich noch einige Sekunden in Antizipation hängen, dann spürte ich ihre Zunge an meinem Hintereingang. Das hatte Jessica nicht für mich getan, ich bei ihr aber schon ab und zu.
Oh... war... das... geil... Unglaublich erregend. Damit hatte ich nicht gerechnet. Oh Gott, sie bahnte sich sogar mit ihrer Zunge den Weg in meinen After hinein. Hielt dann kurz inne.
"Das magst du?"
"Und wie. Wow."
"Ich auch, Tipp für später. Wie ist das?", erkundigte sie sich, nachdem sie mir einen Finger im Hintern deponiert hatte, der komischerweise problemlos hineinglitt.
"Wunderbar."
"Okay. Wir kehren später dorthin zurück. Jetzt dreh dich um. Zeig mir deinen Luxuskörper. Genau. So. Hui. Lecker. Vielleicht rufst du besser deine Eltern an. Vor einer Woche lasse ich dich nicht mehr aus diesem Bett."
"Ganz ehrlich. Das schreckt mich nicht. Im Gegenteil. Ich habe mir immer gewünscht, dass ich mal die ganze Aufmerksamkeit habe."
"Schlechte Erfahrungen?"
"Unbefriedigende Erfahrungen."
"Nach dieser Woche wirst du erst wissen, was befriedigt sein wirklich heißt. Versprochen."
Das nahm ich ihr sofort ab. Kriegte allerdings eine Gänsehaut, weil das offenbar eine ernstgemeinte Ankündigung und kein lockerer Spruch gewesen war. Eine Woche mit ihr, im Bett? Eine Woche Himmel?
"Du meinst das völlig ernst, nicht wahr?"
"Natürlich. Warum sollte ich dich verarschen? Du bist eine geile Frau. Ich ficke für mein Leben gern. Das passt schon. Nur auf eines solltest du aufpassen: Verlieb dich nicht in mich."
"Warum?"
"Ich bin ein böses Mädchen. Und jetzt trink deinen Kaffee aus und dann die Beine breit."
Oh, diese Frau. Nur zu gern folgte ich ihrer Aufforderung. Lernte dann den Unterschied zwischen einer bisexuellen und erfahrenen lesbischen Frau kennen. Versuchte zunächst, mir all ihre Kunststücke mit Mund und Zunge zu merken. Gab das nach kurzer Zeit auf, weil mein Gedächtnis in diesem Zustand ohnehin nicht mehr funktionieren konnte.
Schwamm in einem wogenden Meer aus exquisiten und extremen Empfindungen, in dem sie mich immer wieder wellenförmig auf den Höhepunkt zusteuerte, um mich dann kurz davor verhungern zu lassen. Hörte ich mich stöhnen und klagen, betteln, inhaltslose Sätze stammeln, bis nur noch ein "Bitte, bitte, bitte" über meine Lippen kommen wollte. Was sie ignorierte.
Der Orgasmus war mindestens genau so brutal heftig, wie das gesamte Erlebnis, als sie mich dann nach einer gefühlten Ewigkeit doch kommen ließ. Ich war schweißnass, weil die Morgensonne heiß und unbarmherzig wie meine Partnerin durch das gekippte Fenster auf das Bett knallte. Zuckte und zitterte nichtsdestotrotz, bis Geist und Körper mühsam wieder zueinander fanden.
Jara grinste und setzte sich auf, holte sich eine Zigarette und zündete sie an. Betrachtete zufrieden das Ergebnis ihrer Bemühungen.
"Wird langsam warm", meinte sie gelassen. Ich mach das Fenster richtig auf, noch müsste die Luft einigermaßen kühl sein. Tut mir leid, hier gibt es keine Gardinen oder so'n Scheiß."
Ich war unfähig zu antworten. Sie stand auf und setzte das Angekündigte in die Tat um, holte schließlich eine Flasche Wasser aus einer Ecke und warf sie mir zu. Es war ein Wunder, dass mein Koordinationsvermögen bereits wieder ausreichte, um sie aufzufangen. Dankbar trank ich in großen Schlucken aus der Flasche. Zitterte weiterhin am ganzen Leib.
Sie beachtete mich nicht weiter, sondern ging durch ihre Klamotten, bis sie ein Plastiktütchen fand, was sich zuvor in ihrem BH befunden hatte. Nahm einen kleinen Spiegel von einer als Nachttisch fungierenden Holzkiste, auf den sie nach dem Entfalten eines Papierbriefchens weißes Pulver streute.
"Du nimmst ganz schön viel Drogen", gab ich meinem ersten halbwegs zusammenhängenden Gedanken Ausdruck.
"Und ob. Willst du? Ist richtig edles kolumbianisches Zeug, nicht der Mist, den man sonst hier so kriegt."
"Nein, ich habe mit sowas nichts am Hut. Habe es noch nie probiert."
"Und woher willst du wissen, ob du es magst oder nicht?"
"Darum geht es nicht."
"Wie du willst. Bleibt mehr für mich."
Ich beobachte ihren Konsum mit gemischten Gefühlen. Natürlich wusste ich nicht nur aufgrund meines Studiums, was diese Sachen im Körper anrichten konnten. Und irgendwie wurde ich das ungute Gefühl nicht los, dass sie nicht von mir fasziniert war, sondern dass es eine Wirkung ihrer Drogen war.
"Ruf doch deine Eltern an. Es ist schon nach sieben Uhr, gleich halb acht. Nachher denken wir wahrscheinlich nicht mehr dran", gab sie mir nach ihrer ersten weißen Linie bekannt.
"Ja, gute Idee. Mach ich gleich. Kann es sein...", setzte ich an, biss mir dann aber auf die Lippe.
"Kann was sein?"
"Na, dass du mich... dass du das hier nur so toll findest, weil du diese Sachen nimmst?"
Das fand sie ungemein komisch, denn sie lachte laut und herzlich.
"Die Droge, die das auslöst, ist noch nicht erfunden. Du bist eine wunderschöne Frau. Und du bist geil. Mehr braucht es da nicht. Durch die Sachen, die ich mir einpfeife, erlebe ich alles intensiver, nicht mehr und nicht weniger. Bin länger wach. Hab mehr davon."
Ich ging kurz durch, was ich über Kokain wusste. Ja, es gab ein Abhängigkeitspotential, aber das nur nach langem Konsum. Bei ihren finanziellen Mitteln war das wohl kein Thema. Ich schnappte mir mein Handy, überlegte kurz und schrieb meiner Mutter dann eine Nachricht. Nur, dass ich eine Freundin getroffen hatte, und wir auch in den nächsten Tagen zusammen Dinge in Berlin unternehmen würden.
Nicht mal gelogen. Meine Eltern wussten nichts von meiner sexuellen Orientierung. Ich hatte noch kein Coming-Out gehabt und konnte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie ich ihnen das beibringen sollte. Bislang hatte es ja keinen echten Anlass gegeben. Jara betrachtete mein Texten aufmerksam.
"Trink noch was, ich hab dich wohl ganz schön zum Schwitzen gebracht", meinte sie noch gutmütig, bevor sie sich ihrer zweiten weißen Linie widmete.
"Das hast du. Du bist eine außergewöhnliche Frau."
"Ein böses Mädchen", grinste sie, während sie einen Finger gegen das gerade genutzte Nasenloch drückte. "Hast auch völlig recht, dich nicht von mir zu dummen Zeug verführen zu lassen. Ich will dir doch deine Unschuld nicht nehmen."
"Eh, mal locker. Die Unschuld vom Lande bin ich nun auch wieder nicht."
"Ja, stimmt. Ein Hymen habe ich nicht erfühlt. Meine Vorgängerin hat dafür gesorgt?"
"Öhm... nein. Das war eine neugierige Begegnung mit einer Kerze", erwiderte ich etwas beschämt, insbesondere, weil sie das ebenfalls total lustig fand.
"Neugier ist eine wunderbare Eigenschaft. Nur so erweitert man seinen Horizont. Na, vielleicht lernst du von mir ja doch noch das eine oder andere in den nächsten Tagen."
Ihr Blick machte mich fast verrückt. Noch nie hatte mich jemand so durchtrieben und... vielversprechend angeschaut. Sie wies noch einmal auf ihren Spiegel.
"Letzte Chance, dann stelle ich ihn weg."
Ich atmete tief durch, dann hörte ich mich sagen: "Okay. Dann gib her."
Der nun folgende Blick war triumphierend. Obwohl sie pro forma noch einmal nachfragte:
"Sicher?"
"Wenn du sagst, es lohnt sich, glaube ich dir das."
"Und wie sich das lohnt, vertrau mir. Okay, ich zeig dir, was du machen musst..."
Sie formte zwei deutlich dünnere Linien auf dem Spiegel, die sie zuvor mit einer Rasierklinge feinklopfte und gab mir Anweisungen. Ich stellte mich nicht einmal dumm an. Und die Wirkung... überraschte mich. Ich fühlte mich einfach nur unbeschreiblich wohl, alles wurde ein wenig klarer und heller. Kleine Euphorie-Wellen spülten durch meinen Geist.
"Und?"
"Ja. Irre. Ganz anders, als ich erwartet hab. Obwohl ich nicht genau weiß, was ich erwartet hab. Ich fühl mich... großartig, voller Energie..."
"Genau. Und die wirst du brauchen. Ich bin nämlich noch gar nicht müde."
"Soll ich jetzt bei dir?"
"Nö, wer sagt denn, dass ich mit dir fertig bin? Wenn ich dich schon so mit Schweiß bedecke, sollst du auch gereinigt werden."
"Wollen wir zusammen duschen?", fragte ich erfreut, weil ich plötzlich ebenfalls voller guter Ideen steckte.
Nein, das war nicht ihr Plan. Sie streckte mir erklärend die Zunge raus.
"Ich steh auf Schweiß. Und vieles mehr", leitete sie meine Himmelfahrt ein.
Leckte mir zuerst die dort reichlich vorhandenen Schweißperlen von meinem Gesicht, obwohl ich von diesem Koks auch das Gefühl einer Kühlung bekam. Zumindest für ein paar Momente hatte sich die Sonne hinter kleinen weißen Wattewolken versteckt, so dass es keinen Nachschub an ihrer Beteiligung gab.
"Oh, du schmeckst gut. Nicht jeder Schweiß macht mich an. Deiner ist völlig geil", hauchte sie in mein Ohr und knabbert genüsslich an meinem Ohrläppchen. Leckte von dort an meinem Hals entlang und wieder aufwärts. Leckte und küsste meinen Mund, vornehmlich die Mundwinkel und meine Oberlippe. Hart an der Grenze des Kitzelns. Aber unbeschreiblich schön.
Ihre Hände massierten dabei meine Brüste und nutze den dort vorhanden Schweiß als Gleitmittel, gerade unter meinem vollen Busen war es recht feucht. Oh mein Gott. Sie nahm meine verhärteten Brustwarzen zwischen Daumen und Zeigefinger, rieb zunächst leicht und zog dann plötzlich daran, nicht wirklich fest, aber unwiderstehlich.
Als ob sich das noch nicht fantastisch genau angefühlt hatte, tauchte plötzlich ihr Mund am Orte des Geschehens auf und verschaffte mir saugend und leckend Gefühle, wie ich sie nicht für möglich gehalten hatte. Meine Hände verkrallten sich in ihren Haaren und ich wickelte meine Beine um ihren Körper. Reagierte auf die unglaubliche Erregung, die jetzt durch meinen gesamten Körper wogte.
Als sie endlich von meinen Brüsten abließ und sich zu meinen Achselhöhlen leckte, war ich irgendwie enttäuscht. Hatte ich doch eine Ahnung bekommen, dass sie mich mit ihren Manipulationen möglicherweise sogar zu einem Höhepunkt hätte bringen können. Als ob sie prüfen wollte, wie weit ich war, wanderte ihre Hand nun zu dem Ort meines Körpers, der noch nasser als der verschwitze Rest war.
Haucht mir mehrmals mit ihrer Fingerkuppe über meinen Kitzler, während sie mir gleichzeitig mit ihrer Zunge spitze Schreie entlockte. Überhaupt brachte sie mich dazu, Laute auszustoßen, die mir so fremd waren, dass es mir schwerfiel, sie als meine eigenen zu identifizieren. Tauchten ihre Finger plötzlich wieder an meinem Scheideneingang auf.
Mein ohnehin schon schneller Atem beschleunigte sich in Erwartung einer neuerlichen Penetration. Sie hob ihren Kopf an und schaute mir ins Gesicht. Ergötzte sich an meiner namenlosen Erregung, die sie weiter steigerte, in dem sie nicht eindrang. Meine Augen bettelten bereits, über meine Lippen wollten keine Worte mehr dringen.
Neckisch drang sie vielleicht einen Zentimeter ein, zog sich wieder zurück, gerade, als ich automatisch mit meinem Becken dagegen pressen wollte. Und dann drang sie ein. Aber nicht so, wie ich erwartet hatte. Ganz langsam, vorsichtig, genüsslich. Jedoch nicht mit einem oder zwei Fingern. Sondern zu einem Keil geformten Ensemble aus allen verfügbaren dieser Hand.
Das ging erstaunlich leicht, schoss mir noch durch den Kopf. Dann spreizte sie diese in meinem engen Kanal etwas ab, weitete mich, schob ein kleines Stück nach. Drehte vorsichtig, erst nach links, dann nach rechts. Drang noch ein Stückchen tiefer ein. Dann dieser Blick, den ich bis an mein Lebensende nicht vergessen würde. Der in keine mir bekannten Worte passte.
Unwiderstehlich schob sie ihre Hand erst bis an und dann über die Fingerknöchel hinaus in mich hinein. Erst in diesem Moment bemerkte ich beim brünstigen Ausatmen, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten hatte, wer weiß wie lange schon. Es war ein ungeheurer Druck, den ich da fühlte. Aber er fühlte sich fantastisch an.
Dass er sich dann noch steigerte, lag nicht daran, dass sie ihre Hand nun vorsichtig bewegt hatte. Sondern dass ich mich im überraschenden Orgasmus darum verkrampfte. Sie verzog leicht das Gesicht, weil das ihre Hand sicher etwas quetschte. Grinste danach sardonisch, wartete ab, bis ich die Wellen überstanden hatte. Und legte richtig los.
Nicht wie beim Fingerficken, wo sie wild und fast brutal gewesen war. Einfach nur auslotend, wieviel an Bewegung ich vertragen konnte. Ruhig, gelassen, aber eben immer genau an der Grenze des Erträglichen. Drang nicht tiefer ein, hatte mit ihrer langen Erfahrung exakt erfasst, was in diesem Moment mein Spielraum war.
Es war zu keiner Zeit schmerzhaft oder unerträglich, zumindest nicht was das physische Erleben anging. Die Lust, die Ekstase, die mich im psychischen Bereich durchrüttelte und schüttelte, war manchmal fast zu viel. Ich bäumte mich wieder und wieder auf, stammelte, winselte, verlor jeden Bezug zu Zeit und Raum.
Das Unerträgliche war die Steigerung, dass es immer noch ein Stück heftiger wurde, es kein Abklingen gab, sondern alles noch wirrer und noch intensiver und noch extremer wurde, kein Ende nahm. Ein weiterer Orgasmus, den sie ruhig abwartete, bei dem sie meinen kraftlosen Versuch, ihren Kopf zu mir heran zu ziehen, mühelos abwehrte.
Und weitermachte. Immer weitermachte. Irgendwann ein Einsehen hatte, dass ihr Tun zu viel für mich wurde. Dass mein Betteln aufzuhören einem echten, verzweifelten Bedürfnis entsprang. Die süße Folter einstellte, ihre Hand ruhig in mir ließ. Mir jetzt den ersehnten und beruhigenden Kuss gab. Die Hand ganz langsam und vorsichtig aus ihrem engen Futteral zog.
Sich neben mich legte und die verschwitzten Haare aus meiner Stirn zog. Und einfach abwartete, dass ich das eben erlebte körperlich und seelisch verarbeitete. Ich hatte die Augen geschlossen, hörte mein immer noch wild schlagendes Herz. Spürte die Bäche von Schweiß, die an meinem Körper herunterliefen. Konnte diese Empfindungen klar einordnen.
Aber keinen klaren Gedanken fassen. War aus meinem gewohnten Selbst herausgeschubst worden, in eine unbekannte Welt, in der ich mich noch nicht zurechtfand. Hatte zum ersten Mal erlebt, was sie mit mir anstellen konnte. Würde erst viel später erfahren, wie sehr sie sich zurückgehalten hatte, um mich nicht zu überfordern.
Als meine Gedanken langsam und zäh zurückkehrten, erhob sie sich gerade, strich mir noch kurz über mein Gesicht und verließ dann den Raum. Kam zurück, gerade als ich meine Augen wieder geöffnet hatte. In der Hand die gestohlene Sektflasche, mit der sie sich zu mir setzte.
Sie vorsichtig gegen meine erhitzten Wangen drückte. Sie war angenehm kalt, nicht eisig, wie ich dankbar feststellte. Eine unglaubliche Wohltat, die nun schöner wurde, als sie mir half, mich aufzurichten und sie gegen meinen Nacken presste.
"Tut gut?", fragte sie überflüssigerweise.
"Und wie. Wow. Das ganze Bett schwimmt. So extrem habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht geschwitzt."
"Ja, ich wechsele gleich das Laken. Du kannst duschen, wenn du willst. Na, das hat dir offenbar ganz gut gefallen, würde ich sagen."
Zur Antwort zog ich sie fest an mich und küsste sie. Oder wollte das tun, erschrak aber vom kalten Gefühl der Flasche zwischen uns auf meinen Brüsten. Kicherte, und nahm erneut Anlauf. Diesmal klappte es. Sie schien sehr zufrieden.
"Komm, ich gebe dir ein sauberes Handtuch, bei denen im Bad weiß keiner mehr welches wem gehört, und wer sich schon alles damit abgetrocknet hat. Es ist direkt neben der Küche. Du musst die Tür richtig fest gegen den Rahmen knallen, sonst geht sie nicht richtig zu. Nur kaltes Wasser nebenbei, der Boiler ist im Arsch. Aber das wird dich wahrscheinlich nicht stören. Wenn du zurückkommst, köpfen wir die Flasche."
"Willst du nicht lieber mitkommen?", fragte ich irritiert und verunsichert.
"Nein, ich warte noch mit dem Duschen, bist du mit mir fertig bist. Übrigens versuch das von eben erstmal nicht bei mir. Das muss man lernen, und mir ist nicht nach Unterricht. Nur nach deiner geilen Zunge. Aber keine Hetze, ich bin nicht ungeduldig, auch wenn das deinen bisherigen Eindrücken von mir vielleicht widerspricht. Genieße. Du bist hier um zu genießen, jede Sekunde zu genießen, verstehst du?"
Ich nickte abwesend und starrte auf meine Kleidung. Sie deutete den Blick richtig und sprang auf. Wühlte kurz in einer großen Reisetasche und warf erst ein Handtuch und dann ein langes T-Shirt aufs Bett.
"Ist fast neun, die Sonne ist gleich weg, dann wird es hier drin auch erträglicher. Na ja, wenn es heute nicht insgesamt wieder so brüllend heiß wird wie gestern."
Fast neun. Oh mein Gott. Hatte sie mich über eine Stunde... gefistet. Ja, so sagte man da wohl zu. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben gefistet worden. Ich bedankte mich, zog mir das T-Shirt über, das mir fast bis zu den Knien reichte und wackelte in Richtung Bad. Begegnete zu meiner Erleichterung niemanden.
Gehört hatten doch bestimmt alle, was in Jaras Zimmer abgegangen war. Ich musste grinsen. Wie wir damals in der WG von Jessica unerwünschte Soundtracks bekommen hatte. So etwas wie ich hatte sie aber wahrscheinlich nie erlebt.
Das Bad war ebenfalls frei, die Tür zuzubekommen eine Qual. Ich musste sie mit meinem ganzen Körpergewicht gegen den Rahmen drücken, um so einen kleinen Drahtbügel in die dazugehörige Öse zu bekommen. Kurz vorm Aufgeben schaffte ich es dann.
Okay, kalt duschen tat im ersten Moment nur bedingt gut, war sehr gewöhnungsbedürftig. Kühlte meinen überhitzten Körper nach ersten Schrecksekunden aber dann doch angenehm herunter. Meine Scheide fühlte sich fremd an, irgendwie ausgeleiert. Kurze Fühltests ergaben aber, dass ich keinerlei Verletzungen davongetragen hatte. Sie wusste echt, was sie tat.
Wusste sie auch wirklich, was sie mit mir tat? Nicht ihre Drogen, aber diese Frau hatte ein ernstzunehmendes Suchtpotential. Obwohl, dieses Koksgefühl war göttlich, das Grinsen in meinem Gesicht hatte sicher damit genauso viel wie mit dem fantastischen Sex zu tun.
Was meinte sie mit "böses Mädchen"? Weil sie so viele Drogen nahm und klaute? Oder war das nur der Gipfel des Eisbergs? Sie hatte ja gesagt, ich sollte nicht hetzen, und so gut sich das Duschen mittlerweile anfühlte, war es schon fast unerträglich, von ihr getrennt zu sein. Wollte nur noch mit ihr zusammen sein, alles genießen, was sie mir bot.
Das Leben an beiden Hörnern packen... hihi. Ich trocknete mich rasch ab und suchte verzweifelt einen freien Haken um das Handtuch aufzuhängen. Ich fand drei Deo-Sticks, identifizierte problemlos ihren am Geruch. Das fiel mir in diesem Moment auf. Sie roch total gut, dabei hatte sie kurzzeitig auch geschwitzt und sicher auf der Party getanzt und so.
Und nicht nur das. Diese Frau hatte einfach alles, was ich mir jemals von einer Partnerin gewünscht hatte. "Verlieb dich nicht in mich." Das konnte ein Problem werden. Das war mir völlig klar. Oder war es schon zu spät? Auf jeden Fall war ich überglücklich, als ich zu ihr zurückkehrte. Sie rauchte eine Zigarette und grinste mich fröhlich an.
"Na, siehst aus wie neu. Hast aber immer noch ordentlich Farbe im Gesicht. Komm, ich habe uns noch ein paar Lines gezogen. Das sind aber die letzten für heute, ich habe nicht mehr so viel."
Irgendwie schien es für sie völlig selbstverständlich zu sein, dass bei mir nicht beim Probieren blieb, sondern ich ab jetzt alles mitmachen würde. Eigenartigerweise nahm ich das so hin, regte sich keinerlei Protest in mir. Nahm Spiegel und Geldschein in die Hand und rollte ihn zusammen, wie sie mir es vorher gezeigt hatte. Stellte spät dabei fest, dass es kein Euroschein war.
"Ist das tschechisches Geld?"
"Nein, ein ganz alter rumänischer Schein, habe ich von meinem Opa. Meine Mutter war Rumänin, das heißt, eigentlich eine Roma. Mein Vater ist Tscheche."
Daher der dunkle Teint. Und das Feuer? Erst dann begriff ich, was sie gerade gesagt hatte.
"War? Oh, das tut mir leid."
"Mir nicht. Sie war eine gottverdammte Hexe. Ich erzähl dir das ein andermal. Den Schein ein bisschen flacher ansetzen. Ja, so ist das perfekt. Du lernst schnell."
Diesmal lief mir etwas von der Nase in den Rachen, das war ein etwas unangenehmes Gefühl. Nur für einen Moment. Sie drückte ihre Kippe aus und bediente sich ebenfalls. Ich zog mir betont langsam das T-Shirt über den Kopf.
"Ja, das hat die letzte Frau, mit der ich zusammen war, auch gesagt. Sie bezog das eher aufs Lecken", meinte ich mutig. Irgendwie machte mich dieses Zeug selbstbewusster.
Sie lachte leise.
"Ja, das hast du gut gelernt. Perfektion kommt vom ständigen Üben. Dabei helfe ich dir gern. Warte."
Sie ließ den Korken knallen und trank schnell etwas von dem Sekt ab.
"Hoffe das ist okay, es sind keine sauberen Gläser in der Küche und ich bin eh ein Flaschenkind", meinte sie, als sie mir die Flasche reichte.
"Nö, das geht gar nicht", gab ich einem plötzlichen Einfall folgend zurück. Und goss ihr eine kleine Menge auf ihren recht ausgeprägten und tiefen Bauchnabel. Wartete, bis sie das Kitzeln fühlte und schleckte den Sekt dann wie eine Katze auf.
"Hey. Da wäre ich nie drauf gekommen. Voll geil."
"Das haben wir als Kinder mit Brause gemacht", gab ich zu. Trank dann doch einen Schluck aus der Pulle und reichte ihr wieder die Flasche. "Das hier allerdings nicht", kommentierte ich meinen Vorstoß zu ihrer göttlichen Pussy.
Gab ihr und mir nur einen kurzen Vorgeschmack und studierte dann ihr komplexes Tattoo auf ihrem Schamhügel.
"Was stellt das dar?"
"Es ist ein magisches Symbol. Sorgt dafür, dass bei mir immer das Feuer über das Wasser siegt", meinte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. "Und meine Möse immer gut besucht ist."
"Scheint ja zu funktionieren", meinte ich beeindruckt und schaute mir das Wunderwerk von einem Geschlecht ganz genau an. Absolut symmetrisch, wie ihr ganzer Körper perfekt.
"Sie gefällt dir, nicht wahr?", erkundigte sie sich mit sichtlicher Zufriedenheit.
"Noch nicht vollständig, dazu muss sie erst wild beim Kommen zucken."
"Na dann..."
Diese Aufforderung brauchte ich nicht. Legte ruhig und mit angemessener Ehrfurcht los. Sie brummte zufrieden und machte es sich bequem. Genoss den sanften und gesammelten Aufgalopp genau wie meinen ersten Exkurs zu ihrem Po-Loch. Sie zog ihre Beine nach hinten, damit ich besser drankam. Ja, das gefiel ihr sogar richtig gut.
Entsprechend lange hielt ich mich dort auf. Fand mich dann aber wieder im eigentlichen Zielgebiet ein. Lernte sie nun richtig kennen, ihre Reaktionen lesen. Fühlte schnell, was sie besonders mochte und was sie einfach nur hinnahm. Stellte befriedigt fest, dass sie diesmal ihre Kippen schön ließ, wo sie waren, und sich ausschließlich von mir verwöhnen ließ.
Ließ mir und ihr viel, viel Zeit, langsam in diesem Gefühl herumzutreiben, bevor ich forcierte. Ihr ruhiges, aber sehr ausgeprägtes Stöhnen stachelte mich an, gab mir das Feedback, was ich brauchte, Spürte, wie mein mittelschnelles, gleichmäßiges Züngeln sie den Höhepunkt ganz, ganz langsam herannahen fühlen ließ.
"Oh ja", kam nach langer, langer Stille von ihr eine verbale Rückmeldung. "Das machst du gut."
Das fand ich auch und es machte einen Heidenspaß. Ich erhöhte das Tempo etwas, woraufhin sie heftiger stöhnte.
"Komm für mich, mein Teufelchen", kehrte ich in plötzlicher Eingebung den Spieß vom frühen Morgen um.
In ihr Stöhnen mischte sich leichtes Gackern. Das verging ihr dann aber recht schnell. Folgsam war sie tatsächlich auch. Und ich auf den Geschmack gekommen. Ich gab ihr keine Sekunde Atempause. Leckte weiter, und weiter in dem schnelleren Tempo, das uns den Erfolg beschert hatte. Jetzt ging sie deutlich mehr ab, lag sie nicht mehr so ruhig und gelassen auf ihrem Rücken.
Wanderte sie mehr und mehr auf der Matratze, verkrallte sich in dem frischen Betttuch, das sie aufgezogen hatte. Ich konnte ihre Steigerungskurve fühlen. Als sie ganz kurz davor war, drückte ich ihr meinen Mittelfinger in den After. Und sie explodierte zum zweiten Mal. Verlangsamte mein Lecken etwas.
Sie entspannte sich und wollte gerade etwas sagen, als ich wieder voll zur Sache ging. Ihr eben noch zurückgebogener Kopf schnellte nach oben und sie starrte mich für einen Moment fassungslos an. Grinste dann kopfschüttelnd und ergab sich ihrem Schicksal und meiner Zunge.
Die deutlich härter und ausdauernder arbeiten musste, bis ein drittes Erfolgserlebnis vermeldet werden konnte. Ursprünglich hatte ich es nicht dabei belassen wollen, aber nun war meine Zunge tatsächlich müde und ich froh, als sie mich am Kopf festhielt.
"Komm her zu mir, mein Engel", forderte sie mich auf.
Ich legte mich neben sie und meinen Kopf auf ihre weichen Brüste. Sie umfing mich mit dem rechten Arm und strich mit dem der linken Hand durch mein weiterhin leicht feuchtes Haar. Ich hatte mich noch nie so geborgen gefühlt. So angenommen, so, wie ich eben war. Mich noch nie so bestätigt, wertgeschätzt gefühlt. Selbst ihr Griff zu ihrem Zigarettenpäckchen störte mich diesmal nicht.
"So lässt es sich aushalten", durchbrach sie nach einer Weile die andächtige Stille.
Ja, nicht nur aushalten, so hätte ich am liebsten den Rest meines Lebens verbracht. Eine Woche hatte sie mir bereits in Aussicht gestellt. Und Prag...
"Hast du eigentlich Hunger?", fragte sie mich, als sie ihre Zigarette ausgedrückt hatte. "Ich meine, ich merke es noch nicht so richtig, aber du hast ja schließlich keine Pillen genommen, oder?"
"Weiß nicht. Vielleicht ein bisschen."
"Hast du noch Geld? Ich habe nichts im Haus, aber hier um die Ecke ist ein Café, wo man gut frühstücken kann, gar nicht teuer."
"Ja, klar. Zur Not habe ich auch meine EC-Karte dabei, vielleicht kann man auch damit zahlen?"
"Perfekt. Ich gehe dann erstmal duschen. Wir frühstücken ganz in Ruhe was, und gehen gestärkt in die nächste Runde. Was hältst du davon?"
Ich beeilte mich zuzustimmen. Das klang himmlisch. Vor allem ein echter Kaffee reizte mich besonders. Sie verließ den Raum, kam aber schon nach einer Minute zurück.
"Gerade besetzt", informierte sie mich, legte sich zu mir und küsste mich, bis ich das Gefühl hatte, auf der Matratze in Wohlgefallen zu zerfließen.
Sie probierte dann bei mir das Sekt-im-Bauchnabel-Spiel und wir tranken im Anschluss die Flasche leer, bevor sie einen zweiten, erfolgreichen Ausflug in ihr Badezimmer unternahm. Nun war ich wirklich allein in ihrem Zimmer. Schaute mich nur kurz um, denn viel gab es wirklich nicht zu sehen.
Mehrere Reisetaschen und ein großer Rucksack, ein Regal auf dem ein paar Bücher und Schminksachen lagen, ein zweiter Spiegel, Taschentücher, leere Flaschen. Eine Frau auf der Durchreise? Hatte sie nicht gesagt, sie lebte schon länger in Deutschland? Jemanden wie sie hatte ich noch nie kennengelernt. Die hauptberuflich das Leben genoss. Und nun nebenberuflich mich.
Meine Mutter hatte mir geantwortet. Ich wäre alt genug, um zu wissen, was ich tat. Und sie wünschte mir und meiner "Freundin" eine schöne Zeit. Dahinter ein Augenzwinkern-Emoji. Na toll. Sie dachte wohl, ich hatte mich von einem Typen aufgabeln lassen.
Am liebsten hätte ich ihr geantwortet: Ja Mama, die haben wir, sie fistet teuflisch gut... Na, besser verkneifen. Ob ich vielleicht doch bald in die Verlegenheit kommen würde, ihr von meiner sexuellen Orientierung berichten zu müssen? Ihr vielleicht sogar Jara vorstellen?
Ich seufzte. Wohl eher nicht, denn das hatte Jara mit Sicherheit in ihre Warnung eingeschlossen: Sie war niemand, die eine feste Beziehung wollte. Na, aber... Die Lösung war doch ganz einfach. Sie musste sich einfach nur in mich verlieben. Einfach. Herrje. So viel Selbstvertrauen gab das Kokain nun doch nicht.
Jara kehrte aus dem Badezimmer zurück, grinste freundlich und nach kurzem Kuss gab es dann eine Spontan-Modenschau, weil sich mich mit Klamotten von ihr ausstatten wollte. Sie war nur ein paar Zentimeter kleiner als ich, so dass es nicht schwer war, etwas Passendes zu finden. Wohl aber etwas, das ihr an mir gefiel.
Als sie, das heißt eigentlich wir beide, mit dem Ergebnis vollends zufrieden waren, bekam ich als Dreingabe noch eine unbenutzte Zahnbürste. Die wohl aus einem Nachtzug stammte, wie sie verkündete. Davon hätte sie noch etliche. Zählte dann europäische Länder auf, die sie bereist hatte.
Meine Hochachtung und Faszination wuchs. Überhaupt beeindruckte sie mich von Minute zu Minute mehr. Ihre Freiheit, ihre Selbstbestimmung, ihr Selbstbewusstsein. Das Frühstück war toll, die anschließende zweite Runde besser, aber kurz. Denn langsam ließ die Wirkung des Koks nach und wir wurden herrlich müde.
Schliefen dann engumschlungen bis zum frühen Abend. Sie küsste mich wach. Noch nie war ein Aufwachen schöner für mich gewesen.
"Magst du indisches Essen? Es soll ein richtig gutes neues Restaurant allerdings ein ganzes Stück weit von hier geben. Hättest du Lust auf einen Spaziergang?"
"Ja, gern. Öhm... vielleicht sollte ich irgendwo an einen Geldautomaten vorher."
Sie schmunzelte verschmitzt.
"Nein, lass mich das diesmal machen. Ich bin echt gespannt, kenne bis jetzt nur den Inder, der vorher drin war."
Was sie damit meinte, erfuhr ich dann nach einem wirklich köstlichen Essen, einem Thali für zwei, also mit vielen unterschiedlichen Gerichten. Sie nahm mich an die Hand, steckte sich demonstrativ eine Zigarette in den Mund und ging mit mir vor die Tür. Zündete sich die Zigarette an und ging einfach weiter.
"Na, das war doch ein geiles Essen", meinte sie zufrieden.
"Öhm... wir haben doch noch nicht gezahlt?"
"Stimmt. Du brauchst deinen Schritt jetzt nicht zu beschleunigen. Ich glaube nicht, dass die uns so schnell hinterherlaufen. Selbst Schuld die Raucherecke wie beim Vorgänger um die Ecke zu platzieren", meinte sie grinsend.
Ich war sprachlos, mein Herz wummerte wie wild, aber das legte sich, als sehr schnell klar wurde, dass wir mit unserer Zechprellerei durchkommen würden. Unwohl fühlte ich mich trotzdem. Richtig war das nicht, und das Personal da war total nett gewesen.
"Was ziehst du denn für ein Gesicht? Wenn man wie ich fast immer keine Kohle hat, lernt man halt sich durchzuschlagen."
"Ich hätte doch zahlen können, so knapp bin ich nicht bei Kasse."
"Das freut mich zu hören. Dann willst du mir doch bestimmt ein paar Bier spendieren, oder? Die Kneipe dahinten ist nett, ganz tolle Atmosphäre."
Langsam bekam ich eine dunkle Ahnung, dass "böses Mädchen" nicht nur ein Spruch war. Das schreckte mich aber nicht. Im Gegenteil, es erregte mich irgendwie. Das Zusammensein mit ihr hatte schon jetzt eine Komponente von Nervenkitzel, wie ich ihn einfach nicht kannte.
Ich gab sogar Wechselgeld zurück, wenn man mir versehentlich zu viel gegeben hatte. Natürlich gingen wir in die Kneipe, die auch einen Biergarten hatte, wo wir einen der letzten freien Plätze ergatterten. Berlin im Hochsommer ist ein Erlebnis. Trotz der relativen Nähe zu Strausberg hatte ich nur wenige Abende mit Freunden hier auf einer Kneipentour verbracht.
Wir hatten in Strausberg auch Angebote und ich war ohnehin nicht so ausgehfreudig gewesen. Jetzt aber sog ich die fantastische Atmosphäre begeistert ein. Das vielsprachige Stimmengewirr, Gelächter, exotische, exzentrische und schöne Gestalten. Trank Bier und Korn mit der Frau, die mich immer mehr von den Füßen fegte, mit jeder Minute interessanter und unwiderstehlicher wurde.
Nur die ersten zwei Runden zahlte ich, dann setzten sich zwei amerikanische Touristen an unseren Tisch und hielten uns für den Rest des Abends frei. Jara war echt unglaublich. Sie kam einfach so durch, bekam alles, was sie wollte. Einer der jungen Männer kaufte ihr sogar eine Schachtel Zigaretten, als ihre alle waren.
Natürlich rechneten sie sich irgendwas und zogen uns mit ihren Augen am Tisch aus. Wir flirteten nicht einmal mit ihnen, das fiel ihnen allerdings gar nicht auf. Ihre Hoffnungen zerstörte Jara gegen zwei Uhr morgens, als sie mich von meinem Stuhl hochzog, umarmte und lange küsste.
"We're gonna split, lads. I've got to fuck this little bitch now, you know. Thank you for this lovely evening and enjoy the rest of your stay in Berlin. Bye bye now", kriegten die beiden verblüfften Typen zum Abschied zu hören und dann machten wir uns kichernd vom Acker. Little bitch. Aber hallo.
Weia, ich war ganz schön betrunken. Und überglücklich. Energiegeladen, wie unter Strom stehend. Jede Minute mit dieser Frau war ein Abenteuer, ein Ausbruch aus allem was ich kannte, ein Sturz in ein neues und erregendes Erleben. Wir flogen förmlich Arm in Arm zu ihrem Haus zurück. Der lange Spaziergang war nicht nur zureichend ausnüchternd, sondern ein einmaliges Erlebnis.
Himmel. Das war der Himmel. Nicht über, sondern mitten in Berlin.
***
Wir nahmen keinerlei Drogen in den nächsten Tagen. Wir hatten eine neue Droge gefunden. Uns. Und ich war schon nach wenigen Tagen süchtig. Nicht nur nach ihr. Nach diesem Uns. Und den Kicks, die wir uns verschafften.
"Wie findest du das?", fragte Jara und hielt ein einteiliges schwarzes Kleid hoch.
"Nichts für mich. Dir könnte es stehen."
"Meinst du? Hm. Nur vierhundertfünfzig Euro. Fast geschenkt. Vielleicht ist gerade Ausverkauf."
"Zieh es doch mal an."
Die Verkäuferin musterte uns mit wenig Zuneigung und einer gehörigen Portion Misstrauen. Dass diese edle Boutique nicht unsere Kragenweite war, war offensichtlich. Dabei gab es sicherlich Diebstahlsicherungen, die nicht so einfach zu umgehen waren. Dennoch machte sie gute Miene zum bösen Spiel und deutete auf die Kabinen.
Jara lächelte und machte sich auf den Weg, zog mich an ihrer Hand mit ihr. In der Kabine küssten wir uns. Sie zog sich komplett aus und das Kleid über, besah sich kritisch im Spiegel.
"Hm, ich weiß nicht. Bisschen nuttig, findest du nicht?"
"Wovon redest du? Sitzt wie eine zweite Haut, bringt deinen geilen Körper total gut zur Geltung. Du siehst umwerfend darin aus."
"Mal hören, was die Fachfrau sagt. Was meinst du, Mädel?", sprach sie nach dem Zurückziehen des Vorhangs die Verkäuferin an, die sich tatsächlich in unmittelbarer Nähe der Kabine postiert hatte. Es waren keine weiteren Kunden im Laden.
Sie lief rot an und biss sich auf die Lippe.
"Es steht Ihnen gut. Da hat Ihre Freundin ganz recht."
"Ist aber ganz schön kurz. Da kann man doch sicher meine Möse sehen, wenn ich mich vornüberbeuge, oder?", wollte sie wissen und tat eben dies. Natürlich trug sie wieder kein Höschen.
Die Verkäuferin schnappte nach Luft. Ich sprang ihr bei.
"Ja, und seit wann ist das ein Problem?"
Jetzt hatte die Verkäuferin ihre Fassung wiedergefunden und zischte wie eine Schlange.
"Sind Sie denn wahnsinnig? Bedecken Sie sich gefälligst und verlassen Sie sofort den Laden, oder ich rufe die Polizei."
"Und erzähl ihnen was? Dass du dich heimlich zu unserer Kabine geschlichen hast, damit du meiner Freundin auf die Möse schauen kannst, du Drecksstück? Verdammte Spannerin, vielleicht sollte ich die Bullen rufen", drehte ich den Spieß um.
Der Verkäuferin fiel die Kinnlade herunter.
"Lass sein Engelchen, schau sie dir doch an, das ist bestimmt ihr einziges Vergnügen."
"Ich... das ist doch... Sie unverschämte Person...", blubberte die Frau, deren Gesichtsfarbe wie eine Ampel von blass auf zornesrot schaltete.
"Komm, ich zeig dir auch den Rest", meinte Jara gelassen und zog sich das Kleid über den Kopf und warf es mir zu.
"Sie sind doch... das ist doch... sofort... ziehen Sie sich sofort etwas über... ich rufe die Polizei..."
"Du magst Frauen, nicht wahr? Komm, wir leben im 21. Jahrhundert. Ich gefalle dir, nicht wahr? Mach doch nicht so ein Drama draus. Du kannst mir ruhig weiter auf meinen Körper schauen. Macht dich das geil?"
"Sie ziehen sich unverzüglich an und verlassen meinen Laden", schrie sie nun fast.
"Verklemmte Schnepfe, nun mach mal nicht so einen Hermann. Dann eben nicht."
Zog sich aufreizend langsam an und kam zur Tür, wo ich bereits auf sie wartete.
"Saftladen!", verkündete sie noch und hob ihren Mittelfinger zum letzten Gruß, bevor wir den Laden verließen. Und zu mir: "Hey, das war lustig."
"Genau. Und jetzt renn", gab ich zurück, als wir den sichtbaren Schaufensterbereich passiert hatten.
Ihre Verblüffung war ihr anzusehen, aber sie ließ sich willig von mir an die Hand nehmen und rannte mit mir die Straße runter. Wir sprangen in einen Bus, der gerade hielt. Mit zitternden Fingern zahlte ich unsere Tickets. Atemlos ließen wir uns auf Sitze im hinteren Teil des Busses fallen.
"Erklärst du mir jetzt mal...", setzte sie an, stoppte aber in maßloser Verblüffung, als ich das Kleid unter meinem T-Shirt hervorzog. "Verdammt. Wie hast du das gemacht? Es gab gar keinen Alarm?"
"Nun, während sie damit beschäftigt war, wegen deines Anblicks einen Herzinfarkt zu bekommen, bin ich hinter den Tresen und hab die Diebstahlsicherung entfernt. War ganz leicht. Meine Tante hat früher in so einem Laden gearbeitet", kostete ich meinen Triumph aus.
"Eh, Mädel", brachte sie noch hervor, dann schlang sie ihre Arme um mich und küsste mich wild. Oh mein Gott. Das war es wert gewesen. Dass ich vor Angst fast gestorben war. Bis zuletzt nicht sicher war, ob das die einzige Sicherung war, die ich entfernt hatte.
"Du bist ein böses Mädchen", hauchte sie mir ins Ohr. Oh, wie glücklich mich das machte. "Aber ein dummes Mädchen. Da gab es bestimmt Kameras in dem Laden."
"Glaub ich nicht. Und wenn? Meinst du wegen so einem kleinen Ladendiebstahl machen die Bullen ein Fass auf? Hängen Steckbriefe aus? Oder bist du irgendwo in einer Verbrecherkartei?"
Ihre Augen funkelten gefährlich.
"Hier in Deutschland nicht."
"Aha?"
"Nicht hier, nicht jetzt. Wohin fährt der Bus eigentlich?"
"Keine Ahnung, spielt das eine Rolle?"
"Nö, aber lass uns aussteigen. Die Bewegung hat mich hungrig gemacht. Wir gehen was Schönes essen. Ich lad dich ein."
Lachend drückte ich den Signalknopf. An diesem Abend dachte ich nicht weiter über meinen verrückten Stunt nach. Dazu ließ sie mir gar keine Zeit. Nach einem vorzüglichen Essen setzten wir uns eine Weile an den Kanal und schmusten. Die Sonne ging langsam unter, aber es waren immer noch hunderte Leute dort.
Nicht weit von uns spielte ein südamerikanisch aussehender Poser mit einer schrecklich behaarten Brust sehr schön Gitarre. Wir hatten im Restaurant hervorragenden Wein getrunken und tranken nun etwas, was mindestens fünf Klassen darunter anzusiedeln war. Na ja, diesen hatten wir halt auch zur Abwechslung mal bezahlt.
"Woran denkst du?", fragte ich die abwesend rauchende Frau, die mich so unbeschreiblich glücklich machte.
"An Prag. Wenn wir günstige Tickets kriegen wollen, müssten wir bald buchen."
"Du willst mich wirklich mitnehmen?"
"Habe ich doch gesagt. Prag ist einmalig. Es wird dir gefallen."
"Und... du möchtest deinen Vater besuchen?"
"Nein. Vielleicht mal zum Essen treffen, wenn er überhaupt in Prag ist. Er ist Maler und ist viel auf Achse, Ausstellungen, aber er restauriert auch, oder macht Kopien für Museen und so etwas. Er wusste noch nicht genau, ob er da ist. Wir können aber in unserem alten Haus übernachten. Er hat jetzt eine Freundin, und mit ihr zusammen eine Wohnung in der Innenstadt."
"Echt, ein Maler? Klingt interessant. Ihr kommt gut zurecht?"
"Er nimmt mich so, wie ich bin. Wegen der Tickets... es gibt ein kleines Problem. Ich kann nicht online buchen, weil ich kein Bankkonto habe."
"Mache ich, kein Problem."
"Nun..."
"Verstehe schon. Ich habe sicher noch genug auf dem Konto, wenn es nicht zu teuer ist. Was meinst du, wieviel die kosten?"
"Mit den tschechischen Direktzügen vielleicht für jeden unter hundert hin und zurück. Wenn man über Dresden mit der Bimmelbahn fährt und so weiter, kann es noch günstiger werden, aber ich mag es nicht, so die Grenze zu überqueren. Da muss man zigmal umsteigen."
"Ja, das ist überhaupt kein Problem. Ich habe bestimmt noch fünfhundert auf dem Konto."
"Ich gebe es dir zurück, wenn wir wieder in Berlin sind. Oder vielleicht drückt mir mein Vater ein paar Scheine in die Tasche, wenn wir ihn tatsächlich treffen. Dann schon in Prag."
"Mach dir doch um so einen Scheiß keine Gedanken."
"Zur Not kann ich immer noch welche von meinen Klamotten verkaufen. Ich habe ein geiles Designer-Kleid, brandneu, Interesse? Nur fünfhundert, weil du es bist."
"Untersteh dich, das Ding zu verkaufen. Ich will dich darin noch oft sehen, vor allem, wenn du dich vornüberbeugst."
"Überzeugt. Lass uns langsam abdampfen, hier sind mir zu viele Mücken."
"Warte noch. Wann willst du fahren?"
"Weiß nicht... Sonntag?"
"Direktzüge... Nachtzug?"
"Nee, das sind die mit Umsteigen und Wartezeiten, und dann sind wir zehn Stunden unterwegs. Die besten und günstigsten fahren frühmorgens."
"Ja, fünf Uhr morgens. Oh Gott, das ist brutal früh."
"Ja, so früh aufstehen geht nicht, klar. Wachbleiben ist der Trick."
"Zurück am folgenden Sonntag, am frühen Vormittag?"
"Die sind etwas voller, aber ja."
Ich bestätigte die Buchung auf meinem Handy.
"Dann auf nach Prag."
"Du hast gebucht? Mein Engel. Du wirst es nicht bereuen, das verspreche ich dir."
"Ich müsste nochmal nach Hause, Klamotten und meinen Pass holen, meinen Eltern erklären, was ich vorhabe und so. Du kommst natürlich mit."
"Du willst mich deinen Eltern vorstellen?"
"Ja und, deinen Vater lerne ich doch wohl möglicherweise auch kennen, oder? Außerdem sind sie dann wahrscheinlich beruhigter, wenn sie wissen, dass ich nicht mit irgendeinem komischen Typen, sondern tatsächlich mit einer Frau unterwegs bin."
"Okay. Jetzt lass uns aber los. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich dir bin. Aber ich zeige es dir heute Nacht. Bis du um Gnade winselst."
Es war kein Spruch. Das wusste ich schon in diesem Moment, war die Erfahrung der letzten Tage und Nächte. Mittlerweile war ihr Fisten sehr lebhaft geworden. Sehr, sehr lebhaft. Nun, das würde ich ihr bald heimzahlen. Eine erste Unterrichtsstunde lag bereits hinter mir.
Ich erwachte am Spätvormittag ausnahmsweise einmal vor ihr. Ich hatte leichte Kopfschmerzen, wahrscheinlich von der zweiten Weinflasche am Kanal. Jara hatte sich zur anderen Seite gedreht und schlief noch fest. Was für eine Nacht. Was für eine irre Zeit mit ihr. Was für Veränderungen, in meinem Leben, aber auch in mir.
Erst in diesen Momenten wurde mir klar, was ich da am Vortag eigentlich getan hatte. Was hätte passieren können, wenn wir, oder in diesem Fall ja hauptsächlich ich, erwischt worden wären. Wie sehr das alles konträr zu meiner Erziehung und dem, was ich bisher als meinen Charakter verstanden hatte, lief.
Die Angie von vor einer Woche wäre vor Scham und Gewissensbissen am liebsten in den Boden versunken. Die Angie von heute war davon weit entfernt, fühlte sich frei und stark. Unbesiegbar. War glücklich über den Respekt und die Dankbarkeit ihrer Geliebten.
Das wog vieles, wenn nicht sogar alles auf. Und wenn schon, und wenn sie uns irgendwann einmal bei irgendeiner kleinen Dummheit erwischten, das war kein Weltuntergang. Es war es wert. Jara war es wert. War alles wert. Zur Not gab es schließlich meinen Vater.
Ich musste grinsen. Das war so typisch für sie. Lud mich nach Prag ein und hatte nicht einmal Geld für ein Ticket. Verließ sich einfach darauf, dass es irgendwie klappen würde. Ich war mir sicher, dass sie einen Weg gefunden hätte, wenn ich kein Geld gehabt hätte. Was für eine abgefahrene Frau.
Natürlich hatte ich mich mittlerweile in sie verliebt. Und mit jedem Tag, den wir zusammen waren, wuchs die Hoffnung, dass es ihr ähnlich ging. Es fiel mir unglaublich schwer, es nicht auszusprechen. Ihr nicht diese drei süßesten Worte dieser Welt ins Ohr zu flüstern, gerade wenn sie mich mal wieder in den Himmel befördert hatte.
"Schon wach?", drang ihre Stimme in meine Gedanken.
"Ja. Und trotzdem noch am Träumen", gab ich meinen Gefühlen zumindest indirekt Ausdruck und küsste sie.
"Warum träumen, wenn wir wach sein können? Mmmh. Mir ist nach Frühstück", verkündete sie und tauchte unter die Decke ab. Oh ja. Ja, ja, ja, ja, ja. Jara.
***
"Nach Prag?", fragte meine Mutter verblüfft.
"Ja, Prag. Jaras Vater besuchen", berichtete ich.
Der Blick meiner Mutter wanderte zurück auf Jara, als versuchte sie von ihrem Aussehen zu schließen, ob das eine gute oder schlechte Idee war. Sie war schon von der Tatsache überrascht worden, dass ich tatsächlich die Zeit mit einer Freundin verbracht hatte. Ahnte sie vielleicht sogar ansatzweise wie? Ihre Blicke waren eigenartig.
Mein Vater war noch nicht da, war noch bei der Arbeit. Jara sprang mir bei.
"Prag ist herrlich im Sommer, es wird Angie bestimmt gut gefallen. Ich werde ihr die ganze Schönheit der Stadt zeigen, nicht nur die Touristenecken. Und vieles mehr. Na ja, was in einer Woche eben geht."
"Ihr Deutsch ist ganz hervorragend, Sie leben also schon eine ganze Zeit hier?"
"Ach Mama, hörst du vielleicht mal auf, Jara zu siezen?"
"Ja, mehrere Jahre, mit Unterbrechungen. Und das wäre mir auch lieber, wenn wir uns duzen."
"Natürlich. Willst du noch einen Kaffee? Bitte tu mir den Gefallen, ich weiß gar nicht, warum ich so viel gekocht habe. Du auch noch, Angie?", wurde ich befragt, als Jara nickte.
"Gerne."
"Na, dann wünsche ich euch viel Spaß dort. Ich bin ganz ehrlich, als Angie mir geschrieben hatte, dass sie bei einer Freundin in Berlin wäre, habe ich es nicht geglaubt. Sondern auf einen Mann getippt."
"Ja, das hatte sie mir erzählt", kam Jaras grinsender Kommentar.
War es ihr Grinsen, was meine Mutter auf die richtige Spur brachte?
"Was nur zeigt, wie wenig ich über meine Tochter weiß. Obwohl sie wissen sollte, dass sie mit mir über alles sprechen kann."
Uff. Ich wechselte einen schnellen Blick mit Jara. Die schmunzelte vergnügt. Was jetzt? Offizielles Coming-Out? Mir wurde ganz schön mulmig, hielt dem auffordernden Blick meiner Mutter nur mit Mühe stand.
"Bis jetzt gab es da noch nicht viel, wovon ich hätte berichten können", hörte ich mich sagen. Mein Herz schlug bis zum Hals.
Sie nickte und schaute mich sanft und verständnisvoll an.
"Dann freut es mich, dass sich das jetzt geändert hat."
Oh Mama. Du bist die Beste. Ich atmete innerlich auf. Aber...
"Tust du mir den Gefallen und sagst Papa erstmal nichts davon? Das... würde ich gerne irgendwann mal in Ruhe tun."
"Natürlich. Wenn er nicht ebenfalls von selbst auf die Idee kommt. Man kann dir ansehen, wie glücklich du bist, Kind."
Das stimmte wahrscheinlich. Jara schaute mich amüsiert an, hielt sich aber zurück. Machte schon die ganze Zeit auf artiges Mädchen. Gott sei Dank. Und dann kam die Frage, vor der ich mich gefürchtet hatte.
"Und Jara, was machst du beruflich?"
"Ich habe Kunst studiert, bin aber momentan von Gelegenheitsjobs abgesehen arbeitslos. Ich reise sehr gern und viel."
Zu meiner Überraschung nickte meine Mutter erfreut.
"Ja, das sollte man tun, bevor man Verantwortung und Verpflichtungen in seinem Leben hat. Solange man jung ist. Das machst du ganz richtig. Wo bist du denn schon überall gewesen?", fragte sie neugierig.
Und hörte ähnlich atemlos wie ich zuvor von ihren bisherigen Stationen.
"Mein nächstes Ziel wäre Marokko. Davon schwärmen viele Bekannte von mir. Wenn alles klappt, vielleicht noch dieses Jahr."
Das war mir neu, das hatte sie mir noch nicht erzählt. Hm, konnte sich nicht einmal Tickets nach Tschechien leisten, und dann Marokko? Ihr Zusatz und ein kurzes Augenzwinkern löschte dann aber nicht nur diese Frage aus, sondern elektrisierte mich.
"Vielleicht ja auch nicht alleine."
"Alles ist schöner zu zweit", gab meine Mutter schmunzelnd bekannt.
"Selbst Packen", nutzte ich die Gelegenheit, uns aus diesem Gespräch zu ziehen und mit ihr in meinem Zimmer allein sein zu können. Den Kaffee hatten wir ausgetrunken. Es kam kein Protest meiner Mutter.
"Na, läuft doch", meinte Jara befriedigt, als wir in meinem Zimmer angekommen waren.
"Fast zu leicht. Ich glaube es gar nicht. Dass mein Coming-Out so und vor allem so locker über die Bühne gehen würde."
Jara entgegnete nichts und schaute sich in meinem Zimmer um. Das war mir leicht peinlich, weil es noch in dem Zustand vor meinem Auszug war und daher wie ein Teenie-Zimmer wirkte. Inklusive Pferde-Bildern an den Wänden und Bilder-Collagen von meinem Freundeskreis.
"Deine Mutter ist halt gut drauf. Beneidenswert. Wie ist dein Vater?"
"Ein ganz ruhiger, gelassener Typ. Aber Vorsicht, wenn er in Form ist, hat er eine spitze Zunge. Und kann dich mit drei, vier Fragen aufs Glatteis führen. Von Berufs wegen. Er ist Anwalt."
"Wie praktisch ist das denn, Anwalt gleich in der Familie... kann man immer gut gebrauchen."
"Hilfst du mir, passende Klamotten rauszusuchen? Und nebenbei, hast du echt Kunst studiert?"
"Ja. Ganze drei Semester. Kunst und Kunstgeschichte. Sterbenslangweilig. Weiß nicht mehr, warum ich es angefangen hatte. Vielleicht, um meinem Vater zu gefallen."
"Malst du auch?"
"Nur noch mit meiner Zunge auf schönen Frauenkörpern. Das Top ist hübsch. Das musst du mir mal leihen."
"Sicher. Ja, da bist du eine begnadete Künstlerin."
"Eh, du hast echt geile Klamotten. Wow. Hier, das muss auch mit."
"Und... Marokko?"
"Ist schon länger fällig. Hast du Lust?"
"Machst du Witze? Aber..."
"Der Wille zählt, alles andere findet sich. Auch Kohle und Zeit. Ich wollte mit dem Vorschlag eigentlich bis nach der Prag-Reise warten", holte sie mich ab, bevor ich meine Bedenken ausgesprochen hatte.
Ich zog sie an mich und küsste sie, ruhig, zärtlich, sanft.
"Hm... deine erste Frau hattest du in Heidelberg... das heißt, hier hast du noch niemals...", hauchte sie in mein Ohr.
Oh. Wie wahr. Oh. Wie im Begriff, Vergangenheit zu werden.
Sie berührte mich zunächst nicht. Stand nur ganz dicht bei mir und atmete in mein Ohr. Ich schloss meine Augen. Fühlte, wie sich ganz langsam mir näherte. Ihre verhärteten Brustwarzen sich knapp unterhalb von meinen gegen meine Brüste drückten. Ihr Körper dann langsam nach unten rutschte.
Ihre Hände meinen, beziehungsweise ihren geborgten Rock, in die Höhe schoben. Sie den Slip herunterzog. Und wieder nur atmete. Ihren heißen Atem auf mein nun bereits mehr als nur erwachtes Geschlecht blies. Sekunden, die zur Ewigkeit wurden. Dann fühlte ich ihre Zunge, dort, wo sie voller Sehnsucht erwartet wurde.
Drückte mit ihrer Stirn gegen meinen Unterleib, während sie mich leckte, so dass ich zurückweichen musste. Machte die Bewegung mit. Ein paar Zentimeter rückwärts, wieder mehr Druck, ein weiteres Zurückweichen. Immer weiter. Dann fühlte ich bereits die Bettkante an meinen Kniekehlen.
"Fallen lassen", kam ihre Anweisung, als sie kurz von mir abließ.
Die ich sofort befolgte, sogar die Arme ausbreitete, als ich weich auf meinem Bett landete. Dann meine Beine anwinkelte, um ihr den Zugang so bequem wie möglich zu machen. Den sie sofort nutzte, aber ganz anders als sonst. Kein wildes Lecken mit Fingerunterstützung, wie es sonst ihre Art war. Eigentlich kopierte sie meinen Stil.
Alles Erwägungen, die angesichts der Schönheit und Intensität der Gefühle bedeutungslos wurden. Denen ich mich einfach hingab. Ihr hingab. Oh mein Gott. Das Teufelchen ließ mich die Englein singen hören, selbst mit dieser sanften, ruhigen Fahrt. Ich fühlte schon das langsame, aber unaufhaltsame Steigen der Erregungskurve, als es klopfte.
Verdammt, verdammt, verdammt. Ich öffnete irritiert meine Augen. Sah zunächst Jaras fragenden Blick. Ob sie vielleicht trotzdem weitermachen sollte. Ich musste kichern und schüttelte den Kopf. Zog blitzschnell den Rock runter, und den Slip hoch, bevor ich mit "Ja?" auf das Klopfen reagierte. Jara setzte sich grinsend und gemächlich aufs Bett.
Meine Mutter erfasste die Situation trotzdem mit einem Blick und errötete leicht.
"Ich wollte nicht stören... es ist nur... Papa ist gerade in die Garage gefahren", informierte sie uns und kam dann zögernd näher zum Bett. "Er muss ja nicht alles wissen. Hier, für eure Reise."
Und steckte mir einige Scheine in die Hand.
"Außerdem, ihr bleibt doch hoffentlich zum Essen?"
Das hatten wir eigentlich nicht vorgehabt. Wir tauschten einen schnellen Blick. Jara nickte andeutungsweise. Sie schien die kleine Peinlichkeit zuvor weiterhin köstlich zu amüsieren. Selten hatte ich ihre Augen so lachen sehen.
"Danke Mama. Ja, klar, machen wir."
"Dann will ich mal mit dem Kochen anfangen. Du isst doch hoffentlich Fleisch, Jara?"
"Mit dem größten Vergnügen sogar", gab sie zurück. Den Doppelsinn verstand meine Mutter zum Glück nicht. Beeilte sich, sich zurückzuziehen. Machte die Tür artig wieder zu, verkniff sich aber jeden Spruch.
"Deine Mutti ist lustig", meinte Jara grinsend. "Und großzügig."
"Na, sie hat sicher nicht damit gerechnet, dass ihr so ein peinliches Erlebnis widerfahren würde, nachdem sie meine Teenie-Jahre völlig unbeschadet überstanden hat. Und... wow, das sind zweihundertfünfzig Euro... ich fass es nicht."
"Soll ich jetzt weitermachen?"
"Ich weiß nicht. Nee, lass mal, jetzt ist auch mein Vater unten. Ich war schon kurz vorm Lautwerden... Aber das war trotzdem das schönste Erlebnis, das ich je in diesem Zimmer gehabt habe..."
Sie nickte und küsste mich noch eine Weile. Dann machten wir uns wieder an die Auswahl der Klamotten und das Packen meines Rücksacks.
Mein Vater war von Jara genauso eingenommen wie meine Mutter. Und hielt sich trotz bester Laune mit Sprüchen zurück. Er interessierte sich für Kunst und schon führten die beiden das Tischgespräch fast alleine während des Abendessens. Als sie dann ihren Vater erwähnte und seinen Namen nannte, wurde er richtig aufgeregt.
Nach dem Essen ging er sofort an seinen Bücherschrank und zog einen großen Bildband mit zeitgenössischen Malern heraus. Während wir noch meiner Mutter beim Abräumen halfen, zeigte er uns ein Bild, das Jaras Vater gemalt hatte. Wow, das war allerdings echt total gut.
"Ja, das ist eines seiner älteren Werke. Dieses Motiv hat er in etlichen Variationen immer und immer wieder gemalt. Ein paar davon wirst du im Haus sehen, die lagern da noch im Atelier", informierte sie mich.
"Kannst du die fotografieren? Ich meine... wäre das okay?", fragte mein Vater Jara, die mit den Schultern zuckte.
"Ich wüsste nicht, warum nicht. Kann ihn aber zur Sicherheit nochmal fragen."
Das schien ihn glücklich zu machen. Meine heimliche Befürchtung, auch ihm gegenüber noch ein Coming-Out haben zu müssen, bewahrheitete sich nicht. Wir blieben allerdings nicht mehr lange. Von Strausberg aus fuhr die S-Bahn nur alle halbe Stunde nach Berlin, und eine ließ sich mit etwas Eile gerade noch kriegen.
Mein Vater nahm mich nochmal kurz zur Seite.
"Du hast doch sicher nicht mehr viel auf deinem Konto? Keine Sorge, ich kümmere mich drum. Freu dich auf Prag... dort war ich als Student einmal, noch bevor ich deine Mutter kennenlernte. Amüsiert euch, ihr zwei. Und vergiss die Fotos nicht, wenn ihr Vater nichts dagegen hat."
***
Ja, mein Vater hatte sich gekümmert. Zwei Tage später hatte ich tausend Euro mehr auf dem Konto. Damit hatte ich allerdings nicht gerechnet. Dazu die zweihundertfünfzig von meiner Mutter...
"In Prag werden wir fast kein Geld brauchen", meinte Jara noch, die beeindruckt schien. "Aber das macht Marokko immer wahrscheinlicher."
"Ach so, du kennst da alle wirklich günstigen Restaurants?"
Sie schüttelte den Kopf und wurde plötzlich sehr ernst.
"In Prag halten wir uns zurück. Keine unüberlegten Sachen. Nein, ich habe viele Freunde, von denen wir einige besuchen sollten."
Da war etwas, was sie mir nicht sagen wollte, das spürte ich ganz genau. Sie sah meinen fragenden Blick.
"Ich erkläre es dir dort, okay?"
Natürlich war es das. Das war der Samstag. Sie hatte tatsächlich einen kleinen Rest Koks gebunkert, den wir zum Wachbleiben nutzten. Die Art, wie wir uns die Wartezeit vertrieben, führte dann allerdings doch dazu, dass wir etwas zu spät das Haus verließen. Wir rannten die Rolltreppen im Hauptbahnhof runter und kriegten den Zug gerade noch so.
Bis Dresden hatten wir das Abteil ganz für uns allein und schliefen ein wenig aneinander gekuschelt. Dann kam ein älteres Paar hinzu, das sich laut auf Tschechisch unterhielt und uns keines Blickes würdigten. An der Grenze gab es eine kurze Passkontrolle. Ich war völlig übermüdet und reichte nur mechanisch meinen Pass, als mich Jara angestoßen und so aufgeweckt hatte.
Der Zöllner warf nur einen kurzen Blick auf unsere Papiere und gab sie uns zurück. Als er das Abteil verließ, atmete Jara tief durch. Erst als das Paar an der nächsten Station, die schon die letzte vor Prag war, ausstieg, sprach ich sie darauf an.
"Du hattest Schiss vor der Passkontrolle? Was mit deinen Papieren nicht in Ordnung?" "Doch, die sind okay. Aber ich... erkläre es dir in Prag."
Ich krauste enttäuscht meine Stirn. Vertraute sie mir nicht? Sie seufzte. Setzte schon zum Sprechen an, als sich doch noch ein an der letzten Station zugestiegener Fahrgast in unser Abteil zwängte. Zwängte, weil es ihm ob seines enormen Leibesumfangs schwerfiel, durch die Türen zu gelangen.
Ich half ihm, seinen großen Koffer in der oberen Ablage zu deponieren, wofür er mir zunächst auf Tschechisch und dann auf Deutsch dankte, als er mitbekam, dass ich ihn nicht verstand. Es dauerte eine Weile, bis er wieder richtig zu Atem kam, aber dann zog er uns in ein Gespräch.
Er war ein richtig lustiger Vogel, der auf dem Weg zur Hochzeit seiner Nichte war. Neben seinen witzigen Anekdoten teilte er auch sein Frühstück aus einem prallgefüllten Stoffbeutel mit uns. Was uns freute, denn wir hatten durch unser spätes Eintreffen am Bahnhof uns nicht wie geplant dort eindecken können und schoben beide Schmacht.
Dankbar halfen wir ihm dann seinen Koffer in Prag herauszutragen, denn es war für ihn sogar in den schmalen Gängen schwierig, sich zu bewegen. Prag. Ein strahlend blauer Himmel empfing uns, aber außer ein paar vagen Eindrücken von der Gegend vor dem Bahnhofsgebäude, wo Jara erst einmal zwei Zigaretten rauchen musste, um für die über fünfstündige Pause zu kompensieren, gab es nicht.
Sie erklärte, dass das Haus ihres Vaters etwas außerhalb lag. Also ging es zunächst mit der U-Bahn weiter, wobei mir die Fahrt relativ kurz vorkam und dann mit dem Bus. Auch nur zwei Stationen, der anschließende Fußmarsch in eine wirklich ruhige und sehr grüne Ecke der Stadt nahm vielleicht noch zehn Minuten in Anspruch.
Es ging zum Schluss etwas bergauf, was nicht nur nach der langen Reise anstrengend war, sondern sogleich mit einem ersten Panoramablick auf die Stadt entschädigte, kurz bevor wir am Haus ankamen. Das sah sehr schmuck, aber auch etwas heruntergekommen aus. Große, hohe Türen, denen deutscher Altbauten nicht unähnlich.
Jara dirigierte mich zunächst durch eine charmante Echtholzküche in den anliegenden Garten, da sie noch eine weitere Zigarette rauchen wollte. Der Garten war beeindruckend und vermittelte den Eindruck, wild und gleichzeitig doch irgendwie gepflegt zu sein. Sie klärte mich auf, dass wohl der Mieter in der oberen Wohnung sich darum kümmern würde.
"Willst du einen Kaffee, oder nochmal richtig frühstücken? Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Vater Lebensmittel für uns eingekauft hat."
"Nee, ich bin eigentlich nur müde und immer noch pappsatt von dem, was Jiri uns da alles aufgedrängt hat. Schlafen wir in deinem alten Zimmer?"
"Nein, das war in der oberen Wohnung, als wir hier noch als Familie gewohnt haben. Hier unten ist das Atelier, die Küche, das alte Schlafzimmer meiner Eltern und ein Lagerraum. Mein Vater war sehr pragmatisch. Für ihn hieß es früher Schlafzimmer, Küche, Atelier, Küche, Atelier, Küche, Atelier, Schlafzimmer. Oben im Wohnzimmer war er eigentlich fast nie."
"Es ist wunderschön hier."
Sie nickte. Und es war erstaunlich still, kein Auto war zu hören, nur in der Ferne hämmerte und sägte irgendjemand ab und zu. Jara drückte ihre Zigarette aus und nahm mich an die Hand. Zeigte mir noch kurz das Atelier, in dem zig Gemälde halb abgedeckt lagerten und dann gingen wir in das Schlafzimmer. Wo wie in Berlin eine große Matratze auf dem Boden lag, darauf ein Stapel frischer Bettwäsche.
Auch in diesem Zimmer lagerten etliche Gemälde und an der Wand hing tatsächlich eine Variation von dem Bild, das uns mein Vater in dem Bildband gezeigt hatte. All das waren aber Randnotizen, denn wir sanken beide nur noch auf das Bett, kuschelten uns aneinander und schliefen rasch ein.
Als ich erwachte, fand ich mich allein auf der Matratze wieder. Ich versuchte mich zu orientieren, rannte versehentlich in den Lagerraum und fand dann die Küche. Tatsächlich waren die Flügeltüren zum Garten geöffnet und Jara kam vom hinteren Ende des Gartens gerade wieder zur Terrasse zurück.
Sie wirkte irgendwie aufgekratzt, als sie mich begrüßte.
"Na, was ist denn mit dir? So happy, wieder hier zu sein?"
"Hier fängt mein neues Leben an", gab sie kryptisch bekannt. "Merk dir Janka."
"Häh?"
"Später. Aber jetzt erstmal frühstücken, oder? Oder willst du erst duschen? Hier gibt es einen funktionierenden Boiler."
"Nee, aber ich müsste mich mal aufs Klo setzen. Wo ist das hier?"
Sie zeigte es mir und bereitete das Frühstück vor. Ihr Vater hatte tatsächlich fett eingekauft und der wunderschöne große Holztisch bog sich fast von der Last. Leckeres tschechisches Landbrot, Wurst und Käse, dazu vier verschiedene Marmeladen, Honig und echte Butter. Hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gegessen, immer nur Margarine.
Dazu echter Kaffee, in einer italienischen Kaffeekanne gekocht.
"Was war das nun, mit dem neuen Leben?"
"Meine neuen Papiere sind da, Pass und Ausweis, Sozialversicherungsnummer, sogar eine Geburtsurkunde. Ab jetzt heiße ich Janka Horvoka."
Ich traute meinen Ohren kaum.
"Was meinst du, neue Papiere?"
"Was ist daran so schwer zu kapieren? Eine neue Identität. Was normalerweise ein kleines Vermögen in dieser Güte kostet."
"Nein, das habe ich schon verstanden, aber warum? Erklärst du mir jetzt, warum du an der Grenze durchgeatmet hast?"
"Och Angie, stehst du auf der Leitung? Weil ich hier gesucht werde, natürlich. Hätte mich der Zöllner durchs System gejagt, wärst du alleine weitergefahren, verstehst du?"
"Weshalb?"
Sie grinste sardonisch.
"Die Liste ist lang. Gefährlich lang. Ich bin ein böses Mädchen."
"Komm, keine Sprüche jetzt", gab ich aufgebracht zurück. Warum hatte sie mir das nicht vorher alles gesagt?
Sie rollte mit den Augen. Schmierte sich dann in aller Seelenruhe ein weiteres Brot.
"Drogendelikte. Bankraub. Illegaler Waffenbesitz. Schwere Körperverletzung, wobei die Anklage auf versuchten Mord lauten würde. Dazu jede Menge Kleinzeugs. Noch Fragen?"
Nein, in diesem Moment entwichen alle Fragen aus meinem Kopf. Wie vermutlich ebenso alles Blut. Sie kaute genüsslich an ihrem Honigbrot und schaute mich nonchalant an, als ob sie mir gerade unser Nachmittagsprogramm angesagt hatte.
"Probiere mal die Salami, die ist echt lecker. Die holt mein Vater immer von einem Bauer, ungefähr vierzig Kilometer von hier. Die Eier sind wahrscheinlich auch von dort, hatte jetzt nur keine Lust welche zu kochen."
Ich echote das gerade Gehörte, was in meinem Kopf keinen Sinn ergeben wollte.
"Versuchter Mord?"
"Ich habe auf einen Polizisten geschossen, der zufällig in der Bank war und den Helden spielen wollte. Er hat es ja überlebt."
"Bankraub?"
"Eine Verzweiflungstat. Wir schuldeten Leuten Geld, denen man kein Geld schuldet. Es war entweder das, oder aus der Moldau gefischt werden."
"Wir?"
"Meine damalige Freundin und ich. Kristina."
"Wo ist sie jetzt?"
"Tot. Der Bulle hat sie erwischt."
Mir wurde schlecht. Nicht von der Narrative, sondern von der Art wie sie davon berichtete. Völlig kalt und teilnahmslos. Schaute mich aufmerksam mit funkelnden Augen an.
"Jetzt weißt du, mit wem du durch die Gegend ziehst. Das war Jara. Ein böses, böses Mädchen. Janka ist allerdings noch ein unbeflecktes Blatt."
"Und du... bereust das nicht?"
"Mich so in die Scheiße geritten zu haben? Machst du Witze? Na klar. Ich war halt jung und dumm. Das ist alles schon vier Jahre her. Jetzt mach ich nur noch kleine Sachen, minimales Risiko."
"Was genau?"
"Kurierdienste. Darum sind wir hier. Die finanzieren meine neuen Papiere und es gibt noch fünfhundert Euro extra, wenn wir in Berlin sind. Das ist der letzte Run für diesen Job."
"Drogen?"
"Ja. Komm mit."
Sie führte mich zum hinteren Teil des Gartens. Dort gab es einen mit einem großen Deckel abgedeckten runden Steinsockel. Sie schob den Deckel zur Seite. Öffnete eine darin befindliche Metallkiste mit einem Schlüssel und holte dort eine Plastiktüte heraus. Darin befanden sich verschweißte Beutel.
"Crystal. Methamphetamin. Vier Kilo. Ein Teufelszeug, würde ich selbst nie anrühren. Aus den hiesigen Großküchen. So, jetzt weißt du alles."
Ja, jetzt wusste ich alles. Und es war alles zu viel. Oh mein Gott.
"Das muss dich nicht stören. Ich bin hier nicht mehr in Gefahr, dank der neuen Identität. Ich darf mich nur nicht bei irgendwas erwischen lassen, denn sie haben meine Fingerabdrücke von einer früheren Verhaftung. Da nützt auch die Güte der Papiere nichts. Wir werden hier also nicht mal schwarzfahren. Wenn wir die Grenze überqueren, kennst du mich nicht. Wenn ich hochgehe, gehe ich hoch. Mein Risiko. Kein großes, nebenbei. Man wird so gut wie nie kontrolliert."
Sie zündete sich eine weitere Kippe an.
"Wenn du sagst, leck mich und nach Hause fahren willst, verstehe ich das auch", fuhr sie seelenruhig fort und verstaute die Drogen wieder in der Kiste. "Oder du nimmst die Dinge, wie sie sind und genießt die geile Zeit in Prag, die wir sicher haben werden."
Sie schob den schweren Deckel wieder auf den runden Sockel und sah mich lauernd an.
"Brauchst du Bedenkzeit?"
Ich schluckte schwer und versuchte meine Stimme fest und sicher klingen zu lassen.
"Nein. Leck mich", begann ich und hob meinen Jeansrock an. "Und dann zeig mir Prag."
***
"Hast du sie geliebt?", fragte ich Jara, als wir uns auf den Weg in die Innenstadt machten.
"Kristina? Ja, ich denke irgendwie schon."
"Das muss furchtbar gewesen sein, als..."
"Es ging alles sehr schnell. Ich musste sehen, dass ich wegkomme. Hinterher... habe ich erst richtig begriffen, was passiert war. Ich wusste ja nicht einmal, ob sie noch lebte. Habe das erst aus der Zeitung erfahren."
"Und wie sind sie auf dich gekommen?"
"Kameras. Wir hatten uns nicht maskiert. Die Sache war nicht richtig geplant. Ich habe doch gesagt, ich war jung und dumm. Und Kristina erst recht. Sie hat die Schießerei angefangen, als der Bulle seine Waffe zog. Hat die Nerven verloren."
"Und dein Vater... war da deine Mutter noch am Leben?"
"Nein. Die ist im selben Jahr kurz vorher abgekratzt. Krebs. Mein Vater... fand's Kacke, was sonst. Aber er ist mein Vater. Ich bin sehr schnell erst nach Wien und dann nach Deutschland. Habe ihn ein Jahr nach der ganzen Sache erst wiedergesehen. Da war er nur froh, mich am Leben und noch in Freiheit zu sehen. Die Geschichte ist kein Thema mehr für ihn. Komm, lass uns jetzt über was Anderes reden. Wir sind gleich an der Bushaltestelle. Hier sprechen doch einige Deutsch. Es gibt hier sogar deutschsprachige Enklaven, über ganz Tschechien verteilt."
Wir kamen am Spätnachmittag in der Innenstadt an. Selbstverständlich war auch jetzt noch alles voller Touristen, denen der Sinn nun aber eher nach Einkehren und Trinken stand, das Sightseeing hatten die meisten wohl für den Tag bereits abgeschlossen.
Jara meinte daher, es sei eine gute Gelegenheit, mir ein paar der bekanntesten Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Damit ich das aus meinem System kriegte und zuhause was erzählen konnte. Die Karlsbrücke zum Beispiel war für mein Empfinden immer noch sehr voll, aber sie meinte, zu Stoßzeiten wäre sie nichts für Leute mit Platzangst.
Die tausenden Schlösser, die dort angebracht waren, verstand ich nicht.
"Ach Mädel, das haben sie doch mittlerweile überall kopiert. Das ist die Brücke der Liebenden. Verliebte hängen die Dinger dran, als Zeichen ihrer ewigen Liebe und so. Irgendwann werden es zu viele, dann macht die Stadt sie alle wieder ab. Nicht so für die Ewigkeit, wie alle denken."
"Hattest du das auch schon mal gemacht?"
"Quatsch, wofür hältst du mich? Weiter vorn gibt es übrigens eine Stelle, die alle betatschen. Soll Glück bringen."
"So eine kenne ich auch", meinte ich und griff zwischen ihre Beine, was uns einige indignierte Blicke einbrachte. Unsere folgende Umarmung nebst wildem Kuss, schien ebenfalls nicht bei allen Beifall zu finden.
Wir liefen ein Stück an der Moldau hoch zur Burg, die wir allerdings nicht von innen ansahen. Dort noch das goldene Gässchen in der Nähe, und wieder zurück am Fluss entlang und durch die Altstadt, bis wir irgendwann am tanzenden Haus ankamen, das sie besonders witzig fand. Ein Stück weiter setzten wir uns an den Fluss.
Hier waren weniger Touristen und mehr Einheimische zu sehen, die Atmosphäre ähnlich wie am Kanal in Berlin. Jara telefonierte viel, erst mit ihrem Vater, dann mit Freunden. Da sie ihre Gespräche natürlich auf Tschechisch führte, musste ich deren Ende und Jaras Zusammenfassungen abwarten. Sie schien auf jeden Fall von den Gesprächsverläufen befriedigt.
"Okay, mein Vater ist noch bis Freitag in Prag und ihm passt es am besten am Mittwochabend, wo seine Freundin Spätdienst hat. Er lädt uns zum Essen ein, wir sollen ihn aus seinem Studio abholen. Morgen treffen wir uns mit einer Freundin am Abend, am Dienstag und Donnerstag besuchen wir Freunde. Da die Treffpunkte in ganz Prag verstreut sind, wirst du dabei einiges von der Stadt sehen. Freitag ist eine Party, von der mir gleich drei von ihnen erzählt haben, da sollen wir unbedingt hin. Da... bin ich mir allerdings nicht so sicher, denn es ist ein illegales Rave. Obwohl das Risiko eher gering sein sollte, mit den neuen Papieren und alles, selbst wenn da die Bullen aufschlagen."
Ich nickte zustimmend. Und hatte Angst um sie. Würde die wahrscheinlich erst loswerden, wenn wir die Grenze überschritten hatten. Oh Gott. Mit vier Kilo Drogen. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken runter.
"Für heute habe ich nichts abgesprochen. Wenn wir ein Stück weiterlaufen, gibt es ein hübsches kleines Restaurant, wo sich Touristen nur selten hin verirren. Dementsprechend authentisch ist die Küche, und die Preise sind erträglich. Die haben ein göttliches Starkbier, was man selten irgendwo kriegt, stammt aus einem Kloster auf dem Land. So als Abschluss für das Sightseeing? Von da aus können wir die Tram nehmen."
"Klingt himmlisch."
"Na, dann lass uns", meinte sie und erhob sich langsam. Zog mich grinsend herauf. "Keine Müdigkeit vorschützen."
Ich war allerdings schon von der ganzen ungewohnten Lauferei etwas erschöpft. Aber nicht nur davon. Ich versuchte immer noch, mit den Informationen über ihr Vorleben zurechtzukommen, was mich psychisch und emotional räderte. Sie hatte auf einen Menschen geschossen. Wahrscheinlich wirklich in Tötungsabsicht. Unfassbar.
Ich war mittlerweile bis über beide Ohren in sie verknallt. Dabei wurde mir jetzt noch mehr als zuvor klar, dass ich sie überhaupt nicht kannte. Vielleicht das sogar ihren besonderen Reiz ausgemacht hatte, das unsagbar Fremde, Geheimnisvolle an ihr. Was sie so völlig anders agieren und erleben ließ.
Nun verstand ich ein wenig mehr von den Hintergründen, aber sie im Grunde immer weniger. Und mich immer weniger. Ich war bereit, alles für sie zu tun, mich in alle möglichen prekären Situationen zu begeben, die auch auf mich und meine Zukunft böse Auswirkungen haben konnten. Aber selbst das war mir egal. Warum?
Was fühlte sie für mich? Fühlte sie überhaupt wie ein normaler Mensch? Was für ein Gedanke. Aber diese Kälte, mit der sie von der Geschichte berichtet hatte... machte mir Angst. War das vielleicht ein Schutzmechanismus, um die Sache nicht an sich heranzulassen? Aber was bedeutete das, ließ sie nichts wirklich an sich heran? Inklusive mich?
Ihre ausgelassene Fröhlichkeit, ihre Ruhe, ihr Selbstbewusstsein wirkten trotz allem ansteckend, und wie ein Antidepressivum auf mich. Zumindest diese Momente wollte sie mit mir teilen, mit mir genießen. Und das machte mich glücklich. Unbeschreiblich glücklich.
Das Restaurant mit traditioneller tschechischer Küche war tatsächlich richtig gut. Ich hatte Ente mit Klößen und Rotkraut, was ausgesprochen lecker war. Dazu das empfohlene Starkbier, was mich schon nach dem ersten Halbliterglas ziemlich betrunken machte. Mein zweites trank ich nicht einmal halb leer, immerhin wollte ich das gute Essen im Magen behalten.
Jara vertrug da deutlich mehr, und leerte es prompt, bevor wir losgingen. Der Heimweg war entsprechend lallig und lustig. Nur als wir vor dem Zubettgehen noch einmal in den Garten gingen, damit Jara eine letzte Zigarette rauchen könnte, kehrte unser Gespräch zu ernsten Dingen zurück.
"Jara, ich will nicht auf diese Party. Ich habe solche Angst um dich. Lass uns das nicht riskieren."
Ihr Blick war sanft und, ja, liebevoll. So kam es mir zumindest vor.
"Ja, du hast völlig recht. Kein unnötiges Risiko. Mach dir aber nicht zu viele Gedanken. Tut mir leid, dass ich dir das alles so vor die Füße geknallt habe. Es hat dich den ganzen Tag beschäftigt, nicht wahr? Das war dir anzusehen."
Ich nickte und streichelte sie sanft.
"Soll ich dich jetzt tatsächlich die ganze Zeit Janka nennen?"
"Ach was, nur in der Öffentlichkeit. Vor allem, wenn wir zwei alleine sind, ist das Quatsch. Obwohl... probieren wir es mal. Sag: Fick mich, Janka."
"Fick mich, Janka."
"Doch, auch daran könnte ich mich gewöhnen."
"Das ist gut, denn das wirst du den Rest der Nacht zu hören bekommen."
Ja, ich kleines Großmaul. Wenn sie mich nicht so heftig gefistet hätte, wäre ich wahrscheinlich schon dabei eingeschlafen. So tat ich dies beim anschließenden Kuscheln, bevor ich mich revanchieren konnte.
***
Am Montagnachmittag fotografierte ich insgesamt zweiundsechzig Gemälde, da Jaras Vater beim Telefonat am Vortag sein Einverständnis gegeben hatte. Die drei, die mir am besten gefielen, schickte ich meinem Vater gleich per WhatsApp. Dazu noch ein paar Bilder vom abendlichen Sightseeing, ohne längeren Kommentar.
Nur, was ihn bei meiner Rückkehr als Zugabe erwartete, und dass wir eine tolle Zeit hatten. Was hätte ich ihm denn schreiben sollen? Jara ist zwar eine gesuchte Bankräuberin, aber mit ihrer neuen Identität ist das alles gar kein Problem? Zur Not schießen wir uns den Weg frei, sie hat Erfahrung. Er antwortete nur mit "Wow" und "Danke". War vielleicht gerade in einem Termin.
Wir trafen uns mit ihrer Freundin Emilia am frühen Abend in Libeň, einem Stadtteil mit Kleinstadtcharakter, wo es aber auch einiges zu sehen gab, zum Beispiel so ein riesiges Wandgemälde, was sie mir vorher zeigte. Ich sah diesem Treffen mit gemischten Gefühlen entgegen. Jara hatte sich zurechtgemacht, sogar geschminkt.
Das hatte ich zuvor nur auf der Party, wo ich sie kennengelernt hatte, gesehen. Auf dem Weg zum Treffpunkt sprach ich sie schließlich drauf an.
"Sag mal, diese Emilia... warst du mit ihr früher mal zusammen?"
Sie lachte sich halb schlapp.
"Bist du eifersüchtig? Och, Angie. Mach dich doch nicht lächerlich. Emilia ist einfach Emilia, und natürlich waren wir manchmal miteinander im Bett. Das ist doch selbstverständlich. Warte, bis du sie siehst."
Lächerlich. Selbstverständlich. Natürlich. Wie konnte es auch anders sein. In mir brodelte es. Merkte sie nicht, dass sie mir mit dieser Antwort weh tat? Nein, offenbar nicht. Schien mit dem Kopf ganz woanders zu sein. Schon bei ihr?
Und dann trafen wir Emilia in einem kleinen Parkstück. Die beiden umarmten und küssten sich. Kein Küsschen auf die Wange, ein richtig langer, heftiger Zungenkuss. Mir wurde schlecht, als ich das mit ansah. Als sie sich voneinander lösten, sah ich sie mit Grummeln im Bauch abschätzend an.
Sie war mehr als einen Kopf größer als wir, blond wie ich, aber die dunkelbraunen Augenbrauen und Augen ließen auf gefärbte Haare schließen. Ja, verdammt, sie war bildschön. Sah, wie ich später erfuhr, nicht nur wie ein Model aus, sondern war eins.
Jara stellte sie mir auf Englisch vor und ich mich auf Unterhaltungen in dieser Sprache ein, während die beiden sich zunächst unhöflicherweise auf Tschechisch unterhielten. Dann sah mich Emilia an, grinste freundlich und fragte mich auf Deutsch:
"Du bist aus Berlin?"
"Strausberg. Ganz in der Nähe", antwortete ich verblüfft.
"Stimmt, du sprichst Deutsch...", erinnerte sich Jara nun auch.
"Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Englisch, Portugiesisch. Was man eben so braucht, wenn man viel in der Welt rumkommt. Dazu Kroatisch und Ungarisch, weil ich da gerne Urlaub mache."
"Wow", entfuhr es mir und ich kam mir im nächsten Augenblick lächerlich vor.
Überhaupt war ich vom ersten Augenblick an eingeschüchtert. Ihr Aussehen war nur ein Faktor. Ihr Selbstbewusstsein, die Art, wie sie sich bewegte und vor allem die Art, wie Jara sie ansah, trugen ihr Scherflein dazu bei, dass ich mich im Vergleich zu ihr wie eine kleine graue Maus fühlte.
Sie erzählte munter von einem "Shooting in Milano", von dem sie gerade zurückgekommen sei. Hakte sich bei Jara unter und führte uns zu dem Sushi-Restaurant, das sie auserkoren hatte. Immerhin wurde das Gespräch nun durchgängig auf Deutsch geführt. Sie hatte einen leichten Akzent, sprach aber fließend und fehlerfrei.
Anfänglich unterhielten sich fast ausschließlich die beiden alten Freundinnen, während ich frustriert und erschüttert einen Sake nach dem anderen runterkippte. Ich wollte gerade nochmal bestellen, als Jara mir an die Hand griff.
"Hey, was wird das? Was ist denn mit dir los, Angie? Willst du dich besaufen?"
"Weil wir gottverdammt unhöflich sind und uns nur miteinander unterhalten. Sorry, Angie, das war nicht schön von uns, aber wir haben uns bestimmt ein Jahr nicht mehr gesehen. Verdirb dir nicht das Essen, das Sushi hier ist sagenhaft. Sowieso, ich bin neugierig, was machst du eigentlich?"
"Ich bin Biologin, das heißt, ich habe gerade mein Studium beendet", gab ich moderat erfreut zurück.
"Und sie leckt gut", wurde Emilia von ihrer Freundin informiert. Oh Jara.
Emilia lächelte hintergründig.
"War klar, dass so ein Spruch von dir kommen würde. Interessant", meinte sie nur und sah mir dann lange in die Augen. "Biologie, meine ich. War eines meiner Lieblingsfächer in der Schule. Das lag aber auch ein bisschen an der Lehrerin. Die konnte nebenbei ebenfalls hervorragend lecken."
Das Gelächter, in das Jara und ich gleichzeitig ausbrachen, war befreiend und entspannte die ganze Situation. Es war immer wieder Emilia, die sicherstellte, dass die Gespräche nicht in Regionen abdrifteten, wo ich nur zuhören konnte. Mich immer wieder mit einbezog. Dann kam das Essen.
Sie hatte nicht übertrieben. Es war göttlich. Wie Emilia. Die sich immer öfter an mich wendete, mich sogar fütterte. Mir erst ein Reiskorn mit der Zunge nach so einer Aktion von meinem Mundwinkel entfernte. Dann ganz langsam an mein Kinn griff und mich küsste. Ich war völlig überrumpelt, erwiderte den Kuss aber wie in Trance.
"Du bist auch lecker", kam ihr Kommentar. "Wir werden heute noch richtig Spaß haben, wir drei Hübschen, was sagt ihr?"
Jara grinste wie ein Honigkuchenpferd. Ich fühlte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. Und nicht nur dorthin. Aber auch jede Menge Gedanken in den Kopf. Wollte ich das? Wirklich? Jara mit dieser Frau teilen? So etwas wäre mir nie in den Kopf gekommen. War ich zu verklemmt, zu engstirnig, zu kleingeistig, zu... oh mein Gott. Jetzt fasste sie mir unter dem Tisch zwischen die Beine.
"Ah, die stille Genießerin", säuselte Emilia. "Aber es fühlt sich nach Zustimmung an."
"Als ob dir jemand widerstehen könnte", warf Jara bis über beide Ohren grinsend ein. Darum ihr Gelächter vorhin? Hatte sie diesen Verlauf des Abends vorhergesehen, vielleicht sogar abgesprochen? Ein weiterer Test, wie ich mit ihr und ihren Einstellungen umgehen konnte?
"Du wirst lachen, das ist vor kurzem tatsächlich mal passiert. Na, okay, ich hatte gerade vorher gekotzt und mein Mundwasser vergessen, aber trotzdem..."
In diesem Stil wurde die Unterhaltung fortgeführt. Wir lachten Tränen, und die Lockerheit und Offenheit, mit der Emilia mit mir umging, wischte alle Bedenken und Ängste fort. Das war eine tolle Frau, in jeder Beziehung. Keine Spur eingebildet, völlig natürlich und locker. Sich ihrer selbst bewusst, im besten und schönsten Sinne des Wortes. Richtig geil, aber hallo.
Sie entschuldigte sich und ging zum Klo.
"Na, hoffentlich hat sie diesmal an ihr Mundwasser gedacht", meinte Jara grinsend.
"Du meinst..."
"Was glaubst du denn, wie sie sich diese Figur erhält? So gerne, wie sie isst, könnte sie sonst nur Shootings für Miss XXL machen. Und sie kokst wie eine Verrückte. Pass nachher auf und ziehe nicht alles mit, sonst endest du in der Notaufnahme. Sie hat einen ordentlichen Habit, mehr als ein Gramm pro Tag, mittlerweile sicher zwei."
"Okay. Danke für die Warnung."
"Du bist mit dem weiteren Ablauf des Abends einverstanden?"
Ja, das war ich. Eigentlich hatte mir nur genau diese Frage gefehlt.
"Und ob. Emilia ist... göttlich."
"Kleine, geile Angie. Du bist eine Frau nach meinem Geschmack. Eine Frau zum Verlieben", kamen diese seligmachenden Worte mit einer Umarmung und anschließendem Kuss.
Nach diesen Worten hätte ich mich mit einer kompletten Frauen-Fußballmannschaft eingelassen, wenn sie das gewollt hätte. Ich hatte das Gefühl, vor Glück zu explodieren. Emilia kam zurück, grinste freundlich und wollte wissen, "ob wir uns in ihrer Abwesenheit ausreichend das Maul über sie zerrissen" hatten.
"Und ob. Angie ist nun zu allen Schandtaten bereit."
Der Kellner hatte uns in der Zwischenzeit noch Lychee-Schnaps hingestellt, den wir nun prostend vernichteten, und Emilia sich um die Rechnung kümmerte. Gab dabei gelassen ein Trinkgeld, was umgerechnet über dreißig Euro war. Okay, am Hungertuch nagte diese Frau sicher nicht. Zu ihrer Wohnung war es nicht weit, aber dazwischen lag noch eine Cocktail-Bar, in die wir einkehrten.
Emilia spendierte uns Kir Royals, die hervorragend schmeckten, aber einen eben nicht so umhauten. Ein Typ schien sich von uns drei ausgelassenen schönen Frauen unwiderstehlich angezogen zu fühlen und versuchte uns Drinks auszugeben. Emilia sah ihn freundlich an und machte einen Spruch auf Tschechisch. Er verzog sich sofort. Jara übersetzte.
"Sie hat ihn nur gefragt, ob wir so aussehen, als ob wir mit gottverdammten Schwänzen was anfangen könnten."
"Er hat die Botschaft sofort verstanden. Das ist nicht immer so. Für diese Fälle habe ich Pfefferspray in der Handtasche. Ich liebe Tränen der Reue", meinte sie leichthin.
"Das ist kein Spruch, ich habe das oft genug miterleben müssen", kicherte Jara. "Emilia ist ein böses Mädchen."
"Ich? Jemanden niedergeschossen in letzter Zeit?", kam prompt die grinsende Rückfrage.
Hoppla. Für einen Moment lief es mir kalt über den Rücken.
"Ich bin doch jetzt in Deutschland. Da geht sowas nicht. Wird als unhöflich erachtet."
Die beiden brachen in Gelächter aus, aber das war mir zu grenzwertig. Verstörte mich irgendwie, wie sie darüber scherzen konnten. Ich kippte schnell den Rest des Cocktails runter, um das zu überspielen.
"Schau an, unsere kleine Angie hat es eilig auszutrinken. Und Recht hat sie. Ich kann es auch kaum erwarten, sie auszuprobieren. Also Jara, runter damit."
Nun, ein Aufbruch war mir auf jeden Fall lieber als eine Fortsetzung dieses Gesprächs, oder vielleicht eine Vorführung von Emilias "Abwehrtechnik". Oh, die Kir Royals hatten doch mehr Wirkung, als es ursprünglich den Anschein hatte. Oder war es der Sake zuvor? Auf jeden Fall war ich ziemlich angetrunken.
Zu Emilias Wohnung schwebte ich dementsprechend mehr, als ich lief. Die war überhaupt nicht so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Offenbar machte sich Emilia nichts aus schönen Möbeln, denn sie war sehr einfach eingerichtet. Zudem sehr unordentlich. Mitten im Wohnzimmer standen zwei Koffer. Vielleicht war das der Grund, dass sie einfach sehr viel unterwegs war.
Jaras Warnung war berechtigt gewesen. Kaum saßen wir auf ihrem eher abgewetzten, aber sehr bequemen Sofa, als sie schon einen kleinen Spiegel vom Tisch nahm und mit weißem Puder bestreute. Jara schaltete sich sofort ein.
"Hey, für uns beide nicht so fette Lines bitte. Wir sind nicht so im Training wie du. Oh, Mädel, die nochmal halbieren. Ja, das geht."
Ihre Intervention machte mich froh. Weil sie zeigte, dass sie sich doch um mich sorgte. Meine Stimmung stieg bereits wieder enorm, bevor mir der Spiegel gereicht wurde. Soweit ich das beurteilen können, war das Zeug stärker als das, was wir in Berlin hatten.
Hm, wie würde das ablaufen? Ich konnte mir nicht einmal die logistische Abwicklung eines Dreiers vorstellen. Außerdem, dieses Sofa war gerade groß genug, dass wir nebeneinandersitzen konnten. Musste eine von uns das Ding räumen und auf den Zuschauerplatz im Sessel?
Wie wurde das entschieden, per Abstimmung, oder mit Strohhalmen? Ich musste kichern, als ich diese merkwürdigen Gedanken hatte. Die beiden sahen mich belustigt an.
"Na, du bist ja guter Dinge, mein Schatz. Ist bei dir immer noch Rauchverbot in der ganzen Wohnung? Verdammte Spießerin. Okay, dann gehe ich eben auf den Balkon", vermeldete Jara und setzte ihr Vorhaben sogleich in die Tat um.
Also war ich mit Emilia für einen Moment allein, und jedwede logistischen Probleme somit eliminiert. Die wartete nicht einmal, bis Jara den Raum verlassen hatte, sondern streichelte mir sanft durch mein Haar.
"Du bist niedlich", wiederholte sie die ursprüngliche Einschätzung ihrer Freundin.
Die mir damals wie Öl runtergegangen war. Jetzt aber regte sich Widerstand in mir. Niedlich war ein Kätzchen, oder ein kleines Mädchen. Ich war eine Frau, gottverdammt. Und wusste, wie ich mir andere Komplimente verschaffen konnte. Zog mein T-Shirt über den Kopf und öffnete meinen BH.
Emilias begeistertes Grinsen und dann sofortige Kontaktaufnahme mit den gerade freigelegten Schätzen, rückte ihre Einschätzung erwartungsgemäß zurecht.
"Wow, du bist ein Prachtweib. So geile Titten hätte ich auch gern. Und so fest... Warum trägst du überhaupt einen BH?"
In der Tat war das wohl das einzige Merkmal, wo ich sie toppen konnte, denn ihre Brüste waren in der Tat klein und sie benötigte ein solches Kleidungsstück ebenfalls nicht. Antworten konnte ich nicht mehr, denn jetzt küsste sie mich unablässig.
Ganz anders als Jara, verspielt, neckisch, sogar "humorvoll" kam mir als Assoziation in den Kopf. So dass ich ein weiteres ankommendes Kichern mühsam unterdrücken musste. War das dieses Kokain, was mich so albernes Zeug denken ließ? Oh. Ihre Lippen verließen nun meinen Mund und unterstützen ihre Hände in der Bewunderung meiner Brüste.
Oh mein Gott. Auch da war ihre Technik komplett anders, und sie tat Dinge, die Jara nie tat, schlug sogar mehrmals mit der flachen Hand dagegen. Was sich zu meiner Überraschung total gut anfühlte. Sie knabberte leicht an meinen Brustwarzen, saugte mit extremen Druck, massierte sehr heftig und schaltete dann plötzlich wieder auf neckisch und zärtlich. Oh... war... das... gut.
Hielt unvermittelt inne, stand kurz auf und zog sich aus. Wow. Größere Brüste hätten gar nicht zu ihr gepasst, da war alles in perfekter Relation, so, wie es war. Mechanisch entfernte auch ich meinen Rock und ziemlich feuchtes Höschen, ohne die Augen von ihrer Schönheit abwenden zu können. Ihre Augen blitzten, als sie mich in toto erblickte.
Aber sie hatte zunächst etwas Anderes im Sinn. Zog tatsächlich trotz ihrer sichtlichen Erregung noch eine weitere Line und bot auch der zurückkehrenden Jara eine an.
"War klar, dass ihr ohne mich anfangt, ihr geilen Hühner. Nee, lass stecken Emilia, immer mit der Ruhe. Die Nacht wird hoffentlich noch lang."
"Du brauchst dich nicht zurückhalten, es ist genug da. Du, Angie? Wie ihr wollt. Aber wir sollten rüber ins Schlafzimmer. Den Spiegel nehme ich selbstverständlich mit."
Auf dem Weg dorthin bekam ich dann mein zweites Kompliment.
"Wow, Prachtarsch", wiederholte sie auch dort die Einschätzung ihrer Freundin. Anders als diese klatschte sie aber noch darauf. Hui... das war... gar nicht mal unangenehm.
Ein rundes Bett. Irre. Hatte ich zuvor nur einmal in einem Film gesehen. Und riesengroß. Na, ein bisschen eitel oder selbstverliebt war Emilia dann wohl doch. Denn überall waren Spiegel, die Schränke verspiegelt, große Spiegel an den Seiten und sogar an der Decke. Sie bemerkte meinen amüsierten Blick.
"Ich schaue gern geile Pornos. Aber nur live und mit mir als Hauptdarstellerin", gab sie grinsend bekannt.
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer fickt am besten im ganzen Land?", steuerte Jara mit verstellter Stimme bei, während sie sich auszog. "Ihr, oh geile Königin, aber Schneeflittchen bei den geilen Zwergen, über den sieben Bergen, fickt noch viel besser als ihr..."
Wir mussten unseren gerade begonnenen Kuss abbrechen, weil wir in Gelächter ausbrachen. Jara gesellte sich zu uns und wartete ab, bis wir uns wieder einkriegten.
"Und? Was sagt die Kennerin? Zuviel versprochen?", wurde Emilia befragt.
"Keineswegs. Du bist bildschön, Angie. Dann zeig mal, wofür dich Jara sonst noch rühmt...", kam ihre Aufforderung zeitgleich mit dem Öffnen ihrer Beine.
Okay. Abgesehen von einem minimalen Stich, dass ich wie eine Ware angepriesen worden war, war ich über ihr Urteil einigermaßen glücklich. Und zudem wirklich neugierig, was ich mit dieser dritten Frau in meinem Leben anstellen konnte.
Ob und wie ich sie zufriedenstellen konnte. Begab mich sofort an den Ort des folgenden Geschehens und gab mir alle Mühe, meinem Ruf gerecht zu werden. Unter erschwerten Bedingungen, denn Jara hatte sich hinter mir postiert und leckte mich an meinem Hintereingang, während sie mit ein paar Fingern den anderen beglückte.
Emilia schmeckte ungewohnt, weder süß noch sauer, irgendwie herb-köstlich. Und brauchte anders als Jara eine richtig kräftige Stimulation, wie sie mir mit einem kurzen Zuruf mitteilte. Das war die einzige Regieanweisung, die sie in ihrem Spiegelporno gab. Dann schien sie mit dem Erfühlten und Betrachtetem mehr als nur zufrieden.
Hatte sich auf ihren Unterarmen aufgestützt und schaute tatsächlich mal nach links, mal nach rechts und ließ den Kopf auch in den Nacken fallen. Und grinste mich immer wieder begeistert an, stöhnte allerdings kaum. Vielleicht war sie ein ruhiger Typ, vor Überraschungen war frau bei ihr ja nicht sicher.
Bei Jara auch nicht, denn die hatte wohl keine Lust mehr, mich am Arsch zu lecken und fing nun an, mir ihre Hand in meine Möse zu zwängen. In dieser knienden Position kannte ich es noch nicht, stellte aber fest, dass es sich auch hier sehr angenehm anfühlte. Das schien Emilia, die das selbstverständlich in den Spiegeln gut sehen konnte, ebenfalls zusätzlich aufzuregen.
Zumal sie aus meinen akustischen Rückmeldungen schließen konnte, wieviel Freude mir das machte. Es fiel mir immer schwerer, mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Was dazu führte, dass ich das Tempo erhöhte, wie auch Jara, die mich jetzt schon wieder recht brutal nahm. So wäre das am ersten Abend noch nicht möglich gewesen, aber ich war, nun, sagen wir es ruhig, ganz schön ausgeleiert. Vom fast täglichen Training.
Dass ich Emilia zum Höhepunkt brachte, nahm ich daher nur am Rande war, weil was sich in meinem Unterleib abspielte, mich völlig in Anspruch nahm. Und wieder einmal meinen Geist verwirrte. Emilia hielt plötzlich meinen Kopf fest und zog ihn etwas hoch, um anzuzeigen, dass ich aufhören sollte.
Und um mir in mein vor Lust und Leidenschaft verzerrtes Gesicht zu schauen. Während Jara mich ins Nirwana fistete. Der Orgasmus war ähnlich brutal, wie der Weg dorthin. Emilia lachte in mein finales Aufstöhnen hinein.
"Jara, du bist echt eine alte Pottsau. Und immer noch ohne Handschuhe. Wage es ja nicht, das nachher bei mir zu probieren. Sonst hole ich mein Pfefferspray."
"Deine Vorliebe für Gummi jedweder Art werde ich nie verstehen. Was sagst du zu unserem jungen Talent hier? Und nebenbei vergesst mal die fernere Zukunft, und überlegt, wer jetzt dran ist? Muss ich etwa an euren Gerechtigkeitssinn appellieren?"
"Angie kann richtig gut lecken. Ich grunze und stöhne nicht so wie ihr Pöbel, aber das hast du richtig gut gemacht, Schätzchen. Komm, jetzt kriegt Jara das doppelte Lottchen."
Was mir zunächst nichts sagte. Jara allerdings verstand und hockte sich über Emilias wunderschönes Gesicht, die dann prompt zu lecken anfing. So konnte ich mich diesmal aftermäßig beteiligen. Jara schien das einen Heidenspaß zu machen.
Sie ließ es sich allerdings nicht nehmen, eigene Genüsse kurzzeitig zurückzustellen und Emilia zu ärgern, indem sie ihr plötzlich den Unterleib fest ins Gesicht drückte, und ihr so den Atem nahm. Sie zahlte es ihr prompt heim, indem sie sie mit ihren spitzen Fingernägeln in den Hintern kniff. Das Sex so albern und trotzdem so geil sein könnte, hätte ich nie gedacht.
Beide kehrten jedoch ausreichend schnell zu konzentrierter Stimulation zurück, während ich überlegte, ob ich ebenfalls meine Hand ins Spiel bringen sollte, das hätte vom Winkel her noch möglich sein müssen. In meine Überlegungen hinein kam Jara allerdings schon. Oh? So schnell? Das schien einiges über die Fertigkeiten Emilias auszusagen.
Jara rieb noch einmal kurz ihr Geschlecht in Emilias Gesicht, die diesmal nicht protestierte, und stieg dann ab. Wir nahmen Emilia in die Mitte und kuschelten uns eng aneinander. Die schien mit ihrem Besuch mehr als nur zufrieden.
"Wunderbar. Gut, Zeit nachzulegen, findet ihr nicht?", meinte sie und löste sich schnell aus unserer warmen Mitte.
"Mädel, du nimmst zu viel von dem Zeug. Das geht irgendwann mal schief. Wo du mit deinem Körper sonst auch nicht eben gut umgehst. Komm, verkneif dir die Line mal. Für mich, okay?"
Oh. Das waren ja ganz neue Töne. Emilia schien ihr wirklich viel zu bedeuten. Diese seufzte theatralisch und ließ sich wieder zwischen uns fallen.
"Ja, Mutti. Aber nur, weil du es bist."
Dafür bekam sie von uns beiden einen schmatzenden Kuss auf die Wange. Es war irre, uns in dem Spiegel an der Decke zu betrachten, was ich ausgiebig tat. Drei Engel, die sich gegenseitig den Himmel bereiteten. Sich nun küssten und streichelten, zur Ruhe kamen. Langsam wieder warm wurden. Nun war es Jara, die plötzlich aufsprang.
"Aber ich muss jetzt eine rauchen. Bis gleich", kam ihre Erklärung, als sie schon fast bei der Tür war.
Und wieder war ich mit Emilia allein.
"Das ist schon eine irre Frau, nicht wahr?", meinte sie und streichelte mein Gesicht.
"Ja. Ihr seid wirklich eng befreundet?"
"Ja, schon viele Jahre. Ich habe sie über Kristina kennengelernt, du weißt, wer das war?"
"Sie hat es mir erzählt, ja."
Sie seufzte und strich durch mein Haar.
"Sieh dich vor. Du bist in sie verliebt, das ist nicht zu übersehen. Aber Jara... wie soll ich das sagen... ist anders. Schraub deine Hoffnungen nicht zu hoch. Sie meint das nicht böse, sie ist... sie lebt wirklich von einem Moment zum anderen."
Ich verstand schon, was sie mir damit sagen wollte. Andererseits wollte ich es nicht verstehen. Emilias Hände wanderten über meinen Körper, zärtlich und ruhig. Sie griff kurz mit einem lustigen Grinsen zwischen meine Beine, als ob sie mich necken wollte, und zog dann wieder zurück. Strich über meinen Unterleib und stoppte dann.
"Huch. Hat sie... du blutest, Schätzchen."
In diesem Moment kam Jara zurück.
"Ich glaube, du hast es diesmal übertrieben, Jara", hielt sie ihr vor und ihre blutigen Finger hoch.
Einen Augenblick war ich geschockt. Aber dann begriff ich, was tatsächlich ursächlich war. Das leichte Ziehen im Unterleib, das ich schon am Nachmittag verspürt hatte. Scheiße. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Eine Woche zu früh.
"Nein, verdammt. Ich krieg meine Tage."
Beide lächelten mich mitleidig an.
"Ja, immer zum falschen Moment. So ist es halt. Wird Zeit, dass die mal was dagegen erfinden", meinte Emilia mit ehrlicher Anteilnahme. "Hast du was zum verstöpseln mit? Nein? Komm mit, ich zeig dir wo das Bad ist und meine Sammlung, da kannst du dich bedienen."
Ich war todunglücklich, das fühlte sie genau. Unserer Himmelfahrt so ein vorzeitiges Ende bereitet zu haben. Oder nur meiner Teilnahme? Emilia sah das allerdings anders. Erkundigte sich zunächst, wie stark mein Blutfluss beim Einsetzen der Regel war und gab mir das passende Tampon, zeigte mir, wo ich Nachschub finden würde, auch Binden für später.
"Na, kein Fisten mehr für dich, mein Schatz. Mach dir nichts draus. Hast du Schmerzen? Ich habe Pillen, die dafür richtig gut sind. Mir hilft auch immer geleckt zu werden. Das werden wir selbstverständlich für dich ebenfalls tun."
Oh? Das war bei Jessica und mir damals ein absolutes No-Go gewesen.
"Nein, Schmerzen habe ich nicht. Aber... ist das nicht... ich meine, ihr würdet wirklich..."
"Wieso sollte uns das stören? Solange du rechtzeitig wechselst, und mir nicht das ganze Bett vollblutest, ist mir das völlig egal. Und wenn mal ein bisschen Blut an deiner Möse ist... habe ich persönlich gar nichts gegen, Jara auch nicht, das weiß ich zufällig... mmh.... sehr genau. Die steht auf allerlei Körperflüssigkeiten."
Ich nickte, schließlich wusste ich von ihrem Schweiß-Fetisch.
"Ah, du weißt Bescheid. Die Größe ist okay? Na, prima. Hier ist ein Waschlappen, oder soll ich das für dich machen? Na, musst du wissen. Aber ich finde, auf den Schreck haben wir uns ein Näschen verdient, oder? Ich gehe schon mal rüber und bereite uns was vor."
Ich wusch und trocknete mich gründlich und schaute kritisch in den Spiegel. Überlegte mir noch kurz, ob ich das auch so okay fand, in diesem Zustand einfach weiterzumachen. Als ich zurückkam, unterhielten sich die beiden auf Tschechisch, während Emilia die Lines auf dem Spiegel vorbereitete. Prompt wechselten sie auf Deutsch.
"Nee, die sind nicht mehr zusammen. Haben sich vor einem halben Jahr getrennt. Das hat keiner von uns richtig glauben wollen, die waren doch fast acht Jahre zusammen, oder? Doch, müssten sieben oder acht Jahre gewesen sein", schloss Emilia ihre Erzählung.
"Alles okay mit dir?", wollte Jara wissen.
"Ja. Einfach nur sauer auf meinen Körper, aber sonst okay."
"Kein Ding, wir haben das schon besprochen. Emilias Spielzeugtruhe bleibt heute zu. Wäre unfair, wenn wir uns damit amüsieren würden, und du nicht könntest."
"Spielzeugtruhe?"
"Emilia spielt gerne mal Mann, mit Strap-On, Doppeldildo, sowas halt. Hab ich doch gesagt, sie steht auf diese Gummidinger."
Oh. Das klang... nicht uninteressant. Erstaunlicher aber fand ich ihre Absprache. Für mich darauf verzichten zu wollen. Wieder lächelte Emilia mitleidig. Nun, es war nicht schwer zu erraten, wer die Idee gehabt hatte. Überhaupt zeigte sie deutlich mehr Mitleid und Anteilnahme. Egal. Ich war auch mit dem wenigen zufrieden, was von Jara kam.
Wir zogen die Lines und dann alberten wir eine Weile herum. Und dann ging es weiter. Immer weiter. Die ganze Nacht.
***
Am frühen Nachmittag gingen wir zusammen frühstücken. Ich lernte etliche tschechische Spezialitäten kennen, allesamt süß und lecker. Emilia schob sich Tonnen davon rein und verschwand dann im Klo. Wie sie überhaupt überlebte? Irgendwann musste sie doch auch mal was drin behalten?
Ich konnte Jaras Sorgen um ihre Freundin langsam nachvollziehen. Auch, warum sie so eng befreundet waren. Sicher, sie hatte Ecken und Kanten und eine gehörige Portion Irrsinn. Aber im Kern war sie eine liebe, herzensgute Frau. Das konnte ich fühlen. Fühlte mich mit ihr und Jara unbeschreiblich wohl.
Dementsprechend schwer fiel uns allen der Abschied.
"Pass auf Jara auf für mich, hörst du? Und vor allem auf dich selbst", hauchte sie mir zum Abschied noch ins Ohr.
"Natürlich. Und du auf dich. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann wieder", fügte ich ohne echte Überzeugung hinzu. Nein, daran glaubte ich nicht wirklich.
Wir hatten noch einige Stunden, bis wir Jaras Freunde treffen würden und nach kurzem Beratschlagen fuhren wir zum Haus ihres Vaters zurück, damit wir uns umziehen konnten. Ich wollte eine Jeans anziehen, fühlte mich im Rock nicht wohl.
Jara schien etwas aufgewühlt, aber wollte sich nicht mitteilen. So gut kannte ich sie mittlerweile. Wenn sie etwas loswerden wollte, teilte sie es mit, aber sie mochte es nicht, darauf angesprochen zu werden. Wir fuhren in den Stadtteil Michle, wo es einige schöne alte Häuser mit prächtigen Fassaden gab. Das Haus ihrer Freunde hatte ebenfalls mal eine solche besessen, aber schon bessere Tage gesehen.
Es war eine Dreier-WG, zwei Frauen und ein Mann, wo aber noch zwei junge Männer aus Tábor zu Gast waren, die im gemeinsamen Wohnzimmer nächtigten. Wir waren wegen des Mannes dort, der Jara Ewigkeiten umarmte und sich sogar hinterher schnell eine Träne aus dem Auge wischte.
Den Grund erfuhr ich bald. Das war Jendrik, Kristinas Bruder. Alle der hier Anwesenden sprachen nur ein paar Brocken Deutsch und so wurde ich oft auf Englisch angesprochen. Dessen ungeachtet war es ein netter und ruhiger Abend, es wurde getrunken und dann in einer großen Küche zusammen gekocht. Gulasch, in einem Topf, wie ich ihn bei größenmäßig nur vom Einkochen bei meiner Mutter kannte.
Die beiden anderen Frauen und Männer kannte Jara ebenfalls nicht, aber irgendwie wurden wir wie selbstverständlich in den Kreis integriert. Es störte mich nicht einmal, dass Jara sich lange mit Jendrik auf Tschechisch unterhielt. Ich fühlte mich einfach nur unbeschreiblich wohl. Zur Abwechslung mal kein Hochgeschwindigkeitserleben, keine Drogen, keinen Sex, einfach nur ein schöner, gemütlicher Abend.
Sie redeten zwar von dem Rave am Freitag, aber Jendrik nahm Jaras Absage verständnisvoll hin. Er kannte ihre Story ja aus erster Hand und wusste, dass es immer noch ein Restrisiko gab. Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde ich beim Abschied darum gebeten, auf Jara aufzupassen. Ich versprach Jendrik, mein Bestes zu tun.
Jara wirkte verschlossen und in sich gekehrt, als wir zum Haus ihres Vaters zurückkehrten. Es war mir klar, dass sie an Kristina dachte, ohne dass sie es aussprechen musste. Vielleicht auch an das Leben, die Freunde, die sie hier zurückgelassen hatte. Die ihr sicher fehlen mussten.
In dieser Nacht war sie so weich und zärtlich, wie noch nie. Ließ sich von mir lange streicheln, kuschelte sich in meinen Arm, nahm dankbar alle Geborgenheit an, die ich ihr geben konnte. Ganz ehrlich, diese Momente machten mich noch glücklicher, als alle vorherigen. Ich spürte, dass sie mich nicht nur um sich haben wollte, sondern brauchte.
Sich mir ohne Worte weiter öffnete. Einmal nicht die starke und irgendwie unnahbare Frau war, sondern von Erinnerungen und Verzweiflung überwältigt. Die einen Anker brauchte, mit dem sie sich in der Realität halten konnte, zur Ruhe kommen. Mich wirklich einmal an sich heranließ. Meine Liebe, die ins Unermessliche zu wachsen schien, brauchte. Sich nicht davor verschloss.
Am nächsten Morgen, wir kamen tatsächlich vor zehn Uhr aus dem Bett, war sie wieder ganz die Alte. Fluchte wie ein Rohrspatz über den Regen am Vormittag, der sich gegen Mittag dann abschwächte. Und am frühen Nachmittag hatten wir wieder blauen Himmel und eine brüllende Hitze.
Damit niemand sagen konnte, wir hätten die zahlreichen Museen links liegengelassen, besuchten wir zwei davon. Das Sex-Museum und das Folter-Museum. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, dass ich meinen Eltern beispielsweise von keinem der beiden erzählen würde. Auf was für Ideen Menschen kommen, um andere zu quälen und töten... unfassbar. Das Sex-Museum war eher eine Enttäuschung.
Die Werkstatt von Jaras Vater lag unweit der Altstadt in einem industriellen Hinterhof. Wir passierten zunächst zwei Lager und gingen enge metallene Wendeltreppen hinauf. Jaras Vater knuddelte sie ähnlich lange wie Jendrik am Vortag, und nahm mich wohl erst nach einiger Zeit wahr.
Ein ruhiger, durchgeistigt wirkender Mann, der uns zunächst zeigte, woran er gerade arbeitete. Für einen Verein in Schweden erstellte er eine Kopie eines Gemäldes eines großen alten Meisters, da dieses zu beschädigt für eine Restauration war.
Dazu hatte er viele Fotografien in Plakatgröße aufgehängt, die jeweils nur einen Abschnitt oder Details zeigten, denn das Bild selbst war im Original bestimmt zweieinhalb mal eineinhalb Meter groß. Anhand mancher Vergrößerungen konnten wir nachvollziehen, wie exakt er die Pinselstriche des Originals kopierte.
Ich war auf jeden Fall beeindruckt. Er hörte sich schmunzelnd meine Erzählung von der Begeisterung meines Vaters für sein Werk an, und putzte dabei seine runde Brille. Er hatte komplett graue Haare, was ich irgendwie nicht erwartet hätte, musste insgesamt vielleicht Mitte fünfzig sein.
Sein Deutsch war längst nicht so gut, wie das seiner Tochter, aber ausreichend, um sich problemlos mit mir zu unterhalten. Allerdings sprach er Jara öfter auf Tschechisch an, auch in dem Restaurant, in das er uns führte. Erneut mit tschechischer Küche, wo er uns die Ente empfahl und trotzdem ich die bereits ja am ersten Abend gegessen hatte, bestellte ich sie genau wie Vater und Tochter.
Das Restaurant war allerdings einige Nummern edler, Jara erzählte mir hinterher, dass man dort Promis und Politiker antreffen konnte und war dementsprechend vermutlich alles andere als billig. Schlecht schien es ihrem Vater nicht zu gehen, dem Klischee vom verarmten Künstler entsprach er auf jeden Fall nicht.
In einem Gespräch, dem ich nicht folgen konnte, wiederholte er kopfschüttelnd den Namen Janka, also hatte sie ihm wohl von ihrer neuen Identität erzählt. Er nahm ihre Hand und redete beschwörend auf sie ein. Sie zuckte nur mit den Schultern und grinste.
Als ich sie hinterher darauf ansprach, erklärte sie, dass er ihr unter anderem gesagt hatte, er möchte nicht von seiner Freundin erfahren, dass auch diese Janka auf einer Fahndungsliste war. Sie war nämlich Polizistin. Oje. Das erklärte natürlich, warum die beiden sich nur ohne seine Lebensgefährtin treffen konnten.
Er steckte ihr tatsächlich noch im Restaurant Geld zu und es gab erneut eine erschütternde Abschiedsszene. Wo der ansonsten so gelassene und ausgeglichen wirkende Mann plötzlich in Tränen ausbrach und in sich zusammensank. Ich musste mich abwenden, um nicht ebenfalls mit dem Weinen anzufangen. Jara blieb diesmal völlig ruhig und gefasst.
Ich ahnte, womit das zusammenhing. Sie war im Restaurant auffällig oft auf die Toilette gegangen. Offenbar hatte ihr Emilia nicht nur gute Wünsche mit auf den Weg gegeben. Das tat weh, dass sie mir nicht davon erzählt hatte. Dass sie anders als sonst nicht teilte, war mir egal. So versessen war ich auf diese Droge nicht. Aber ihr Schweigen, ihre Heimlichkeit, erschütterte mich ein weiteres Mal.
Fühlte sich wie ein Rückschritt an, gerade nach der vorherigen Nacht. Sollte ich es ansprechen? Ich entschied mich zunächst dagegen.
"Wollen wir noch clubben? Der Storm Club müsste heute offen sein. Mittwochs war früher Drum & Bass, könnte aber sein, dass sich das mittlerweile geändert hat."
Ich schluckte und schwieg unentschlossen.
"Keine Lust?", fragte sie erstaunt.
"Nun... du hast Koks dabei, nicht wahr?"
"Ja, Emilia hat mir ein Gramm überlassen. Das reicht für uns beide für heute Nacht."
Ich seufzte.
"Und du meinst, das ist eine gute Idee? Wenn man dich an der Tür filzt und das Zeug findet?"
"Na, das kommt nur alle Jubeljahre mal vor. Die rufen in der Regel auch nicht die Bullen, sondern nehmen dir nur das Zeug ab. Und geben es ihren Hausdealern, zum Weiterverticken."
"Ich weiß nicht..."
"Du machst dir echt zu viele Sorgen. Aber gut... Kompromiss: Wir gehen erst einmal was trinken, und dann schauen wir halt, ob wir die Nacht noch richtig genießen, oder nicht. Oder hast du Beschwerden, von wegen Tage und so?"
Nein, hatte ich eigentlich nicht, obwohl ich mich etwas schlapp fühlte. Die Regel war deutlich stärker als sonst gewesen, war es immer noch. Emilia hatte gemeint, das würde von dem Koks kommen, da es die Durchblutung förderte. Ich schüttelte den Kopf. Das hätte als Alibi dienen können, aber ich wollte sie nicht anlügen oder manipulieren.
"Die Techno Bar ist ganz witzig, vielleicht kommst du da in Stimmung."
"Okay."
"Spaziergang? Ist nicht so weit. Wir können aber auch die Tram oder einen Bus nehmen."
"Spaziergang ist gut."
Wir gingen eine Weile schweigend weiter.
"Ist was mit dir? Du bist so still?", fragte sie mich einer Weile. Sollte ich es ansprechen? Sie hatte ja bereits zugegeben, dass sie das Zeug dabeihatte. Nein. Sie würde es nicht nachvollziehen können.
"Dein Vater ist total nett", fing ich stattdessen an. "Es hat mir fast das Herz gebrochen, wie er beim Abschied geweint hat."
Sie seufzte.
"Ja, er ist dicht am Wasser gebaut", meinte sie mit starrem Geradeaus-Blick. Sie seufzte noch einmal und zündete sich eine Zigarette an. "Ich komme wohl mehr nach meiner Mutter."
"Von der hast du mir noch nie etwas erzählt."
"Aus gutem Grund. Ich kriege schlechte Laune, wenn ich das tue."
"Ihr hattet kein gutes Verhältnis?"
"Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Wir haben uns gehasst."
Das war unvorstellbar für mich. Dass man seine Mutter hassen konnte. Oder seine Tochter. Was war da vorgefallen? Sie würde es mir in diesem Moment nicht erzählen, das wurde mir sofort klar, als ich sie ansah. Irgendwann einmal? Es war wichtig, um sie wirklich zu verstehen, das spürte ich genau.
"Warum fragst du mich diese Dinge?", riss sie mich aus meinen Gedanken.
"Weil ich wissen muss, wer du bist", antwortete ich ohne zu überlegen.
"Die Frau, mit der du das Bett teilst und eine hoffentlich schöne Zeit hast. Eine Frau mit Vergangenheit, von der du jetzt ein Stück kennst. Ist das nicht genug?"
"Nein, das ist es nicht."
Sie blieb stehen und warf ihre Zigarette in den Fluss. Nahm mich an die Hand und setzte sich mit mir auf eine freie Bank.
"Angie... bitte. Verdirb es doch nicht", setzte sie an.
"Verdirb was? Die "schöne" Zeit? Ohne einen Gedanken daran, was morgen sein wird? Ohne darüber nachzudenken, was passieren kann, was dir passieren kann?"
"Ich weiß, dass du dich sorgst, aber mach das nicht, mach nicht mein Leben zu deinem Problem."
"Aber es ist mein Problem."
"Ach, Angie..."
"Weil ich dich liebe", brachte ich noch heraus, bevor ich in Tränen ausbrach.
Ich sah sie nicht mehr, alles verschwamm, vor meinen Augen und in meinem Geist. War in diesen Augenblicken ganz allein mit mir, und all diesem Schmerz. Der die ganze Zeit dagewesen sein musste, aber den ich nicht an mich herangelassen hatte. Dann fühlte ich ihren Arm um mich.
Ihre Hand, die mich zärtlich streichelte. Mir Tränen aus dem Gesicht wischte. Sie drückte mich an sich, küsste mich ganz leicht auf meine Lippen. Wartete, bis ich mich beruhigte. Zündete sich eine weitere Zigarette an.
"Meine Mutter", fing sie plötzlich an, "war böse. Abgrundtief böse. Sie hat meinen Vater und mich ihr Leben lang gequält und uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit verletzt. Sie hat Dinge getan, die du dir nicht einmal vorstellen kannst. Die ich nicht, die ich niemandem erzählen kann. Du hast das Foltermuseum gesehen. Mit all diesen Dingen verletzt du nur den Körper, irgendwann schaltet dein Geist dann ab. Wenn du seelisch gefoltert wirst, funktioniert das nicht. Das geht immer weiter, verfolgt dich sogar bis in den Schlaf. Das ist Qual, die niemals endet."
Sie pausierte kurz, aber fuhr dann fort.
"Mein Vater war oft kurz davor, Schluss zu machen. Als ich zehn war, fand ich ihn nach der Schule auf einem Stuhl stehend im Atelier. Mit einem Strick um den Hals. Er weinte, ohne dass nur eine einzige Träne noch aus seinen Augen trat. In seinen Augen war schon alles Leben verloschen. Wie ein Puppe sah er aus, eine Marionette, so wie auf seinen Bildern im Atelier. Ich habe seine Beine festgehalten, damit er den Stuhl nicht wegkippen konnte. Habe nach meiner Mutter geschrien. Sie kam dazu, schaute sich das an und lachte. Lachte. Lachte. Und meinte nur, ich solle ihn in Ruhe sein Ding durchziehen lassen. Drehte sich um und ging. Das war meine Mutter. Noch Fragen?"
Ich konnte nicht einmal begreifen, was ich da gerade gehört hatte. Schaute sie bis ins Mark erschüttert und mit offenem Mund an. Hatte jedes Wort verstanden, aber mein Geist wehrte sich mit aller Macht, es einsickern zu lassen.
"Mit sechzehn hat sie mich rausgeworfen. Das war ihre einzige gute Tat. Sonst wäre ich heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Oder hätte sie umgebracht. Daran gedacht habe ich oft genug. Mein Vater war ebenfalls froh, dass ich so vor ihr sicher war und hat es dann geschafft, sie zu verlassen. Ich weiß immer noch nicht, warum das vorher nicht ging. Er das nicht konnte. Warum er lieber vor ihr in den Tod flüchten wollte. Vielleicht, weil sie ihn überzeugt hatte, dass er ein Nichts ist, und ohne sie noch weniger als das."
"Oh mein Gott..."
"Gott... Weißt du was ich gemacht hab, als ich erfahren habe, dass sie stirbt, im Krankenhaus im Bett mit dem Tode rang? Ich habe sie besucht, ihre Schwester und Kusine aus dem Zimmer gescheucht. Hab mich zu ihr aufs Bett gesetzt, ihr fest in die Augen geschaut und ihr gesagt, wie glücklich ich bin, dass sie endlich bekommt, was sie verdient. Dass ich hoffe, dass es einen Gott gibt, und sie für alle Ewigkeit in der Hölle schmort."
Sie schüttelte sich, wie unter einem Fieberschauer, aber ihre Stimme war weiterhin, wie bei ihrer gesamten Erzählung, fest und ruhig, völlig emotionslos.
"Und sie hat... gelacht. Wie eine Irre gelacht. Bis ich aus dem Zimmer floh."
Ich schluckte mühsam.
"War sie psychisch gestört... ich meine krank... diagnostiziert?", versuchte ich verzweifelt einen Erklärungsansatz für das Gehörte zu konstruieren.
Sie zuckte mit den Schultern.
"Sie hat nie einen Arzt an sich rangelassen, soweit ich weiß. Mein Opa hat mal gesagt, sie hat das böse Blut. Was genau er damit meinte, hat er mir nie erklärt, damals war ich auch noch zu klein. Komm Schatz, ich brauche jetzt endlich einen Drink und eine Line."
Mechanisch stand ich auf, mit weichen Knien, aber das war nicht der Grund, warum ich sie sofort in meine Arme schloss. Sie so fest es irgend ging an mich presste.
"Hey, langsam, ich kriege kaum noch Luft. Ich bin okay. Verstehst du? Das ist nicht jetzt. Es bedeutet nichts mehr."
Nein, verstand ich nicht. Vom Verstehen war ich meilenweit entfernt. Ahnte vage Zusammenhänge, dass dies ein Schutzmechanismus sein konnte, ein Damm vor der Qual, die sie ansonsten vielleicht immer noch verfolgen würde. Aber ich verstand, dass sie sich weiter vor mir geöffnet hatte, als sie das vorgehabt hatte. Ich ihr wichtiger war, als sie das zugeben konnte und wollte.
Ich küsste sie lange. Dann riefen uns junge Männer etwas zu, gerade als wir den Kuss beendet hatten. Sie erstarrte. Ängstlich schaute ich sie an.
"Was sagen die?", fragte ich, während ich die wohl noch Jugendlichen mit finsteren Mienen auf uns zustiefelten.
"Verdammte Lesben. Abschaum. Dreck. Missgeburten. Etwas über unsere Mütter. Na, bei meiner kommt's hin", meinte sie ganz ruhig. Mit böse funkelnden Augen.
"Lass uns abhauen", versuchte ich sie zur Flucht zu bewegen. Die aufkommende Angst war nicht vor den Halbstarken. Sondern ihrem Blick. Sie griff in ihren kleinen Rucksack. "Jara, nicht!"
Da waren sie bereits kurz vor uns. Was auch immer Jara da aus dem Rucksack ziehen wollte, ich hielt ihre Hand fest, damit sie das nicht tun konnte. Aber mein Aufschrei, der Griff an ihre Hand und ihr Blick reichten völlig aus. Die drei blieben stehen, als wären sie gegen eine Wand geprallt. Zumindest ein Wort Deutsch sprachen sie wohl. Sahen sich verunsichert an, lachten blöde und gingen an uns vorbei.
Wobei sie es plötzlich ziemlich eilig zu haben schienen. Verblüfft ließ ich ihre Hand los. Sie grinste mich mit schräggelegtem Kopf an und holte ihre Zigarettenschachtel raus.
"Was hast du denn gedacht, was ich hier mit mir rumschleppe?", fragte sie kichernd. "Ich bin nicht Emilia. Solche Typen bekommen passende Sprüche, zur Not eine Backpfeife. Echt... aber den Trick müssen wir uns merken, die haben sich ja halb eingeschissen vor Angst."
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Was für eine Abfahrt. Am Ende musste ich doch lachen. Das taten wir dann noch für die nächsten dreißig Meter des Weges. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten wir die Techno Bar. Der glatzköpfige Wirt kannte Jara offensichtlich und zog sie in seiner Umarmung halb über den Tresen.
Ich wurde vorgestellt und für die ersten Drinks mussten wir prompt nichts zahlen. Sie unterhielt sich mit dem nett wirkenden Mann noch eine Weile an der Theke, allerdings auf Tschechisch. Was mir in diesem Moment ganz recht war, denn in meinem Kopf schwirrten meine Gedanken noch immer wie ein aufgescheuchter Bienenschwarm.
Schließlich setzten wir uns an einen Tisch und Jara sah mich aufmunternd an.
"Wollen wir aufs Klo?"
"Ich nicht, danke. Das heißt, ich muss auch bald, das Tampon wechseln, aber jetzt noch nicht."
Sie sah mich prüfend an, ob ich wirklich verstanden hatte, was sie meinte, zuckte dann aber mit den Schultern. Es war nicht besonders voll, aber eine nette Atmosphäre dort. Soweit ich das beurteilen konnte, war die Musik ganz gut. Techno hörte ich eigentlich nur, wenn ich wegging, wäre also nichts, was ich mir zuhause anmachen würde.
Überall freundliche Gesichter, was mir nach dem Schock vom Weg guttat. Es war das erste Mal gewesen, dass ich eine negative Reaktion auf uns erlebt hatte. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, dass es nicht das letzte Mal sein würde. Aber im Vergleich zu Jaras Erzählung zuvor, war das gar nichts. Mein Gott, was musste das für eine furchtbare Frau gewesen sein.
Mir wurde auch klar, dass ich an diesem Abend keinesfalls noch weggehen wollte. Ich hatte das Gefühl, unter einen Bus geraten zu sein. Wollte am liebsten mit Jara alleine sein, ihr wie in der vergangenen Nacht Liebe und Geborgenheit geben. So schwer es mir fiel, das Gehörte zu verarbeiten, war ich doch froh, dass sie mir etwas erzählt hatte. Aber irgendwie auch, dass es nicht mehr gewesen war.
Nun, Jara nahm meine spätere Weigerung, clubben zu gehen, gelassen hin. Was auch damit zusammenhing, dass ich sichtlich nicht mehr dazu in der Lage war. Als wir die Bar verließen, war ich nämlich sturztrunken. Erbrach mich zum ersten Mal keine zehn Meter davon entfernt. Erlebte die anschließende Heimfahrt im Taxi halb im Koma.
Der Taxifahrer musste auf dem Weg noch einmal halten, damit seinem Taxi nichts passierte. Soweit ich das mitbekam, trug er es mit Humor. Und Jara mich anschließend halb ins Bett.
***
Entsprechend verkatert war ich am nächsten Mittag, beziehungsweise der Katzenjammer groß. So einen echten Absturz hatte ich tatsächlich nicht zuvor erlebt. Jara kümmerte sich rührend um mich, gab mir erst einmal eine trockene Scheibe Weißbrot, zwei Ibuprofen-Tabletten und reichlich Wasser. Und ließ mich dann noch eine Weile im abgedunkelten Zimmer einen Weg aus dem Schmerz finden.
Als ich vielleicht eine Dreiviertelstunde später aufstand, ging es mir schon wieder deutlich besser. Und frühstückte richtig mit ihr zusammen, zunächst ohne Appetit, aber der kam dann beim Essen. Sie erzählte mir, dass ich in der Nacht noch zweimal vor der Kloschüssel knien musste. Daran konnte ich mich nicht mal mehr erinnern.
"Meinst du, du hältst es schon am Strand aus? Hier in der Nähe ist ein See namens Lhota. Das Wasser da ist herrlich klar und warm. Es fährt ein Bus direkt von hier, da bräuchten wir nicht mal umsteigen."
"Na toll, daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Einen Badeanzug habe ich nicht dabei."
"Brauchst du da auch nicht. Ist größtenteils FKK. Ich nehme an, das ist für dich kein Problem?"
"Nö. Ich glaube, ich brauch heute nicht mal mehr ein Tampon, wir gehen ja auch ins Wasser und so. Dich nackt neben mir zu haben ist da schon eine größeres... ich kann für nichts garantieren."
"Selbst das wäre in manchen Ecken kein Problem, aber es könnte passieren, dass wir wichsende Zuschauer kriegen."
"Iiih, das muss ja wohl nicht sein."
"So schlimm ist das auch nicht. Man gewöhnt sich dran."
Was? In meiner Verblüffung fiel mir keine passende Antwort ein, und sie entzog sich dem Gespräch mit einem Toilettengang. Minuten später dachte ich bereits nicht mehr daran, da mir ihre Erzählungen des Vortags wieder in den Kopf kamen und mich weiter beschäftigten. Der sich langsam wieder normal anfühlte, von einem leichten Druck abgesehen.
Die anschließende Dusche hatte einen weiteren Wiederbelebungseffekt. Und erst der See. Das Schwimmen war herrlich. Jara hatte nicht übertrieben. Sandstrände, von Nadelbäumen umrahmt, das Wasser klar und sauber, sah mit dem blauen Himmel sogar fast tropisch blau aus.
In diesem Jahr hatte ich kaum in der Sonne gelegen, da war der Umzug zurück nach Strausberg, tausend Sachen zu erledigen. Eigentlich oft genug Gelegenheit im Garten meiner Eltern oder am Strausberger See, aber irgendwie war ich nicht dazu gekommen.
Umso mehr genoss ich es nun. Meinen nackten Körper von der Sonne und der angenehmen leichten Brise streicheln zu lassen, war fast genauso schön, wie von Jara gründlich eingecremt zu werden. Nun, letzteres machte mich richtig an, dafür sorgte sie schon. Mein kleines Teufelchen. Ich zahlte es ihr natürlich mit gleicher Münze heim.
Ich muss gestehen, als wir irgendwann kurz aufeinanderlagen und uns küssten, musste ich die ganze Zeit an die unangenehme Begegnung mit den drei Jugendlichen denken. Erwartete fast schon irgendeine Reaktion, dumme Sprüche, sonst was in der Art. Das Gegenteil war der Fall.
Wie von Jara vorhergesehen. Einige Männer schauten uns nicht nur mit Wohlwollen, sondern auch wachsender Begeisterung an. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wirklich unangenehm war es mir nicht. Aber es kam mir wie ein Eindringen in unsere Intimsphäre vor, eine indirekte Teilnahme ohne Einladung. Was natürlich rational Quatsch war, aber so fühlte es sich an.
Auf der anderen Seite spielte es positiv in das Gefühl der Freiheit mit hinein, das ich an diesem Nachmittag auch und besonders empfand. Befreit neben der Kleidung von allen kleinkarierten und unnatürlichen Konventionen, aber ebenfalls dem Gefühl, dass Jara mich nicht wirklich an sie heranließ. Negativ auf meine überfällige Liebeserklärung vom Vortag reagieren könnte.
Wir blieben bis zum frühen Abend noch am See, bevor wir in den Süden Prags aufbrachen, wo ihr Freund sein Studio hatte. So hatte sie auch von der Werkstatt ihres Vaters gesprochen, also erwartete ich, einen weiteren Maler kennenzulernen. Das Studio war über einen Hinterhof zu erreichen und sah von außen wie ein Lagerhaus aus.
Wir wurden einer Stimme in der Gegensprechanlage empfangen, aber Jaras Nennung ihres Namens und dem ihres Freundes, Milos, öffnete dann sofort die Tür für uns. Sie kannte sich im Gebäude gut aus, denn sie wählte zielsicher ihren Weg geradewegs auf eine große Halle zu. Am Rand befand sich eine hufeisenförmige große Sitzgruppe.
In der Mitte des Raums war allerdings ein "Set" aufgebaut, von zahlreichen Scheinwerfern und Kameras umrahmt. Die dort anwesenden und wohl in einer Besprechungspause befindlichen Mitarbeiter und Schauspieler der Produktion beachteten uns nicht.
Wohl aber ein Mann vielleicht Anfang vierzig, der mit einer, so mein erster Eindruck, nuttig wirkenden Dame auf dem Schoß auf der Sitzgruppe saß. Auch sein Aussehen, unnatürlich gebräunt, Goldkettchen und einem Seidenanzug, wie ich ihn nur aus schlechten Filmen kannte, empfand ich zunächst als abstoßend und zuhälterisch. Er schubste die junge Frau von seinem Schoss und sprang auf, um Jara in den Arm zu schließen.
Da fast alle meine ersten Eindrücke sich als völlig falsch erwiesen hatten, beschloss ich, auch diesem Herrn möglichst vorurteilsfrei gegenüberzutreten. Vor allem als ich sah, wie liebevoll er und Jara miteinander umgingen. Sie wechselten ein paar Worte auf Tschechisch, aber die Vorstellung kam dann schon auf Deutsch.
"Das ist Milos, und diese Schönheit ist Angie aus Berlin. Und die Huren-Persiflage da drüben ist seine Frau Anna. Mensch, Mädel, du hast immer noch keinen Sinn für Stil entwickelt, wie läufst du denn rum?"
"Blöde Zicke. Ich drehe vielleicht gleich? Komm her, du dummes Stück, was hab ich dich vermisst."
Und schloss sie ebenfalls in die Arme und knuddelte Jara wie wild. Dem Akzent nach war sie Österreicherin.
"Strausberg. Nicht Berlin, Strausberg, aber das ist nicht weit davon", korrigierte ich, um überhaupt etwas sagen zu können. Kam mir gleich blöd vor. Allgemeines Gelächter.
"Ich kenne Strausberg. Da gab es ein Hip-Hop-Festival, auf dem unser Sohn aufgetreten ist, wir haben ihn hingefahren. Der ist hier ein kleiner Star", gab Milos schmunzelnd bekannt und zeigte an, dass wir uns setzen sollten.
Ich war gerade dabei beruhigt aufzutauen. Von unserer Position aus hatten wir das Set im Blick. Und da war die Drehpause nun beendet. Die Darsteller entledigten sich ihrer Bademäntel und nahmen ihre Positionen ein. Es wurde "Action" gerufen und die Action begann. Und was für Action.
Vier Männer mit bedrohlich groß wirkenden Erektionen begannen, ein junges Mädchen zum Oralverkehr zu animieren. Sie kniete zwischen ihnen und arbeitete sich von einem zum anderen, während sie mit den Händen die anderen wachhielt. Uff. Jetzt hatte ich das Gefühl, im falschen Film zu sein.
"Was wird das, Gangbang?", wollte Jara wissen. Milos nickte.
"Ja, das ist im Moment, was sich am besten verkauft. Vor allem DP ist gefragt. Wollt ihr einen Kaffee? Anna, holst du uns einen Kaffee?"
"Warum eigentlich immer ich? Bin ich dein Dienstmädchen, oder was?", kam die schnippische Antwort, aber sie erhob sich trotzdem und verschwand aus unserem Blickfeld.
"Also, wie ist es dir ergangen? Hat... die Sache... alles geklappt?"
"Ja, du sprichst mit Janka Horvoka. Angie weiß natürlich Bescheid, du brauchst hier nicht auf Rätselonkel machen."
"Janka. Sehr einfallsreich. Na, zumindest hast du dieselben Initialen und nahe genug an deinem alten Namen ist es auch."
"Sogar eine Geburtsurkunde, Sozialversicherungsnummer..."
"Eh, das heißt, du kommst hierher zurück?"
"Nein, immer noch zu heiß. Wegen meinen Fingerabdrücken."
Milos rollte mit den Augen.
"Ja, wenn du weiter krumme Dinger drehst und dich erwischen lässt. Wirst du nie schlau? Warum kommst du nicht zurück, und arbeitest wieder hier? Ganz legal, mit Vertrag und Versicherung. Ein geiles Comeback? Deine Sachen verkaufen sich immer noch gut, weißt du? Gerne auch mit deinem Strausberger Mäuschen hier... Was sag ich, Mäuschen, du bist ein richtig scharfes Gerät. Na Angie, wie wär's, Jara ficken und jede Menge Kohle dafür einkassieren? Interesse? Was machst du beruflich?"
"Ich bin Biologin", war alles, was ich herausbrachte. Geiles Comeback. Jara hatte Pornos gedreht.
Ich wagte nicht einmal sie anzusehen. Auch Milos nicht mehr. Auf den blasenden Teenager zu starren, machte es nicht besser. Am liebsten hätte ich meine Augen geschlossen. Und wäre im Boden versunken.
"Ja, und da hast du deine Antwort. Und von wegen, jede Menge Kohle. Die scheffelst doch nur du. Oder hat sich da was geändert?", erkundigte sich Jara bei der mit einem Tablett zurückkehrenden Anna.
"Ach geh. So ein Schmarrn. Nicht mal das. Was meinst du, warum ich immer noch ranmuss? Alles nur blödes Gerede. Milch und Zucker könnt ihr euch gefälligst selber reinmachen. Süßes Zeug gibt's auch. Ficken die immer noch nicht? Ich denke, wir wollen essen gehen? Wie lange soll das denn dauern, bevor ich drankomme?"
"Ganz ruhig... uns hetzt doch niemand. Wir trinken in Ruhe Kaffee, essen ein paar Kolatschen und lernen Angie kennen. Biologie? Na, wie du siehst, sind unsere Bereiche gar nicht so unverwandt. Biologie in Aktion."
Anna rollte mit den Augen und stieß Milos in die Rippen. Der zuckte mit den Schultern und schüttete sich einen Löffel Zucker nach dem anderen in den Kaffee. Mein Blick blieb jetzt an Anna hängen. Sie sah aus der Nähe deutlich älter aus, als ich sie zunächst eingeschätzt hatte. Irgendwie müde, verbraucht.
Auf dem Set wurde nun "Cut" gerufen und kurze Regieanweisungen gegeben. Die Akteure begaben sich auf ein großes Bett. Störten unsere Gespräche nicht die Tonaufzeichnung? Oder nutzten die Richtmikros? Irgendwie traute ich mich nicht zu fragen. Nachher wurde das noch als Interesse an diesem Metier ausgelegt.
Jara und Milos unterhielten sich über Freunde, während Anna mich ins Gespräch zog.
"Seit wann bist du mit Jara zusammen?", fragte sie leise und weich.
"Ich kenne sie seit zwei Wochen. Ob wir zusammen sind..."
"Klar, es ist Jara. Brauchst du nicht erklären. Sie hat dir nicht erzählt, was sie alles so abgezogen hat, oder?"
"Doch... na ja, das hier nicht."
Anna seufzte.
"Es ist ein Beruf wie jeder andere. Sie hat es nicht lange gemacht. Eigentlich nur, um Milos und mir zu helfen, als wir eine ganz schlechte Phase hatten. Man mag es kaum glauben, aber sie kann ein kleiner Engel sein. Wenn sie will. Meistens will sie nicht", fügte sie an, weil Jara wohl doch mit einem Ohr unserer Unterhaltung folgte und sie spöttisch angrinste.
"Und ihr habt einen Sohn?"
"Ja, einen Sohn, der ist siebzehn und eine Tochter, die ist zehn. Beide sind total musikalisch. Jan macht Hip-Hop, hat schon ein Album rausgebracht und Lea spielt Violine. Ist hochbegabt. Wird sicher irgendwann auf ein Konservatorium gehen. Das kostet alles ein Scheiß-Geld, wie du dir denken kannst. Also muss die liebe Anna weiter ihre Muschi miauen lassen."
Es war bizarr. Während ich mit Anna ein annähernd normales Gespräch führte und Milos auf Tschechisch mit Jara sprach, war die Halle vom Stöhnen des Teenagers erfüllt. Wenn ihr nicht gerade einer dieser fetten Prügel im Mund steckte. Dazu hatte sie einem in ihrem Hinterteil und einen vorne drin. Die Männer wechselten ständig die Positionen.
Anna folgte meinem Blick und schien befriedigt, dass ihre Vorstellung näher rückte.
"Bist du lesbisch, oder bi?", wollte sie wissen.
"Lesbisch."
"Kann ich gut verstehen. Der Typ hier wird mich auch irgendwann dazu treiben. Und wenn man eine Frau wie Jara hat, reicht das völlig aus", bemerkte sie mit einem träumerischen Blick.
Aha. Also hatte sie, wahrscheinlich vor der Kamera, bereits das Vergnügen gehabt. Komisch, wie nach dem Kennenlernen bei Emilia, machte mich das nicht eifersüchtig. Sondern erzeugte das Gefühl, dass wir uns verstehen. Durch sie verbunden waren. Jara drehte ihren Kopf zu mir, als könnte sie meine Gedanken erraten.
Meinen Schock hatte ich längst überwunden. Im Vergleich zu den anderen Sachen, die ich über sie erfahren hatte, war das ja fast eine Kleinigkeit. Aber eine weitere, die sie mir eigentlich vorher hätte erzählen können.
"Was, um in Stimmung zu kommen?", fragte sie Milos und holte ihr Kokspäckchen raus. Milos und Anna schüttelten gleichzeitig den Kopf. Auch von mir kam eine ablehnende Geste.
"Was ist denn mit euch los? Unter die Puritaner gegangen?", wollte sie wissen.
"Erwachsen geworden", meinte Anna. "Und frag mich bloß nicht, wieviel Arbeit das mit diesem Kerl da war."
Jara lachte und steckte es wieder weg.
"Das kann ich mir gut vorstellen. Dann erzählt mal. Was machen Erwachsene denn so in ihrem Leben?"
Milos und Anna erzählten tatsächlich, von ihren Kindern, ihrem letzten Urlaub, und Jara von ihrer Zeit in Berlin. Alles so herrlich normal. Wenn nicht zwanzig Meter von uns entfernt gerade einem Teenie vor laufenden Kameras der Verstand rausgevögelt worden wäre. Es gab einen weiteren "Cut"-Ruf und in der folgenden Szene wurde sie von einem nach dem anderen mit Sperma "verziert".
"Na endlich", meinte Anna, als sie an die Reihe kam. Für sie waren nur zwei Partner vorgesehen.
Das war irgendwie noch bizarrer mitanzusehen. Die Frau, mit der ich mich gerade über mein Studium und ihre Tochter unterhalten hatte, beidseitig genommen zu sehen, während ihr Ehemann Witze darüber riss. Auf die Jara natürlich darauf einstieg. Ich war froh, als alles zu Ende war.
Das anschließende Essen in einem Thai-Restaurant war wirklich ungetrübt schön und lustig. Wir gingen danach noch in eine Bar, dann wollten die beiden nachhause. Es war wohl schwer genug gewesen, ihren Sohn Jan länger als gewöhnlich als Babysitter einzuspannen, und sie wollten seinen Verantwortungssinn nicht unnötig lange auf die Probe stellen.
Wir sollten mitkommen, aber nach einer kurzen Blickabsprache sagte Jara den beiden ab. Wieder eine herzliche Verabschiedung. Diesmal aber keine verbal geäußerte Bitte, auf Jara aufzupassen. Ich glaube, sie hatten begriffen, dass ich das ohnehin als meine Aufgabe verstand.
"Und? Was hältst du von den beiden?", wollte Jara auf dem Nachhauseweg wissen.
"Ein witziges Pärchen. Aber was Anna da macht..."
"Tut sie für ihre Kinder. Und, hast du ja gesehen, das macht sie immer noch gut."
"Das kann ich nicht beurteilen. Ich habe mir nie solche Filme angeschaut, geschweige denn..."
"...deren Entstehung mitangesehen, klar. Jetzt willst du wissen, wie das damals für mich war?"
"Du hast es für sie getan, sagte Anna?"
"Ja, auch. Aber ich bin ganz ehrlich: Ich fand es sogar manchmal ganz geil. Ficken ist ficken. Es war mir egal, ob dabei jemand zusah, oder eine Kamera lief."
Das wiederum entzog sich meinem Vorstellungsvermögen. Wie so vieles in den letzten Tagen. Trotzdem wagte ich einen Spruch.
"Egal, oder hat dich das angeturnt?"
Sie grinste verschmitzt.
"Manchmal auch das."
"Du bist unglaublich."
"Ich bin jetzt unglaublich geil."
Diese Frau. Machte nichts weiter, aber sah mich den Rest der U-Bahn und anschließenden Busfahrt einfach nur an. In ihren Augen die pure Verlockung. Der Weg von der Bushaltestelle zum Haus war mir nie länger vorgekommen. Es wurde eine heftige Nacht.
Am Freitag gingen wir dann in eine lesbische Bar namens Jampa Dampa, weil wir ja nicht auf das Rave wollten. Auch das war eine völlig neue Erfahrung für mich. Der Laden war nicht so voll, die Getränke billig, aber wir zahlten schon nach kurzer Zeit gar nichts mehr.
Was daran lag, dass Jara die Hälfte der anwesenden Frauen zu kennen schien. Auch, wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich mich dort pudelwohl gefühlt. Hier fühlte ich mich richtig frei, akzeptiert, verstanden, unter meinesgleichen. Nicht taxiert, aber mit Blicken gewürdigt. Oh, tat das gut.
Und nicht nur ich bekam zu hören, dass ich mit Jara einen dicken Fisch an Land gezogen hätte. Sie ebenso. Grinste, nickte und lobte diesmal nicht nur meine lingualen Fähigkeiten, sondern sagte mit versonnenem Lächeln zu einer der Frauen:
"Wem sagst du das, ich verdien sie nicht mal. Sie ist einfach eine fantastische Frau. Mit anderen Worten: Finger weg."
Das tat nicht nur meinem Ego und Herz gut. Sondern machte gleichzeitig klar, dass meine Vermutung, sie wollte eventuell im Anschluss mit einer ihrer Bekannten oder echten Freundinnen dort eine besondere Wiedersehensfeier abhalten, nicht stimmte. Sie wollte mir einfach nur ihr Prag zeigen. Das ich zu lieben begann.
***
Als ich am nächsten Morgen erwachte, stellte ich zunächst befriedigt fest, dass ich diesmal keinerlei Folgeerscheinungen von der vorherigen Nacht hatte. Dabei hatten wir einiges weggebechert. Jara war nicht mehr im Bett, sondern saß im Schneidersitz davor.
Auf ihren Beinen war ein Zeichenblock, und sie malte mit einem Stück Holzkohle mit schnellen und sicheren Strichen. Verwischte und schattierte. Mich. Ich war fassungslos.
"Na, wurde aber auch Zeit, du Schlafmütze. Bleib bitte so liegen, dann kann ich endlich deine Augen malen."
Atemlos verfolgte ich ihre überraschende Tätigkeit. Sie hatte ihr linke Hand unter dem Block und hielt ihn leicht schräg, so dass ich nicht genau sehen konnte, was das Ergebnis sein würde.
"Du kannst ruhig reden, deine süßen Lippen sind längst verewigt."
"Du machst mich gerade sprachlos."
"Ich habe manchmal diesen Effekt. Et voilà. Fertig. Hier, für dich."
Es gab keine Worte für das, was ich in diesem Moment empfand. Starrte erschüttert auf mein Gleichnis, ein perfektes Abbild meines Gesichts. Aber darüber hinaus meinem Innersten... meiner Liebe. Meiner Seele. Ich konnte die aufsteigenden Tränen der Rührung nicht zurückhalten, legte das Bild gerade noch rechtzeitig zur Seite, bevor die ersten darauf tropfen konnten.
Zog sie zu mir aufs Bett und küsste sie, bis die Realität verschwamm, sich in Reinheit und Schönheit auflöste. War ihre Zeicheneinlage nicht ihre einzige malerische Großtat an diesem Morgen. Sie fuhr fort, mit ihrer Zunge und ihrem Mund meinen ganzen Körper zu liebkosen, bis die Verzückung an die Grenze des Zuviels geriet.
Als sie dann bei meinen Brüsten ankam, schwebte ich schon halb unter der Decke. Ich wusste mittlerweile, was sie für unglaubliche Gefühle dort mit ihrer Zunge und ihrem Mund erzeugen konnte. Dass sich das steigern ließ, indem sie einfach fortfuhr, erfuhr ich in diesen Augenblicken. Und wie sich das steigern ließ.
Ungläubig erlebte ich meinen ersten Orgasmus, der nicht durch klitorale Stimulation oder Penetration ausgelöst wurde. Der nicht nur in meinem Unterleib stattfand, sondern meinen gesamten Körper zu um- und erfassen schien. Mich in der Tiefe meines Seins erschütterte. Mir wieder Tränen in die Augen trieb. Tränen des Glücks.
"Hey. Du bist auch zu dicht am Wasser gebaut, Mädel."
"Ich liebe dich", gab ich mit tränenerstickter Stimme zurück und küsste sie. Zog sie dicht an mich heran.
Sie gab mir Zeit, das Erlebte einsinken zu lassen. Streichelte lange mein Gesicht und mein Haar.
"Du bist unglaublich schön", meinte sie versonnen. "Hm... wäre das okay, wenn ich mit dem Bild noch jemanden zum Heulen bringe? Es fotografiere und meinem Vater schicke?", fügte sie schnell hinzu, als sie meinen verständnislosen Blick sah.
"Ja, natürlich. Das wird ihn bestimmt freuen, dass du wieder malst."
"Ein Bild. Frag mich nicht warum. Ich sah dich dort liegen und eins kam zum anderen. Ja, er war todtraurig, als ich aufgehört habe."
"Das kann ich mehr als nur verstehen. Du bist nicht nur gut, du bist begnadet, ist dir das klar?"
"Bleib bei der Biologie, als Kunstkritikerin hättest du einen schweren Stand. Das Licht ist hier nicht so gut, ich gehe damit ins Atelier, okay? Oder... komm mit. Wenn du ein paar von meinen alten Sachen sehen willst. Die fliegen hier noch rum."
Ich sprang sofort auf, was sie zum Lachen brachte. Dass sie mit ihrem Werk zufrieden war, war ihr anzusehen. Sie gab sich sehr viel Mühe, ein wirklich gutes Foto davon zu schießen. Machte etliche Versuche, bis sie es schließlich befriedigend gelöst hatte.
"Warum benutzt dein Vater denn eigentlich nicht dieses Atelier? Ist doch viel schöner und vor allem heller, als seine Werkstatt."
"Schatten der Vergangenheit. Das ist für ihn der Ort größter Dunkelheit. Trennen kann er sich trotzdem nicht von dem Haus. Es ist ein Teil von ihm. Und abgeschickt. Mal sehen, was er sagt."
So hatte ich sie noch nie erlebt. So locker und gelöst. Sie hüpfte wie eine kleine nackte Elfe durch das Atelier. Zog aus mehreren Regalen mit langen flachen Schubladen ein Bild nach dem anderen hervor. Dann klingelte ihr Handy. Ich verstand nicht, was ihr Vater sagte, aber der Ton seiner Stimme sagte alles.
Ihre Geste, mit der freien Hand eine imaginäre Träne abzuwischen, wäre mir vielleicht unter anderen Umständen überflüssig und geschmacklos vorgekommen. Dass er überglücklich und erschüttert war, machte sie sichtlich glücklich. Fast genauso glücklich wie meine Reaktion auf das Bild. Sie strahlte und zeigte zum allerersten Mal ebenfalls Zeichen der Rührung. Ihre Augen glänzten auf jeden Fall feucht.
Das Gespräch dauerte ziemlich lange, aber ich gönnte den beiden jede Sekunde davon. Und hatte danach noch viele weitere des atemlosen Staunens. Über das Talent, die Begabung dieser Frau, von der ich noch immer so viele Facetten nicht entdeckt hatte. Aber auch die Bandbreite dessen, was sie zu schaffen in der Lage war.
Von einfacher Schönheit, Bilder von Häusern und Landschaften, Stillleben, zu verspielten komplexen geometrischen Experimenten. Über Portraits, die faszinierten und alle ansatzweise die Seele der so Eingefangen zu reflektieren schienen.
Bis hin zu Bildern, die dunkle Spiegel von Verzweiflung und Qual waren. Dabei auch Selbstportraits. Auf manchen musste sie noch sehr jung gewesen sein. Es war eine emotionale Achterbahnfahrt, die mich an die Grenze meiner Aufnahmefähigkeit brachte.
Noch mehr beeindruckte mich allerdings, dass sie keines von ihnen zurückhielt, nichts vor mir verbarg. Wollte, dass ich auch die Dunkelheit in ihr zu sehen bekam. Hatte ich sie sich mir noch nie so weit geöffnet, nicht einmal in ihren Erzählungen, oder den stummen, zärtlichen Nächten. War sie zum ersten Mal wirklich nackt vor mir.
"Kinnlade bitte wieder hoch. Ich kriege Hunger. Wir sollten mal auf der Terrasse frühstücken. Der alte Tisch ist zwar total rostig, aber wir können ja ein Tischtuch drauflegen, oder ein Bettlaken, wenn wir keins finden."
"Gerne. Sieht wieder herrlich aus draußen. Habt hier immer so gutes Wetter?"
"Nö, mal so, mal so, wie in Berlin. Oder wahrscheinlich auch Strausberg? Das war so süß gestern."
"Noch sind wir nicht eingemeindet. Also. Was sind denn unsere Pläne für heute?", erkundigte ich mich, während ich ihr Bilder zum Wiederverstauen anreichte.
"Ist mir egal. Nur mit dir zusammen sein. Keine Sekunde von dir getrennt sein. Alles andere ist unwichtig. Du hast natürlich längst noch keine Ahnung, wie schön Prag wirklich ist. Eine Woche kann niemals reichen. Ach so, kann passieren, dass Gustav, der Mieter von oben vorbeischaut, wenn wir draußen frühstücken. Den haben wir nur noch nicht gesehen, weil er tagsüber arbeitet und wir dauernd auf Achse waren."
"Hm, ist der okay?"
"Er ist ein Freund meines Vaters. Er ist mehr als nur okay. Er hat mich damals nach Wien gefahren, als ich abhauen musste."
"Ist er auch ein Maler?"
Jara kicherte.
"Nein, momentan hat er einen Ein-Mann-Betrieb für Hausmeisterdienste. Wenn er nicht zwischenzeitlich einen Angestellten eingestellt hat. Er hatte beim letzten Mal gesagt, dass es ihm langsam zu viel wurde."
Tatsächlich begrüßte Gustav, den ich auf Anfang fünfzig schätzte, uns erst vom Fenster seiner Wohnung aus, und später dann auf der Terrasse, als wir mit dem Frühstück gerade fertig waren. Er war ein sehr ruhiger, zurückhaltender Mann, der weder Deutsch noch Englisch sprach, so dass Jara übersetzten musste, wenn wir miteinander sprachen. Er trank einen Kaffee mit uns, und verabschiedete sich wieder.
Wieder fiel der Name "Janka" in dem Gespräch, woraufhin er zufrieden lächelte. Hinterher erzählte Jara mir, dass die Papiere aus seinem Bekanntenkreis stammten. Also doch, Halbwelt oder Unterwelt?
"Nein, er kennt einfach Gott und die Welt. Die einzige echte Straftat, die er jemals begangen hat, war einer gesuchten Verbrecherin zur Flucht zu verhelfen."
Gesuchte Verbrecherin. Die am nächsten Tag mit vier Kilo Methamphetamin über die Grenze wollte. Jetzt genüsslich eine Zigarette rauchte und mich glücklich und zufrieden ansah. Die ganze Zeit hatte ich verdrängt, was am morgigen Tag passieren konnte. Nicht passieren durfte. Ich traf meine Entscheidung ohne lange Vorüberlegung.
"Ich werde morgen auch eine Straftat begehen", kündigte ich mit doch leicht vibrierender Stimme an, obwohl ich mir größte Mühe gab, sie fest und ruhig klingen zu lassen.
"Was? Du meinst, weil du mit mir unterwegs bist? Wie gesagt, wenn was passiert, kennen wir uns nicht. Wir haben ja keine Reservierung, bis nach dem Grenzübergang gehen wir in getrennte Abteile, kurz vorher wäre zu auffällig. Ab Dresden fahren wir dann zusammen. Ah, wir sollten die Tickets ausdrucken, das wäre nicht machbar, wenn beide auf deinem Handy sind. Gustav hat einen Drucker."
"Nicht du wirst das Zeug im Gepäck haben, sondern ich."
"Spinnst du? Kommt nicht in Frage", wehrte sie sofort ab. "Komm, keine Diskussion", würgte sie meinen ersten Ansatz weiterzusprechen ab. Ich ließ mich nicht abweisen.
"Stimmt. Keine Diskussion. Ich werde das Zeug über die Grenze bringen. Denk doch mal nach, was dir passieren kann. Und mir im Vergleich... ich erzähle dann halt, was weiß ich... dass ich jemanden in Prag kennengelernt habe, der mir da Drogen gegeben und mich ganz verrückt vor Liebe gemacht hat. Ich nicht mal weiß, was das ist, was ich da im Gepäck habe. Geahnt habe ich es natürlich schon, aber ich konnte dem Mann nichts abschlagen. Wo ich doch so verliebt in ihn bin."
"Nein, Angie, nein. Ich will das nicht. Du könntest dir deine ganze Zukunft damit versauen. Nein, kommt nicht in die Tüte."
Sie sah meine Entschlossenheit, aber dann schien sie etwas Anderes zu bewegen. Sie krauste ihre Stirn.
"Das glaubst du doch wohl hoffentlich nicht, dass ich dich hier mitgeschleppt habe, damit so ein Angebot kommt?"
"Nein, das ist mir nur gerade als Alibi in den Kopf gekommen. Aber bitte... ich bin mir sicher, dass jeder von deinen Freunden dasselbe für dich tun würde. Und wenn du mich schon nicht als Geliebte akzeptieren kannst, dann gesteh mir doch bitte wenigstens das zu."
"Wovon redest du, nicht als Geliebte? Ich verstehe nicht."
"Na, als feste Freundin, Lebenspartnerin..."
"Du bist jetzt meine Freundin, meine Geliebte, meine Partnerin."
"Dann lass mich jetzt alles für dich tun, was ich kann."
"Du kannst mir jetzt beim Einräumen helfen. Und mich dann lecken."
"Das ist nicht witzig."
"Nein, witzig ist das nie, wenn du mich leckst. Aber geil."
Ich schwieg, wirklich eingeschnappt, weil sie der Diskussion aus dem Weg gehen wollte. Sie sah mich lange an. Seufzte tief.
"Gut, dann im Ernst: Ich denke drüber nach. An deiner Geschichte sollten wir dann aber noch basteln. Von wegen der Tickets und so sollten wir möglichst bald zu Gustav, nachher hat er was vor und wir erwischen ihn nicht mehr."
Wir beeilten uns mit dem Abräumen und spülten die paar Teller und Tassen noch kurz ab. Gingen dann vor dem Duschen hoch zu Gustav.
Der hatte tatsächlich noch einen Riesenkloben von Computermonitor, also keinen Flachbildschirm. Passend zur ganzen altmodisch wirkenden Einrichtung. Aber das Internet hatte eine zeitgemäße Geschwindigkeit und das Drucken ging auch problemlos.
Jara äußerte sich am Nachmittag noch nicht weiter zu meinem Vorschlag. Das hing aber auch damit zusammen, dass wir spontan mit Gustav zusammen in den Nationalpark Lochkovský im Süden Prags fuhren, als er dies als sein Tagesziel bekanntgab. Jara erklärte sofort, dass es dort klasse war, und wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen sollten.
Wir duschten schnell, da Gustav eigentlich schon aufbruchsbereit war und packten Sachen für ein Picknick ein. Glücklich machte mich, dass Jara kurzentschlossen den Zeichenblock und die Kohle mitnahm. Der Nationalpark war wirklich ein Erlebnis, die Landschaft wunderschön.
Die Verständigung mit Gustav war umständlich, aber wir redeten ohnehin nicht viel, sondern genossen andächtig die Natur. Jara erklärte er einige Vogelstimmen, die er sofort identifizierte, aber sie gab ihre Übersetzungsversuche irgendwann auf, weil sie einfach die deutschen Namen nicht kannte.
"Hätte nie gedacht, dass mein Wortschatz bei Vögeln endet", gab sie grinsend bekannt. Meinen anschließenden Lachanfall konnte Gustav zwar nicht nachvollziehen, aber er grinste freundlich mit.
Beim Picknick malte sie dann ein Portrait von ihm. Ich war überglücklich, dass ihre vorherige Einschränkung "ein Bild" schon so schnell überwunden wurde. Das Portrait war ebenfalls hervorragend gelungen, wurde für den späteren Versand zu ihrem Vater abfotografiert und dann Gustav als Geschenk kredenzt. Sie versuchte sich noch an ein paar Landschafts-Skizzen, war aber dort mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Dann wanderten wir noch stundenlang weiter.
Anschließend lud er uns zum Essen in ein Restaurant mit Tschechischer Küche ein. Da es ein wenig außerhalb lag und von Touristen nicht heimgesucht wurde, war es vergleichsweise günstig. Ansonsten hätte ich mir bestimmt nicht das marinierte Filet Svíčková na smetaně bestellt, das er uns empfahl.
Das zerging so auf der Zunge, und schmeckte so grandios, dass ich mich kurz nicht ganz ernsthaft fragte, ob man auch davon einen Orgasmus bekommen könnte. Dazu ein köstlicher Landwein, der es in sich hatte. Was für ein perfekter Ausklang für eine wirklich außergewöhnliche Reise.
Am Haus angekommen, umarmten wir uns noch einmal und diesmal hatte ich trotz unser spärlichen Kommunikation das Gefühl, mich von einem Freund zu verabschieden.
"Willst du nochmal auf Strecke gehen?", fragte mich Jara, als wir auf der Terrasse saßen und sie rauchte.
"Nein. Es war toll, aber ich kann mich nicht mal mehr erinnern, ob ich jemals so viel gelaufen bin. Meine Eltern waren ebenfalls nicht die wilden Wandersleut, wenn du verstehst, was ich meine."
"Okay. Dann würde ich sagen, wir packen unsere Sachen heute Abend, bis auf das, was wir morgen früh brauchen und gehen ins Bett. Vielleicht fällt uns da der eine oder andere Zeitvertreib ein. Was macht deine Regel?"
"Überstanden", bemerkte ich mit einer kleinen Hitzewallung, denn mir war mehr als nur klar, warum sie das fragte.
"Oh. Das ist gut...", hauchte sie. "Dann kriegen wir mal unsere Siebensachen zusammen."
Stand auf und bewegte sich auf den hinteren Teil des Gartens zu. Ich war zu überrascht, um ihr gleich zu folgen. Blieb dann einfach sitzen, bis sie mit der großen Plastiktüte zurückkam. Sie stand für bestimmt eine Minute wie eine Statue vor mir. Sagte kein Wort, schaute mich einfach nur an.
"Hast du es dir nochmal überlegt?", fragte sie dann leise.
"Nein. Ich will das tun", erwiderte ich und diesmal klang meine Stimme wirklich fest.
Wortlos reichte sie mir die Tüte. Die ich Minuten später ganz unten in meinem Rucksack verstaute. Ich fühlte in diesen Momenten noch keine Angst. Wusste natürlich, dass sich das spätestens im Zug ändern würde. Aber das war morgen. Nun zählte nur das Jetzt.
Wir vernichteten die Reste von Emilias Geschenk. So wurde es trotz des anstrengenden Nachmittags eine lange Nacht. Trotz ihrer Frage aber von einer kurzen, heftigen Sequenz abgesehen, ganz ruhig und zärtlich. Ich versuchte bei ihr das Kunststück, was ihr bei mir gelungen war. Scheiterte jedoch.
Dabei eher knapp, denn kaum hatte ich bei meinem Ausweichziel richtig angefangen, kam sie schon. Also fehlte mir wohl nicht das technische Vermögen, sondern die notwendige Geduld. Minutenlang lagen wir einfach nur da und schauten uns tief in die Augen. Streichelten uns nicht einmal, schauten uns einfach nur an.
Konnten unsere Gedanken nicht lesen, aber erahnen. Kannten die Herkunft des überirdischen Glanzes in den Augen der anderen. Und das war nicht das weiße Pulver. Sprachen über Stunden kein Wort, ließen nur unsere Herzen und Körper sprechen. Im bislang schönsten Dialog, den wir je geführt hatten.
Unser Zug ging erst um kurz nach zehn Uhr, aber wir hatten diesmal den Alarm auf beiden Handys auf acht gestellt, damit wir nicht so ein Halb-Fiasko wie auf der Hinfahrt erlebten. Tatsächlich schafften wir alles übermüdet, aber entspannt und in Ruhe abzuwickeln. Saßen rechtzeitig in dem Bus, den wir geplant hatten.
Hatten am Bahnhof noch Zeit, uns ein paar Kleinigkeiten für die Reise mitzunehmen. Jara dazu noch zwei Stangen Zigaretten, weil die dort deutlich günstiger als in Deutschland waren. Eine davon transportierte ich für sie.
Unsere Story für den Fall der Fälle, der hoffentlich nicht eintreten würde, modifizierten wir noch am Frühstückstisch. Sie fragte nur noch mit Blicken, nicht mehr mit Worten, ob ich es wirklich durchziehen wollte. Ich war weiterhin fest entschlossen.
So auch, als wir einige Meter getrennt voneinander am Bahnsteig auf den einfahrenden Zug warteten. Dann stiegen wir ein. Sie fand als erste einen freien Platz und ich gerade mal zwei Abteile entfernt meinen. Dort saß bereits eine ältere Frau und später kam noch ein amerikanisches Backpacker-Pärchen hinzu.
Die aber genau wie ich übernächtigt wirkten und sich kaum miteinander unterhielten, geschweige denn mit mir. Die erste halbe Stunde verbrachte ich in einem merkwürdigen Halbschlaf, bei dem mir zwar die Augen zufielen, aber ich anhand der leisen, kurzen Gespräche der Amis meine Wachheit erkannte.
Ich stand noch einmal auf und ging zur Toilette. Die war alles andere als sauber, aber das war ja in deutschen Zügen oft nicht anders. Das hockende Pinkeln ohne Kontakt zum Sitz ein vielfach geübtes Kunststück. Auf dem Rückweg fand ich dann Jara im Gang stehend vor.
Ich war zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht einmal aufgeregt. Ihr Blick beruhigte mich noch weiter. Ich ließ es mir nicht nehmen, ihr im Vorbeigehen noch kurz über ihren Hintern zu streichen, ohne dass das jemand sehen konnte. Ihr Lächeln beim letzten Blick zurück machte mich glücklich.
Dann schlief ich richtig ein und wachte tatsächlich erst an der Grenze wieder auf. Ich nehme an, die Zöllner hatten ihre Anwesenheit etwas lauter kundgetan, da sie mich schlafen sahen. Auch die Amerikaner sahen aus, als wären sie aus dem Schlaf geschreckt worden. Die alte Dame war vorher ausgestiegen, was ich nicht mitbekommen hatte.
Es waren nur Sekunden, aber nun schlug mein Herz bis zum Hals. Es waren zwei große Kerle, einer sah sich die Papiere an, und der andere zunächst lange und mit stechendem Blick die Amerikaner, die ihm wohl suspekter vorkamen. Dann wanderte sein Blick zu mir. Ich fühlte einen kalten Schauer meinen Rücken herunterlaufen.
Sah dann in das freundliche Gesicht des anderen, der mir meinen Pass zurückgab und mir eine gute Reise wünschte. Mein Herzschlag beruhigte sich trotzdem nicht, erst Minuten später fand ich wieder zur Ruhe. Folgte dem Beispiel des Pärchens, die sich was zum Essen aus ihrem Gepäck suchten.
Jetzt war ich wirklich hellwach und konnte die Zeit bis Dresden kaum abwarten. Konnte die Minuten der Trennung von Jara kaum noch aushalten. Endlich hielt er dort. Und wie abgesprochen stand sie vor meinem Abteil.
"Hier noch frei?", fragte sie grinsend.
Lustigerweise antworteten ihr die Amis. Und staunten nicht schlecht, als sie dann Zeuge von wilder lesbischer Wiedervereinigungsfreude wurden. Uns war es egal. Wir küssten uns und drückten uns wie verrückt. Kamen danach mit dem Pärchen ins Gespräch, die ihr High-School-Deutsch an uns erproben wollten.
Ich hatte Jara nicht gefragt, wie es in Berlin weitergehen würde. Noch im Zug hatte sie einen kurzen Text versendet und mich nur vielsagend angeschaut.
"Und jetzt? Zu dir, oder...", begann ich, als wir aus dem Zug gestiegen waren.
"Nein, zur Tiefgarage", gab sie gelassen zurück. "Wir übergeben es gleich hier."
Nun wurde ich trotz ihrer Ruhe wieder nervös. Das klang alles ein wenig zu Gangster für mich. Sie wusste genau, wo sie hinwollte. Hatte man ihr die Details zurückgetextet? Zielstrebig steuerte sie einen geparkten Lieferwagen mit geschlossenem Heck an. Die hinteren Türen öffneten sich, und Jara bedeutete mir einzusteigen.
Ein vielleicht zwanzigjähriger Bursche mit Glatze und einem funkelnden Diamanten im Ohr grinste uns an.
"Alles klargegangen?"
"Ja. Komm Angie, den Rucksack abmachen und auf die Ladefläche. Ganz unten drin, in ihrem. Und ihre Klamotten schön ordentlich wieder rein."
"Sollen wir euch nach Hause fahren?", erkundigte sich der Fahrer von vorn.
"Nö, einmal um den Block, wir nehmen die S-Bahn", meinte Jara gelassen.
Während wir neben dem Fahrer vorne Platz nahmen, entfernte der junge Type die Plastiktüte und verstaute sie in einer Werkzeugkiste, nachdem er einen Blick hineingeworfen hatte.
"Alles da", gab er bekannt und setzte sich auf die Ladefläche. "Fahr vorsichtig du Sack, ich hab vom letzten Mal noch blaue Flecke."
Der Fahrer reichte der direkt neben ihm sitzende Jara einen Umschlag und startete den Motor. Ich wollte ihn mir nicht mal anschauen. Er beachtete mich wohl ebenfalls nicht. Wir fuhren aus dem Parkhaus heraus.
"Das war die letzte Tour für dich?", wollte er von Jara wissen.
"Ja. Jetzt geht es ab in den Urlaub."
"Den hast du dir verdient. Wohin?"
"Marokko, wenn alles klappt."
"Ein Scheiß-Verkehr. Und es ist Sonntag, verflucht. Marokko ist die Abfahrt. Agadir?"
"Auf jeden Fall. Aber ich will noch mehr sehen, nicht nur Strand."
"Chefchaouen musst du sehen. Die blaue Stadt. Ist sowas von geil. Aber es gibt noch tausend andere Sachen, die sich lohnen. Ruf mich an, ich gebe dir Empfehlungen. Namen und Adressen, wenn du willst?"
"Ich komme vielleicht drauf zurück. Du kannst uns hier eigentlich schon wieder rauslassen. Da drüben könntest du parken."
"Mach's gut, Kleine. Und ruf mich an."
"Sicher. Euch noch einen schönen Sonntag."
Der junge Bursche öffnete die Türen zur Ladefläche und half uns unsere Rücksätze aufzusetzen. Meiner fühlte sich deutlich leichter an. Auch er wünschte uns einen schönen Sonntag und stieg vorne ein. Sie fuhren sofort los. Ich atmete tief durch. Dann lagen wir uns in den Armen. Nun, wir hatten jeder unsere Arme um den Rucksack der anderen geschlungen.
Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so erleichtert gewesen. Es war ausgestanden. Wir hatten es geschafft. Jetzt gab es vorerst keine Angst und keine Vergangenheit, die ihre drohenden Schatten warf. Jetzt gab es nur noch uns.
***
Ihr Zimmer in Berlin, das sich fast schon wie unseres anfühlte. Ich hatte das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. Das lag nur noch nominell in Strausberg. Am Abend rief ich meine Eltern an und erzählte ihnen eine halbe Stunde von Prag.
"Ich komme Dienstagnachmittag mit Jara rum", stellte ich meinem Vater, mit dem ich zuletzt sprach, in Aussicht.
"Du kommst rum? Habe ich was verpasst?", kam prompt die Rückfrage. Ich war mir sicher, dass er jetzt am anderen Ende meine Mutter prüfend ansah.
"Das erkläre ich dir dann", gab ich mutig zurück. Lange würde ich das vor ihm sowieso nicht verheimlichen können. Wenn er es nicht bis dahin schon aus meiner Mutter herausgekitzelt hatte.
"Na, da bin ich ja mal gespannt."
Ich beendete das Gespräch kurz darauf.
"Hast es mitbekommen? Dienstagnachmittag. Strausberg, Abendbrot und ein zweites Coming-Out."
Jara schmunzelte und öffnete ein Bier.
"Und dann wirst du verstoßen und enterbt, weil du der Familie Schande bereitet hast? Musst zu mir ins Exil?"
"Das hättest du wohl gerne. Ich glaube nicht, dass er ein Problem damit hat. An dir hatte er doch schon beim letzten Mal einen Narren gefressen. Nebenbei, ich habe natürlich den Computer da, und wir könnten Marokko planen, nach Flügen schauen, so etwas. Macht sich besser als auf dem Handy."
"Es macht dir weiterhin nichts aus, mit einer gesuchten Verbrecherin durch die Lande zu ziehen?"
"Es macht mich geil."
"Oh Angie... so etwas sagt man mir nicht ungestraft..."
Es war die Wahrheit. Warum sollte ich sie vor ihr verheimlichen? Und in diesem Moment wollte ich nichts anderes, als von ihr bestraft zu werden. Alle Anspannung, Angst und Zweifel aus dem Leib zu geleckt und gefickt bekommen. Und da war sie so unglaublich verlässlich. Brauchte keine zweite Aufforderung.
***
Kaffeetrinken mit Muttern, die versicherte, dass sie uns diesmal keinesfalls stören würde, als wir uns in mein Zimmer zurückzogen. Wie sie mit Jara umging, war verblüffend. Sie akzeptierte nicht nur, dass sie mit mir zusammen war, sie wollte ihr näherkommen. In ihr verdammt großes Herz schließen. Ich spürte, dass Jara das irgendwie verunsicherte.
Dabei hatten wir komplett andere Sachen im Sinn. Jara hatte tatsächlich mit dem Typen am Montag telefoniert und sich Sachen aufgeschrieben, die er empfahl. Auch Namen, Adressen, Telefonnummern. Als ich sie darauf ansprach, grinste sie nur und meinte, es könnte nicht schaden, Anlaufstellen zu haben.
Nun saßen wir vor meinem Computer und suchten günstige Flüge raus. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass meine Eltern etwas gegen diese zweite Reise haben würden. Meine Mutter auf keinen Fall. Außerdem war ich ja volljährig. Langsam jetzt wirklich zur Frau gereift. Gerade in den letzten zwei Wochen.
"Der hier ist voll günstig. Na gut, da sind wir fast zwölf Stunden unterwegs, mit sechs Stunden Stopp in Basel. Das wäre immer noch besser, als einen kurzen Flug in den Norden zu nehmen und dann mit einem Zug durchs halbe Land zu tingeln. Billiger ist es auf jeden Fall. Wir könnten von Agadir dann weiter nach Marrakesch und von dort in den Norden. Rückflug dann von Casablanca aus."
"Dann schaue ich dir in die Augen, Kleines", gab sie zurück.
"Solange du mich nicht in den Flieger setzt und da bleibst... was meinst du? Ich hätte nicht gedacht, dass die Flüge so billig sind, mit Hin- und Rückflug kommen wir gerade mal auf fünfhundert für beide zusammen."
"Ja, das ist geil."
"Aber die Unterbringung... Hotels können wir uns sicher nicht leisten. Was ist mit den Adressen, die dir dieser Thomas gegeben hat?"
"Ah, das sind keine Langzeitaufenthaltsmöglichkeiten. Mehr Kontakte. Wir könnten sicher bei dem einen oder anderen mal für eine Nacht unterkommen. Aber für eine echte Unterkunft sollten wir uns vielleicht über Airbnb was buchen. Ich würde in Agadir mindestens zwei Wochen bleiben wollen."
"Scheiße, gerade billig sind die auch nicht. Die sehen aber alle total edel aus. Ah, hier kann man Preisfilter setzen, sonst brauchen wir noch Stunden, um durch die ganzen Dinger durchzuklicken. Das sind wirklich viele."
"Mir reicht ein Bett und du darin."
"Es gibt tatsächlich auch einfache Dinger für fünfzehn pro Nacht. Hier, sogar zwölf. Na, das ist doch eher unsere Kragenweite. Aber die liegen wahrscheinlich alle nicht zentral. Das hier wäre achtzig pro Woche, also hundertsechzig für zwei... pro Person. Also dreihundertzwanzig. Wir haben zusammen... was hatten wir ausgerechnet... fast zweitausend. Eh, das könnte reichen, dann hätten wir noch genug für Bahntickets und die nächsten Stationen. Da wäre aber noch Essen..."
"Du machst dir zu viele Sorgen um Geld. Hinkommen und Unterkunft, und der Rest findet sich."
"Aber hallo, günstig essen gehen, da? Und am Ende abgestochen werden, oder in einem marokkanischen Knast landen, wenn die uns erwischen?"
"Davon rede ich nicht. Ich habe mir noch nie um Geld Gedanken machen müssen, wenn ich irgendwo war. Solche Stunts gehen nicht, ist klar. Hast du eigentlich einen Führerschein? Ich kann zwar fahren, aber ein neuer war im Preis für die Papiere nicht mit drin. Falls wir mal ein Auto mieten wollen, für einen Ausflug oder so."
"Ja, natürlich. Ich bin aber seit meiner Prüfung nur ab und zu mit dem Wagen meiner Mutter gefahren. Da hätte ich im Ausland Schiss, wer weiß, wie die da fahren. Wenn alle Stricke reißen, habe ich auch einen Dispo, nebenbei. Den habe ich noch nie genutzt."
"Mädel, du bist echt nicht von dieser Welt, oder? Noch nie genutzt? In deinem Leben noch nie klamm gewesen?"
"Nun, ich kann mit Geld ganz gut umgehen... oh, das ist das Auto meines Vaters, hörst du? Suchst du mir mal mein Ladekabel aus dem Rucksack? Oben, in dem Fach mit dem Reißverschluss. Dann lade ich die Bilder von deinem Vater auf den Computer und von da auf einen Stick."
Sie brauchte nicht lange zu suchen. Die Aktion dauerte nur ein paar Minuten, während ich nebenbei weitere Unterkünfte öffnete und die Lage auf der Karte verglich. Ehrlich gesagt brauchte ich diese konstante Beschäftigung. Auch wenn ich keine negative Reaktion erwartete, war es trotzdem keine Kleinigkeit, meinem Vater über mich und Jara reinen Wein einzuschenken.
Meine Mutter hatte dichtgehalten. Hatte eben auch mehr als ein Vierteljahrhundert Übung, seine Trickfragen im Ansatz zu erkennen und auszuweichen. Ich zeigte Jara weitere Unterkünfte.
"Das sieht doch wohl genial aus, sogar mit Dachterrasse und der Blick... wow. Einfach nur wow. Ich kann es echt kaum erwarten...", kommentierte ich meinen letzten Fund. Okay, das waren wieder zwanzig mehr pro Woche. Ich ließ den Tab trotzdem offen.
"Du bist voll in deinem Element, oder? Planen und Rechnen, da kommt die Wissenschaftlerin durch, nicht wahr?", frotzelte meine Geliebte.
"Na, ich habe das hier auch noch nie gemacht. Aber ich finde es total aufregend. Ja. Hast Recht. Nur werden wir heute auf keinen Fall durchkommen, wenn wir nach dem Essen abdampfen. Vielleicht... wenn alles gut läuft... bleiben wir heute Nacht hier?"
Sie küsste mich zärtlich.
"Was immer du willst. Und wenn dich die Reiseplanung feucht macht, kümmere ich mich um Entspannung zwischendrin, als meinen kleinen Beitrag..."
Oh. Da reichte schon wieder diese Ankündigung. Oh mein Gott. Diese Frau konnte mich wie eine Violine spielen. Dieser Blick. Ein Quickie vor dem Essen? Nein. Zusammenreißen. Die Hand in meinem Schritt ignorieren. Die sie da nur hin befördert hatte, um mich zu necken.
"Essen ist fertig", wehte der Ruf meiner Mutter durchs Haus. Verflucht. Die Stunde Null rückte heran. Ein aufmunternder Blick von Jara, die genau zu wissen schien, was mir jetzt durch den Kopf ging.
"Vergiss den Stick nicht."
"Ach so, danke. Und... wie ist das, darf ich ihnen dein Bild auch zeigen?"
"Klar. Alles, was du willst", hauchte sie mir ins Ohr. "Wann immer du willst..."
Kleines Biest... böses, böses Mädchen.
Mein Vater war in Hochform, als ich ihm nach der Begrüßung den Stick in die Hand drückte. Neugierige Blicke auf die Transportrolle für ihre Holzkohlenzeichnung. Aber zunächst setzten wir uns artig an den gedeckten Tisch.
Oh mein Gott, überbackene Sahneschnitzel mit Champignons. Kroketten und Spargel. Mein Lieblingsessen. Lieblings-Sonntagsessen. War nicht Dienstag? Nein, mit Jara war jeder Tag ein Sonntag. Mein Vater schaute mich an, dann zu Jara. Wieder zu mir. Grinste, wie ich ihn noch nie grinsen gesehen hatte. Und hielt sich zurück.
Meine Mutter fing stattdessen das Gespräch an. Und gleich in die falsche Richtung.
"Du hast vorhin erzählt, dass ihr euch mit deinem Vater getroffen habt. Deine Mutter war nicht dabei?"
"Nein, sie ist vor vier Jahren gestorben. Krebs."
"Oh mein Gott, das tut mir leid. Das wusste ich ja nicht."
"Nun, er hat eine neue Lebensgefährtin und scheint mit ihr glücklich zu sein. Die konnte nicht mit dabei sein, weil sie Dienst hatte. Sie ist bei der Kriminalpolizei."
Das schien meinen Vater positiv zu beeindrucken. Er nickte befriedigt. Wenn er die Story dahinter wüsste...
"Es war toll da, das könnt ihr euch überhaupt nicht vorstellen. Die Stadt... und die Leute. Wir haben viele von Jaras Freunden besucht. Am Samstag waren wir noch mit einem Freund von Jaras Vater, der die obere Wohnung in ihrem alten Haus gemietet hat, im Nationalpark. Sind gewandert. Das war märchenhaft. Ein paar Fotos davon sind auch auf dem Stick."
Synchrones Kopfnicken von meinen Eltern.
"Schmeckt es dir, Jara?", wollte meine Mutter wissen.
"Und wie, das ist wirklich köstlich. Mein Kompliment. Aber auch eine ganz schöne Kalorienbombe, oder?"
"Du kannst das doch vertragen. So schlank wie du bin ich in meinem ganzen Leben nicht gewesen."
Und dann hielt ich es einfach nicht mehr aus. Musste meine Erklärung jetzt loswerden.
"Ja, sie ist wunderschön, nicht wahr? Und nicht nur äußerlich. Sie ist die schönste Frau der Welt. Kein Wunder, dass ich mich in sie verliebt habe."
Mein Vater schmunzelte. Sah mich voller Wärme und Liebe an.
"In der Tat ist das durchaus nachzuvollziehen. Allerdings nicht, warum du da bisher so ein Geheimnis draus gemacht hast. Mit Verlaub, ich bin nicht blind. Das war mir schon bei eurem letzten Besuch nicht entgangen."
"Nun, bisher wusstet ihr ja nicht... dass ich nur Frauen liebe."
"Also exklusiv. Nein, das wussten wir nicht. Oder ich nicht, irgendetwas sagt mir, dass du deine Mutter schon beim letzten Mal ins Boot geholt hast. Aber das spielt keine Rolle, wer auch immer dich glücklich macht, ist mir willkommen, das solltest du eigentlich wissen. Zudem... könnte ich mir ohnehin keinen Mann vorstellen, der gut genug für dich wäre."
"Ach Papa."
"Faktum. Vermutlich eine mit Vaterschaft einhergehende genetische Disposition. Das müsstest du als Biologin vielleicht erklären können?"
In diesem Stil ging es noch eine Weile weiter. Von unseren Marokko-Plänen erzählten wir vorerst nichts, und unsere Planungsaktivitäten wurden dann von einem Vorschlag meines Vaters für den weiteren Verlauf des Abends ausgebremst.
"Wollen wir die Bilder nicht zusammen auf Fernseher anschauen? Er hat diese Funktion... wenn ich sie finde. Vielleicht mag Jara das eine oder andere Detail beitragen? Wie zum Beispiel, aus welcher Schaffensperiode sie stammen? Hintergründe aus berufenem Munde? Oder habt ihr andere Pläne und wollt gleich wieder weg?"
"Nein, wenn euch das recht ist, würden wir gerne heute hier übernachten", beeilte ich mich zu sagen. Wechselte einen schnellen Blick mit Jara, um ihr Einverständnis für die Fotogeschichte einzuholen.
"Das ist doch selbstverständlich, wunderbar. Ihr könnt hier solange bleiben, wie ihr wollt. Das ist dein Zuhause, Kind", mischte sich meine Mutter ein.
"Also, ich kann sicher einiges zu den Bildern sagen. Bei fast allen habe ich die Entstehung mitverfolgt", erhöhte Jara die Spannung bei meinem Vater.
"Grandios... das ist ganz vorzüglich. Angie, hilfst du mir mit diesem infernalen Gerät? Ich will jetzt nicht die Bedienungsanleitung herauskramen."
"Gern", gab ich zurück und wollte die Transportrolle weglegen. Sah den neugierigen Blick meines Vaters und wollte ihn dann doch nicht länger auf die Folter spannen. "Ach, vorher lass mich euch das hier zeigen."
Jara verfolgte das Ganze mit amüsierter Spannung. Mein Vater war völlig aus dem Häuschen.
"Aber das bist ja du... und nicht nur deshalb ein Meisterwerk. Erstaunlich... wirklich und wahrhaftig brillant. Es lebt und atmet. Den Odem des Genius. Du hast mir gar nicht erzählt, dass er dich gezeichnet hat?"
"Hat er nicht", kostete ich den Moment dieser fast religiösen Verzückung meines Vaters aus, der sich gar nicht mehr einkriegen konnte. "Sondern das war Jara."
Es folgte einer der wenigen Momente, wo mein Vater sprachlos war. Jara mit hängendem Unterkiefer anstarrte und sich nur langsam sammelte. Die lächelte nur verschmitzt und enthielt sich jeder Äußerung.
"Nun... ich bin beeindruckt. Der Apfel fällt nicht weit vom Birnbaum, wie es so schön heißt. Hattest du nicht... wenn mich mein Gedächtnis jetzt nicht trügt... die Frage, ob du selbst auch malst, bei deinem letzten Besuch verneint?"
"Ja und das war zu dem Zeitpunkt so. Es war das erste Mal seit vielen, vielen Jahren. Ich dachte nebenbei, es würde eine Ausnahme bleiben. Aber dann habe ich Gustav bei unserem Ausflug doch auch gezeichnet. Möchtest du das sehen? Ich hab's auf dem Handy."
"Gustav ist der Freund ihres Vaters, mit dem wir im Nationalpark waren", fügte ich erklärend hinzu.
"Ich bitte darum", vermeldete mein Vater, nahm das angebotene Handy ehrfürchtig entgegen und studierte das dort abgelichtete Bild. Reichte es dann an meine Mutter weiter.
"Ebenfalls ein kleines Meisterwerk, wenn ich das so sagen darf. Malst du, oder hast du auch in Öl gemalt?"
"Nur während des Studiums, ich zeichne lieber. Mit Holzkohle und Stiften."
Ich hatte mich während seines Kreuzverhörs um den Fernseher gekümmert und navigierte kurz durch die Fotos, bis ich ein Bild aus dem Nationalpark fand, wo Gustav drauf zu sehen war.
"Hier ist er übrigens."
Das wurde der Auftakt zu dem Fotoabend, den wir alle genossen. Inklusive Jara, die meinen Vater noch weiter nachhaltig beeindruckte, als sie die Gemälde ihres Vaters erklärte. Benannte verwendete Techniken, stellte Verbindungen zwischen den einzelnen Bildern dar, erzählte Hintergrundgeschichten zu ihrer Entstehung. Mein Vater schwebte auf Wolke sieben.
Sogar ihre zwei Rauchpausen auf der Terrasse, die beim ersten Mal zu einem lustigen Missverständnis führten, als sie mit "Ich müsste mal..." ansetzte, und meine Mutter ihr sofort den Weg zum Klo weisen wollte, wurden akzeptiert. Nachdem wir alle herzlich darüber gelacht hatten.
Ich führte sie dann dorthin, wo sie wirklich hinwollte. Jeder andere meiner Freunde, die mich besucht hatten, hatten dafür dumme Sprüche bekommen. Bei Jara wurde das widerspruchslos hingenommen. Ich glaube meine Eltern akzeptierten sie beide schon jetzt, so wie sie war.
Der Bericht von unseren Marokko-Plänen wurde ebenfalls wohlwollend aufgenommen. Es kam nur eine Rückfrage von meinem Vater, ob ich denn schon auf alle meine laufenden Bewerbungen Antworten erhalten hatte. Das war der Fall, die letzten beiden Absagen hatten hier auf mich gewartet.
Nun, bis dahin hatte ich mich noch nicht viel beworben und bis auf eine Ausnahme hatten mich die Stellen nicht wirklich interessiert. Waren mehr als Übungen gedacht, um in den Bewerbungsprozess hineinzukommen. Im Grunde war ich froh, den Marokko-Urlaub nicht aufgrund von Vorstellungsgesprächen oder gar einer Arbeitsaufnahme verschieben, oder sogar ausfallen lassen zu müssen.
Es war zwar schon etwas später, als wir in mein Zimmer zurückkehrten, aber ich wollte unbedingt noch weiter planen. Obwohl das Weib lockte. Wir buchten tatsächlich den Hinflug nach Agadir und den Rückflug von Casablanca aus. Vier Wochen Marokko, darauf hatten wir uns geeinigt. Das klang himmlisch.
So fühlte sich dann auch die folgende Suche nach Unterkünften an. Weil sich Jara nicht auf Lockungen beschränkte, sondern mir zunächst mit einer Hand zwischen meinen Beinen erhebliche Konzentrationsstörungen bescherte. Irgendwann zog sie meinen Stuhl ein Stück vom Schreibtisch weg, meinen Unterleib ein Stück nach vorn, um mich lecken zu können.
Das Klicken mit der Computer-Maus gab ich nach vielleicht einer Minute auf, und konzentrierte mich ausschließlich auf das, was sie mit meiner anstellte. Erst als mir das erste heftigere Stöhnen über die Lippen drang, erinnerte ich mich daran, wo wie waren, und versuchte mich auf einem niedrigen Geräuschniveau zu halten.
Das wurde sehr schnell eine echte Herausforderung und nur dadurch zu bewältigen, indem ich mir selbst den Mund zuhielt. Oh mein Gott. Das schien Jara noch zu beflügeln. Schon nach kurzer Zeit hatte ich den ersten fremdverschuldeten Orgasmus in meinem Zimmerchen. Jara war allerdings der Ansicht, dass frau auf einem Bein nicht stehen konnte.
Und machte sofort weiter. Unter meiner vorgehaltenen Hand drangen immer animalischere Laute hervor, wir wanderten außerdem mit dem Stuhl immer weiter in die Zimmermitte. Wofür das Anspannen meiner Beinmuskeln verantwortlich war, wobei ich beim Loslassen Zentimeter nach hinten rollte.
Als ich dann den zweiten erschütternden Höhepunkt erlebte, waren wir mit dem Stuhl bereits bis zum Bett vorgedrungen, das als Prellbock für meine Abfahrt diente. Und danach als Schauplatz für meine Revanche. Jara kannte sich selbst gut genug, um sich nicht auf ihre Hand als Schalldämpfer zu verlassen.
Auf ihre Anweisung hin versorgte ich sie mit einem Knebel in Form eines Seidenschals, den mir meine Oma mal geschenkt hatte. Dabei beließ ich allerdings nicht, erinnerte mich an eine Szene, die ich irgendwann gelesen hatte.
Band beide ihrer Hände am Bett mit einer langen und reißfesten Zugschlaufe fest, die ich im Paar für eine angerissene von meinem Rucksack als Ersatz besorgt hatte. Zum Schluss mit einem weiteren Schal ihre Augen, die vor Begeisterung und Geilheit zu glühen schienen.
Dann ging ich ans Werk. Leckte sie langsam und ruhig, zum Auftakt jedenfalls. Wollte, dass sie erst richtig auf Touren kam. Mittlerweile kannte ich den normalen Verlauf ihrer Erregungskurve, wusste genau, wie ich sie hochschaukeln konnte. Wusste, dass ich nicht nur die Macht, sondern auch das Vermögen hatte, ihr ein Erlebnis zu verschaffen, dass sie nie vergessen würde.
Steigerte die Geschwindigkeit und den Druck in einer flach ansteigenden Kurve, bis ihr Körper zuckte und bebte, sie sich in die Fesseln hängte, ihren Kopf immer wieder anhob und fallen ließ. Schaffte es, sie vielleicht fünf Minuten ganz dicht vor der Auflösung zu halten, ohne ihr diese zu erlauben. Als sie dann kam, lief ein kräftiges Zittern über ihren ganzen Körper, und trotz des Knebels war deutlich ein tiefer, erlöster Laut zu hören.
In dem Moment, wo sie sich entspannte, drang ich in sie ein, so wie sie es bei mir beim ersten Mal getan hatte. Erst ein paar Zentimeter, damit sie wusste, was ihr jetzt bevorstand. Schon mit meiner zum Keil geformten Hand. Wartete, bis sie es nicht mehr ertragen konnte. Drang dann langsam ein.
Sie war total nass, großartig dehnen brauchte ich bei ihr auch nie. Vollführte die Drehbewegungen, die sie mir beigebracht hatte, dann das ruhige, aber aktive Ficken, was sie so liebte. Oft hatte sie mir noch Anweisungen gegeben, meine Hand langsamer oder schneller zu bewegen.
Das konnte sie jetzt nicht. War mir völlig ausgeliefert. Und ich fühlte mich sicher und erfahren genug, sie ebenfalls mal an die Grenze des Erträglichen zu bringen. Beschleunigte, drang tiefer ein. Ich hörte dumpfe überraschte Laute, die nicht nach Protest klangen. Wurde immer wilder, immer härter, tobte mich in ihrem Innern aus, bis mir der Arm lahm wurde.
Und sie zwei weitere Male gekommen war. Sie hustete und schluckte, als ich ihr den Knebel aus dem Mund nahm. Ihr Mund wirkte sehr trocken, als ich küssend in ihn eindrang. Als ich von ihr abließ, hatte sich das normalisiert. Erst dann nahm ich ihre Augenbinde ab.
Ihre Augen glänzten und glühten, wie ich das selbst bei ihr noch nie gesehen hatte. Die Striemen an ihren Händen sahen brutal aus, sie hatte sich regelrecht wund gerieben, die Schlaufen waren vielleicht doch nicht so die beste Idee gewesen. Das schien sie nicht im Mindesten zu stören. Kaum kam sie frei, drückte und klammerte sie mich, bis ich kaum noch atmen konnte.
Wir lagen engumschlungen. Sie meinte, sie wolle sich nur kurz ausruhen, dann was überziehen und noch eine rauchen gehen. Schlief dann aber binnen Minuten in meinen Armen ein.
Als wir aufstanden, war mein Vater längst in seiner Kanzlei und meine Mutter auf dem Sprung zum Reiterhof, wo sie vormittags ihrer besten Freundin half, die Pferde zu versorgen. Sie hatte dort einige Jahre Vollzeit gearbeitet, obwohl sie das aus finanziellen Gründen nicht brauchte. Damals wie heute war es hauptsächlich ihre Liebe zu Pferden, die sie dorthin trieb.
Meine Mutter hatte den Frühstückstisch bereits vorbereitet, trank noch eine Tasse Kaffee mit uns und verschwand dann. Wir hatten das Haus für uns.
"Eh, zeig mal deine Handgelenke. Oh Mist, das sieht richtig ein bisschen entzündet aus. Da sollten wir nach dem Frühstück was draufmachen. Scheiße, das tut mir leid."
"Das tut dir leid? Mir nicht. Das war die geilste Abfahrt meines Lebens. Angie, da kam ja richtig das Teufelchen in dir hoch. Das hätte ich dir echt nicht zugetraut. Was war das, eine geheime Fantasie, oder..."
"Nein, einfach nur spontan. Habe sowas Ähnliches mal gelesen. Und als ich dich dann Knebeln sollte, kam mir halt dir Idee. Es hat dir also gefallen?", neckte ich sie, mein triumphierendes Grinsen konnte ich nicht mehr zurückhalten.
"Nein, überhaupt nicht. Darum bin ich auch gekommen wie blöd. Wart es nur ab, du wirst bald erfahren, wie geil das ist. Auf der empfangenden Seite."
"Aber diese Schlaufen waren bescheuert. Ich hab so schnell an nichts anderes denken können."
"Und ich an gar nichts mehr, als du mich in die Mangel genommen hast."
"Das war Sinn der Sache."
"Oh Angie, du bist echt eine Frau nach meinem Geschmack."
"Eine Frau zum Verlieben?"
"Hm. Das ist eine geladene Frage. Die ich nicht objektiv beantworten könnte. Aus bekannten Gründen."
"Öhm... was?"
"Weil ich dich bereits liebe, du Dummchen. Manchmal stehst du aber echt auf der Leitung."
Ich hatte das Gefühl meinen Körper zu verlassen. Ab in den Himmel zu schweben. Die Szene aus ganz großer Höhe zu verfolgen. Fassungslos starrte ich sie an. Konnte nicht glauben, diese Worte aus ihrem Munde gehört zu haben. Hatte mich bereits damit abgefunden, dass sie die niemals über ihre Lippen bringen würde.
Ich stand unter Schock. War völlig sprachlos.
"Angie? Weilst du noch unter uns?"
"Du liebst mich?"
"Ja, ich liebe dich. Jetzt. Das heißt aber nicht, dass wir zusammen in den Sonnenuntergang reiten werden. Wenn du verstehst, was ich meine."
Nein, tat ich nicht. War mir auch völlig egal. Genauso, wie wir auf dem Küchenfußboden gelandet waren. Ein absolut irrelevantes Detail. Nur diese Frau, die jetzt unter mir lag, und sich meiner leidenschaftlichen Küsse erwehren musste, zählte in diesem Moment.
Schwer atmend kamen wir irgendwann hoch.
"Wow. Bei dir muss man echt vorsichtig sein, was man sagt", meinte sie beeindruckt und hob den Stuhl auf, von dem ich sie wohl gerissen hatte. "Komm lass uns hier klar Schiff machen, bevor deine Mutter zurückkommt."
"Ja, und dann zusammen duschen. Oder baden? Im Badezimmer hier unten ist eine Badewanne."
"Echt? Wow, dann das. Hab ich bestimmt schon zwei Jahre nicht mehr. Ja, los, dann lass uns."
Das taten wir dann nach Abräumen, Abwaschen und ihrer obligatorischen Morgenzigarette. Es war herrlich. Als wir gerade in mein Zimmer zurückgekehrt waren, kam meine Mutter schon zurück. Demonstrativ ließ ich die Tür auf, damit sie wusste, dass sie uns nicht bei irgendwas unterbrach, wenn sie was wollte.
Auch als Bremse für uns, damit wir die Buchungen der Unterkünfte über die Bühne kriegten. Zwei von den Unterkünften, die ich am Vorabend rausgesucht hatte, waren tatsächlich schon weg. Wir fanden aber ansprechenden Ersatz.
Unsere geplante Route war ganz schön ambitioniert. Gut, die ersten zwei Wochen wollten wir ja von ein paar Tagesausflügen abgesehen stationär in Agadir bleiben. Von dort nach Marrakesch, dann quer durchs Land nach Ouarzazate, Fès, Chefchaouen, Tanger, die Küste hinunter nach Rabat und von dort nach Casablanca.
Nur in den großen Städten hatten wir Unterkünfte gebucht, an den kleinen Zwischenstationen würde man eher spontan relativ günstige Quartiere finden, hatte Jaras Kumpel Thomas ihr erklärt. Da war es besser flexibel zu sein, weil der Transport dort oft auf der Karte einfacher aussah, als er wirklich war. Besonders, wenn das Budget eingeschränkt war.
Meine Mutter setzte sich einige Zeit zu uns und schaute sich mit träumerischen Blick Bilder von den Unterkünften und unseren Reisezielen mit uns an. Vielleicht setzten wir da gerade bei ihnen etwas in Gang. Zumindest sie schien akutes Fernweh zu bekommen, als sie das alles sah. Mein Vater hatte ja schon bei Prag Anzeichen gezeigt.
Für den Moment schien sie allerdings hochzufrieden über diese kleine Teilnahme, und vor allem unseren Anblick. Wir gingen jetzt ganz offen miteinander um, küssten und streichelten uns. Konnten beide gar nicht anders, weil wir vor Glück zu bersten drohten. Sie strahlte mit uns.
Riet uns öfter zu etwas teureren Unterkünften, und reagierte auf meine Hinweise auf unser eher knappes Budget genau wie Jara. Darüber sollte ich mir keine Sorgen machen. Das würde sich finden. Und außerdem: Wozu hätte man schließlich Eltern. Einen ähnlichen Spruch kriegten wir später ebenfalls von meinem Vater.
Wir kehrten erst am Donnerstagvormittag nach Berlin zurück. Der Flug ging schon um sieben Uhr morgens am Freitag. Am Vorabend kriegte Jara noch ein überraschendes Geschenk von meinem Vater. Er war später als sonst nachhause gekommen, hatte das aber wohl mit meiner Mutter abgesprochen.
Jara staunte nicht schlecht, als er ihr eine kräftige Transportmappe mit Fächern, feinstes Zeichenpapier, Holzkohle und eine professionelle Zeichenstiftsammlung überreichte. Ihre Danksagung, die in einer heftigen Umarmung mit Küsschen auf die Wange bestand, war dann für ihn in ihrer Heftigkeit überraschend, aber sichtlich angenehm. Er war extra nach der Arbeit nach Berlin reingefahren, um ihr die Sachen zu besorgen.
Unsere Zeit in Berlin war dann nur noch von Reisevorbereitungen geprägt. Jara telefonierte nochmal kurz mit dem Typen, der am Nachmittag vorbeikommen und ihr einen Reiseführer mitbringen wollte. Ich holte uns in der Zeit etwas zu Essen, weil Jara keine Lust hatte, rauszugehen.
Als ich mit Dönerrollen und Salat zurückkehrte, war er schon da und im Begriff sich zu verabschieden.
"Na, dann wünsche ich euch viel Spaß, und seid um Gottes Willen vorsichtig. Da wollt ihr nicht im Knast sein, glaubt mir das. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Frauenknäste wesentlich besser sind, als die für Männer."
"Vorsicht ist mein zweiter Vorname. Und jetzt verpiss dich, ich habe Schmacht."
Er lachte und umarmte sie noch kurz. Grinste mich an und verschwand.
"Was meinte er damit?"
"Ja, verdammt, das habe ich dir noch gar nicht gesagt. Dreh jetzt bitte nicht durch. Homosexualität steht in Marokko unter Strafe. Bis zu drei Jahren Gefängnis, wenn man Pech hat. Küssen und mehr in der Öffentlichkeit ist nicht drin. Nicht einmal Händchenhalten. Wir sind einfach nur Frauen, die zusammen reisen."
Uff. Das war allerdings ein Hammer. Ich war echt geschockt.
"Was uns nicht davon abhalten wird, in unseren Unterkünften zahlreiche Straftaten zu begehen. Ach so, dann ist es sicher schlau, Knebel und sowas mitzunehmen. Für die Unterkünfte, wo wir nur ein Zimmer haben."
"Okay", sagte ich schließlich und rollte mein Lahmacun auf. "Dann sind wir da eben in der Öffentlichkeit artig und nachts richtig böse Mädchen."
"Exakt. Ich weiß, das ist ein kleiner Wermutstropfen, und wird unsere Selbstbeherrschung auf harte Proben stellen. Ich hab das schon oft genug in anderen Ländern erlebt, wenn auch nicht so krass. Man gewöhnt sich dran."
Ich nickte nur, weil ich den Mund voll hatte. Oje, ich hoffte nur, dass sich mein Vater nicht noch über die Rechtslage dort informierte. Das war ihm zuzutrauen.
"Im Übrigen solltest du dich vielleicht auch dran gewöhnen, mich auf dem Trip Janka zu nennen. Klar, werden die meisten nicht wissen können, ob Jara irgendeine Ableitung oder Koseform davon wäre, aber das letzte, was wir gebrauchen können, ist unerwünschte Aufmerksamkeit. Das okay?"
"Klar."
Es wäre beinahe schon bei meinen Eltern zum Eklat gekommen, als ich unsere Tickets am Netzwerkdrucker meines Vaters ausgedruckt hatte, als meine Mutter unten herumwuselte. Gott sei Dank druckte ich zuerst die von Jara und dann meine, so dass die oben lagen, als ich beim Drucker ankam. Zeigte ihr kurz das obere Ticket, als sie fragte, was ich da gedruckt hatte.
Also gut. Wieder Angst und Nervenkitzel. Das war nichts Neues, und machte irgendwie auch den besonderen Reiz der Beziehung mit ihr aus. Ich hatte gelernt, damit umzugehen. War längst nicht mehr das naive, unschuldige Ding, das sie kennengelernt hatte. Und so furchtbar verliebt. Bereit, mit ihr alles zu riskieren, alles zu wagen. Für sie und mit ihr durchs Feuer zu gehen.
***
Obwohl wir diesmal nicht die Nacht wachblieben und mindestens eine Stunde vor Abflug, also um sechs am Flughafen sein wollten, bekamen wir das hin. Na ja, wir mussten Duschen und Frühstücken ausfallen lassen, letzteres holten wir nach dem Einchecken nach. Der Flug nach Basel verging wie im Flug. Der sechsstündige Aufenthalt dort zog sich hingegen wie Kaugummi.
Wir nutzten die Zeit, uns gemeinsam den Reiseführer von Lonely Planet anzuschauen und ausgiebig miteinander zu schmusen, sozusagen auf Vorrat. Ich rief meine Eltern an und teilte ihnen mit, dass wir gut in Basel angekommen waren und bedankte mich für ihre großzügige Beteiligung an unserer Reisekasse.
Mein Vater hatte mir nämlich noch einmal tausendfünfhundert Euro überwiesen. Nun brauchten wir uns aller Voraussicht nach wirklich keinerlei Sorgen um Geld machen, wenn wir reine Lebenshaltungs- und Reisekosten innerhalb Marokkos nicht völlig falsch einschätzten.
Da der Wechselkurs ziemlich genau eins zu zehn war, würde es uns auch leichtfallen, Preise in Dirham umzurechnen. In dem Reiseführer standen öfter Preise, die als Orientierungshilfen dienen konnten, auch wenn sich sicher seit der Veröffentlichung einiges geändert hatte. Denn der Führer hatte wohl schon einige Trips hinter sich gebracht und sah ziemlich mitgenommen aus.
Bei unserer Ankunft am Al Massira Flughafen waren wir von der kurzen Nacht und dem langen Trip ganz schön geschlaucht. Und leisteten uns den Luxus eines Taxis zum Zentrum, das über zwanzig Kilometer vom Flughafen entfernt lag. Eine Busfahrt hätte uns laut Reiseführer weniger als einen Euro gekostet, das Taxi war um einiges teurer.
Jara erprobte sich gleich im ortsüblichen Feilschen. Statt der dreihundert Dirham, die der Taxifahrer zunächst wollte, drückte sie ihn auf zweihundertzwanzig. Das kam mir für so eine lange Fahrt immer noch spottbillig vor, denn wir waren bestimmt eine Dreiviertelstunde unterwegs. Und wurden nach dem Versand einer SMS noch vom Taxi aus, direkt von unserer Gastgeberin vor dem Haus der Wohnung erwartet, die wir dort gemietet hatten.
Die Frau war vielleicht vierzig Jahre alt, sprach sehr gut Englisch und führte uns in das neu und sauber wirkende Haus, in dem sie zwei Wohnungen vermietete. In einer weiteren Wohnung wohnte ihre Mutter, die ebenfalls herbeieilte und anbot, neben der Zimmerreinigung, die im Preis mit drin war, gegen Aufpreis auch unsere Wäsche zu waschen. Ihr Englisch war ebenfalls ganz gut.
Die Wohnung im obersten zweiten Stock war noch schöner, als die Bilder hatten vermuten lassen. Es gab ein Schlafzimmer mit Doppelbett, eine traditionelle marokkanische Lounge, also weiche Teppiche und Sitzkissen am Boden, eine Küche, allerdings ohne Kühlschrank, und ein kleines Badezimmer mit Dusche.
Kein Fernseher, kein WLAN, wie sie noch einmal entschuldigend vorbrachte, obwohl wir das natürlich von der Anzeige her bereits wussten. Sie wollte uns zeigen, wie man sich am besten in der Lounge eine Bettstatt herrichtet, als Jara sie stoppte und meinte, wir wären Kusinen und würden gemeinsam im Doppelbett schlafen.
Das hatten wir nicht abgesprochen, war aber ein genialer Einfall, denn die Gastgeberin nickte sofort und schien sich nichts weiter dabei zu denken. Sie drückte uns noch Broschüren über Sehenswürdigkeiten und Kurztrips, sowie einen Stadtplan in die Hand. Zeigte uns darauf Regionen mit freiem WLAN und gab uns einige persönliche Empfehlungen für Restaurants und Strandabschnitte.
Die Auswahl war groß, denn der halbmondförmige Strand war fast neun Kilometer lang. Sie erklärte uns noch die Lage der nächstliegenden günstigen Shops und ließ uns dann in unserem kleinen Reich für die nächsten zwei Wochen allein.
Beim Eintritt hatte sie die orangenen Vorhänge des Schlafzimmers aufgezogen, die Jara nun als erstes wieder schloss. Dann sanken wir auf das Bett und küssten uns überglücklich.
"Oh, Kusinchen, wo fasst du mich denn da an? Du böses, böses Mädchen. So was macht man doch nicht mit Familienmitgliedern", witzelte ich herum. "Geniale Idee, nebenbei. Sollten wir beibehalten."
"Kam mir einfach in den Kopf, ist hier wahrscheinlich durchaus üblich. Wäre doch Quatsch, ein Alibi-Bett im Salon zu bauen, damit ihre Mutter sich keine unnötigen Fragen beim Putzen stellt. Die Wohnung ist total geil, findest du nicht?"
"Ja, und angenehm kühl, obwohl es keine Klimaanlage gibt."
"Na, die wissen, wie man Häuser am besten für ein solches Klima baut. Wollen wir dann langsam los, um die Gegend zu erkunden? Vielleicht sogar zum Strand runterlaufen? Nur zwanzig Minuten von hier, hat sie gesagt."
"Ja, lass mich nur schnell den Text an meine Mutter schreiben, dass wir gut angekommen sind und so. Ich hoffe, du hast das Internet abgeschaltet? Sonst hast du später eine Rechnung, die höher wird, als unsere ganze Reise."
"Habe ich, und außerdem natürlich Prepaid. Da wäre bei mir nur das Guthaben weg."
Die ersten Eindrücke waren überwältigend. Die ganze Stadt wirkte neu und relativ sauber. Wie wir dem Reiseführer entnommen hatten, hatte es 1960 ein schlimmes Erdbeben mit einem anschließenden Brand gegeben, der große Teile der Stadt komplett zerstörte und viele Todesopfer forderte.
Es war ordentlich was los, die Straßen voller hektischer Autofahrer und vielen Motorrädern, aber auch auf den Bürgersteigen traf man eine Menge Leute an. Einheimische wie Touristen, wobei die sich die Waage zu halten schienen, je näher wir dem Strand kamen.
Ein wirres exotisches Gemisch, einheimische Frauen mit Kopftüchern, manche mit Burkas und Gesichtsschleier, dann auch wieder in Jeans und T-Shirt. Touristen mit umgehängten Kameras, Gesprächsfetzen in Arabisch, Englisch, Französisch und sehr oft auch Deutsch. Überall Palmen und wunderschöne kleine Gärten mit exotischen Blumen.
Da es schon fast sieben war, war der Strand erstaunlich leer, beziehungsweise verloren sich Grüppchen von Einheimischen und Touristen in seiner enormen Weite. Verblüfft sah ich, wie einheimische Frauen komplett angezogen ins Wasser gingen, daneben Touristinnen mit knappen Bikinis.
Wir wurden sogleich angesprochen, ob wir einen Schirm oder Liegestuhl wollten. Verständigungsprobleme würde es hier nicht geben, denn es gab von den jungen Männern die Sprachauswahl Englisch, Französisch, Deutsch. Da wir gar nicht vorhatten, jetzt noch schwimmen zu gehen, lehnten wir dankend ab.
Auch alle weiteren Angebote, Früchte, Tücher, Bilder und was die anderen Männer und Frauen sonst noch feilboten, zum Teil in einer etwas nervigen Intensität. Wir zogen uns beide unsere Baumwollhosen bis zu den Knien hoch und gingen ein Stück über den warmen Strand am Wasser entlang, das eine herrliche Temperatur hatte.
Jetzt, schon nach sieben, war die Lufttemperatur bestimmt noch knapp unter dreißig Grad, aber ein angenehmer Wind umschmeichelte und kühlte uns. Herrlich, so in etwa hatte ich mir das vorgestellt und doch war es total anders. Wir setzten uns in den warmen Sand und ließen die Schönheit einfach einsickern.
Wie gerne hätte ich mich bei ihr angekuschelt, oder sie in den Arm genommen. Für einen Moment wurde ich traurig und nachdenklich. Ich brach gerade das Gesetz, nicht mit etwas, was ich tat, sondern einfach nur mit dem, was ich war. Etwas, was ich mir nicht ausgesucht hatte.
Wie mochte das für eine hier geborene lesbische Frau sein? Ein Leben in Angst und dem konstanten Verstecken der eigenen Identität? Unvorstellbar. Dass die Frauen hier den Konventionen folgend ihre Körper nicht zu zeigen wagten, war noch im Bereich des Nachvollziehbaren. Alles andere überstieg meinen Horizont.
"Woran denkst du?", wollte Jara wissen, die sehr wohl meinen Stimmungsumschwung mitbekam.
"An die einheimischen Frauen hier. Frauen wie wir."
Sie nickte verstehend. Schlang ihre Arme um ihre Knie, wohl den Impuls unterdrückend, mich tröstend anzufassen.
"Besser nicht dran denken. Und vorsichtig bleiben. So schwer es auch fällt. Es gibt überall Licht und Schatten. Wo es besonders hell ist, sind die Schatten besonders hart."
Ich nickte stumm. Das Meer und das konstante Spiel der Wellen, beruhigte und besänftigte meinen Geist. Okay, es war ein Paradies voller Ungerechtigkeit und bösen Gefahren, aber es war immer noch ein Paradies. Das ich mit meiner Geliebten, sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken und erleben konnte. Nur das zählte. Nur das.
Wir gingen noch in Strandnähe etwas zum Frühstück einkaufen, da wir nicht sicher waren, ob wir vor zehn Uhr zu den empfohlenen Geschäften nahe unserer Wohnung zurückkehren würden. Die schlossen nach Angabe unserer Gastgeberin nämlich um diese Zeit.
Dann fanden wir ein kleines Restaurant, das zwar nicht unter ihren Empfehlungen gewesen war, aber einen guten Eindruck machte. Und alles andere als teuer war. Der frische Fisch dort war köstlich, dazu aß ich zum ersten Mal in meinem Leben Couscous mit frischem Gemüse. Alle Gerichte waren mit einem tönernen Deckel abgedeckt, der wie ein Spitzhut mit Bommel aussah.
Das Restaurant war gut besucht, ausnahmslos Touristen. Gegen die sahen wir richtig blass aus, denn die meisten waren bereits enorm braungebrannt, oder im Fall einer Gruppe englischer junger Männer total sonnenverbrannt. Die sahen oft zu uns herüber und machten wohl Kommentare, die wir aufgrund der Distanz nicht verstanden.
Auch daran hatte ich nicht gedacht. Da wir ja keine eindeutigen Signale geben durften, würden wir wahrscheinlich allerlei ein- und zweideutigen Angeboten ausgesetzt sein. Von einigen marokkanischen Jugendlichen hatte wir schon Pfiffe und lüsterne Blicke bekommen. Und Sprüche auf Arabisch, wobei ich nicht traurig war, dass ich diese nicht verstand.
Alles aber im Rahmen und ohne bedrohliche Komponenten. Unsere Gastgeberin hatte uns zudem gesagt, dass wir uns in unserer Gegend keinerlei Sorgen machen brauchten, die wäre sicher. Nur mit zu viel Geld rumzulaufen, wäre keine gute Idee. Es gab einige Taschendiebe, die allerdings mehr am Strand und im Souk, dem großen Markt der Stadt, anzutreffen wären.
Die Müdigkeit holte uns ein, die vollen Bäuche taten das ihre dazu. Wir tranken noch einen Pfefferminztee und machten uns auf den Heimweg. Fanden unseren Weg zurück problemlos. Jara hatte einen ausgezeichneten Orientierungssinn, sich darüber hinaus Straßennamen und Gebäude gemerkt.
Glücklich sanken wir nach der überfälligen Dusche in das weiche Bett und kuschelten uns aneinander. Streichelten und küssten uns noch eine Weile. Und schliefen dann selig ein.
***
Sex hatten wir dann ausgiebig am Morgen. So kamen wir erst kurz vor der Mittagszeit aus dem Haus, und liefen direkt zum Strand. Agadir selbst hat nicht so viele Sehenswürdigkeiten. Eben, weil die Stadt abgebrannt war und neu aufgebaut wurde.
Es gab zwei Paläste, die nicht von innen zu besichtigen waren, die alte Kasbah, also Sandsteinburg, die auf einem Hügel lag, darunter prangten riesengroße arabische Schriftzeichen. Und den Souk, den wir uns für einen späteren Tag aufheben wollten. Die Hauptattraktionen Agadirs waren eben der Strand und die Sportmöglichkeiten.
Es gab wohl einen guten und beliebten Golfplatz, aber die Wassersportarten dominierten. Dort, wo wir an diesem Samstagnachmittag waren, waren die Wellen nicht so ausgeprägt, an anderen Stellen konnte man Surfen, Windsurfen, Jet-ski fahren, Segeln und was weiß ich noch alles. Uns stand der Sinn allerdings nur nach Schwimmen und mithilfe des gemieteten Sonnenschirms wohldosiert in der Sonne zu brutzeln.
Dabei folgten wir nicht dem Herdentrieb der anderen Touristen, die sich alle in unmittelbarer Nähe voneinander an diesem Strandabschnitt ablegten, sondern lagen etwas abseits in der Nähe von einheimischen Familien. Diesmal machten wir reichlich von den Angeboten frischer Früchte oder auch eisgekühlter Getränke der herumziehenden Händler Gebrauch.
Jara bedauerte, ihre Zeichenutensilien in der Wohnung gelassen zu haben, weil ihr einige interessante Motive ins Auge stachen, die sie allerdings nicht benannte. Aber es würde ja noch mehr als genug Zeit geben, hier einiges nachzuholen. Dieser Samstag war ja erst der Auftakt von zwei Wochen dort.
Deshalb ließen wir es insgesamt ruhig angehen, aßen am Strand nur ein paar Kleinigkeiten und hauptsächlich Obst. Gingen danach direkt auf Restaurantsuche, da war es schon wieder halb acht. Diesmal probierten wir eine der Empfehlungen unserer Gastgeberin aus. Das Essen war hervorragend, wenn auch etwas teurer als am Vorabend.
Wir blieben bei Fisch und Meeresfrüchten, immerhin gab es die hier frisch gefangen, im Landesinneren konnte man immer noch alles andere probieren. Anschließend gingen wir nur kurz in eine Bar, wo uns weder Musik noch Klientel besonders gefielen. Also verzogen wir uns nach zwei Drinks wieder.
Es gab ein paar Clubs in der Stadt, von dem uns einer besonders von Jaras Bekannten empfohlen wurde, namens Papagayo. Aber an diesem Tag schenkten wir uns einen Besuch dort ebenfalls. Waren Ruhe, Sonne, Wind und Meer vollends ausreichend gewesen. Ein willkommener Kontrast zu den schnellen, erlebnisreichen, aber auch ungemein anstrengenden Wochen zuvor.
Unter unseren Sonnenbrillen waren unsere verliebten Blicke unsichtbar für andere. Wir verkniffen uns sogar "zufällige" Berührungen im Wasser. Okay, es war manchmal schwierig und frustrierend, aber wir gewöhnten uns langsam daran. Wie ich mich an den Namen Janka. Auch den Sonntag verbrachten wir komplett am Strand.
Am Montag besuchten wir dann den Souk. Das war wirklich ein Fest für die Sinne. Die Art, wie die Händler ihre Waren arrangierten, die Farben, Formen, Gerüche, das Sprachgemisch, all dies war ein Gesamterlebnis. Das nur in seinen Teilen angemessen beschrieben werden könnte, aber niemals in seiner überwältigenden Gänze.
Ich war einige Male geneigt, schon hier Andenken für meine Familie und natürlich auch mich selbst zu kaufen. Jara redete es mir aus, da wir sicher ähnliche, wenn nicht größere Bazare noch erleben würden. Und es keinen Sinn machte, die Sachen quer durchs Land zu schleppen. Wobei bei den wunderschönen Tellern und Glaswaren zusätzlich die Gefahr bestand, dass sie beim Transport beschädigt wurden.
So blieb es bei einigen Schals und Tüchern, einem Gürtel und reichlich Obst für die nächsten Tage. Jaras Beitrag war, die ursprünglichen Preise in manchen Fällen bis auf die Hälfte zu drücken. Ich selbst würde mich mit diesem Feilschen nie anfreunden können.
Ich trank zum ersten Mal in meinem Leben frischen Zuckerrohrsaft. Interessant, aber nicht ganz unerwartet recht süß. Am Nachmittag gingen wir dann an den Strand. Diesmal nahm Jara ihre Zeichenutensilien mit. Neben den vielen mobilen Händlern, gab es auch stationäre Stände. Etwas überraschend hielt Jara zielstrebig an einem davon, bevor wir uns einen Platz suchten.
Und fragte die dort verkaufende Frau, ob sie sie zeichnen dürfte. Die hatte dagegen nichts einzuwenden, also setzten wir uns in den warmen Sand und unterhielten uns mit der alten Frau auf Französisch, während Jara ihr Antlitz für die Nachwelt festhielt. Verstehen konnte ich Jaras Auswahl gut, denn die Frau war nicht nur sehr nett, sondern ihr faltiges Gesicht erzählte wie sie selbst die Geschichte eines langen, ereignisreichen Lebens.
Erneut gelang es Jara, über ihre Züge hinaus ihr Wesen festzuhalten. Das Bild wurde fotografiert und als Geschenk überreicht. Die Dame hatte Tränen in den Augen, als sie es entgegennahm und wir bekamen Melonenstücke im Gegenzug aufgedrängt, bevor wir uns verabschiedeten.
"Warum verschenkst du eigentlich alle Bilder? Nicht unbedingt förderlich, um ein Portfolio aufzubauen, hm?", fragte ich sie, als wir uns auf den eben gemieteten Liegestühlen niederließen.
"Hast du nicht gesehen, wie sie sich darüber gefreut hat? Das ist mir wichtiger, dieser Moment, diese Verbindung, die wir in dem Augenblick hatten. Außerdem habe ich doch das Foto."
Ja, das passte zu ihrer Lebenseinstellung, also nickte ich nur. Eine Frau, die direkt neben uns auf unserer Linken lag, sah uns mit unverhohlener Neugier an. Offenbar eine Deutsche, oder zumindest in der Lage, unseren Gesprächen zu folgen.
Ich ärgerte mich ein bisschen, dass wir uns von dem jungen Burschen, der uns die Liegestühle und den Schirm vermietet hatte, diesen Platz aufdrängen ließen. Nun mussten wir nicht nur aufpassen, was wir taten, sondern auch noch, was wir sagten. Ich erzählte Jara auf dem Weg ins Wasser von meiner Beobachtung.
Die zuckte nur mit den Schultern und meinte, ich sollte mir darüber keine Gedanken machen. Zeigte dann allerdings eine verspätete Reaktion, denn sie wollte vielleicht eine Stunde danach mit jemanden telefonieren. Und verzog sich mit einer Zigarette und ihrem Handy auf einen freien Flecken, von dem es trotz der zahlreichen Besucher mehr als genug gab.
Ich hatte öfter den Eindruck, dass die Frau sich gerne mit uns unterhalten hätte, aber wohl keinen Gesprächsaufhänger fand. Aufmerksam verfolgte sie unser Gespräch, als Jara zurückkehrte.
"Wir treffen uns nachher mit Sebastian, beziehungsweise besucht er uns in der Wohnung, um sechs", informierte sie mich, wobei sie den Namen mit englischer Betonung aussprach.
"Ein Ami?"
"Engländer. Heute Nacht sollten wir dann diesen Papagayo-Club antesten, den hat er auch empfohlen. Macht wohl erst um eins auf. Und zu einer Privatparty am Freitag hat er uns eingeladen."
"Hier in Agadir?"
"Nein, die Villa, wo es stattfindet, ist wohl eher außerhalb. Wir werden dann abgeholt. Weißt du was, ich werde heute mal dein Geschenk einweihen."
"Mein Geschenk?"
"Na, das Designer-Teil. In einem Club wie dem kann man sowas wohl tragen."
"Hoffentlich mit Unterwäsche?"
Sie kicherte.
"Zumindest auf dem Weg dahin. Mal schauen, wie ich dort drauf bin."
Ich grinste sie an und dachte an die Szene in der Berliner Boutique zurück. Na, frau bückte sich in Clubs ja nicht so irre viel. Wir genossen weiter Sonne und Meer, bis wir wegen des Treffens zurückmussten. Essen gehen wollten wir so spät wie möglich, um dann die Zeit danach nicht zu lange in Bars herumhängen zu müssen, bevor es Einlass in den Club gab. Die Frau neben uns räumte ihre Sachen zum Aufbruch zusammen und fasste sich dann doch ein Herz.
"Entschuldigt, dass ich euch einfach anquatsche... ihr seid Deutsche?"
Als ob sie das nicht mitgekriegt hätte. Jara mischte sich ein.
"Angie ist Deutsche, aus Strausberg, nicht Berlin. Ich bin Tschechin, aus Prag, jetzt Berlin. Ich heiße Janka."
"Ach so, ja, verstehe... ich... ich weiß, das ist unhöflich, aber ich habe vorhin mitbekommen, dass ihr in den Papagayo Club geht? Ach so, ich bin die Petra, aus Bochum."
"Hallo Petra. Ja, da wollen wir hin. Kommst du auch?"
"Ja, ich war da schon einmal... aber alleine ist das nicht so schön. Vielleicht sehen wir uns da ja."
"Sicher, dann kannst du mir sagen, wie ich wirklich in dem Fummel aussehe, den Angie mir geschenkt hat. Ich habe bisher noch keine wirklich objektiven Meinungen bekommen. Wir haben auch nichts dagegen, wenn man uns Drinks spendiert."
"Klar, verlasst euch drauf. Ach so, die Musik ist übrigens toll, wenn ihr auf House und Techno steht."
"Das tun wir", gab Jara grinsend bekannt. "Du bist ganz alleine hier in Marokko? Respekt. Wie lange?"
Sie setzte sich doch noch einmal auf ihren Liegestuhl. Ich schätzte sie auf Anfang dreißig. So braungebrannt, wie sie war, sicher nicht erst seit gestern hier.
"Ach so, schon fast zwei Wochen, ich bin nur noch bis Mittwoch hier. Pauschalreise und so, war total billig und ich kann auch sonst nicht klagen, das Hotel ist prima, Agadir auch... aber trotzdem war es blöde, alleine hierherzukommen... weiß nicht, warum ich das für eine gute Idee hielt."
Ich nickte gleichzeitig mit Jara, obwohl wir das nach nur zweieinhalb Tagen eigentlich noch gar nicht so richtig beurteilen konnten. Jara sah sie aufmunternd an.
"Wenn du willst, können wir uns schon zum Essen treffen, was trinken gehen und dann das Tanzbein schwingen."
"Echt? Das wäre sowas von geil. Ihr seid echt gut drauf, euch hätte ich früher schon treffen sollen."
Wir erklärten ihr, warum das schwierig gewesen wäre und sprachen ein Restaurant ab, das nicht weit von dem Hotelkomplex war, in dem sich der Club befand. Petra war richtig happy und schwebte davon.
"Hm... die ist ja nett", versuchte ich das Erlebnis einzuordnen.
"Ach so, ja, das ist sie", witzelte Jara und wir kicherten beide. "Und einsam. Ich denke mal, wir brauchen fürs Essen heute nicht zu zahlen."
Ich stutzte verblüfft.
"Du hast das deswegen gemacht?"
"Nein, aber ich gehe jede Wette ein, dass sie das anbieten wird, so dankbar wie sie für unsere Gesellschaft ist. Sie hat mir leidgetan, dir nicht?"
"Doch, klar."
"Und sieht doch ganz schnuckelig aus?"
"Hey! Wie weit willst du es mit deiner Nächstenliebe treiben? Und wie kommst du darauf..."
"Besprechen wir nachher. Kein guter Ort für so ein Gespräch. Nochmal ins Wasser?"
Das wollte ich nur zu gern. Der Wind war etwas stärker geworden und dementsprechend die Wellen, die hier an diesem Strandabschnitt ohnehin etwas ausgeprägter waren. Ein total geiles Gefühl, sich von ihnen erfassen und herumwerfen zu lassen. Ein paar hundert Meter weiter sah es noch wilder aus und dort waren Leute richtig am Surfen. Wir beschlossen, dies in den nächsten Tagen auch mal zu probieren.
Meine Versuche, mich noch einmal mit ihr über Petra oder den bevorstehenden Besuch dieses Sebastians zu unterhalten, wehrte sie auf dem Nachhauseweg ab. Wobei ich das nur im ersten Fall verstand. Als wir kurz vor sechs bei der Wohnung eintrafen, saß Sebastian bereits in einem parkenden Jeep und wartete auf uns.
Ein vom Aussehen her typischer Engländer, mit Kurzhaarschnitt und heller, mit Sommersprossen gesprenkelter Gesichtshaut, etwas kräftiger gebaut und mit Bierfahne. Komisch, dass er noch blasser als wir waren, obwohl er doch hier lebte. Offenbar kein Sonnenanbeter.
Und nicht gerade ein Gentleman, denn er drückte, gleich nachdem wir die Wohnungstür hinter uns geschlossen hatten, sein Bedauern aus, dass so gutaussehende Frauen "Muffdiver" wären. Was eine nicht unbedingt freundliche Bezeichnung für lesbische Frauen ist.
Wie im Laufe des Gesprächs klarwurde, war er einfach nur ein bisschen vorlaut und sonst ganz nett. Erzählte von der anstehenden Party, während Jara im Schlafzimmer verschwand. Als sie zurückkam, lief es mir kalt den Rücken runter. In der Hand hielt sie einen doppelt eingeschweißten Plastikbogen, in dem klar sichtbar Pillen eingeschlossen waren. Hunderte.
Sebastian freute sich wie ein kleines Kind. Überschlug kurz den Inhalt, was aufgrund der Reihen leicht war. Zählte fünftausend Dirham ab, und erklärte noch, wann er uns zur Party abholen würde. Dann war er wieder verschwanden.
"Na, das war ja ein Vogel", meinte Jara vergnügt und zählte noch einmal das Geld. "Aber ein lohnender Kontakt."
Ich war fassungslos, aber nun hatte ich den Schock verdaut und wurde wütend.
"Sag mal, spinnst du jetzt total? Du hast Drogen mitgenommen? Und vor allem, ohne mir ein Wort davon zu sagen?"
Jara schaute mich mit schräggelegtem Kopf an und reagierte völlig gelassen. Natürlich, sie hatte meine Reaktion erwartet. Genau so und nicht anders erwartet.
"Beruhige dich bitte. Zum einen war es null Risiko, zum anderen hättest du dir trotzdem Sorgen gemacht, wenn ich es dir erzählt hätte. Du musstest noch den Schock verdauen, dass wir hier illegal sind. Wie hättest du über unsere Reise gedacht, wenn ich dir dieses Detail auch noch erzählt hätte?"
"Null Risiko? Mit hunderten... dann eben fünfhundert Pillen im Gepäck nach Marokko zu fliegen?", reagierte ich auf ihr Handzeichen.
"Ja, weil damit niemand rechnet. Die Dinger sind auf den Scans nicht zu sehen, weil sie waagerecht liegend unter dem Futter meiner warmen Jacke eingeknöpft waren. Die scannen in Deutschland beim Abflug nur nach Metall, oder auffälligen Gegenständen. In Marokko schauen sie ebenfalls nicht richtig nach. Übrigens waren es fünfhundertzehn Pillen. Zehn haben wir für die Reise für uns. Können wir gleich heute Nacht antesten. Vielleicht hat ja Petra auch Bock drauf."
Der Fall war für sie erledigt. Aber für mich noch lange nicht.
"Komm, hör auf. Im Futter der Jacke... das ist doch bestimmt kein ungewöhnlicher Ort zum Schmuggeln. Wenn sie deine Klamotten ausgepackt hätten..."
"Machen sie aber so gut wie nie. Komm, reg dich ab. Das ist, wie ich mir in den letzten Jahren meinen Lebensunterhalt verdient habe. Ich weiß, was ich tue. Und weil du es nicht einschätzen kannst, habe ich dir nichts davon erzählt. Damit du dir keine unnötigen Sorgen machst."
Sie nahm mich in den Arm und küsste mich. Ich wollte sie nicht wegstoßen, obwohl mir fast danach war. Ein weiterer Punkt fiel mir auf.
"Fünfhundert Pillen, für fünftausend Dirham? Ich bin ja wirklich keine Expertin..."
"Nein, wirklich nicht. Das ist meine Gebühr, er zahlt natürlich mehr dafür, ich glaube vier Euro pro Stück zusätzlich zu meiner Gebühr, weil die brutal gut sind. Wie mit dem Crystal läuft die eigentliche Transaktion über das Internet, mit Bitcoins. Der Verkäufer, und auch der Kurier, tragen das Risiko bis zum Aushändigen der Ware am Zielort. Sebastian wird jetzt die tatsächliche Kaufsumme anweisen. Meine Freunde beliefern ihn regelmäßig. Es ist noch nie etwas schiefgegangen. Und für alle Seiten sicherer, als das Ganze mit der Post zu schicken."
"Ich dachte, wir sind im Urlaub."
"Ja, sind wir, aber meinst du, ich fühle mich wohl dabei, dass du, oder vielmehr deine Eltern, uns fast die ganze Reise zahlen? Und als ich zugesagt habe, wusste ich noch nicht, dass wir alles andere als knapp bei Kasse sein würden. Ich verlasse mich in erster Linie immer auf mich und meine Möglichkeiten. Komm bitte runter, das ist kein großes Ding. Und super gelaufen, wie erwartet."
"Und das waren jetzt wirklich alle? Oder machen wir bei jeder Station eine Lieferung?"
"Du kannst gerne meine Klamotten durchsuchen. Ich habe nur noch die zehn, die ich geschenkt bekommen habe. Und die sind für uns."
"Ich habe das Zeug noch nie angerührt."
"Bildungslücke. Vertrau mir. Du wirst sie lieben. Nebenbei die beste Qualität, die ich je hatte. Die hatte ich drin, als wir uns kennenlernten."
Na toll. Ganz beruhigt hatte ich mich immer noch nicht.
"Ach so. Das bringt mich auf Petra. Wenn ich nun welche davon nehme, und mich stattdessen in sie verliebe?"
"Das wäre Pech. Vor allem, weil sie Mittwoch schon wieder abfliegt. Aber nochmal, Sex ist geil auf XTC, aber verlieben tut man sich deshalb nicht. Um sich in dich zu verlieben, braucht es überhaupt keine Pillen. Und es gibt auch keine Pillen dagegen. Für mich selbst wäre es mehr als nur Pech. Ich liebe dich, mein Engelchen. Begreifst du das?"
Unterstrich ihr Argument dann sehr nachdrücklich mit Zunge und Händen. Verflucht, ich konnte ihr nicht einmal länger als eine Minute böse sein.
"Aber... du denkst ernsthaft darüber nach, mit Petra..."
"Muss nicht sein, wenn du nicht willst. Ich finde sie niedlich, sie ist einsam, wenigstens bi..."
"Woher willst du das wissen?", konnte ich nun endlich die Frage stellen, die mich schon die ganze Zeit bewegt hatte.
"Gaydar. Ich fühle es. Und heterosexuelle Frauen schauen einem nebenbei nicht so auf die Titten. Das heißt, manchmal auch, aber dann eher, weil sie neidisch sind. Petra hätte bei dir am liebsten gleich zugegriffen."
"Müsste ich das denn nicht auch haben, diesen... Gaydar?"
"Das entwickelt sich bei dir sicher früher oder später auch. Ist eine Erfahrungssache. Wenn du viele lesbische Frauen kennengelernt hast, bemerkst du, wie anders es ist, wenn sie dich anschauen. Oder andere Frauen anschauen. Oder an einer Tanzfläche stehen, und sich nach schönen Frauen umschauen."
"So, so. Ich habe auf deinem Radar ausgeschlagen."
"Na, wir waren auf einer Party, wo achtzig Prozent lesbisch, bi oder schwul waren. Das war kein Kunststück. Aber du hast sofort ganz heftig auf meinem Radar ausgeschlagen, Madame."
"Und du mich sofort heftig abgeschossen. Mit deinen Finger-Torpedos, wenn ich das richtig in Erinnerung habe."
"Ich finde Kennenlernphasen werden überbewertet. Und bei U-Booten heißt das Sonar, glaube ich."
Darauf konnte ich nur noch mit einem Kopfschütteln antworten. Was für eine verrückte Nudel. Die ich über alles liebte. Ich hatte es vorher gewusst. Sie würde mich immer wieder mit irgendwelchen Offenbarungen schocken. Sicher konnte ich mit ihr nicht sein. Aber dass sie mich ehrlich liebte, glaubte ich ihr.
Das fühlte ich. Einen Gaydar hatte ich noch nicht, aber das spürte ich in jedem Blick, den sie mir zuwarf. In jeder zärtlichen Geste. Sie konnte sich hervorragend verstellen, aber das überstieg selbst ihre schauspielerischen Möglichkeiten. Diese Frau liebte... mich.
Und Petra... Nun, mit Emilia hatten wir schließlich auch Sex gehabt. Ich mich dabei nicht unwohl gefühlt, im Gegenteil. War das jetzt anders? Damals hatte ich nicht einmal gewusst, ob Jara mich als ihre Partnerin ansah. Oder nur als Spielzeug, als Zeitvertreib, als Mitbringsel. Jetzt wusste ich, dass dem nicht so war. Dass sie nicht nur Momente mit mir teilen wollte.
"Also gut, meinetwegen können wir unsere Nächstenliebe in deinem Sinne ausdehnen. Aber was die Pillen angeht, weiß ich nicht, ob ich das wirklich will. Das entscheide ich, wenn es soweit ist."
Ein bisschen mulmig wurde mir schon, als wir leicht geschminkt und aufgebrezelt zum Restaurant gingen. Nicht wegen Petra, sondern weil die Männer an den Straßenrändern beim Vorbeigehen der Sabber runterlief und die Augen rauspoppten. Verdammt, ja, wir sahen gut aus. Selbst ich war zur Abwechslung mit meinem Aussehen vollends zufrieden. Jara sah aus wie eine Göttin in dem Kleid.
Und doch war es kein Spießrutenlauf, sondern eher ein Triumphzug. So auch die Ankunft. Okay, Petras Blick war eindeutig. Jetzt sah ich es ebenfalls. Hoffentlich niemand anderes. Aber sie war sich Gott sei Dank der Lage bewusst. Erzählte beim Essen einiges über sich, aber machte an der unsichtbaren Grenze halt, die unser Gespräch gefährlich machen konnte.
Natürlich hatte Jara auch Recht behalten, was ihren Wunsch, das Essen zu bezahlen, anging. Wir lieferten ein Höflichkeits-Rückzugsgefecht und ließen sie dann zahlen. Jara deutete kurz an, dass wir uns vielleicht später auf anderem Wege erkenntlich zeigen würden.
Ich glaube, Petra verstand das noch nicht vollständig. Aber was sie verstand, schien sie auf jeden Fall sehr aufzuregen. In der Bar, in der wir anschließend waren, fanden wir ein Eckchen, wo wir ungestörter miteinander reden konnten.
"Okay, ich habe die absoluten Hammer-Pillen dabei. Ich gebe dir schon jetzt eine, wenn du willst. Aber sei vorsichtig, die brettern total, nimm erst eine halbe, oder ein Viertel, am besten erst im Club oder kurz davor."
"Wow, damit habe ich nun überhaupt nicht gerechnet. Echt, ihr habt das gebracht, die mitzubringen? Oder hier gekauft?"
"Mitgebracht. Wir sind böse Mädchen", steuerte ich bei. Jaras begeisterter Blick ging mir runter wie Öl. Petra knabberte an ihrer Unterlippe.
"Ach so. Hier mit meiner Partnerin aufzuschlagen, hätte ich ebenfalls nicht gebracht. Das kann voll nach hinten losgehen, das ist euch klar?", räumte sie letzte Zweifel an ihrer sexuellen Orientierung aus.
"Die Gesetzeslage ist uns bekannt. Und wir sind vorsichtig, das wünschen wir uns auch von dir. Also, keine dummen Geschichten im Club nachher, okay? So schwer das fallen wird", warnte Jara sie.
"Na logisch. Ach so, wohnt ihr eigentlich auch im Hotel..."
"Wir haben eine kleine Wohnung gemietet. Ist intimer", steuerte ich bei.
"Ach so. Das stimmt. Klar, zu zweit..."
"Ist echt billig, ohne jeden Komfort. Wirst du nachher ja vielleicht sehen", meinte Jara leichthin.
Damit machte sie Petra nicht nur glücklich, sondern auch sprachlos. Als sie ihre Sprache wiederfand, bestellte sie die nächste Runde. Beim Aufbruch um eins zum Club waren wir alle drei ganz schön angetrunken. Und hatten vor dem Verlassen der Bar jede eine halbe Pille eingeworfen. Der Alkohol hatte meine letzten Bedenken ersäuft.
Der Club war erstaunlich gut besucht, wenn auch hauptsächlich von Touristen. Petra war zuvor an einem Wochenende dagewesen und meinte, dass dann mehr Einheimische dabei wären. Die Musik war wirklich gut. Wir tanzten bereits, als die Dinger einfuhren. Ein Euphorie-Gefühl kannte ich ja bereits vom Kokain, dachte ich.
Wie wenig sich das vergleichen ließ, erfuhr ich dann. Auch, welche Schwierigkeiten meine Begleiterinnen angesprochen hatten. Ich hätte die ganze Welt umarmen können, und natürlich diese beiden besonders. Wow. Der einzig negative Effekt war, dass ich ständig meine Zähne zusammenbiss, woraufhin Jara mir ein Kaugummi gab, damit ich das nicht tat.
Sie würde mir hinterher erzählen, dass sich manche dabei schon Zähne abgebrochen hatte. Noch nie hatte sich Tanzen so gut angefühlt. Ich bekam außer der Musik und der Nähe meiner Begleiterinnen nicht viel mit. Dass ich, wie die anderen beiden auch, von jungen Männern angetanzt wurde, merkte ich nicht einmal.
Jara und Petra wurden darüber hinaus öfter beim Wasserholen angequatscht, dabei nur teilweise wegen ihres tollen Aussehens. Einige Besucher konnten sehr gut die Hintergründe unserer fantastischen Laune einschätzen. Und wollten sozusagen ebenfalls an die Quelle. Jara lehnte ab, wie ich ihre Versuche, mir noch mehr von dem Zeug zu geben.
Der Club hatte nur von eins bis fünf auf. Wir setzten uns noch kurz an den Strand und betrachten fasziniert das Spiel der Wellen. Bis zum Sonnenaufgang waren noch fast zwei Stunden, also schenkten wir uns das Warten darauf. Nahmen ein Taxi zu unserer Wohnung.
Während wir die Treppen hinaufliefen, konnten sowohl Petra als auch ich klar erkennen, dass Jara in der Tat im Club ihr Höschen ausgezogen hatte. Schlagartig setzten bei mir sexuelle Gefühle ein. Bei Petra ebenso, da war ich mir völlig sicher.
Überhaupt hatte ich den Eindruck, die Gefühle der anderen aufzufangen, wie einen echten Sinneseindruck. Kaum hatten wir die Tür hinter uns geschlossen, fielen Jara und ich uns die Arme und küssten uns heftig.
Ich hätte so die nächsten Stunden zubringen können, aber Jara hatte unseren Gast, im Gegensatz zu mir, selbst in diesem Moment auf dem Schirm. Löste sich nach kurzer Zeit von mir und beglückte Petra auf gleiche Weise.
Ich umschlang sie von hinten, und Petra verging fast vor Wonne in diesem Glückssandwich. Drehte sich mittendrin um, um mich zu küssen. Wow, war das gut. Wir brachten bestimmt gut zehn Minuten direkt hinter der Eingangstür zu, um Petra dann den Rest unseres kleinen Reiches vorzuführen.
Den traditionellen Salon fand sie besonders schön und dort wollten wir uns eigentlich auch niederlassen. Jara aber musste unbedingt noch eine rauchen. Das war ein Problem, denn das war hier ausdrücklich verboten, weil es keinen Rauchmelder gab. Bislang hatte sich Jara zurückgehalten, oder war kurz runter vor das Gebäude gegangen, aber dazu hatte sie keine Lust.
Stattdessen beendeten wir unsere Tour im Schlafzimmer, wo sie das Fenster bei geschlossenen Vorhängen so weit öffnete, dass sie ihren Oberkörper herausschieben, sich auf dem Fensterbrett abstützen und so praktisch im Freien rauchen konnte. Dabei reckte sie uns allerdings, von draußen nicht einsehbar, weil sie sich quasi in die Vorhänge wickelte, ihren Prachtarsch entgegen.
Mit dem sie sodann auffordernd wackelte. Ich ließ unserem Gast den Vortritt, die andächtig über das perfekt geformte Hinterteil meiner Partnerin strich, mit einem völlig entrückten Gesichtsausdruck. Was die Verkäuferin damals so schockte, übte eine magnetische Anziehungskraft auf diese Frau aus.
Die Ankunft ihrer Hand an Jaras Muschi quittierte diese mit einem wohligen, ganz und gar nicht katzenhaften Laut. Petra streichelte und fingerte sie, bis sie endlich ihre blöde Kippe zu Ende geraucht hatte. Ich spürte meine Ungeduld, denn ich wollte dort am Fenster nicht in das Spiel einsteigen, weil es mir zu gefährlich erschien.
Endlich tauchte die fehlende Hälfte meiner Geliebten hinter den Vorhängen auf, sie schloss die Fenster und zog die Vorhänge zu. An eine Rückkehr in den Salon war nicht zu denken. Stattdessen zogen wir uns gegenseitig aus. Allerdings musste ich vorher noch meine Neugier befriedigen, denn ich hatte ihr ihre Zigaretten aus dem kleinen Rucksack gefischt, aber etwas dort nicht drinnen gefunden.
"Was hast du eigentlich mit deinem Slip gemacht?"
"An einen Franzosen verkauft, der mich im Club angequatscht hat. Er wollte natürlich mehr den Inhalt, aber die Verpackung war ihm auch tausend Dirham wert."
Oh, diese Frau. Unser Auftakt im Bett bestand also erst einmal darin, uns die Bäuche vor Lachen zu halten. Dann aber wurden wir still und zärtlich. Kuschelten, streichelten uns, küssten uns lange. Petra hatte einen schönen Körper, der etwas lustig aussah, weil sie enorm braungebrannt war und so immer noch halb angezogen wirkte, wegen der Bikini-Streifen.
Aber anfühlen tat er sich alles andere als lustig, schlichtweg göttlich. So auch Jaras, und so fühlten sich auch die Berührungen der beiden bei mir an. Wow, spätestens in diesen Momenten verstand ich die Faszination der beiden mit dieser Droge. Die Erfahrung war anfänglich so schön und relaxed, dass ich allerdings überhaupt keine Erregung oder gar Geilheit fühlte. Ich wollte einfach nur berühren und berührt werden.
Als sich Petra dann zwischen meinen Beinen einfand und Jara gleichzeitig meine Brüste leckend und saugend versorgte, änderte sich das allerdings schlagartig. Ich hatte ohnehin das Gefühl, dass Petra mehr auf mich, denn Jara abfuhr, und so machte diese Eröffnung durchaus Sinn. Und sie bearbeitete mich mit einer Hingabe und Finesse, die sich unglaublich gut anfühlte.
Sicher spielte auch das veränderte Körperbewusstsein durch die Droge eine Rolle, oder die davon erzeugte Empathie. Auf jeden Fall schwebte ich schnell in Regionen des beinahe unerträglich Schönen, wobei Jaras Beiträge die Empfindungen weiter steigerten.
Petra ließ Jara ebenfalls nicht leer ausgehen, denn sie rieb und fingerte mit der freien Hand munter weiter, die linke nutzte sie, um meinen Kitzler freizulegen. Der Orgasmus war eigenartig, weil ich bereits vorher für einige Minuten das Gefühl hatte zu kommen. So drang er gerade so zu mir durch, war wahrscheinlich nicht schwächer als sonst, aber ging eben in dieses vorhandene Grundgefühl ein und über.
Petra wollte weitermachen, aber ich fand, dass sie jetzt endlich ihre Belohnung für ihren selbstlosen Einsatz verdient hatte und wir tauschten Plätze. Ich leckte sie, fasziniert, wie anders sich ihre tropfnasse Möse an meiner Zunge anfühlte. Während Jara sie erst lange küsste und ihr dann ebenfalls die Sonderbehandlung ihrer schönen kleinen Brüste gönnte.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie weiter mit Jaras Muschi gespielt, aber nun war sie von den dualen Administrationen offenbar zu überwältigt. Nicht nur überwältigt, sondern offenbar richtig schnell auf Touren gebracht. Ich hatte noch nicht einmal Tempo und Druck erhöht, da kam sie schon wild zuckend. Ein schneller Blickwechsel mit Jara, und wir machten einfach weiter.
Das schien ihr einen Moment zu viel zu sein, aber dann ging sie schon wieder richtig ab. Auch wenn es diesmal deutlich länger dauerte. Der Höhepunkt schien um einiges heftiger zu sein. Eine Atempause bekam sie trotzdem nicht.
Nun spannte Jara sie gleich wieder für eigene Zwecke ein, kletterte auf ihr Gesicht, wie sie das damals mit Emilia getan hatte. Und ich wusste natürlich, was von mir erwartet wurde. Ihr geliebtes doppeltes Lottchen. Leckte mein kleines Teufelchen an ihrer rosigen Rosette, bis sie gurrte, während Petra ihre heiße nasse Möse gegen mein zwischen ihren Beinen befindliches Knie drängte.
Jara war von Petras Zunge offenbar ebenfalls nachhaltig begeistert, denn es dauerte für mein Empfinden nicht lange. Genug hatte sie noch nicht, denn sie hob ihren Hintern an und blieb in dieser kauernden Haltung sitzen. Okay, auch diesen Wunsch verstand ich sofort. Erfüllte ich sofort.
Atemlos verfolgte Petra, wie meine Hand relativ zügig im Körper meiner Geliebten verschwand. Und ich loslegte wie die Feuerwehr, ohne Rücksicht auf Verluste. Hinterher würde sie uns erzählen, dass sie das Angst und Bange machte, es sie aber gleichzeitig enorm aufgeilte. Selbst wollte sie es aber nicht probieren.
Diesmal bremste Jara mich irgendwann, als es zu viel wurde. Mir gingen nämlich richtig alle Sicherungen durch, von Empathie keine Spur mehr. Ich war einfach in dieser geilen Tätigkeit gefangen, fickte sie wie ein gestörter Roboter. Jara machte noch irgendwelche Witze und dann kuschelten wir wieder. Bis sie ihr Lungenschmacht aus dem Bett und ans Fenster trieb.
In die vom Mösenduft dreier so unterschiedlicher Frauen schwangeren Luft mischte sich etwas Rauch, der trotz ihrer identischen Position diesmal hereinkam. Offenbar war es windiger geworden, denn sie hatte mehr Schwierigkeiten, die Vorhänge festzuhalten. Ich küsste und streichelte Petra in dieser Zeit. Ich glaube, sie war wirklich ein bisschen verliebt in mich, so, wie sie mich ansah.
Jara erwies sich dann als perfekte Gastgeberin und brachte uns erst Wasser zum Trinken und setzte dann einen Tee auf. Ihr Angebot, nochmal nachzuwerfen, lehnten wir allerdings ab. Es blieb alles sehr still, wir wechselten nur wenige Worte, tranken unseren Tee und strahlten uns an. Kaum war der ausgetrunken, ging es in die nächste Runde.
Als wir erwachten, war Petra verschwunden. Wir fanden einen Zettel vor, auf dem sie uns für die Nacht und diesen Morgen dankte, die die ganze Reise am Ende doch noch zu einem lohnenden und unvergleichlichen Erlebnis für sie gemacht hatten. Auch wir waren von ihr noch beeindruckt. Das war nicht die einzige Hinterlassenschaft der Aktion. Unser Bett roch wie eine einzige große Muschi.
Damit hatten wir natürlich nicht gerechnet. Blieb nur zu hoffen, dass das der Mutter der Gastgeberin beim Abziehen nicht auffiel. Sie hatte angekündigt, die Bettwäsche nach einer Woche zu wechseln. Nun, bis dahin war ja noch reichlich Zeit, und würden sicherlich noch einige Säfte hinzukommen. Eine Lösung ließ sich sicher auch dafür finden.
***
Zum Schwimmen gehen war es eigentlich zu spät, denn wir wachten kurz nach sechs Uhr abends auf. Wir gingen trotzdem zum Strand, saßen eine Weile im Sand und schauten aufs Meer hinaus. Nachwirkungen von der halben Pille hatte ich nicht, außer leicht tauben Zähnen. Die befürchtete depressive Stimmung, von der ich gelesen und gehört hatte, blieb aus.
Im Gegenteil, ich schwebte immer noch auf Wolke sieben. Wir kalberten viel herum und führten irrsinnige Gespräche, während Jara diesmal die Landschaft und später auch Fischerboote aus der Nähe malte. Auch einen jungen Marokkaner namens Hamid, der sich zu uns setzte, Zigaretten schnorrte und dann begeistert sein Geschenk entgegennahm.
Als Jara ein kleines Stück Hasch als Gegengeschenk ablehnte, verabschiedete er sich, kam aber später noch einmal zurück und gab ihr eine kleine Tüte mit leckeren Süßigkeiten. Die nahm sie gerne an. Wie auch seinen endlosen Schwall von Empfehlungen für Kurztrips und Sehenswürdigkeiten in nahen Städten. Sogar einen Wüstentrip wollte er uns preisgünstig vermitteln.
Da sein Onkel ein Grand Taxi, also ein Sammeltaxi fuhr, ließen wir uns tatsächlich dessen Telefonnummer für einen Trip nach Essaouira geben, weil er uns einen günstigeren Preis als üblich versprach. Das kam wirklich später zustande. An diesem Abend aber gingen wir nur noch in ein schönes Restaurant und ließen den Abend früh ausklingen.
Jara erzählte mir noch stundenlang von ihren bisherigen anderen Reisen, Leuten, die sie dort kennengelernt hatte. Orte, die sich in ihr Gedächtnis gebrannt hatten. Ich schrieb ein paar Postkarten mit schönen Motiven von Agadir und diesen fantastischen orientalischen Mustern, die teilweise richtig psychedelisch waren.
Am nächsten Morgen gingen wir vergleichsweise früh an den Strand und versuchten uns im Surfen. Das war lustig, aber echt schwer, obwohl uns ein amerikanischer Bursche richtig Unterricht gab. Mir gelang es nur einmal zwei Kämme hintereinander zu überstehen, und die waren vergleichsweise flach. Jara war da eher das Naturtalent, oder hatte eine bessere Balance. Der Ami war richtig nett, und wir hingen eine Weile mit ihm und seinen Freunden ab.
Wir liefen am Nachmittag einfach planlos durch die Stadt, um ein Gefühl dafür zu kriegen. Agadirs Atmosphäre ist schwer zu beschreiben. Das Nebeneinander von Arm und Reich, modern und traditionell, ohne dabei wirklich zu clashen. Der damals noch nicht für Touristen gesperrte Fischereihafen als Kontrast zum Marina, wo die edlen Yachten lagen.
Wir marschierten zur alten Kasbah hinauf, der Festungsanlage der Stadt. Die hatte allerdings bei dem Erdbeben ebenso gelitten. Außer den Außenmauern, Wehrgängen und einigen Grundmauern ehemaliger Gebäude, gab es dort nichts zu bestaunen. Es sollte irgendwo in der Nähe ein Museum mit Bildern des Zustands vor dem Unglück geben, aber danach war uns nicht.
Der Weg dahin war ohnehin anstrengender als vermutet gewesen. Was auch daran lag, dass die Temperatur an diesem Tag die 30 Grad deutlich überschritten hatte. Ein erster Vorgeschmack darauf, was uns im Inland erwarten würde. Es führte dazu, dass wir beim Abendessen richtig Hunger hatten, und jeder erst einmal einen Liter Wasser wegtranken.
Jara hatte einige schöne Sachen gezeichnet, denn wir waren auch für den herrlichen Ausblick auf die Stadt zur Kasbah hinaufgelaufen. Ihre Bilder wurden immer besser. Sie bekam von Touristen und Einheimischen ein ums andere Mal erstauntes und begeistertes Feedback, wenn die ihr neugierig über die Schulter schauten. Ein Franzose nervte sie so lange, bis sie ihm eins davon verkaufte.
Nun, Geschäfte mit Franzosen schien sie ja gern zu machen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie bei dieser Transaktion angeboten hätte, für einen Aufpreis ihr getragenes Höschen draufzulegen. Wir fanden danach einen der Hotspots mit freiem WLAN in einer Parkanlage. Jara schickte ihrem Vater Fotos von ihren neuen Werken, ich zwei Panoramaaufnahmen, von der Kasbah aus, meinen Eltern.
Wir telefonierten mit dem Onkel von Hamid, der tatsächlich wusste, wer wir waren und uns die Details für die Abfahrt nach Essaouira am nächsten Morgen gab. Wir hätten auch einen Bus nehmen können, aber der war fast drei Stunden unterwegs. Das Grand Taxi war ein moderner Kleinbus mit acht Sitzplätzen, Klimaanlage und leider auch einem durchweg laufenden Radio. Damit brauchten wir weniger als zwei Stunden.
Wir sahen ja, was die anderen mitfahrenden Touristen und tatsächlich auch zwei Einheimische zahlen mussten. Hamids Intervention drückte den Preis für uns um ein Drittel. Sein Onkel machte an dem Tag noch mehrere Touren und reservierte für uns Plätze für die letzte Rückfahrt des Tages. Ansonsten stellte man sich einfach auf den Sammelplatz der Taxis und fragte, wer in die Richtung fuhr.
Die Stadt selbst war ein Erlebnis. Sie ist auch als weiße Stadt des Windes bekannt, von Festungsmauern eingeschlossen und machte einen unglaublich friedlichen und relaxten Eindruck. Weiß und blau waren tatsächlich die vorherrschenden Farben. Blaue Fischerboote am Hafen, blaue Fensterläden und auch viele der mit komplexen Mustern versehenen Kacheln an Häuserwänden waren in diesen Farben gehalten.
Am Strand erfuhren wir dann, was es mit dem windigen Beinamen auf sich hatte. Ein Paradies für echte Surfer, der Ami und seine Freunde hatte uns bereits davon vorgeschwärmt. Waren erst dort gewesen und dann nach Agadir weitergereist. Amüsiert bekamen wir mit, dass sich einige Touristen weniger für die tatsächlichen Sehenswürdigkeiten der Stadt interessierten, sondern mehr für Stellen, wo "Game of Thrones" gedreht wurde.
Dabei gab es unglaublich viel zu sehen. Die Atmosphäre war irgendwie ganz anders, als in Agadir, auch und gerade was die Stadtbewohner anging. Hier liefen viele marokkanische junge Frauen ohne Kopftuch und in engen Klamotten durch die Gegend, ohne dass sie böse Blicke oder anzügliche Bemerkungen dafür bekamen. Und wow, gab es da echte Schönheiten unter ihnen.
Jara interessierte sich allerdings mehr für alte Berberfrauen, die vor ihren Shops ihrem Kunsthandwerk nachgingen. Zeichnete zwei von ihnen, sehr zu deren Freude. Sie sprachen beide nur ein paar Brocken Französisch, aber wir konnten uns irgendwie trotzdem gut verständigen. Bekamen einen Tee und Süßigkeiten und keine Chance, die angebotenen kleinen Körbe als Gegenleistung für die wirklich gelungenen Porträts abzulehnen.
Am Ende des wirklich herrlichen Tages hatten wir uns die Füße plattgelaufen und schliefen beide auf der Rückfahrt im Taxi ein. Den Freitag verbrachten wir bis zur Abholung durch Sebastian dann zum Ausgleich komplett am Strand von Agadir.
Der wurde diesmal von einem anderen jungen Engländer, der sich als Brian vorstellte, begleitet. Mir wurde von der halsbrecherischen Fahrt ein wenig mulmig, die uns aus Agadir hinausführte, und nach kurzer Zeit von Hauptstraßen auf staubige Nebenstraße führte. Schon lange bevor wir unser Ziel erreichten, konnten wir die Party hören.
Ich sprach Sebastian darauf an, ob das nicht ein Problem werden konnte. Er lachte nur und meinte, es gäbe in der Gegend kaum Nachbarn, und selbst wenn es Beschwerden gab, würde die lokale Polizeistation nicht darauf reagieren. Die erfreute sich seit seiner Ankunft vor fünf Jahren nämlich erheblicher Gehaltsverbesserungen. Seine Villa war daher tabu.
Das würde auch bedeuten, dass wir uns ganz frei und ungezwungen bewegen könnten. Er uns sogar dazu ermuntern möchte, das richtig zu tun, wenn wir unsere Reisekasse aufbessern wollten.
"Was meint er damit?", fragte ich Jara schnell auf Deutsch, die nur grinste und nickte.
"Nun, eine kleine lesbische Show für seine Gäste auf die Bühne bringen", meinte sie gelassen.
"Wie... was?"
"Keine große Sache. Früher oder später werden wir sowieso ficken wollen. Wenn wir das in der Öffentlichkeit tun, haben seine Gäste was fürs Auge und wir bekommen eine Gage dafür."
"Im Ernst?", fragte ich verblüfft. Sah sie fest an. Sie schmunzelte und nickte. "Das wäre nicht das erste Mal, dass du das machst, oder?"
"Habe ich doch gesagt. Mir ist das egal, wer mir dabei zuschaut, wenn ich Spaß habe."
Jetzt wurden mir die Hintergründe ihrer Bemerkungen zum See in Prag klar. Oh, diese Frau.
"Ich weiß nicht, ob ich das bringen würde", gab ich nach einer Weile und ziemlich eigenartigen Gedankengängen zurück.
"Mach dir doch keinen Kopf. Wenn wir Bock haben, machen wir das, wenn nicht, dann nicht. Deshalb hat er uns nicht eingeladen. Wir sind hier, um die Party zu genießen, als Dankeschön für die Lieferung. Ist doch geil, dass wir uns nicht zurückhalten müssen, oder?"
Das stimmte allerdings. Und meine Vorfreude auf die Party stieg, je näher wir der hämmernden Musik kamen. Vom Sound her hatte ich fast ein riesiges Rave erwartet. Es verloren sich allerdings vielleicht fünfzig Gäste im weitläufigen Gelände der großen Villa.
Es gab einen großen Pool, worin einige schwammen, die meisten aber nur lachend und trinkend herumsaßen. Und direkt daneben eine fette Anlage mit einem DJ, davor vielleicht zwanzig Leute, die schon munter tanzten. Er zeigte uns zunächst die beeindruckende Villa von innen, wo die Klos zu finden waren und versorgte uns mit Champagner und Koks.
Jara lehnte lächelnd das anschließende Pillenangebot ab, mit dem Hinweis, wir wären da Selbstversorger. Er lobte die gute Qualität der mitgebrachten Ware und stellte uns noch einige seiner Freunde vor.
Das waren durchweg andere Engländer, die zahlreichen anwesenden Frauen und anderen Gäste waren ein buntes Völkergemisch. Sogar einige reich aussehende Einheimische waren darunter. Seine Partys wären beliebt und berühmt-berüchtigt gab er uns noch mit auf den Weg, bevor er sich um andere kümmerte.
Wir unterhielten uns mit einigen am Pool und warfen nach kurzer Zeit eine halbe Pille ein. Die Beliebtheit dieser ließ sich auf der Tanzfläche, auf die wir uns nicht lange danach begaben, ablesen. Fast alle schienen sich damit versorgt zu haben.
Oh ja, das war ganz anders als im Club. Hier waren wir nicht die strahlende Ausnahme, sondern mitten unter Leuten, die dieses wahnsinnig schöne Gefühl mit uns teilten. Und wir konnten uns und andere umarmen und küssen, wenn uns danach war. Uns war oft danach. Selbst einen Mann zu knuddeln fühlte sich gut an, hatte keinerlei sexuelle Komponente. Wow.
Ich verlor jedes Zeitgefühl. Wir setzten uns für eine kurze Erholungspause am Pool ab. Dort tobten mittlerweile nackte oder halbnackte Frauen im Wasser. Jara sah mich grinsend an, dann zogen wir uns ebenfalls aus und sprangen zur Abkühlung ins Wasser. Das fühlte sich irre gut an. Besonders unter Jara wegzutauchen. Wir schwammen und tobten ausgelassen mit den anderen.
Umarmten und küssten uns. Verließen das Wasser, trockneten uns mit den reichlich herumliegenden Badetüchern ab und ließen uns gemeinsam auf einem großen Liegestuhl nieder. Ich dachte nicht einmal mehr darüber nach, als Jara mich anfasste und damit das Startsignal zu unserem "Auftritt" gab.
Da war nur noch Jara, ihre köstliche Muschi und dieses unfassbar schöne Gefühl, als wir uns gegenseitig im 69 leckten und fingerten. Dass wir tatsächlich einige Zuschauer hatten, die sich sogar ihre Stühle mitnahmen, um sich das Ganze aus der Nähe anzuschauen, bekam ich nicht wirklich mit. Erst als wir beide gekommen waren.
Auch Sebastian stand hocherfreut mit einem Drink in der Hand dabei und gab uns ein Daumenhoch. Jara funkelte mich an.
"Komm, wir geben ihnen ein da Capo. Etwas, was sie nicht alle Tage sehen. Fick mich, mein Schatz."
Ich zögerte nur einen kurzen Moment. Jara ging auf alle Viere. Mir flashte Petras fasziniertes Gesicht kurz ins Gedächtnis. Dann begann ich meine Geliebte zu fisten. Vorher waren unsere Zuschauer eher stille Genießer gewesen, nun gaben sie ihrer Begeisterung und Verblüffung lautstark Ausdruck. Feuerten mich in allen möglichen Sprachen an.
Was unnötig war, denn ich arbeite mich schnell in diesen Rausch, den ich nun schon einige Male erlebt hatte. Jara stöhnte lauter als sonst, das bekam ich am Rande noch mit. Showmanship? Oder vielmehr Showgirlship? Auf jeden Fall ging sie richtig ab, und war nach dem Kommen richtig fertig, zitterte und bebte, als wir tatsächlich echten Beifall bekamen.
Wir waren nicht nur Auslöser für deutlich sichtbare Beulen in der Hose bei einigen der männlichen Zuschauer, so auch Sebastians, sondern offenbar ebenfalls für Action. Als wir auf dem Stuhl noch engumschlungen kuschelten, wurden zwei junge Frauen vor dem Pool gefickt, eine weitere blies einen unserer Zuschauer auf dem Liegestuhl neben uns.
Komischerweise löste dies bei mir einen Hauch von Unwohlsein aus. Daher war ich froh, dass Jara meinem Vorschlag, uns wieder anzuziehen und weiter zu tanzen, sofort zustimmte. Nach weiteren zwei Lines Kokain, die Brian uns brachte. Ich lehnte ab, war von der halben Pille mehr als nur gut bedient. Sie warf sogar noch nach.
Es mussten noch einige Gäste später hinzugekommen sein, denn sowohl am Pool, als auch auf der Tanzfläche war es deutlich voller. Dort tanzten einige Frauen mittlerweile oben ohne, Männer auch. Trotzdem war die Atmosphäre dort weiterhin ganz anders. Irgendwie rein und unglaublich schön. Hier ging es nur um die geteilte Erfahrung der Musik, dem Tanzen und der Euphorie. Wir tanzten bis in die frühen Morgenstunden.
Erlebten den Sonnenaufgang auf der herrlichen Dachterrasse der Villa gemeinsam mit Sebastian und seiner Freundin Claire, sowie ein paar von seinen engeren Freunden. Die Musik war leiser und ruhiger geworden, untermalte die traumhafte Szenerie, die sich unseren Augen darbot. Das Schönste aber war, dass ich diesen unvergleichlichen Moment, dieses Realkunstwerk engumschlungen mit Jara erleben und genießen konnte.
Wir nahmen Sebastians Angebot, in der Villa zu schlafen, dankbar an. Es hätte allerdings auch die Möglichkeit bestanden, mit anderen Gästen zurück nach Agadir zu fahren. Aber diese Freiheit, die wir unter seinem Dach hatten, wollten wir gerne noch ein wenig auskosten.
Nach einem überhaupt nicht in diese Umgebung passenden englischen Frühstück mit Toast, Bacon, Eiern, kleinen Bratwürsten und Baked Beans, fuhr er uns dann am Spätnachmittag wieder zurück nach Agadir. Steckte Jara unser "Honorar" für die wirkliche gelungene Vorstellung in einem Umschlag zu. Meinte noch, er wäre nur vom Zuschauen fast in seine Hose gekommen. Ein irrer Typ irgendwie.
Jara erzählte mir hinterher noch, dass er alles andere als ein kleiner Fisch war. Die Pillen waren wohl eher Eigenbedarf und Nebengewerbe. Hauptsächlich verschob er in großem Stil Marihuana und ebenfalls Crystal, sowie Kokain. Kontrollierte den ganzen Westen Marokkos. Wir verabschiedeten uns von ihm wie von einem Freund.
Einem großzügigen Freund, wie wir dann in unserer Wohnung feststellten. Neben viertausend Dirham hatte er auch noch ein Gramm Kokain mit in den Umschlag gepackt. Worüber sich Jara sehr freute, ich aber doch gemischte Gefühle hatte. Das Wissen zusätzlich zu unserem Status hier auch noch mit einigen Drogen durchs Land zu reisen, machte mich nervös.
Die Mutter der Gastgeberin hatte wie vereinbart geputzt und das Bett neu bezogen. Die Laken rochen beim Verlassen der Wohnung am Freitag nach Räucherstäbchen, die wir dort nach dem Kauf in Essaouria kurz eingewickelt hatten. Natürlich hatte Jara diese gute Idee gehabt. Sie steckte ja voll davon.
In den folgenden Tagen voller kreativer Schübe, denn sie malte sehr viel. Ansonsten waren wir die meiste Zeit am Strand, wo wir neben Surfen auch einen Kamelritt probierten. Ein eigenartiges Gefühl, weil man ziemlich hoch sitzt. Zumindest für mich, da ich ja früher oft Pferde geritten hatte. Auch rochen sie deutlich strenger als diese. Es war trotzdem ein irres Erlebnis.
Am Dienstag ging wir noch einmal in den Papagayo Club, aber ohne Petra war es irgendwie nicht ganz so toll, wie beim ersten Mal. Am Mittwochabend dann in eine schnuckelige Bar, wo das Klientel deutlich der reicheren Sorte zugehörig schien und die Preise heftig waren. Wie nun fast gewohnt, zahlten wir nur die ersten Drinks.
Das hatte hier aber einen spezifischen Grund. Der braungebrannte Endvierziger, der sich zu uns setzte, nachdem er zunächst eine Runde freie Drinks zustellen ließ, kam mir vage bekannt vor. Er klärte uns sofort auf.
"Ich bin Urs, ich erinnert euch wohl nicht an mich. Ich war auf Sebastians Party letzten Freitag."
Nun, wo er das sagte, erinnerte ich mich tatsächlich an sein Gesicht. Vom Pool. Unserer "Performance". Verflucht. Das war mir jetzt irgendwie fast peinlich. Jara offenbar nicht.
"Klar, ich erinnere mich. War eine geile Party, nicht wahr? Sebastian ist ein lustiger Vogel."
"Ja, die war richtig gut. Und ihr der absolute Höhepunkt."
"Danke schön. Wir hatten ordentlich Spaß", gab Jara grinsend zurück. Dachte sich wohl schon, in welche Richtung das Gespräch nun laufen würde. Das Funkeln in den Augen des Mannes war nicht schwer zu deuten.
"Kann man euch für Privatvorstellungen buchen?", wollte er sogleich wissen. Jara sah mich fragend an. Nein, irgendwie wollte ich das nicht. Zuckte aber trotzdem mit den Schultern.
"Kommt drauf an. Ist nicht billig. Und nur zuschauen, mitspielen ist nicht drin."
"Ich gebe euch dreitausend Dirham, wenn ihr mit mir auf meine Yacht kommt."
"Hey, geht es vielleicht ein bisschen leiser? Sonst denken hier die Leute wir wären Nutten. Du ja wohl auch, dreitausend kannst du dir abschminken."
Er runzelte die Stirn und gab dem Mann an der Bar ein Zeichen, dass er noch einmal eine Runde vom selben bringen sollte.
"Gut. Fünftausend?"
"Okay. Nur zuschauen, keine Filmaufnahmen. Klar?"
"Sicher. Perfekt. Entschuldigt mich bitte für einen Moment."
Er verschwand in Richtung Toiletten. Wahrscheinlich, um sich die Nase zu pudern. So schätzte ich ihn jedenfalls ein. Jara spürte, dass mir bei der Geschichte nicht wohl war. Sie sprach mich ganz leise an.
"Alles okay? Du hast nicht wirklich Bock, nicht wahr?"
"Ich weiß nicht. Gut, da auf der Party war das alles ja eher spontan, und die Zuschauer habe ich gar nicht richtig wahrgenommen. Na ja, am Anfang wenigstens. Aber das hier ist nun eine andere Nummer. Und warum, ich meine, wir haben doch mittlerweile mehr als genug Geld?"
"Geld kann man nie genug haben. So ist das halt, es ergeben sich Verdienstmöglichkeiten und man greift zu. Fünftausend ist eine Menge Geld. Umso mehr können wir in den nächsten Tagen und Wochen erleben und brauchen uns nicht einschränken. Aber wenn du ein Problem damit hast..."
"Nein, ein Problem nicht direkt. Es ist nur... ach, egal. Okay, überredet", schloss ich leise, weil der Schweizer bereits zurückkehrte.
"Außerdem werde ich dafür sorgen, dass du keine Zeit zum Grübeln hast. Ich werde dir schon alle Gedanken aus dem Leib ficken, verlass dich drauf", hauchte sie mir noch ins Ohr.
Das glaubte ich ihr aufs Wort. Wirklich überzeugt war ich immer noch nicht. Aber in die Zweifel mischte sich auch immer mehr Erregung. Mein Körper reagierte auf das Kommende an meinem Kopf vorbei. Ich wurde noch am Tisch feucht, da der Aufbruch näher rückte. Was war das, hatte ich vielleicht eine exhibitionistische Ader in mir? Ich hatte insgesamt das Gefühl, mich selbst erst durch sie richtig kennenzulernen.
Urs schmucke Yacht war im Vergleich zu anderen eher klein, aber sah sehr nobel aus. Besonders innen, wo er uns neben Drinks an einer kleinen, aber mit edlen Getränken bestückten Bar nicht unerwartet Koks anbot. Wie selbstverständlich das alles schon für mich war. Wie weit hatte ich meine Persönlichkeit von vor vier Wochen zurückgelassen. Wie sehr hatte Jara mich und mein Leben verändert.
Seine Schlafkajüte bestand aus einem großen Doppelbett und gerade mal genug Platz, um drum herum zu laufen, sowie Wandschränken für seine Kleidung. Meine Nervosität war fast verschwunden gewesen, als wir begannen, uns auszuziehen. Sie war sofort zurück, als Urs das ebenfalls tat. Jara versuchte mich mit einem Blick zu beruhigen.
"Nochmal, Urs: Du spielst nicht mit. Du fasst uns nicht an. Wir fassen dich nicht an. Das ist nicht verhandelbar, ich will keine Überredungsversuche hören und ich weiß, wie man Männern gemein weh tun kann, falls du doch auf dumme Gedanken kommst. Verstanden?"
"Natürlich. Aber für fünftausend kann ich mir alles aus der Nähe anschauen und dazu doch wohl wichsen, oder?"
"Das ist im Preis selbstverständlich mit drin. Irgendwelche besonderen Wünsche?"
"Oh ja. Das, was ihr zum Schluss gemacht habt..."
"War klar. Sollst du haben. Aber nicht gleich, dazu müssen wir auf Touren kommen. Wir haben es ja wohl nicht eilig?"
Er schüttelte mit leuchtenden Augen den Kopf. Sein Schwanz war schon deutlich während dieser Unterhaltung gewachsen. Ohne es wirklich zu wollen, schaute ich länger darauf. Innerlich schüttelte ich mich noch einmal. Aber warum, was machte das für einen Unterschied?
Er war ein Mensch, er brauchte wie wir Sex, Erregung und Erlösung. Warum nicht auf diesem Wege? Ich musste über diesen Gedanken innerlich kichern. Versuchte ich gerade, mir selbst diese Aktion als einen Akt der Nächstenliebe zu verkaufen? Jaras Hände an meinen Brüsten rissen mich aus meinen Gedanken.
Ich küsste sie und streichelte sie ebenfalls. Urs legte sich neben uns ab und machte es sich mit einigen Kissen richtig bequem. Als Jara meine Brustwarzen leckte, sah ich ein letztes Mal zu ihm hinüber. Sein Glied stand jetzt steil empor und er rieb an seiner freigelegten Eichel. Es war deutlich kleiner als die der Pornodarsteller in Prag. Wirkte daher irgendwie weniger bedrohlich.
Dann konzentrierte ich mich auf meine Geliebte und die Empfindungen, die sie in mir auslöste. Sie drückte mich auf den Rücken und öffnete meine Beine. Zog mit ihren Händen meine Schamlippen auseinander und wartete einen Moment, damit Urs, der dabei näher rückte, sich richtig an dem Anblick aufgeilen konnte. Fing an, mich zu lecken.
Ich schloss die Augen und genoss ihre flinke Zunge. In mein Stöhnen mischte sich das des Mannes, was immer wieder aus unterschiedlichen Richtungen zu kommen schien. Offenbar wechselte er öfter die Position, um alles genau zu sehen. Jara führte zusätzlich zwei Finger ein, hielt sie aber anfangs stationär. Erst als sie mich langsam zum Höhepunkt raufschaukelte, setzte sie hier mit Bewegungen ein.
Urs stöhnte genau wie ich immer lauter. Als ich kurz vorm Kommen war, öffnete ich meine Augen und sah ihn mit hochrotem Kopf wie wild an seinem Glied rubbeln. Wie in Trance suchte ich seinen Blick, während ich den Orgasmus herannahen fühlte. Schaute ihm in die Augen, als ich kam. Das brachte ihn wohl über die Klippe, denn er spritzte wenige Sekunden später ab.
Sein Sperma klatschte auf meinen Körper. Ich war viel zu weggetreten und geschockt, um darauf zu reagieren. Das tat Jara dann für mich.
"Eh du Sau, pass doch gefälligst auf! Das geht gar nicht, verdammt. Merkst du's noch?"
"Sorry, das wollte ich nicht... ich... ich hole Kleenex", erwiderte er mit Verzweiflung in der Stimme.
Er ging an den Wandschrank und öffnete eine der Schiebetüren. Verunsichert reichte er mir einen Batzen Kleenex, den er aus dem Pappspender gezogen hatte.
"Wirklich, es tut mir schrecklich leid. Entschuldige bitte."
"So schlimm ist das auch wieder nicht", beruhigte ich ihn. "Kam nur etwas überraschend."
Das meinte ich auch so. Jara lachte laut los.
"Von wegen überraschend. Dass er kommt, war doch wohl klar genug zu hören."
Ich ließ mich von ihrem Lachen anstecken. Urs schien von unserer Reaktion erleichtert. Lachte mit uns mit. Entfernte dann zusätzliche Spermareste vom Bett.
"Das war kein Wunder. Ihr seid unglaublich", wagte er noch zu sagen. Gewann langsam sein Selbstvertrauen zurück. "Wollt ihr eine kleine Pause? Ich könnte noch eine Line vertragen."
"Ich auch", antwortete Jara sofort. "Und weil du so ein braver Junge bist, kannst du sie auf mir ziehen."
Das begriff ich nun nicht gleich, aber es wurde schnell klar. Jara arrangierte eine Line auf ihrem Schamhügel, genau auf ihrem magischen Tattoo.
"Ich will nur das Glasröhrchen spüren, klar?", gab sie weitere Anweisungen.
Der Urs mit Begeisterung und zitternden Händen folgte. Er musste zweimal ansetzen. Und wurde schon wieder hart bei der Aktion. Jara nahm das grinsend zur Kenntnis, bediente sich dann vom Spiegel und reichte ihn mir.
"Gefällt dir meine Pussy?", fragte sie überflüssigerweise den erregten Mann.
"Oh ja, oh ja", stammelte er enthusiastisch.
"Okay. Leg dich auf den Rücken, deine Hände unter deinen Körper. Und genieße", kam ihre nächste Anweisung, der er mit komischer Eile folgte, während ich verblüfft dem Schauspiel folgte. Dabei den Rest der Line, die ich ebenfalls nicht in einem Zug geschafft hatte, völlig vergessend.
Sie kniete über seinem Gesicht, zog ihre Schamlippen auseinander, spielte nur wenige Zentimeter von ihm entfernt mit ihrer feuchten Möse. Aus der Entfernung musste er sie sogar riechen können, ihren typischen süßlich-würzigen Geruch, den ich so liebte. Er atmete schwer, sein Gesicht rötete sich wieder enorm. Für einen kurzen Moment befürchtete ich, dass er einen Herzkasper kriegen könnte.
"Okay, und jetzt kannst du mit ansehen, was meine kleine Angie dort mit ihrer Zunge alles anstellen kann. Willst du das sehen?"
"Oh ja, oh ja, oh ja", kam die Antwort, die mich zum Kichern brachte.
"Du bist wieder richtig geil, nicht wahr? Okay, dann ein Freundschaftsangebot. Für eine Reinigungspauschale von fünfhundert Dirham zusätzlich, darfst du mir diesmal mit voller Absicht auf den Körper kommen. Bauch, Titten, egal, nur im Gesicht und in den Haaren will ich nichts von deinem Zeug. Okay?"
"Sicher. Du willst das Geld gleich, oder?"
"Unsinn. Ich will jetzt geleckt werden. Du hältst es doch auch kaum noch aus. Los Angie, frisch ans Werk."
Was für ein bizarres Erlebnis. Der vertraute Geschmack meiner Geliebten und ihre erst wohligen, und dann hocherregten Laute, gaben mir wieder ein Gefühl der Normalität zurück. Und ihre Reaktionen machten mir klar, dass sie keine Show abzog.
Das Ganze erregte sie, ihre kleine Einlage und der Mann, der vor Geilheit fast verging, schienen sie total anzuturnen. Ja, das hatte sie mal erwähnt. Manchmal fand sie das gut. Das war wohl eines dieser Male. Sie ging ab wie Schmidts Katze.
Urs kam trotzdem vor ihr, spritzte seine Ladung tatsächlich auf ihre Brüste, aber sie schrie ihren Orgasmus nur wenig später hinaus. Auch diesmal übernahm ich die so wohlbezahlte Reinigung, während Jara sich eine Zigarette anzündete. Spermaputzfrau. Ein Beruf mit Zukunft. Urs rauchte ebenfalls mit zitternden Händen.
Verblüfft sah ich, dass er immer noch nicht schlaff war, oder schon wieder leicht hart. Jara folgte meinem Blick und sah Urs schmunzelnd an.
"Du hast was eingeworfen, nicht wahr? Daher das rote Gesicht und die Standfestigkeit... Viagra?"
"Sowas ähnliches", gab er zu. "Man wird nicht jünger, oder? Ich will das auskosten."
"Völlig verständlich. Und das sollst du. Bereit für den Hauptgang? Angie sieht so aus, als würde sie jetzt gerne gefickt werden. Möchtest du, Engelchen?"
"Du stellst Fragen", gab ich betont locker zurück. Und sie hatte wie immer Recht. Und wie immer beförderte mich ihre erfahrene Hand ins Nirwana. Ich gestehe, der Augenkontakt mit Urs, sein Stöhnen, wie auch die weitere, diesmal deutlich schwächere Ladung, die er auf meinen Körper spritzte, geilte mich zusätzlich auf. Machte in diesen fiebrigen Momenten alles Sinn, nicht rational, sondern emotional.
Irritierten mich seine Blicke aus nächster Nähe auf die süße Folter, die meine Geliebte mir angedeihen ließ, überhaupt nicht mehr. Sondern regten mich zusätzlich auf. Sollte er sehen, was Frauen miteinander anstellen können. Wie Jara mich zu zwei markerschütternden Orgasmen fickte. Wie fantastisch Sex mit ihr war. Ich gönnte ihm die Kicks, der er davon bekam.
Mit hängendem Unterkiefer sah er sich noch meine geweitete Scheide an, als Jara ihre Hand entfernt hatte.
"Wow", brachte er noch heraus. Das war mir aus der Seele gesprochen.
Wir zogen uns wieder an und tranken noch einen edlen Scotch an seiner Bar. Er zählte sechstausend Dirham ab.
"Der Rest ist Trinkgeld", meinte er verschmitzt grinsend. "Seid ihr noch länger hier? Wir können das gerne noch einmal wiederholen."
"Nö, übermorgen geht es weiter nach Marrakesch", erklärte Jara mit festem Blick. "Für morgen haben wir schon Pläne."
Er nickte etwas enttäuscht und wühlte dann in seiner Brieftasche.
"Hier ist meine Karte, wenn es euch mal nach Genf verschlägt. Ruft mich an."
Da kam mir plötzlich eine Idee.
"Für einen weiteren Tausender kannst du mein Höschen haben. Feucht und duftend, frisch auf den Tisch."
Jara konnte sich überhaupt nicht mehr einkriegen vor Lachen. Urs lachte mit, aber legte tatsächlich tausend Dirham auf den Tresen. Ich hob mein Baumwollkleid an, zog kurz am Slip, damit er sich noch etwas vollsog und stieg dann heraus. Jara beendete ihren Lachanfall und tat dasselbe. Legte ihren Tanga dazu.
"Heutiges Sonderangebot. Zwei zum Preis für einen. Weil du es bist. Und weil wir wirklich Spaß hatten, Junge. Du bist voll in Ordnung."
Das fand ich allerdings auch. Er bestellte uns noch ein Taxi, und bestand darauf, den Fahrpreis im Voraus für uns zu entrichten. Zufrieden fuhren wir zurück. Unterhielten uns noch eine ganze Weile über ihn und das Erlebte. Und schliefen dann herrlich erschöpft und befriedigt ein.
***
Am Samstagmorgen fuhren wir mit dem Zug weiter nach Marrakesch. Da wir bis zur Ankunft in Tanger keinen weiteren Strand sehen würden, nutzten wir die verbleibenden Tage in Agadir zum Schwimmen und Surfen. Lernten noch ein paar nette Leute kennen. Und hatten wie Petra am Ende ziemlich heftige Bikini-Streifen. Wobei es bei mir schlimmer aussah, da meine Haut heller war als Jaras.
Die Zugfahrt war mit dreieinhalb Stunden sehr lang, aber erträglich, weil wir einen frühen Morgenzug gewählt hatten. Wir schliefen beide mehrmals ein. Da wir uns um Geld keine Sorgen mehr zu machen brauchten, verzichteten wir auf einen Versuch, unsere neue Unterkunft mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Ganz ranfahren konnte der Taxi-Fahrer nicht, da unsere Unterkunft in der Nähe des Souk lag und da nur noch Motorräder durch die engen Gassen kamen. Er setzte uns kurz davor an einem kleinen Platz ab. Wir telefonierten mit dem Gastgeber, der versprochen hatte, uns von dort abzuholen. Und warteten.
Marrakesch und die Gegend in der wir uns befanden, war ein echter Schock. Kein Vergleich zum Agadir oder Essaouira, die beide ruhig und laid back gewirkt hatten. Hier war ein Gewusel, Lärm und Geschrei, das mir richtig Angst machte. Ständig sprachen uns irgendwelche Typen an, ob wir eine Unterkunft wollten. Wollten uns einreden, wir wären verarscht worden und unser Gastgeber würde niemals erscheinen.
Einer ging sogar soweit, sich unsere Rucksäcke schnappen zu wollen. Ob er sie nun klauen wollte, oder wirklich mit uns in ein Hotel gehen wollte, erfuhren wir nie. Denn gerade noch rechtzeitig tauchte unser Gastgeber auf.
Spielte trotz seiner zarten Physiognomie den Herkules, indem er sich beide unserer Rucksäcke schnappte und ununterbrochen auf uns einredete, während wir erst durch einen brechend vollen Gemüsemarkt und dann enge Gassen geführt wurden, wo man oft rücksichtslosen Jugendlichen auf Rollern und Motorrädern, sowie geschobenen Karren ausweichen mussten.
Auch hier hatten wir auf Anraten meiner Mutter eine kleine Wohnung gemietet, für Marrakeschs gehobenen Preise spottbillig, trotz zumindest annoncierten Komforts. Warum, wurde uns spätestens klar, als der Besitzer uns die vier verschiedenen Schlösser und dazugehörigen Schlüssel erklärte. Hinter einer weiteren geschmiedeten Eisentür, für die es ebenfalls zwei Schlösser gab, wohlgemerkt. Die Gegend hatte es in sich.
Das Haus hatte von draußen verfallen ausgesehen, von innen war es dann aber doch wie auf den Fotos. Eine moderne Küche, Esszimmer und ein Salon in der unteren Etage, zwei Schlafzimmer oben, eines mit einem Etagenbett und eins mit einem Doppelbett. Klimaanlage, Satellitenfernsehen, Wifi, alles, was das moderne Herz begehrt.
Haustiere, von denen wir allerdings erst später erfahren sollten. Er schrieb sich noch unsere Passnummern ab, zeigte uns wie die Dame in Agadir einen Stapel Broschüren und erklärte, dass wir ihn jederzeit anrufen könnte, wenn etwas wäre. Er arbeitete in einem Büro ganz in der Nähe und könnte sofort rauskommen.
Er wiederholte noch einmal eindringlich, wie wichtig das Abschließen war, und dass wir nie mit viel Geld rausgehen sollten. Am besten vor Einbruch der Dunkelheit zurückkehren und uns breitere Gassen und belebtere Wege merken. Ich verließ mich da ganz auf Jaras Orientierungssinn. Hatte nicht den mindesten Schimmer, dass sie hier ebenfalls an ihre Grenzen stoßen könnte.
Dann waren wir in unserem neuen Reich allein. Vier Übernachtungen hier, da es in der Stadt so viel zu sehen gab, sah unser Reiseplan vor. An diesem Nachmittag wollten wir uns nur orientieren und den berühmten Djemaa el Fna, also den Platz der Gehenkten anschauen, der als der Hauptmarktplatz der Stadt im Reiseführer erschien.
Der Weg dorthin erschien auf dem in der Wohnung ausliegenden Stadtplan ziemlich einfach. Also verzichteten wir auf eine Mitnahme. Wir fanden ihn am Ende auch, aber so einfach war es dann doch nicht, da es immer kleine Abzweigungen gab, die wir uns nicht alle gemerkt hatten. Wir liefen nämlich durch den großen vorgelagerten Souk, und die Gänge dort führten von der gedachten geraden Linie immer wieder weg.
Gegen diesen Souk waren die in Agadir und Essaouira kleine Flohmärkte. Das war echt eine Abfahrt, die Händler deutlich aggressiver und ich war ganz schön genervt, als wir uns endlich durchgeschlagen hatten. Ganz ehrlich, mein erster Eindruck von Marrakesch war, dass ich die Stadt und ihre Einwohner nicht mochte.
Jara verstand mich, meinte aber, wir sollten uns eben erst richtig akklimatisieren. In den nächsten Tagen würde das vielleicht schon wieder ganz anders aussehen. Nun, auf dem Platz angekommen, der von einer großen Anzahl Touristen und Händlern bevölkert wurde, kamen wir erst einmal zur Ruhe.
Wir aßen an einem der zahlreichen Stände, die dort allerlei leckere Sachen meist auf Holzkohlen gegrillt anboten. Setzten uns auf die bierzeltähnlichen Bänke und bestellten eine große Auswahl der in den Einzelpreisen nicht einmal teuren Leckereien.
Nach zwei Wochen, wo wir fast ausschließlich Fisch und Schalentiere gegessen hatten, schlugen wir nun richtig mit Fleisch zu. Und unsere kleinen Bäuche voll. Mir machte die Hitze zu schaffen, in den schattigen kleinen Gassen und dem Innenbereich des Souk war es erträglich gewesen, aber hier auf dem Platz war es richtig hart. Trockene, heiße Luft, wie von einem Föhn. Später sahen wir ein Thermometer, das neununddreißig Grad anzeigte.
Richtig gut ging es auch Jara nicht, sie hatte am Vortag ihre Tage gekriegt. Ihr machte die Hitze ebenfalls zu schaffen. Wir schauten uns noch einen Schlangenbeschwörer an und verpieselten uns dann in eine kleine Bar mit Klimaanlage und eisgekühlten Getränken. Dort ließ es sich aushalten. Nur zum Rauchen musste Jara oben auf die Dachterrasse.
Wir kauften noch zum Frühstück ein, und versuchten unseren Weg zurück zu finden. Verliefen uns total, marschierten frustriert zum Platz zurück und starteten den nächsten Versuch. Mittlerweile hatten die meisten Stände im Souk zugemacht, was die Orientierung nicht erleichterte. Für den Rückweg brauchten wir mehr als eine Stunde, der Hinweg hatte vielleicht zwanzig Minuten gedauert.
Nicht nur die engen Gassen, sondern auch die Gestalten dort wurden zwielichtiger, so kam es mir zumindest vor. Als wir an unserer Wohnung ankamen, war ich wirklich erleichtert. Einige Male hatten uns Einheimische angesprochen, und wollten uns den Weg zeigen. Gegen Entgelt natürlich. Und nicht erklären, sondern mitgehen. Das klang nicht nach einer guten Idee.
"Boah, das war übel. Das ist ein echtes Labyrinth, findest du nicht?", fragte ich Jara, die gerade eine frische Ananas für uns aufschnitt.
"Ja, jetzt, heute, so platt wir von der Reise und allem sind. Wenn wir da ein paarmal durchgelaufen sind, ist das schon wieder ganz anders. Wow, die ist zuckersüß, probier mal", meinte sie und steckte mir ein Stück Ananas in den Mund.
"Ich habe richtig Angst gehabt zum Schluss", gab ich nach einiger Zeit zu.
"Das habe ich gemerkt", antwortete sie mit mitleidigem Blick. "So gefährlich ist es wahrscheinlich auch wieder nicht. Mach dir nicht unnötig Sorgen. Und hier sind wir jetzt sicher. Alle sechs Schlösser abgeschlossen?"
Sie hatte sich schnell aufs Klo verzogen, um ihre Binde zu wechseln.
"Na klar, bis ich nochmal die richtigen Schlüssel für jedes Schloss gefunden hatte, dauerte es allerdings. Hast du gesehen, die Badewanne oben hat Whirlpool-Düsen."
"Müssen wir morgen mal antesten. Mir ist ehrlich gesagt eher nach einer kurzen Dusche, hier noch eine rauchen und dann ins gekühlte Schlafzimmer."
In dieser Wohnung durfte sie offiziell rauchen, obwohl der Besitzer darum gebeten hatte, das auf die Küche, beziehungsweise dem vorgelagerten Essbereich zu beschränken.
"Mir recht. Und was machen wir dann?"
"Etwas richtig Perverses. Wenn du dafür zu gewinnen bist."
"Oho. Lass hören."
Sie grinste mich an.
"Ich habe schon Ewigkeiten nicht mehr... Fernsehen geschaut", schloss sie nach ihrer Spannungspause. "Ehrlich, bestimmt schon fast zwei Jahre nicht mehr. Er faselte was von über hundert Sendern, da muss doch was auf Englisch zu finden sein, was sich zu gucken lohnt."
"Oh, wie pervers. Aber ich erfülle dir auch deine absonderlichsten Wünsche. Ist bei mir übrigens ähnlich lange her. Na ja, manchmal schaue ich am Computer Sachen."
Wir kämpften eine Weile mit den drei Fernbedienungen, eine für die Stereoanlage, über die der Sound lief, eine für den Fernseher und eine für den Satelliten-Receiver, bis wir endlich den richtigen Kanal für die Satellitenprogramme fanden und zappen konnten. Er hatte uns dies alles erklärt, aber wir hatten natürlich nicht zugehört.
Wir schliefen beide bei laufendem Fernseher irgendwann mitten im Film ein. Am nächsten Morgen waren wir beide deutlich positiver gestimmt und suchten uns beim Frühstück Sehenswürdigkeiten heraus, die wir uns anschauen wollten. Liefen wieder durch den Souk und siehe da, wir konnten uns besser orientieren.
Die Hitze warf alle unsere Pläne nach kurzer Zeit wieder um. Um die Mittagszeit herum waren es einundvierzig Grad und die Temperatur blieb einfach so hoch. Ich hatte noch nie im meinem Leben so viel Wasser getrunken, wir hangelten uns von einem kleinen Shop zum nächsten. Aßen dreimal Eis und verbrachten insgesamt viel Zeit in klimatisierten Cafés und Restaurants.
In einem Café kamen wir mit einem deutschen Pärchen ins Gespräch, die am Tisch hinter uns ebenfalls über die Hitze jammerten. Beide waren aus Berlin, gut drauf und schon eine ganze Woche in Marrakesch.
"Wo kann man hier denn nachts weggehen?", fragte Jara nach einer Weile.
"Du meinst Clubs, Tanzen und so?", erkundigte sich Ina, die ich auf Anfang zwanzig schätzte. Ihr Freund sah trotz Dreadlocks deutlich älter aus. Vielleicht lag es an dem Vollbart, den er dazu trug.
"Genau. Irgendwas Empfehlenswertes?"
"Nee. Kannst du vergessen. Es gibt große Clubs, wo auch die Musik okay ist, aber die machen hier alle auf Bühne und Show, mit an Tischen sitzen und nicht mal "ne richtige Tanzfläche. Arschteuer auch noch. Wir waren im Teatro, der totale Reinfall."
"Außerdem ist es nicht so schlau, hier in der Dunkelheit unterwegs zu sein", ergänzte ihr Freund. "Für Party ist Agadir geil, da fahren wir morgen hin."
"Da kommen wir gerade her", gab ich schmunzelnd zurück. "Und ja, da hatten wir eine geile Zeit."
"Echt? Wir waren vor zwei Jahren schon mal da. Das Papagayo ist gut. Wäre noch besser... na ja, ihr wisst schon."
"Da waren wir auch", wurde er von Jara informiert. Sie sah mich lange an, aber ich verstand nicht, was sie mir sagen wollte.
"Ich gehe aufs Klo. Kommst du mit, Ina?", kam dann ihre verblüffende Frage. Die schien den Sinn aber schneller als ich zu begreifen. Sie nickte und lief mit. Kam strahlend noch vor Jara zurück.
Jetzt fiel auch bei mir der Groschen. Na klar, Jara hatte ihr welche von den Pillen verkauft, die wir wahrscheinlich höchstens in Tanger wieder sinnvoll einsetzen konnten. Und zwei Clubber glücklich gemacht. Die sich entsprechend happy von uns verabschiedeten.
"Du trägst die Dinger mit dir rum?", fragte ich sie schließlich, als wir uns wieder der Hitze aussetzten.
"Ja. War doch okay, dass ich ihnen zwei verkauft habe? Wir haben immer noch dreieinhalb."
"Natürlich. Was machen wir jetzt? Ich habe ehrlich gesagt keine Lust mehr rumzulaufen. Das ist echt zu extrem heute."
Eine Kutschfahrt. Wir machten eine Kutschfahrt. Das wäre uns unter anderen Bedingungen sicher nicht in den Kopf gekommen. Es war immer noch langsames Rösten, aber wir sahen ein bisschen was von der Stadt, ohne großartig rumlaufen zu müssen.
Mir taten die armen Pferde leid. Mitten im belebtem Straßenverkehr und Abgasen über den vor Hitze flimmernden Asphalt zu schleichen, war für die sicher auch eine Qual. Immerhin hielt der Kutscher zweimal, um sie an kleinen Brunnen am Wegesrand trinken zu lassen. Er hielt dann noch an einem Laden einer Arganöl-Coop, mit der er wohl einen Vertrag hatte.
Ich kaufte eine mittelgroße Flasche für meine Mutter. Das sollte an Sightseeing und Shopping für den Tag reichen. Zurück zum Souk und wir aßen schon am Spätnachmittag zu Abend. Fanden ein tolles Restaurant, wo man in einem gekühlten Atrium saß. Das Essen war absolut köstlich, wenn auch hochpreisig. Das war uns nach der Hitzeschlacht des Tages aber egal.
Wir waren tatsächlich noch vor acht Uhr wieder zurück in unserer Wohnung, die wir diesmal ohne größere Probleme fanden. Probierten die Badewanne aus, samt Düsen. Die aber wohl schon Jahre nicht mehr genutzt worden waren, und schwarzen Siff in die Wanne pusteten. So viel, dass wir die Wanne sofort wieder verließen, um das Wasser abzulassen.
Prompt kriegten wir die zweite Füllung nur noch lauwarm hin. War aber nach der Hitze auch noch in Ordnung. Zurück in das gekühlte Schlafzimmer. Jara ging eine rauchen und kam fluchend zurück.
"Verdammt, da ist eine Riesen-Kakerlake in der Küche."
"Hast du sie totgemacht?"
"Bist du verrückt? Wenn du auf die Viecher draufsteigst, platzen sie und ihre Eier verteilen sich überall. Anders kriegst du sie aber nicht kaputt. Catch 22."
"Ich hab so ein Viech noch nie gesehen. Ist das eklig. Wenn die nachts hier hochkommt..."
"Ach Quatsch, zum einen passt die durch den schmalen Schlitz an der Tür hier nicht durch, zum anderen sind die auch nicht als Treppensteiger verschrien. Glaub ich zumindest."
"Also mit Ungeziefer habe ich nun nicht gerechnet, so sauber wie das hier ist."
"Aber das ist halt die ganze Gegend, die alten Häuser und so. Ameisen haben wir unten ja nun auch mehr als genug."
Das stimmte allerdings. Es gab richtige Ameisenstraßen durch das Esszimmer und die Küche. Da wir unsere Essensachen im Kühlschrank unterbrachten, störte uns das allerdings weniger. Die Ameisen besorgten dann überraschend die Beseitigung des anderen Hausgasts.
Bei Jaras nächster Zigarettenpause sah sie nämlich das Tier erneut, jagte es kurz, und das dumme Viech rannte gegen die Wand. Fiel dabei um und auf den Rücken. Jara holte mich herbei.
"Und jetzt, was machen wir jetzt? Ich fass das Ding nicht an", erklärte ich, als ich das fast handgroße eklige Insekt sah.
"Na, von alleine kommt sie nicht mehr auf die Beine. Ich glaube, das regelt sich von selbst", gab Jara zurück. Und deutete auf die Ameisenreihe, die sich auf die Kakerlake zubewegte. Was die wohl anlockte?
"Du meinst..."
"Ich glaube schon. Wir werden es morgen früh ja sehen."
"Und die kann sich wirklich nicht mehr selbst umdrehen?"
"Nein."
Sie sollte Recht behalten. Am nächsten Morgen war das Viech nicht nur tot, sondern schon zur Hälfte abtransportiert. Unfassbar. Was so kleine Tiere in Teamarbeit schafften. Ich war ihnen auf jeden Fall dankbar. Solange sie nicht davon ermutigt zwei schlafende Frauen in der nächsten Nacht als Angriffsziele wählten.
Diesmal checkten wir die Wettervorhersage, bevor wir losgingen. Nur fünfunddreißig Grad und ein paar Wolken. Das klang himmlisch. Wir trieben uns trotzdem hauptsächlich am Souk herum, schauten uns eine dort gelegene alte Religionsschule an, die halbwegs interessant war. In Moscheen kam man als Nicht-Muslime nicht rein, aber wir konnten zumindest von außen einen Blick hineinwerfen.
Kauften tatsächlich ein paar Tücher und Klamotten ein und setzten uns dann wieder in ein klimatisiertes Café, um ein Eis zu essen und hinterher einen Kaffee zu trinken, den wir dann sicher in der Hitze bereuen würden.
"Ihr seid Deutsche? Darf ich mich zu euch setzen?", wurden wir plötzlich aus heiterem Himmel angesprochen, als wir durch das Durchsehen unserer Einkäufe abgelenkt waren. "Tu, was du nicht lassen kannst", gab Jara gut gelaunt zurück.
Der Mann war vielleicht Anfang dreißig, braungebrannt und sah wie aus dem Ei gepellt aus. Eine wandelnde Markenreklame, Lacoste, Ray-ban, Rolex-Uhr. Warf ein Armani-Jackett über den Stuhl. Weiß der Geier, was er in dieser Hitze damit vorhatte. War mir sofort unsympathisch.
"Ich bin allerdings Tschechin, Petra hier ist Deutsche. Ich heiße Emilia", stellte sie uns für mich unverständlich mit falschen Namen vor.
"Norbert. Du sprichst aber sehr gut Deutsch, ich höre kaum einen Akzent. Entschuldigt, dass ich euch einfach so anspreche, aber ich langweile mich hier zu Tode. Eine schreckliche Stadt, findet ihr nicht?"
Nun, direkt beipflichten wollten wir ihm nicht, aber erzählten von unseren kleinen Negativ-Erlebnissen. Und dass es in Agadir deutlich besser gewesen war. Jara beklagte auch das wohl nicht für uns geeignete Nachtleben.
"Genau, genau. Spart euch das. Lahmes Zeug. Na, ich fliege morgen zurück nach Hamburg. Zurück in die Zivilisation. Wieder unter Menschen. Nächstes Jahr wird es wieder Thailand. Da kann man wenigstens richtig Spaß haben", meinte er augenzwinkernd.
"Im Sinne von...", wollte Jara wissen.
"Na ja, da kommt man als Mann auf seine Kosten, wenn man das nötige Kleingeld hat. Versteht ihr? Das gibt es hier nicht mal. Als ich einen Taxifahrer nach einem Puff gefragt habe, hat ich mich die Sau einfach an mitten auf einer Brücke rausgeschmissen. Ist das nicht unglaublich?"
Was für ein widerlicher Kerl. Der Taxifahrer war mir hingegen total sympathisch. Jaras Reaktion überraschte mich daher total.
"Ja, das ist hier illegal. Wie so vieles anderes auch."
"Was meinst du?"
"Zum Beispiel Homosexualität..."
Er sah sie verwirrt an. Dann fiel der Groschen.
"Ihr seid..."
"Ja, und nicht so laut bitte."
Er schwieg verblüfft. Seufzte und rührte in seinem Cappuccino.
"Na, mein Glück. Die ersten wirklich ansehnlichen Frauen, die ich in diesem blöden Kaff treffe und die Deutsch sprechen, machen sich nichts aus Männern."
"Wieso, was hattest du denn mit uns vor?", fragte sie belustigt.
"Was man mit so schönen Frauen eben vorhat", meinte er lässig. "Euch zum Essen und ein paar Drinks einladen, dann in mein Hotel..."
"Zum Essen und auf Drinks kannst du uns gerne einladen", gab Jara zurück. "Wenn du zu viel Geld hast. Was das Hotel und deine Langeweile angeht... hm. Vielleicht ließe sich da auch was machen."
Was? Mit diesem Typen? Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein. Sie bemerkte meinen entsetzten Blick sehr wohl. Wieder verstand ich nicht, was mir ihr leichtes Kopfschütteln sagen sollte.
"Wie soll ich das verstehen?", fragte der Typ, der sich genauso wenig einen Reim darauf machen konnte, was sie da anbot.
"Nun, für solvente Herren haben wir durchaus schon private Vorführungen gebracht. Zu deren vollsten Zufriedenheit, wenn ich so sagen darf."
Der eklige Typ starrte sie eine Weile mit offenen Mund an. Taxierte sie und mich dann wie ein Stück Fleisch. Mir wurde übel.
"Ja, das kann ich mir vorstellen. Sogar sehr gut vorstellen."
Jara lächelte und aß den Rest von ihrem Eis auf. Leckte aufreizend ihren Löffel ab.
"Das klingt alles sehr interessant. Also kommt ihr mit mir essen?"
"Wie gesagt, gegen eine Einladung haben wir nie etwas. Hast du Hunger, Petra?"
Ich zuckte mit den Schultern. Wollte sie ihn vielleicht nur bei der Stange halten, um ihm ein freies Essen und Drinks raus zu leiern? Ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, dass sie mit mir vor diesem Typen Sex haben wollte. Aber das Gefühl, dass sie das ebenfalls nicht wollte, verstärkte sich. Also gut, was auch immer sie da spielte, spielte ich eben mit.
"Hier gibt es ein französisches Restaurant in der Nähe, das ist erträglich. Wenn ich noch mehr Couscous und Tajine sehe, kotze ich", informierte er uns. "Nun gut, ihr seid halbwegs angemessen gekleidet. Wir können da hin."
Snob auch noch. Na toll.
"Abgemacht. Ich gehe nochmal schnell für kleine Mädchen. Für böse kleine Mädchen. Petra kommst du mit? Ich will dabei noch über unseren neuen Freund herziehen."
Er lachte blöde und nichts wollte ich lieber als das. Ich atmete auf, als wir auf der Damentoilette unter uns waren.
"Was wird das jetzt?", stellte ich die Frage, dich einfach für mich nicht auflösen konnte.
"Wir kriegen ein wahrscheinlich gutes Essen umsonst. Ein paar Drinks. Und dann..."
"Und dann?"
Sie grinste vergnügt.
"Dann wird ihn der Preis von zehntausend Dirham zu hoch vorkommen und er wütend abdackeln."
"Hm. Und wenn nicht?"
"Kochen wir ihn irgendwie ab. Verlass dich auf mich. Ich kenne solche Typen. Laufende Weihnachtsgänse."
"Was meinst du damit?"
"Vertrau mir einfach. Das wird ein lohnender Tag. Das blöde Gelabere von dem Typen ertragen wir auch irgendwie."
"Der ist voll das widerliche Ekelpaket."
"Das ist die Herausforderung. Komm, das kriegen wir hin. Ich muss jetzt wirklich pullern. Sei so nett, und halte ihn uns warm. Wäre blöd, wenn er da unten jetzt kalte Füße kriegt und sich die Sache anders überlegt. Sei so lieb."
Also saß ich endlose Minuten mit dem Typen alleine da. Der mich stumm anstierte. Ob er mich schon nackt in seinem Kopf-Kino sah?
"Was machst du beruflich?", fragte ich schließlich, um überhaupt irgendwas zu sagen. "Finanzmakler. Der Beste in Hamburg. Und du?"
"Ich bin... Pferdepflegerin. Auf einem größeren Reiterhof."
"Das wollte ich immer schon mal wissen... macht euch Mädels das eigentlich geil, wenn ihr auf so 'nem Viech reitet?"
"Öhm... nein. Mich nicht."
Wie war der denn drauf?
"Ich meine nur, weil ja so viele junge Mädels darauf abfahren. Da muss doch irgendwas dahinterstecken."
"Was muss wo dahinterstecken?", fragte die zurückgekehrte Jara.
"Frauen. Und Pferde. Petra hat mir erzählt, dass sie Pferdepflegerin ist. Ich verstehe die Faszination nicht."
"Er wollte wissen, ob uns das geil macht, wenn wir reiten", klärte ich sie auf. Mein Augenrollen konnte er nicht sehen.
"Ah, mich schon. Aber nur, wenn ich nackt und ohne Sattel reite. Und natürlich nur auf Stuten", gab sie mit einem absoluten Pokerface zurück, während sie unsere Einkaufstüten einsammelte.
"Ja, das macht Sinn", gab er zu allem Überfluss noch zurück. Also okay. So beschränkt, wie der Kerl war, konnten wir uns eventuell wirklich einen Spaß aus der Sache machen. Nun, was das Essen anbetraf, hatte er einen guten Geschmack, das Restaurant war hervorragend. Selbst die hohen Preise, um die wir uns nicht kümmern brauchten, schienen gerechtfertigt.
"Wie kommt es eigentlich, dass so ein gutaussehender und offenbar auch recht erfolgreicher Mann wie du alleine in den Urlaub fährt?", wollte Jara beim Essen wissen. "Oder machst du Urlaub von deinem Eheweib?"
"Nein, natürlich nicht. Ich bin nicht verheiratet. Ja, das ist komisch. Mit euch kann ich ganz locker reden, vielleicht weil ihr... ihr wisst schon, anders seid... aber wenn ich mit normalen Frauen rede, sind die ganz oft eingeschnappt, weil ich irgendwas Falsches sage. Außerdem habe ich zu wenig Zeit für Beziehungen und diesen Quatsch."
Mit normalen Frauen. Sagenhaft. Jara nickte.
"Ja, verstehe. Manche Frauen sind wirklich empfindlich."
"Jetzt müsst ihr mir aber mal verraten, warum ihr es nur mit Frauen macht. Habt ihr denn wenigstens mal Schwänze probiert und fandet es nicht so geil?"
Wir wechselten einen schnellen Blick. Okay, von mir sollte er wenigstens eine ehrliche Antwort haben. Unser Vestibül lag abseits und niemand konnte unsere Gespräche verfolgen.
"Nö, bei mir ist es so, dass Männer mich einfach nicht interessieren. Mich weder sexuell noch emotional ansprechen. Wahrscheinlich genauso wenig wie dich. Oder bist du bi?"
"Soweit kommt"s noch, bäh, nein, natürlich nicht. Das ist doch abartig. Und du?"
Jara schien zu überlegen.
"So ähnlich ist es bei mir auch. Ich werde allerdings, das muss ich zugeben, gerne gefickt. Petra auch."
"Wie geht das ohne Mann? So mit Dildos und so?"
"Hände. Petra hat magische Hände."
"Emilia auch", steuerte ich bei.
Wieder klappte die Kinnlade des blonden Mannes herunter. Er schluckte.
"Oh", kam sein Kommentar nach einiger Zeit. "Verstehe."
Man konnte sehen, was sich hinter seiner Stirn abspielte. Er stellte sich das alles schon einmal im Detail vor. Hoffentlich übertrieb Jara es nicht, und machte ihn so geil, dass er am Ende die zehntausend Dirham zahlen wollte. Auf ihre Idee ihn "abzukochen" war ich nämlich nicht so versessen.
"Das würde ich zu sehen bekommen?", fragte er nach einer kleinen Pause.
"Natürlich. Ansonsten sind wir auf Spezialwünsche nicht ganz vorbereitet, wir haben keine Dildos oder so etwas dabei", meinte sie augenzwinkernd und überlegte einen Moment. "Nur ein paar Tücher. Damit ließe sich eventuell was anfangen. Wir binden uns gerne mal gegenseitig fest und so. Macht es noch geiler. Ging hier bisher nicht, weil die Betten alle keine Kopfteile haben."
"Das in meinem Hotel schon", platzte er heraus.
"Hörst du Petra? Der Mann hat alles, was man sich wünschen kann", teilte sie mir mit funkelnden Augen mit.
"Gut, ich bin weiterhin interessiert. Lasst uns über Zahlen sprechen", meinte er während er mit einer übertriebenen Geste den Kellner zur Erstellung der Rechnung aufforderte.
Das war früher als erhofft. Dann würde es wohl keine freien Drinks mehr geben. So schade fand ich das allerdings nicht.
"Zehntausend Dirham", sagte ich schnell, um die Sache möglichst zeitnah abzuschließen.
"Habt ihr sie noch alle? Dafür kann ich mit zehn Nutten poppen, und guten, nicht so 'n Straßendreck."
Jara sah ihn gelassen und irgendwie hochmütig an.
"Zum einen sind wir keine Nutten, zum anderen ist das unser Standardhonorar. Nicht verhandelbar. Meist kriegen wir noch Trinkgeld obendrauf, weil unsere Kunden so zufrieden sind. Eventuelle Extras kosten extra", klärte Jara ihn auf.
"Was für Extras?", wollte er wissen.
Wir schwiegen, weil in diesem Moment der Kellner die Rechnung in einer Ledermappe brachte. Dann meldete ich mich wieder zu Wort.
"Zum Beispiel kannst du auf uns abspritzen. Das kostet dann eine Reinigungsgebühr. Unsere Dufthöschen erfreuen sich großer Beliebtheit. Sowas halt."
"So ein Quatsch. Was meinst du mit auf euch abspritzen? Ihr holt mir einen runter?"
"Nein. Wir fassen dich nicht an, du fasst uns nicht an. Da musst du schön brav selbst Hand anlegen", wiederholte ich Jaras Verkaufsgespräch mit Urs. Die grinste zufrieden und sah Norbert dann mit schräggelegtem Kopf an.
"Ich habe allerdings schon einmal einen Typen zum Kommen gebracht, ohne dass er sich, oder ich ihn, angefasst habe."
"Wie soll das denn gehen?"
"Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden."
"Ihr habt sie doch nicht alle. Ich bin doch kein Anfänger. Für das Geld müsste ich wenigstens eine von euch ficken können", meinte er verärgert. Er wollte noch etwas sagen, hielt sich dann aber zurück, weil der Kellner mit seiner Kreditkarte wiederkam.
"Das ist wie gesagt nicht drin. Na, dann danke für das schöne Essen und den unterhaltsamen Abend", kam ihm Jara zuvor, als der Kellner verschwunden war.
"Fünftausend", gab er zur Antwort. "Und du zeigst mir den Trick mit dem Abspritzen ohne Berührung."
"Tut mir leid, wenn wir für dich zu teuer sind. Die Preise sind nicht verhandelbar", mischte ich mich ein. Stand halbwegs erleichtert auf, da die Sache ausgestanden schien.
"Miststücke. Wer glaubt ihr denn, wer ihr seid? So viel Geld, für so wenig Action? Nicht mit mir."
Jara zuckte mit Schultern und wir verließen vor ihm das Restaurant. Nach wenigen Metern war er hinter uns und hielt mich fest.
"Wartet, verdammt. Nun rennt doch nicht gleich weg."
Jara riss seine Hand von meiner Schulter.
"Und schon hast du gegen die Nicht-Anfassen-Regel verstoßen. Nimm 's mir nicht übel, Junge, aber damit hast du dir jede Möglichkeit für eine Buchung zerstört."
Der Typ sah jetzt richtig sauer aus. Langsam wurde die Situation unangenehm. Ich bekam Angst. Jara sah mich kurz an und dann liefen wir wieder los. Er blieb hinter uns und zeterte weiter.
"Fotzen. Blöde Lesben. Also gut, dann zehntausend. Dafür musst du deinen Trick dann mehrmals bringen. Wir müssen zum Geldautomaten, so viel Bargeld habe ich nicht bei mir. Nur noch knapp über fünf."
"Sag mal, merkst du's noch? Kein Deal, nach solchen Sprüchen schon gar nicht. Lass uns in Ruhe, verdammt", erwiderte ich mit Zittern in der Stimme und am ganzen Körper. Wir beschleunigten beide unseren Schritt. Er blieb weiter hinter uns.
"Nun habt euch doch nicht so, verdammt. Verdammte Mimosen. Erst heiß machen, Essen schnorren und dann den Abgang... mit mir nicht. Ihr kommt jetzt mit."
Ich versuchte verzweifelt, die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Jara nahm plötzlich meine Hand und rannte mit mir los. Wir schauten nicht mehr zurück, rannten und rannten durch das Labyrinth der engen Gassen, bis wir an eine etwas größere Straße kamen. Zumindest gab es hier einige Einheimische, die vor einem Café standen und sich unterhielten.
"Verflucht, wo sind wir hier? Wir scheinen ihn abgehängt zu haben", gab ich nach einem raschen Blick bekannt.
"Kommt mir überhaupt nicht bekannt vor. Und es wird dunkel. Scheiße."
"Warte, ich versuche Google-Maps, scheiß auf die Kohle."
Ich schaltete mit zitternden Fingern mobile Daten ein. Keine Verbindung. Am Anfang hatte ich mehrere SMS bekommen, hätte ich für das Daten-Roaming darauf antworten, oder etwas freischalten müssen? Ich konnte nicht mal mehr klar denken, war den Tränen nahe.
"Ihr Deutsche?", sprach uns einer der herumstehenden Marokkaner an.
"Ja", gab Jara diesmal vereinfachend zurück.
"Verlaufen? Ich euch führen. Sagt wohin."
"Wieviel?"
Er grinste mit unvollständigen Zahnreihen, sah alles andere als vertrauenswürdig aus.
"Zweihundert Dirham, oder zwanzig Euro, wenn keine Dirham haben."
"Alter... das ist doch wohl nicht dein Ernst."
"Komm, Jara, gib ihm das Scheiß Geld, ich will hier weg", flehte ich sie an.
Jara hatte wohl noch handeln wollen, oder traute dem Typen nicht, aber sie sah, in welchem Zustand ich war und gab ihm schweigend zwei Scheine. Da kam dieser Norbert um die Ecke, spottete uns sofort.
"Verflucht, da ist das Arschloch wieder. Ich dreh durch", stieß ich dem Weinen nahe hervor.
"Mann Problem?", erkundigt sich der Marokkaner.
"Ja, ein Scheiß-Problem", antwortete Jara, die ebenfalls all ihre sonstige Sicherheit verloren hatte.
"Geben nochmal zweihundert. Dann Mann kein Problem mehr", meinte unser "Führer" gelassen.
In diesem Moment grinsten er und Jara sich an, sie drückte ihm dreihundert in die Hand und sagte:
"In der Innentasche seiner Jacke ist ein Portmonee mit über fünftausend Dirham, Kreditkarten und Bankkarte."
"Gutes Mädchen, wir gehen", freute er sich und gab den anderen Herumstehenden kurze Anweisungen auf Arabisch.
Wir sahen noch, wie er von der Gruppe aufgehalten wurde und zu lamentieren begann, während die Männer laut und aggressiv auf Arabisch auf ihn einredeten. Unser Führer führte uns zielsicher durch die Gassen und blieb dann vor einem anderen Café stehen.
"Kurze Pause, Tee trinken? Hier auf Ergebnis warten", fügte er erklärend hinzu.
Er war mir immer noch nicht geheuer, aber hatte uns offensichtlich aus einer unmittelbaren Gefahr befreit und immerhin war das ein öffentliches Café. Jara schien endgültig Zutrauen zu ihm gefunden haben.
"Gut, wir trinken einen Tee. Wie heißt du? Dein Name?"
"Amide."
"Das ist Angie und ich bin Jara", gab sie unsere tatsächlichen Namen preis. Na ja, ihrer war mir ja schon rausgerutscht. Zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auf diesem Trip.
Wir setzten uns in das gemütliche Café, wo nur Einheimische drin waren. Es roch süßlich nach dem Rauch der Sishas, die einige in Betrieb hatte. Mein Herzschlag beruhigte sich langsam. Amide orderte uns Tee, der schnell gebracht wurde.
"Warum Mann Problem?", wollte er nach einer Schweigeminute wissen.
Jara lächelte ihn an.
"Wir wollten ihm etwas Geld abnehmen. Der Plan lief schief", kam die stark vereinfachte Erklärung.
Er nickte, hatte sich so etwas in der Art wohl gedacht.
"Touristen dumm. Dieser dumm und gefährlich. Zu gefährlich für schöne Mädchen."
"Da hast du leider Recht", gab Jara zu. "Er wurde pampig." Als er das Wort nicht verstand, fügte sie "böse" hinzu. Amide nickte.
In diesem Moment kam einer seiner vorherigen Begleiter durch die Türe, wechselte ein paar schnelle Worte, reichte ihm das Portmonee des Freaks und verschwand sofort wieder. Amide grinste und gab es an Jara weiter.
"Zweiter Plan gut", war sein Kommentar.
Jaras Abgebrühtheit schockte mich ein weiteres Mal. In aller Seelenruhe untersuchte sie die Brieftasche, zählte zweitausendfünfhundert Dirham für uns ab, zog ein Schreiben hervor und lachte.
"So ein Idiot."
Sie zeigte Amide den Brief und gab ihm das Portmonee.
"Für die Bankkarte. Das ist der PIN. Der Mann ist ein Vollidiot. Wenn ihr schnell handelt, könnt ihr zusätzlich Geld ziehen. Passt auf Kameras auf, beim Abheben."
"Kein Problem, schicken Frau mit Schleier."
Sie lachte und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
"Super. Guter Plan. Gerecht geteilt?"
"Ja. Gute Mädchen. Freund hat auch neue Rolex", gab er grinsend zurück. "Brauchen etwas? Hasch? Gutes Qualität. Ich besorgen."
"Danke Amide, aber nein. Magst du uns jetzt nach Hause bringen?"
"Ja, Amide euch führen. Ihr Mann besser nicht mehr treffen. Euch nicht mehr mögen."
"Er fliegt morgen, wir passen auf. Wir haben dir die Adresse noch nicht gegeben..."
Die nannte sie ihm dann, beziehungsweise die Straße davor. Ganz traute sie ihm wohl doch nicht über den Weg. Das war unbegründet, denn er brachte uns schnell und sicher zu der Straße und schüttelte unsere Hände zum Abschied. Und sah sehr zufrieden aus.
Das war bei mir anders. Nun, da die direkte Gefahr überstanden schien, schlug das gerade Erlebte mit voller Wucht in meinem Bewusstsein ein. Ich zitterte so sehr beim Aufschließen des äußeren Tores, dass Jara mir den Schlüssel abnahm und aller Vorsicht zum Trotz beruhigend den Arm um mich legte.
"Komm, Angie, ganz ruhig. Wir sind in Sicherheit."
In der Küche bekam ich tatsächlich noch einen kurzen Weinkrampf. Es war einfach zu viel gewesen, die Angst und die ganze Aktion. Jara rauchte und wartete still ab, dass ich mich beruhigte. Nahm einfach meine Hand.
"Hey", setzte sie nach einiger Zeit an. "Bisschen zu viel Aufregung, versteh ich. Dass der Kerl so blöde abfährt, war nicht vorauszusehen. Aber es hat sich doch alles zum Guten gewendet."
"Zum Guten? Wer weiß, ob er überhaupt morgen fliegt, wo er jetzt kein Geld hat. Und die Typen, wenn die ihm was angetan haben?"
"Das glaube ich nicht, vielleicht er hat ein paar aufs Maul bekommen, wenn einer von ihnen Deutsch verstand und er seine blöde Klappe zu weit aufgerissen hat. Hast du jetzt Mitleid mit dem Freak?"
"Nein. Ja. Ich weiß nicht. Scheiße. Jara, bitte, solche Aktionen will ich nicht noch einmal erleben. Das war zu hart, ich... ich bin da nicht wie du."
Sie seufzte und strich durch mein Haar.
"Alles okay. Klar, dass dich das überfordert."
Langsam beruhigte ich mich nun doch. Die Ameisen hatten ihren Abtransport der toten Kakerlake tatsächlich abgeschlossen, es lagen nur ein paar winzige Stücke auf ihrer Straße, die aber bewegt wurden. Meine Gedanken wurden wieder klarer.
"Sag mal, was war denn dein ursprünglicher Plan? Was genau hattest du mit dem Typen vor?"
"Nun, man muss natürlich flexibel auf die Situation reagieren, aber ich dachte daran, ihm vorzuschlagen, dass er sich von uns ans Bett fesseln lässt... für meinen speziellen Trick. Und dann mit seiner Brieftasche abhauen."
In der Theorie vielleicht ein guter Plan. Aber praktisch voller unabsehbarer Gefahren. Der Typ war groß und kräftig gewesen, wer weiß, was alles hätte passieren können.
"Jara, bitte, lass uns einfach nur noch Urlaub machen. Wir haben genug Geld, das ist es alles nicht wert."
"Okay. Mach dir keine Sorgen. Es war eine kitzlige Situation, aber notfalls wäre ich mit dem Typen fertig geworden."
"Auch davor habe ich Angst, verstehst du das?"
Sie antwortete nicht darauf. Dachte lange nach und rauchte schweigend eine weitere Zigarette, bevor sie dann vorschlug, dass wir uns wieder zum Fernsehen gucken ins Bett begeben. Wir kuschelten und schauten Kinder-Cartoons.
Am Folgetag suchten wir uns Ziele, die vom Stadtkern entfernt lagen. Liefen dazu unseren Ankunftsweg zurück und nahmen von dort ein Taxi. Ließen uns von dem Taxifahrer und seinen Nachfolgern Tipps für Gärten und kleinere Sehenswürdigkeiten geben, wobei wir Jaras Vorlieben für schöne Motive bekanntgaben. Dass sie malte. Und wurden nicht enttäuscht.
Selbst die Hitze ließ sich in den schattigen Gärten und kühlen Gebäuden ganz gut ertragen. Genug Pausen in klimatisierten Cafés und Restaurants machten wir auch. Aßen früh zu Abend und kehrten über die vertraute Route vom Platz der Gehenkten lange vor Anbruch der Dunkelheit in unsere Unterkunft zurück. Ich atmete auf.
Irgendwie hatte ich trotz unserer sicheren Transfers in Taxis und dem Abhängen an Orten, wo ich mir den Typen nun wirklich nicht vorstellen konnte, doch irgendwie unterschwellig Angst gehabt, wir könnten ihm noch einmal begegnen. Sogar Herzklopfen bekommen, wenn ihm Leute von hinten ähnlich sahen. Ich hoffte nur, dass er tatsächlich trotz des Diebstahls nachhause geflogen war.
Den nächsten und letzten Tag in Marrakesch verbrachten wir bei vierzig Grad im Aqua-Park Eden, der etwas außerhalb im Süden der Stadt lag. Es gab eine Buslinie, die einen direkt dorthin fuhr und vor der berühmten Koutoubia-Moschee hielt. Allerdings mussten wir fast eine halbe Stunde warten, und das war in der Hitze eine Qual, weil alle wirklich schattigen Plätzchen voller Ameisen waren, die uns vertrieben.
Der Aqua-Park war riesig und hatte sowohl einen Innenbereich mit Saunen, Schwimmbad und Rutschen, wie einen Außenbereich mit zig verschiedenen Becken, Rutschen von zart bis hart, sogar einem Wellenbad, was ganz lustig war. Der Park war einem Fünf-Sterne-Hotel angegliedert, aber die Besucher waren größtenteils ganz normale Familien. Nur an einem Becken tummelten sich offenbar Superreiche.
Ich war froh, dass Jara nach der üblen Erfahrung auf die Suche nach "laufenden Weihnachtsgänsen" verzichtete und nur mit mir im Wasser herumtobte. Vielleicht ein Drittel waren Touristen, der Rest Einheimische, oder Gäste aus anderen muslimischen Ländern.
Einer schien ein besonders reicher oder wichtiger Mann zu sein, denn um seinen Liegestuhl standen die ganze Zeit zwei Leibwächter herum. Nachdem uns ein alkoholischer Cocktail in der Hitze ganz schön strunkelig gemacht hatte, stiegen wir auf alkoholfreie um. Nach der ganzen einheimischen und Haute Cuisine gönnten wir uns im Restaurantbereich eine Pizza, die gar nicht mal schlecht schmeckte.
Erst beim Warten auf den Shuttle-Bus für die Rückfahrt versuchte ein Italiener mit uns ins Gespräch zu kommen. Gab aber nach kurzer Zeit aufgrund unserer einsilbiger Antworten auf. Dabei war er sicher ganz nett, aber nach den Erlebnissen zuvor war unser Reservoir von Kontaktfreudigkeit vorerst geleert.
Wir gingen am Abend noch kurz essen, und waren erneut vor Einbruch der Dunkelheit in der Wohnung. Statt Fernsehen gaben wir uns gegenseitig das volle Programm.
***
Am nächsten Morgen schleppte sich der Vermieter wieder mit unseren nun noch etwas schwereren Rucksäcken ab. Zu dem Platz unserer Ankunft, wo unser Taxi bereits auf uns wartete. Wir gaben an, sehr zufrieden gewesen zu sein und auch von seinen Haustierchen berichteten wir nicht. Das wusste er ja wohl selbst. So störend war es nun nicht gewesen.
Ursprünglich hatten wir mit dem recht günstigen Bus nach Ouarzazate weiterfahren wollen, aber die fast fünf Stunden Fahrzeit schreckten uns ab. Da wir mit Grand Taxis gute Erfahrungen gemacht hatten, nahmen wir ein solches, das nicht so viel teurer war. Und die Fahrzeit auf dreieinhalb Stunden drückte.
Statt Kleinbus war es allerdings diesmal ein alter Daimler. Ein ruppiger Fahrer und der beleibte, schwitzende ältere Herr, zwischen dem und Jara ich zunächst auf der Rückbank eingeklemmt war, machten die Fahrt zu einem grenzwertigen Vergnügen. Der schweigsame Mann machte seine Anwesenheit nämlich zum Ausgleich durch einen recht starken Körpergeruch bekannt.
Wegen der laufenden Klimaanlage blieben die Fenster natürlich geschlossen. Die stechende Sonne, der er an seinem Fenster ausgesetzt war, brachte ihn trotzdem zum Glühen. Die kurze Pinkelpause an einer schattigen Tankstelle mit kleinem anschließenden Restaurant war absolut notwendig. Auch Jaras Vorschläge, uns mit ihrem weißen Pulver die Nasenflügel zu betäuben, sowie danach in der Mitte zu sitzen, nahm ich dankbar an.
Das machte den Rest der Fahrt tatsächlich erträglicher. Die Landschaft wurde zudem immer spannender, denn es wir befanden uns nun im Hohen Atlasgebirge, die Stadt lag zwischen zwei Gebirgsketten. Ich konnte förmlich spüren, wie es Jara in den Fingern juckte, wie sehr diese atemberaubende Landschaft sie zum Zeichnen animierte.
Daran war vor allem aufgrund des Fahrstils während der Fahrt nicht zu denken. Wie der gute Mann die Serpentinen rauf und runter sauste, hatte schon etwas von Todesverachtung an sich. Mir wurde eigentlich nie beim Autofahren schlecht, aber auf manchen Streckenabschnitten war das dann so.
Der junge Spanier, der vorne saß, bat ihn dann nach einer lustigen Abfahrt prompt anzuhalten. Und deponierte seinen kleinen Imbiss vom Restaurant an der Tankstelle hurtig neben der geöffneten Wagentür. Nur Jara wirkte wieder einmal völlig unbeeindruckt. War froh, so eine weitere Zigarettenpause zu bekommen, bis sich der Magen des Jungen beruhigt hatte.
Berühmt war Ouarzazate vor allem wegen der dort ansässigen Filmstudios. Es war aber auch und vor allem eine Drehscheibe für umliegende Sehenswürdigkeiten, insbesondere fantastische Kasbahs. Daher hatten wir uns dort ein Zimmer für zwei Nächte reserviert. Für einen kleinen Aufpreis fuhr uns der Taxifahrer bis vor die Haustür. Anders als zuvor war es diesmal ein Zimmer mit Bad in einem Haus, was wie eine Pension wirkte.
Das Zimmer hatte zwei Einzelbetten und ein winziges Bad mit Dusche und Toilette. Hier war allerdings Frühstück im Preis mit drin, das auf dem Highlight dieser Unterkunft, der Dachterrasse, serviert wurde. Die Aussicht von dort auf die ganze Stadt war fantastisch, wie wir feststellten, nachdem wir unsere Rucksäcke in unserem Zimmer abgeladen hatten.
Jara hatte eigentlich nur eine rauchen wollen, aber sie holte sich, nachdem dies geschehen war, gleich ihre Zeichenutensilien rauf. Und hielt sich nach den verpassten Gelegenheiten auf der Fahrt schadlos. Die Gastgeberin, eine Berberfrau jenseits der sechzig, entdeckte uns und machte sofort einen Tee.
Setzte sich zu uns und schaute fasziniert Jaras Treiben zu, während sie uns über die Stadt, die größtenteils von Berbern bewohnt wurde, in makellosem Französisch erzählte. Von echten Nomaden, die es immer noch in großer Anzahl gab und deren Leben. Es war faszinierend, wie auch die Frau selbst, die zum Dank dann ein Portrait bekam.
Als wir später zum ersten Rundgang rausgingen, hatte sie es in der kleinen Rezeption bereits aufgehängt. Neben den vielen Informationen, die sie uns gegeben hatte, vermittelte sie gleich für den nächsten Tag eine Tour zur Oase Flint und der Kasbah Tifoultout, mit der Möglichkeit auch am Filmstudio zu halten und wenn gewünscht, dort eine einstündige Tour mitzumachen.
Wir waren uns noch nicht sicher, ob wir darauf Bock hatten, aber sie versicherte uns, dass ihr Neffe, der das Taxi fuhr, sich unseren Wünschen anpassen würde. Der Preis war sensationell niedrig, wahrscheinlich spielte ihr Portrait dort eine große Rolle. Sie meinte aber, er würde sich sicher über ein Trinkgeld freuen, wenn er seine Sache gut gemacht hatte.
Am Nachmittag schauten wir uns tatsächlich noch die am Stadtrand von Ouarzazate gelegene Kasbah Taourirt an. Im Gegensatz zu der in Agadir war diese größtenteils erhalten, zum Teil sogar noch bewohnt. Wir schlossen uns wie brave Touristinnen sogar einer hochinteressanten Führung im Innenbereich der Hauptburg an.
Brave Touristinnen statt böse Mädchen. Jara schien zu fühlen, dass ich dies nach den hektischen und Tagen der Angst in Marrakesch brauchte. Sie schien ebenfalls zu genießen, wirklich nur "Urlaub" zu machen. Dessen weiterer Verlauf von dem Treffen mit dem Neffen unserer Gastgeberin, Idir, bestimmt, beziehungsweise beeinflusst wurde.
Das "Taxi" war ein nagelneuer SUV, der die Transfers zu einem Genuss machte. Idir war ein Mann Mitte dreißig, ruhig, gelassen, aber ungemein fröhlich. Seine Zähne blitzten während der gesamten Fahrt im Dauergrinsen.
Er sprach fließend Englisch und auch ein paar Brocken Deutsch. Der Einfachheit halber aber unterhielten wir uns auf Englisch. Wir hatten ihn schon zwanzig Minuten nach Fahrtantritt ins Herz geschlossen.
Wir schenkten uns tatsächlich die Tour durch das Filmstudio und schauten uns das Teil nur von außen an. Er machte von uns Fotos vor den Sphinxen am Eingang. Die Oase und Kasbah waren ein Erlebnis. Für den nächsten Tag vermittelte er uns eine Tour in die berühmte Lehmziegelstadt Ait-Ben-Haddou mit einem anderen Fahrer seiner Kooperative, da er schon ausgebucht war.
Wir hatten uns über unseren Transfer nach Fès in Berlin nur grob Gedanken gemacht, wollten eigentlich mit einem Zwischenstopp irgendwo mittig reisen, weil Zug und Busreisen mehr als fünfzehn Stunden dauerten.
Flüge gab es auch, aber da hätten wir erheblich früher buchen müssen, um günstige kriegen zu können, die es wohl auch unter 2000 Dirham pro Person gab. Als wir in der Unterkunft schauten, gingen die Möglichen bei 5000 los.
Idir hatte auch hier eine Alternative für uns, nachdem er kurz mit seinen Fahrgästen für den Abreisetag telefoniert hatte. Ein englisches Paar hatte eine private Tour mit einem Nachtausflug in die Wüste und anschließendem Transfer nach Fès bei ihm gebucht und waren gar nicht böse darum, sich mit uns die Tour und Fahrkosten zu teilen. Der Spaß kostete uns trotzdem noch 4000 Dirham, aber war die Sache mehr als nur wert.
Alles was wir uns in Ouarzazate und Umgebung anschauten, war atemberaubend. Es war sehr heiß, allerdings war die Hitze nicht so drückend wie in Marrakesch. Trotzdem kamen wir auf mindestens vier Liter Trinkwasser pro Tag pro Person, während wir uns mit den vielen anderen Touristen durch die Lehmziegelbauten quälten.
In Ait-Ben-Haddou wurde uns die Herstellung dieser Ziegel gezeigt. Auch hier war ein Teil noch bewohnt, und der Führer, an den wir vom Taxifahrer übergeben wurden, zeigte uns sein eigenes Haus. An den Wänden waren Fotos aus den Filmen, die hier gedreht worden waren, wie Lawrence von Arabien, wie er uns stolz erklärte.
Es zogen plötzlich Wolken auf, und völlig verblüfft erlebten wir auf dem Rückweg zum Taxi einen kurzen Platzregen. Der eine Wohltat war und gar nicht so selten, wie uns unserer Fahrer an diesem Tag in gebrochenem Englisch erklärte. Nett war der auch, er lief uns tatsächlich mit einem Schirm entgegen.
***
Am Samstagmorgen holte uns Idir am frühen Morgen aus unserer Unterkunft ab, das englische Pärchen saß bereits im Auto. Anfangs saß ich neben ihm vorne und Jara hinten bei den Engländern. Die aber darauf bestanden, dass wir die Sitzordnung nach jeder Pause wechselten, damit wir ebenfalls mal nebeneinander sitzen konnten. John und Lucy waren nette Weltenbummler, wie sie im Buche standen.
Sie erzählten von Südamerika, Asien, Australien, Kenia, Ägypten und Indien. Beide waren Anfang vierzig und Professoren in Oxford, er für Literatur und sie für Linguistik. Sie hatten bedauert, dass sie in Ägypten die dort selbstverständlich ebenfalls möglichen Wüstentouren nicht gemacht hatten, und freuten sich daher ganz besonders auf dieses Erlebnis.
Wir hielten oft für Fotos, und in Wüstennähe auch an einem kleinen Bazar, wo wir uns Kopftücher zum Turban-Bau für den späteren Wüstenritt besorgten. Wir wollten ja schließlich authentisch aussehen. Darüber hinaus gab es dort Schmuck zu kaufen, der aus Meteoritenbruchstücken gefertigt wurde, oder eben ganze Meteoriten in allen möglichen Größen.
John kaufte sich fasziniert einige kleinere davon, die die Nomaden auf ihren langen Märschen durch die Wüste aufsammelten. Idir erklärte, dass es in der Nähe allerdings bestimmte Abschnitte gab, wo sehr viele davon zu finden waren. Fossilien und Saurierknochen gab es auch.
Am Spätnachmittag kamen wir an dem Hotel am Wüstenrand an, wo wir ein Zimmer zur Aufbewahrung unserer Klamotten bekamen. Zusätzlich die Möglichkeit zu duschen hatten, und Frühstück am nächsten Morgen nach dem Wüstentrip genießen konnten.
Die Übernachtung selbst fand in der Wüste in einem Nomadenlager statt. Darüber hinaus hatte das einfache Hotel einen Swimmingpool, von dem wir begeistert Gebrauch machten. Das Auto war perfekt temperiert gewesen, aber hier war die Hitze schon nach wenigen Minuten fast unerträglich. Jara allerdings hielt es dort nicht so lang aus.
Vor dem Hotel standen einige metallene Stühle und Tische, die vom Sand halb zugeweht worden waren. Klar, dass sie dieses irre Motiv vor dem Hintergrund der dort schon beginnenden Sanddünenlandschaft malen musste, während ich mich noch am Pool treiben ließ und erfrischt im Schatten auf dem Liegestuhl räkelte.
Zu unserer "Karawane" stießen noch ein französisches Pärchen mit einem kleinen Mädchen und ein australisches Ehepaar, auf die wir eine ganze Weile warten mussten. Jara nutzte die Zeit, die Berber und die im Sand ruhenden Kamele zu zeichnen. Am Basar hatten uns die Frauen, die uns die Tücher verkauft hatten, gezeigt, wie wir sie zum Turban binden konnten.
Wir hatten aber wohl nicht gut aufgepasst, denn sie lösten sich nach kurzer Zeit in Wohlgefallen auf. Und einer der beiden Führer nutzte die Wartezeit, mir mit meinem und danach Jara mit ihrem zu helfen. Dann ging es endlich los, wir stiegen auf unsere Wüstenschiffe und die beiden Führer zogen die mit Seilen verbundene Kamelreihe hoch und in die einzuschlagende Richtung. Einer lief voran und führte die Karawane.
Der gute Mann lief tatsächlich barfuß in dem heißen Wüstensand. Es war schon früher Abend, aber immer noch knapp unter vierzig Grad heiß, kühlte sich aber während unseres zweistündigen Rittes rasch merklich ab. Ich hatte mich am Anfang gefragt, wie man sich in diesen verwirrendem Auf und Ab der Sanddünen überhaupt orientieren konnte.
So schwer war es offenbar nicht, denn sie folgten einfach den Trittspuren und Kamelkötteln von vorherigen Touren. Später waren auch kreuzende Fahrspuren zu sehen, deren Urheber wir später bei einem kurzem Halt erlebten.
Manche Touristen und Einheimische bevorzugten nämlich das Reisen mit Quad-Bikes, also hatte auch hier die Moderne Einzug gehalten, wo ansonsten die Zeit still zu stehen schien. Deren Lärm und Abgase verpesteten die Luft und perfekte Stille, die sonst herrschte. Machten sie für kurze Minuten zu einem echten Störfaktor, in einer ansonsten völlig in sich geschlossenen, fremden Welt.
Mein Respekt und meine Bewunderung für Kamele als Reittiere wuchs im Verlauf, als wir zum Teil wirklich steile Dünen rauf und runter ritten. Dabei hätten Pferde verweigert oder sich den Hals gebrochen, da war ich mir ziemlich sicher. In der letzten kurzen Pause erlebten wir den Sonnenuntergang, der leider nicht spektakulär war, weil sich gerade dort in der Ferne über dem Horizont eher ungewohnte Wolken gebildet hatten.
Das Lager erreichten wir schon bei einbrechender Dunkelheit, aber einige Gaslampen ließen den überraschend weitläufigen Komplex gut einsehen. Dort tickten die Nomaden ihr wahrscheinlich jeden Tag gleiches Programm ab, wir bekamen unser Essen, Couscous mit Hähnchen und Gemüse, dazu jeder eine Dose Softdrinks und eine Flasche Wasser.
Danach versammelten wir uns und eine spanische Gruppe, deren Karawane wir kurz vor dem Ziel eingeholt hatten, um ein Lagerfeuer. Dort gab es dann eine musikalische Vorführung mit Trommeln und traditionellen Instrumenten. Etwas geschockt waren wir von der Ankündigung, dass wir bereits um vier Uhr aufstehen mussten, damit wir den Rückweg in erträglichen Temperaturen antreten konnten.
Es war trotz des Gefühls, dass die Leute im Lager ihr Programm eher gelangweilt herunterspulten, ein irres Erlebnis. Auf dem Weg zu einem abseits gelegenen Zelt mit Toilette, der kaum beleuchtet war, blieb ich eine Weile stehen, um den Nachthimmel zu betrachten. So viele Sterne hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Sogar das schimmernde Band der Milchstraße sah ich erstmalig.
Als wir uns dann vergleichsweise früh ablegten, während manche von den Spaniern und auch die Australier noch am Feuer saßen, hörten wir die Französin mit einer wunderschönen Stimme ein Schlaflied für ihre kleine Tochter im Nebenzelt singen. Wir teilten uns mit den Engländern ein Zelt, und auch die Einschätzung, dass wir noch nie so etwas Wunderbares zu hören bekommen hatten. Ich bekam richtig eine Gänsehaut. War es die Wirkung des Schlaflieds? Auf jeden Fall schliefen wir schnell ein.
Der Aufbruch erfolgte früh und jäh, ohne Frühstück, außer ein paar von den Engländern angebotenen Keksen, die wir uns schnell beim Zusammenpacken reindrückten. Es war wirklich noch angenehm kühl, als wir in den Tagesanbruch hineinritten.
Den Sonnenaufgang erlebten wir in voller Schönheit kurz vor Erreichen des Hotels. Ein würdiger Abschluss für ein wirklich einzigartiges Erlebnis, egal wie standardisiert und kommerzialisiert es gewesen war. Die Australier jammerten, dass ihre Oberschenkel von den rauen Decken der Kamele wund gescheuert waren. Wahrscheinlich hatten sie sich einfach zu viel bewegt, denn wir anderen hatten keine Probleme dieser Art.
Auf das Frühstück mussten wir eine ganze Weile warten, weil dies erst um acht Uhr serviert wurde. Dementsprechend hungrig waren wir nach der Dusche und kurzen Ruhephase mit Kuscheln auf unserem Zimmer.
Dann ging es ruck zuck weiter, da es noch eine ganz hübsche Strecke nach Fès war. Und Idir mehrere kurze Stopps mit Sehenswürdigkeiten für uns eingeplant hatte. Im Auto holten wir allerdings zunächst den fehlenden Schlaf nach.
Er hielt an wirklich schönen und interessanten Plätzen, in dem langsam kühler und grüner werdenden Terrain. In einem Wald gab es freche kleine Affen zu bewundern, die man mit Erdnüssen füttern konnte. Wenn man schnell genug war, heißt das, denn John zum Beispiel wurde seine gesamte Erdnusstüte kurzerhand vom Alpha-Männchen aus der Hand gerissen.
Der saß dann wie ein König auf einem Baumstumpf und gab mit royalem Widerwillen einige davon an seine Untertanen aus. Wir lachten uns schlapp über dieses unerwartete Schauspiel und fotografierten eifrig. In Ifrane bestaunten wir dann Häuser schweizerischer Baukunst, die dort wohl ursprünglich von Auswanderern aus der Schweiz gebaut und dann von ihren einheimischen Nachbarn kopiert wurden.
***
Wir erreichten Fès am frühen Abend. Leider nicht gleich unseren Gastgeber, der ein Telefonsüchtiger zu sein schien, denn es war ständig besetzt. Wir hatten das englische Paar bereits vorher in ihrem Hotel abgesetzt, und Idir bestand darauf, mit uns zu warten, da er erneut wegen der engen Gassen nicht bis an unsere Unterkunft heranfahren konnte. Er wartete tatsächlich eine halbe Stunde mit uns.
Der junge Mann, der uns dann abholte, sah uns ungerührt zu, wie wir uns mit unseren Rucksäcken nach Verabschiedung von Idir und Überreichung eines wohlverdienten Trinkgelds, abmühten. Wieder ein verwirrendes Labyrinth von kleinen engen Gassen, wie in Marrakesch. Die Atmosphäre war aber irgendwie anders.
Auch diese Unterkunft war mehr eine Pension. Es gab eine Rezeption mit Computer, wo ein anderer jungscher Typ sich mit dem Abholer eine Weile auf Arabisch unterhielt, und uns dann in ein Zimmer im Erdgeschoss führte, direkt an einem großen Gemeinschaftsraum, der auch als Speisesaal diente. Das sah zwar nicht schlecht aus, war aber nicht das, was wir gebucht hatten. Hatte kein eigenes Bad.
Sobald ich mich mit dem WLAN dort verbunden hatte, suchte ich noch einmal unsere Buchung raus und wir gingen zurück zur Rezeption, um auf den Irrtum aufmerksam zu machen. Der Typ stellte auf Durchzug und meinte nur immer wieder, wir sollten das mit dem Manager besprechen, der in einer Stunde eintreffen würde.
Der nur unwesentlich ältere Bursche, der im Gegensatz zu den anderen beiden ordentlich Englisch sprechen konnte, entschuldigte sich schließlich und meinte, es hätte eine Doppelbuchung gegeben, da sie neben Airbnb auch noch andere Seiten nutzten. Es wäre nur für diese eine Nacht, in der zweiten könnten wir dann in unser gebuchtes Zimmer.
Gab uns großzügig zweihundert Dirham Nachlass. Nachdem Jara feilschte, wohlgemerkt, denn er hielt fünfzig für angemessen. Okay, wir waren nach der Beschaulichkeit und Ruhe der letzten Tage also wieder mitten drin im Gewühl. Und hofften, dass es bei diesem ersten Negativerlebnis bleiben würde.
Es blieb zunächst dabei. Fès war irgendwie anders als Marrakesch, die Leute freundlicher, das ganze deutlich relaxter. Kleine Cafés luden zum Verweilen an, wir sahen uns eine Gerberei an, wo man uns vorher Kräuter für die Nase reichte, damit wir vom Gestank nicht ohnmächtig wurden. Gerieten dann bei den fertigen Lederwaren in einen kleinen Kaufrausch. Der sich im Souk fortsetzte.
Und ich ging hinterher zum ersten Mal während der gesamten Reise zum Geldautomaten. Wir hatten ausschließlich von Jaras, beziehungsweise auch gemeinsamen "Einkünften" gelebt. Sie hatte zwar noch Bargeld, aber das waren hauptsächlich Euros und wir bekamen bessere Wechselkurse am Geldautomaten. Ich hatte noch knapp unter zweitausend Euro auf dem Konto. Dabei hatten wir jetzt gerade noch eine Woche vor uns.
Im Souk setzten wir uns nach den Gerbereien in ein Restaurant, das auf mehreren Etagen angesiedelt war. Auf der Dachterrasse tummelten sich hauptsächlich Touristen. Zwei Japanerinnen luden eifrig ihre leeren Handys auf, zwei Tische weiter waren zwei junge Frauen, von denen ich im Vorbeigehen ein paar französische Sätze aufgeschnappt hatte.
Hier gab es auch und vor allem Burger. Jara probierte den Kamel-Burger. Dazu konnte ich mich nach unserem Wüstenritt nicht durchringen, auch kosten mochte ich nicht. Genauso wenig konnte ich in Deutschland Pferdefleisch essen.
Sie meinte, er würde etwas kräftiger als normales Fleisch schmecken. Ich genoss meinen normalen Hamburger mit Salat und Fritten. Komisch, dass nach all den exotischen Gerichten mir so etwas wieder köstlich vorkam. Das Shoppen war anstrengend gewesen und befriedigt genoss ich das Gefühl, mich nun richtig ausruhen zu können.
Der Kellner brachte uns gerade unsere zweite Runde Softdrinks, als seine Aufmerksamkeit von den Französinnen abgelenkt wurde. Fassungslos starrte er sie an, während sie sich umarmten und küssten. Keine landesüblichen Küsschen auf die Wange, die zwei waren mindestens so verliebt wie wir. Und zeigten das mit einem langen, zärtlichen Zungenkuss.
Mein Herz schlug bis zum Hals, als der Kellner mechanisch unsere Drinks ablud und dann verschwand. Jara reagierte sofort, stand auf und redete schnell auf Französisch auf die Frauen ein. Die grinsten nur blöde, erwiderten etwas und zuckten mit den Schultern. Mit verzweifelten Gesichtsausdruck kehrte Jara zu unserem Tisch zurück.
"Verflucht, warum hauen sie nicht ab?", empfing ich sie.
"Die sind total bekloppt. Sie glauben nicht, dass ihnen was passieren kann", erwiderte sie mit tonloser Stimme.
Im selben Moment kam ein Mann hoch, den wir zuvor nahe einer der Kassen gesehen hatten. Vielleicht der Besitzer oder Manager des Restaurants. Er machte gar nichts, nahm sich einen Stuhl und setzte sich in unmittelbarer Nähe der beiden Frauen hin. Die ihn zwar verwundert anstarrten, aber nicht weiter reagierten.
Die unheimliche Szene setzte sich weitere Minuten fort. Und dann kam das, was wir, aber nicht die beiden Frauen erwartet hatten. Zwei Polizisten kletterten auf der steilen Treppe zur Dachterrasse hoch. Der Mann deutet auf die beiden Französinnen. Mir wurde schlecht, als ich sah, wie sie verhaftet und abgeführt wurden.
Erst jetzt begriffen die beiden jungen Frauen, was passierte und eine fing schrecklich zu weinen und betteln an. Die andere wollte sich kurz losreißen, aber der Polizist hielt sie mit eisernem Griff fest und legte erst ihr, dann auch ihrer Partnerin, Handschellen an. Bestürzung und Unglauben machte sich breit. Das Weinen und Schreien der beiden ging allen nah.
Sogar Jara zitterte am ganzen Leib. Für einen Moment hatte ich Angst, dass sie etwas Dummes machen würde. Aber sie blieb wie ich wie angewurzelt sitzen. Ich glaube, die anderen anwesenden Gäste sahen zwar die Verhaftung, aber konnten nicht einordnen, warum das geschehen war. Der Mann stand auf, und bat die Gäste für die unangenehme Störung um Entschuldigung.
Dann verschwand er kurz nach den Polizisten wieder. Wir standen beide unter Schock. Uns war klar, dass das auch wir das hätten sein können, wenn wir aus irgendwelchen Gründen unsere Vorsicht fahren ließen. Jara fasste sich als erste und meinte, dass wir nun gehen sollten.
Wir gingen die Treppe hinunter und zur Kasse, wo wir unsere Tischnummer angeben mussten, um die Rechnung zu bekommen. Der Mann von der Terrasse eilte hinzu und entschuldigte sich noch einmal auf Englisch für den Vorfall. Sagte, dass sich solcher Abschaum normalerweise nicht nach Marokko wagte. Schon gar nicht in sein Restaurant. Ich spürte wie Jara sich versteifte.
Mein Herz schlug bis zum Hals. Das Funkeln in ihren Augen hatte ich schon einmal gesehen, damals in Prag. Diesmal war die Gefahr ungleich größer. Zu meiner Erleichterung hielt sie auch diesmal ein kurzer Griff an ihre Hand zurück, für den Mann hinter seinem Tresen nicht sichtbar. Jara drehte sich um und marschierte mit mir mechanisch aus dem Restaurant.
Wir liefen stumm und ziellos durch den Souk, aufdringliche Händler wie Fliegen verscheuchend. Fanden dann eine Bar, wo wir uns Vodkas bringen ließen.
"So eine gottverdammte Scheiße. Warum haben sie nicht auf mich gehört?", fragte Jara nach einer Weile, als der Tisch neben uns frei wurde und wir nun relativ ungestört miteinander reden konnten.
"Vielleicht... ist es ja nicht so schlimm, wie wir es uns vorstellen... und sie kommen mit einer Ermahnung davon... oder werden nur des Landes verwiesen..."
"Das glaubst du im Ernst?"
Nein, das tat ich eigentlich nicht. Aber mir fiel noch etwas ein.
"Die haben doch mit den Franzosen enge politische Beziehungen, vielleicht kann ihre Botschaft das Schlimmste abwenden."
Jara antwortete nicht, trank ihr Glas leer und zeigte dem Barkeeper an, dass wir eine weitere Runde brauchten.
"Du warst kurz davor, dem Typen eine zu ballern, nicht wahr?"
Sie schwieg, aber nickte dann doch nach einer Weile. Seufzte.
"Das hätte dich in Gefahr gebracht. Deshalb und nur deshalb habe ich mich zurückgehalten", sagte sie nach einer Weile.
Der Barkeeper brachte uns unsere Getränke und lächelte uns freundlich an. Unsere eisige Reaktion konnte er weder einordnen, noch hatte er sie verdient. Als wir später zahlten, gab ich ihm ein extra großes Trinkgeld. An weitere Aktivitäten war an diesem Tag nicht mehr zu denken.
In der Unterkunft zogen wir dann in unser eigentlich gebuchtes Zimmer um, legten uns engumschlungen ins Bett und machten den Fernseher an. Waren froh, als wir am nächsten Tag im Bus nach Chefchauouen saßen und diese Stadt, wie auch das schreckliche Erlebnis hinter uns lassen konnten. Das uns den ansonsten guten Eindruck der Stadt und Menschen dort so brutal zerstört hatte.
***
Als der ziemlich volle Bus sich mühsam seinen Weg zu der blauen Stadt hocharbeitete, verzauberte uns ihr Anblick bereits aus der Ferne. Am hektisch wirkenden Busbahnhof schnappten wir uns ein Taxi und gaben die Adresse an. Erst hielten wir die Nennung des Preises von zwanzig Dirham für ein Missverständnis, aber der Mann, der offenbar weder Englisch noch Französisch verstand, schüttelte nur den Kopf.
Es war wirklich nur eine ganz kurze Fahrt, bis er vor dem freundlich wirkenden Haus in Blau hielt. Schleppte dann unsere Rucksäcke noch bis vor die Haustür und freute sich über das Trinkgeld in Höhe des Fahrpreises. Es war eine Umstellung, denn die Stadt war malerisch, aber klein. Alles ließ sich mit kurzen Fußwegen erreichen.
Unser Zimmer mit Doppelbett und eigenem Bad war bildschön. Neben der hellblauen Farbe der Häuser, waren auch die dunkler gehaltenen Fensterläden ein Motiv der Stadt. In unserem Zimmer befanden sich mehrere dreidimensionale Bilder von Häusern mit geöffneten Fensterläden. Mit kleinen Lichterketten in Szene gesetzt. Eine witzige Idee, wie wir beide fanden.
Der Besitzer hörte unseren Kusinen-Spruch und nickte freundlich. Dennoch war ich erleichtert, als wir endlich alleine waren. Die Gefahren waren uns bis Fès nur noch als kalkulierbare und vernachlässigbare abstrakte Größen erschienen. Nun waren wir aufs Neue wieder gewarnt, auch nicht den winzigsten Fehler zu machen. Wir redeten nicht darüber, aber angespannt waren wir beide.
Die Stadt verfehlte ihre Wirkung aber nicht auf uns. Hier lief alles wieder langsamer, ruhiger, beschaulicher. Konnten wir gar nicht anders, als zu staunen und bewundern, uns von der Magie ihrer Schönheit verzaubern zu lassen. Auf kleinen Plätzen und in engen Gassen auf Treppen zu verweilen, wobei Jara ihre letzten Blätter mit Farbzeichnungen der fantastischen Motive verbrauchte.
Eine Stadt, die zwar nicht alles, aber vieles zu bieten hatte. Sogar Zeichenpapier. Maler waren hier keine seltenen Gäste, wie uns der Besitzer des Zubehörladens versicherte. Ließ sich neugierig Jaras bisherigen Kunstwerke zeigen, jedenfalls die, die sich nicht weiterverschenkt hatte.
Maler von solchem Talent seien allerdings eine Seltenheit, kam sein ehrlich rüberkommendes Lob. Das nicht nur sie, sondern auch mich mit Stolz erfüllte. Meine Jara. Statt für das Papier zu zahlen, bekam sie Geld für eine ihrer Kasbah-Skizzen aus Oaurzazate, die ihn besonders faszinierte, weil seine Eltern aus einem kleinen Dorf in der Gegend stammten.
Er wartete dann noch mit Vorschlägen für Orte mit herrlichen Aussichten auf. Einem davon folgten wir gleich im Anschluss. Die spanische Moschee lag eine kleine Wanderung entfernt auf einem Hügel. Von dort aus gab es eine spektakuläre Aussicht auf die Stadt, die Moschee selbst war geschlossen. Ansonsten hätte man wohl reingehen können, denn sie war zwar als eine solche gebaut, aber nie als Moschee genutzt worden.
Der Aufstieg dahin war schweißtreibend, aber jeden vergossenen Tropfen wert. Eine atemberaubende Aussicht, und sofort wurde das frisch erworbene Zeichenpapier seiner Bestimmung zugeführt. Auf dem Weg waren uns einige zufrieden aussehende Touristen auf ihrem Rückweg begegnet. Als wir ankamen, verschwanden gerade die letzten.
So waren wir bis auf ein paar kickende Jugendliche an der Rückseite der Moschee allein. Als wir erst einmal um diese herumliefen, sprach uns einer davon gleich an. Ob wir Hasch kaufen wollten. Gute Qualität. Der Junge war vielleicht dreizehn oder vierzehn. Na sagenhaft. Wir lehnten freundlich ab.
"Die Dealer hier sind ein bisschen jünger als anderswo", unterhielt ich Jara, während sie einer Mauer saß und zeichnete.
"Nun, das ist eines der Hauptanbaugebiete Marokkos", meinte sie, ohne von ihrem Blatt aufzusehen. "Hier gibt es wirklich das beste Zeug. Direkt vom Erzeuger, spottbillig."
Ich nickte und schoss ein paar Fotos von der Aussicht mit meinem Smartphone. Für meine Eltern hauptsächlich, obwohl sich mein Vater sicher mehr über Fotos von Jaras Bildern freuen würde. Dann erst machte es in meinem Kopf Klick.
"Jara, bitte sage mir, dass wir nicht geschäftlich hier sind."
Sie sah nicht von ihrem Blatt auf und zuckte nur mit den Schultern.
"Jara, Scheiße... nein", rief ich mit aufkommender Verzweiflung aus. Konnte dann nicht weiterreden, weil nun weitere Touristen eintrudelten und sich dreist neben uns postierten. Auch um ihr über die Schulter gucken zu können. Diesmal waren mir ihre mittlerweile vertrauten Ahs und Ohs nicht nur egal, sondern nervten.
Endlich verzogen sie sich.
"Jara, du hast meine Frage nicht beantwortet. Sind wir hier, um etwas mitzunehmen?"
Jetzt sah sie auf und mich gelassen an.
"Die Möglichkeit besteht. Ich habe eine Kontakttelefonnummer erhalten."
Die ganze Magie des Ortes, der zarte Ansatz, mich wieder wohl und glücklich zu fühlen, zerplatzte wie eine Seifenblase. Tränen stiegen in mir hoch. Das konnte, das durfte einfach nicht ihr Ernst sein.
"Warum? Wir haben mehr als genug Geld für den Rest des Urlaubs. Das werden wir niemals ausgeben können..."
"Das hat mit dem Urlaub nichts mehr zu tun. Wir kommen zurück nach Berlin, und auch dann muss ich leben und essen können. Ich kann dir ja nicht ständig auf der Tasche liegen. Das ist mein Leben, verdammt", hob sie ihre Stimme an, als ich zum Widerspruch ansetzte. "So habe ich es in den letzten Jahren geführt, und so einfach kann ich es nicht ändern. So schlage ich mich eben durch."
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Ich verstand, was sie sagte, aber ich wollte es nicht verstehen. Weil ich wusste, was das für uns bedeuten würde. Für unsere gemeinsame Zukunft. Über die sie sich wahrscheinlich anders als ich keinerlei Gedanken machte.
"Lass uns da später nochmal drüber sprechen. Da kommt die nächste Hammelherde. Außerdem bin ich fertig. Hier, wie findest du es?", würgte sie das Gespräch kurzerhand und hielt mir ihr fertiges Werk hin.
Ich konnte ihr nicht einmal antworten. Drehte mich weg und ging los. Sie fluchte und holte mich rasch ein.
"Angie, was ist los? Dreh doch jetzt bitte nicht durch, wegen so einer Bagatelle. Es ist keine große Sache, das Risiko..."
"Halt dein Maul", schrie ich sie an. "Ich will nichts mehr vom ach so kleinen Risiko hören. Nein, sei still. Lass mich in Ruhe. Fass mich nicht an", schloss ich, als sie mich ungeachtet der Gefahr beruhigend berühren wollte.
Mein Ausbruch machte sie fassungslos, damit hatte sie absolut nicht gerechnet. Nervös zündete sie sich eine Zigarette an und schwieg. Lief stumm neben mir her. Ich war so von der Rolle, dass ich mich an einem hervorstehenden Stein mit meiner Sandale verhakte und vornüber auf den staubigen Geröllweg knallte.
Der Schmerz an meinem aufgeschürften rechten Knie, das am meisten abbekam, war nicht stark, aber nun spürte ich den anderen in mir aufsteigen und mich überwältigen. Ich blieb schluchzend sitzen.
"Angie, bitte... komm, komm hoch. Was ist, hast dir richtig wehgetan?", hörte ich ihre Stimme, wie aus großer Entfernung. Wieder lehnte ich ihre angebotene Hand ab.
Verwirrt und unentschlossen stand sie vor mir, wusste überhaupt nicht, wie sie mit mir und der Situation umgehen sollte. Tat mir dabei schon wieder leid. Oh verflucht. Dann stand plötzlich ein Pärchen mit zwei Kindern vor uns. Deutsche.
"Sind Sie verletzt?", erkundigte sich der Mann sofort auf Deutsch, als ob es selbstverständlich wäre, hier auf Landsleute zu treffen.
"Nicht so wild", gab ich zurück und ließ mich tatsächlich von ihm hochziehen. Mein Knie schmerzte, aber außer der Schürfwunde mit einem Bluterguss am Knie, und an kleineren Aufschürfungen an meinen Händen war da wohl nichts."Alles in Ordnung. Vielen Dank."
Die Frau nutzte die Gelegenheit sofort, ihre Kinder zur Vorsicht zu ermahnen. Ich nickte dem Mann noch einmal dankbar zu und setzte mich in Bewegung. Jara lief neben mir her, völlig verunsichert. Schnippte eine Kippe weg und zündete sich mit zitternden Fingern die nächste an.
Erst als wir an den Wasserfall am Beginn des Wanderweges kamen, traute sie sich wieder, mich anzusprechen.
"Das Wasser ist total klar, das soll man sogar trinken können. Wir sollten kurz runterklettern, damit du deine Wunde auswaschen kannst."
Es war wirklich etwas Dreck in den Wunden, also stimmte ich nickend zu. Sie half mir, tunkte zwei Taschentücher in das klare Wasser und tupfte den Dreck vorsichtig ab, von neugierigen Einheimischen, die dort badeten, beobachtet.
"Tut das weh?"
"Nein, das nicht. Aber du tust mir weh."
Erschrocken sah sie mich an. Ich glaube, erst in diesem Moment verstand sie wirklich, was in mir vorging. Den kurzen Weg zurück in die Stadt schwieg sie nachdenklich, und erst als wir die ersten Restaurants passierten, fragte sie zögernd, ob wir vielleicht etwas essen gehen wollten.
Vor dem Zwischenfall hatte ich tatsächlich Hunger gehabt, jetzt aber war mir alles sowas von gleichgültig. Essen mussten wir, also nickte ich nur und wir gingen eine enge Treppe hoch in ein Restaurant, wo sich einige Touristen aufhielten.
An ein klärendes Gespräch war nicht zu denken, doch ich glaube, in diesem Moment waren wir beide froh darüber. Denn davor hatten wir Angst. Das Tabu schlechthin anzusprechen. Unsere Zukunft. Die Gäste hinter uns verließen ihren Tisch. Plötzlich sprang eine wilde Katze darauf und labte sich an den Resten.
Katzen gab es dort in großer Zahl und diese ging hier wohl gern und öfter essen, wie die wütende Reaktion des heranstürmenden Kellners bewies. Sie wartete den letztmöglichen Moment ab, bevor er sie packen wollte. Und sprang geschickt über die Balustrade auf das kleine Vordach, von dem sie auch gekommen war.
Der Kellner bedachte uns mit einem entschuldigenden Blick und schrieb unsere Bestellung auf. Kaum war er weg, war die Katze zurück und fraß in aller Seelenruhe weiter. Einen echten Gourmet kann eben nichts aus der Ruhe bringen. Diese kleine lustige Episode riss uns ein wenig aus unseren trüben Gedanken. Das wirklich gute Essen tat ein Übriges hinzu.
"Hast du an sowas wie Pflaster und so gedacht? Sonst war hier irgendwo eine kleine Apotheke, die hatte ich auf den Hinweg bemerkt. Wenn die jetzt noch offen ist, heißt das", erkundigte sich Jara auf dem Nachhauseweg.
"Ich nicht, aber meine Mutter hat. Hat mir so ein kleines Erste-Hilfe-Kit aufgedrängt, als wir in Strausberg waren. Ist im Rucksack."
Sie lächelte, mit einem Anflug von Traurigkeit. Ja, eine Mutter, die sich um ihr Kind und ihr Wohlergehen sorgte. Die sie nie gehabt hatte. Ich verstand sie, verstand so vieles in ihrem Handeln und Denken. Und dennoch... verstand ich auch, dass ich mit dieser ständigen Angst um sie nicht leben können würde.
Sie rauchte noch schnell eine vor der Tür und dann gingen wir rauf in unser Zimmer. Beim Duschen brannten die Schürfwunden etwas, aber es hatte sich nichts entzündet. Ich biss trotzdem auf die Zähne und reinigte sie noch einmal gründlich. Rubbelte die leichte Schorfschicht, die sich gebildet hatte, wieder ab. Jara schnitt Pflaster zu und klebte sie auf.
"So gut wie neu. Tut es noch sehr weh?", erkundigte sie sich.
"Nö, geht. Am Knie werde ich morgen wohl einen fetten blauen Fleck bekommen."
"Natürlich. In der blauen Stadt..."
"Sehr witzig."
"Dein Bubu kann ich nicht besser küssen, aber dich insgesamt vielleicht?", versuchte sie das Gespräch weiterhin seicht zu halten.
"Es gibt Worte, die das viel besser leisten können", gab ich das Signal, nun gesprächsbereit zu sein.
"Du möchtest hören, dass ich für dich mein Leben ändern will?", stieg sie sofort darauf ein.
"Ja, das möchte ich. Aber ich weiß, dass du glaubst, dass du das nicht kannst."
Sie sah mich traurig an.
"Ich weiß, was ich kann und was nicht. Ich kann dir nichts vormachen. Und trotzdem will ich mit dir zusammen sein. Ich liebe dich, verdammt."
"Aber für einen Ritt in den Sonnenuntergang reicht es nicht."
"Angie, bitte... mach doch jetzt nicht unsere schöne Zeit kaputt."
"Ja, das wunderschöne Jetzt. So herrlich bequem, frei von jeder Zukunft und Verantwortung leben zu können. Das Leben wird ein Abenteuer. Das abrupt enden kann, aber so ist es eben. Dass andere dich lieben, sich um dich sorgen, Angst um dich haben, nimmst du als Begleiterscheinung mit. Aber dort endet es, nicht wahr?"
Das traf sie. Sie schwieg lange, und meinte dann nur, dass sie jetzt auch duschen wollte. Ich war den Tränen nahe, als ich alleine und mit dem Bewusstsein, dass ich zuvor genau wie sie jeden Gedanken an eine Zukunft ausgeblendet hatte. Um das Wissen, dass ich dieses Leben mit ihr nicht auf Dauer weiterführen konnte, ja nicht hochkommen zu lassen.
Dann war sie zurück. Schmiegte ihren unfassbar schönen nackten Körper an mich und küsste mich. Machte mich wehrlos. Zog mich unwiderstehlich ins Jetzt zurück. Mit ihren Berührungen, mit ihren Blicken, mit ihrem routinierten Übergang von Zärtlichkeit zu Leidenschaft, von Wärme zu Hitze, wie nur sie das konnte.
Erlag ich ihrer und meiner Liebe. Ein weiteres Mal löschte die Erregung und Ekstase alles rationale Denken aus. Verdrängte das Wissen und die Trauer um die Unmöglichkeit einer Zukunft. Trieb sie mich lange vor dem Höhepunkt her, quälte mich, ließ mich um Erlösung betteln. Die sie mir verschaffte, für diesen einzigartigen und jedes Mal unvergleichlichen Moment.
"Ich liebe dich", hauchte sie mir ins Ohr, als sie sich an mich schmiegte. War dies in diesem Moment alles, was ich hören wollte und brauchte. Streichelte mich, küsste mich. Trocknete eine einzelne Träne von meinem Gesicht. "Und du brauchst um mich beim Rückflug keine Angst zu haben. Ich rufe den Kontakt nicht an."
Jetzt brach ich richtig in Tränen aus. Es waren nicht nur Tränen des Glücks. Denn so, wie sie es sagte wurde klar, dass sie die wirkliche Entscheidung nur vertagt, und nicht getroffen hatte.
***
Sie hielt sich an ihr Versprechen. Wir verbrachten jede Minute zusammen. Der Gastgeber erlaubte uns, unsere Rücksäcke nach dem Auschecken bei ihm stehen zu lassen, damit wir unbeschwert die Stadt noch für den Rest des Tages genießen konnten. Es gab Busse nach Tanger, aber mir war gar nicht danach, und so teuer waren die Taxis nicht.
Der Gastgeber telefonierte mit einem Bekannten, der uns für 600 Dirham bis vor die Tür unserer Unterkunft in Tanger fahren wollte. Wir sagten sofort zu. Er holte uns nach einem wundervollen Tag in der blauen Stadt pünktlich um sechs Uhr abends ab. Zu unserer Überraschung sprach er fast akzentfrei Deutsch.
Er hatte über zehn Jahre in Stuttgart gelebt und gearbeitet, bei Bosch. Fast das gesamte Geld gespart, bei seiner Rückkehr geheiratet, sich hier ein Haus gekauft und sein Taxiunternehmen aufgebaut. Während die exotische Landschaft an uns vorbeirauschte, unterhielten wir uns über Deutschland. Mehr oder minder die ganze Fahrt über.
Die weiße Stadt Tanger war schon bei dem Erreichen des Stadtrands beeindruckend. Wirkte irgendwie moderner, aufgeschlossener, europäischer als die anderen marokkanischen Städte, die wir kennengelernt hatten. Wir wohnten diesmal nicht direkt im Zentrum, sondern einem diesem vorgelagerten Stadtteil.
Es war ein komplettes Apartment mit Wohnzimmer, Küche und Schlafzimmer mit Einzelbetten, die aber zusammengeschoben werden konnten. Anders als zuvor führte uns kein Gastgeber, wir holten den Schlüssel wie vereinbart in einem kleinen Laden auf der anderen Straßenseite ab. Dort sollten wir ihn bei unserer Abreise auch wieder deponieren.
Dafür fanden wir mehrsprachige laminierte Anleitungen und Hinweise, was und wo wir Sachen in der Wohnung finden würden. In Chefchaouen war die Internetverbindung etwas temperamentvoll gewesen, so dass ich hier erst einmal Bilder aus dieser Stadt an meine Eltern schickte.
Jara ließ sich die Nummer meines Vaters geben und schickte ihm, wie ihrem eigenen, Fotos von ihren Zeichnungen. Über die er sich sicher mehr, als über meine Fotos freute. Wir suchten uns eine Empfehlung für ein gutes Restaurant in der Nähe aus unserem Reiseführer heraus.
Das Essen war gut, hier gab es Fischspezialitäten, die wir von Agadir noch nicht kannten. Überhaupt hatte das Restaurant ein französisches Flair, und reichlich Touristen aus diesem Land. Der Wein hatte es in sich. Die nette Atmosphäre dort warf dann unsere Pläne, in danach noch irgendeine Bar aufzusuchen, um.
Wir blieben einfach länger dort und tranken weiter, bis wir ziemlich gangunsicher und albern kichernd den Heimweg antraten. Zwei junge Burschen sprachen uns an, und wollten uns den Heimweg zeigen, aber nahmen unsere Ablehnung gelassen hin. Es war trotz unseres Zustands auch wirklich kein Problem.
Am nächsten Morgen begannen wir den Tag am Strand. Nach der Hitze im Inland waren die achtundzwanzig Grad und angenehme Brise von der See herrlich. Der Strand war weitläufig und überraschend leer, das Wasser recht sauber und etwas kühler als in Agadir. Es stellte sich aber umgehend ein ähnlich relaxtes und wohliges Gefühl ein.
Das uns den ganzen Tag begleitete. Wir sahen uns die Altstadt an, ohne gezielt nach Sehenswürdigkeiten zu schauen, ließen uns einfach treiben. Ich glaube, wir hatten beide genug Sightseeing für den Urlaub hinter uns. Jara malte hier nur wenig, wir aßen früh zu Abend und begannen dann die örtlichen Bars anzuchecken.
Dabei als letztes das berühmte Tangerinn, wo die Musik sehr interessant war, auch das Klientel. Denn hier gab es Schwule und Lesben, sowohl Einheimische, als auch Touristen. Einerseits fühlten wir uns dort deshalb vergleichsweise sicher, aber offen knutschen oder sich umarmen wagte dort auch niemand.
Wir hatten eigentlich noch Clubs in Strandnähe aufsuchen wollen, aber ein schwules Pärchen aus Israel, mit dem wir uns eine Weile unterhielten, empfahl einen Club am Stadtrand von Tanger, zu dem sie auch wollten. Wir teilten uns mit ihnen ein Taxi, und im Club unsere letzten Pillen aus Dankbarkeit, denn der Club war geil.
Die Musik war richtig gut und es war eine ordentliche Stimmung. Wir tanzten bis in die frühen Morgenstunden, ausgelassen und glücklich, nach all der Anspannung und kleinen wie großen Wehrmutstropfen der letzten Stationen. Hier waren tatsächlich mehr Einheimische als Touristen, und auch hier schienen sich einige Schwule und ganz wenige Lesben hinzutrauen.
Um sechs Uhr morgens waren wir wieder in unserer Wohnung angekommen. Wir beschlossen, nicht zu schlafen, denn wir hatten ein Check-out um zehn Uhr vereinbart. Pünktlich lieferten wir den Schlüssel im Laden ab. Unser Zug nach Rabat ging um zwölf. Der war sagenhaft schnell, für die über zweihundert Kilometer brauchte er weniger als anderthalb Stunden.
Für uns hätte die Fahrt gerne länger dauern können, denn wir schliefen beide kurz nach der Abfahrt ein und der Schaffner hatte erhebliche Schwierigkeiten uns bei der Ticket-Kontrolle wachzukriegen. So waren unsere ersten Eindrücke von der Hauptstadt Marokkos etwas unscharf. Unsere Unterkunft lag in der Medina, der Altstadt.
Der Gastgeber war ein Russe, der sich in Marokko niedergelassen hatte. Ein wirklich netter Mann, der den unteren Teil des etwas verfallen wirkenden Hauses bewohnte und im oberen mehrere Zimmer vermietete. Wir waren jedoch die einzigen Gäste zu diesem Zeitpunkt. Das Zimmer war recht klein, hatte aber ein himmlisch weiches Doppelbett.
Es gab nur ein Gemeinschaftsbad und eine Küche, aber all das war uns völlig egal. Statt bereits am Nachmittag die Stadt zu erkunden, wie ursprünglich geplant, legten wir uns erst einmal ab. Und schliefen bis acht Uhr abends. Das amüsierte Viktor enorm, als wir schließlich aufstanden und ihn beim Abendessen vorfanden.
Er gab uns noch einen Tipp, wo wir gut essen könnten, und vorsichtig zu sein, da es auch hier einige Taschendiebe gab. Das Restaurant lag nahe genug dran, um die ganze Aktion mit Essen und Rückkehr auf eine Stunde zu reduzieren, kurz vor halb zehn waren wir bereits wieder dort. Unterhielten uns mit Viktor noch einige Zeit auf seiner Dachterrasse, während wir mit seinen drei Katzen spielten und sie ausgiebig kraulten.
Wir gingen früh ins Bett, denn wir stellten unsere Pläne um. Ursprünglich hatten wir nämlich ebenfalls kurz vor Mittag nach Casablanca weiterfahren wollen, aber dann hätten wir von Rabat gar nichts gesehen. So verschoben wir die Abfahrt auf den Spätnachmittag, weil uns Viktor glaubhaft versicherte, dass Casablanca nicht so viel zu bieten hätte.
Am nächsten Morgen sahen wir uns zunächst die Kasbah des Oudaias und die traumhaften andalusischen Gärten an. Jara war wieder voll in ihrem Element und zeichnete einiges. Gegen Mittag fuhren wir dann mit der Tram zum Hassan Turm und dem Mausoleum von Mohammed V. Witzig waren da die abgeschnittenen Säulen davor, deren Sinn wir uns nicht erklären konnten.
Das Mausoleum war beeindruckend, wir hörten uns dazu einen Fremdenführer an, der seiner Gruppe Details erklärte. Wir gingen noch eine Kleinigkeit essen, dann mussten wir schon wieder zurück zu Viktors Wohnung, um unsere Rucksäcke abzuholen. Die er uns freundlicherweise dort deponieren ließ, damit wir den Zug um fünf nach Casablanca erwischten.
Nach einer Fahrzeit von etwas über einer Stunde und einer kurzen Taxifahrt im Feierabendverkehr der Stadt, trafen wir bei unserer Unterkunft in Casablanca ein. Die Gegend war schmuddelig und auf der anderen Straßenseite waren hauptsächlich Werkstätten und kleine Firmen. Das Haus ein Wohnsilo.
Das Apartment selbst groß, mit einem sehr schönen Wohnzimmer und Schlafzimmer, was man von außen gar nicht vermutet hatte, selbst auf den Bildern war das nicht zu sehen gewesen. Der Gastgeber war kurz angebunden, offenbar hatte er wegen uns länger als geplant in der Gegend bleiben müssen. Beim Auschecken sollten wir den Schlüssel einfach in den Briefkasten werfen, den er uns zeigte.
Bis auf unseren kurzen Abendspaziergang in diesem Viertel, der in einer Pizzeria endete, weil wir einfach keine Lust mehr hatten, weiterzulaufen, sahen wir von Casablanca nichts. Denn unser Flug ging schon am nächsten Morgen um zehn. Der Gastgeber hatte ein Taxi-Pickup um acht für uns arrangiert, denn der Flughafen lag dreißig Kilometer außerhalb der Stadt.
Als wir vom Essen zurückgekehrt in dem Apartment auf die große Sitzgarnitur im Wohnzimmer sanken, sank ebenfalls ein, dass dieser wunderschöne, aufregende, manchmal zu aufregende Urlaub, nun zu Ende war. Jara ging auf den Balkon, um eine zu rauchen, obwohl sie gerade vor der Tür die letzte ausgemacht hatte.
Ließ mich mit meinen Gedanken allein, die nun schwer und dunkel auf mich einströmten. War das wirklich nur das Ende des Urlaubs? Oder auch unserer gemeinsamen Zeit? Die vertagte Entscheidung, das kleine Zugeständnis von Chefchaouen. War das nun richtungsweisend gewesen, oder hatte sie einfach mir und uns die letzten Urlaubstage nicht verderben wollen?
"Was ist?", fragte sie nach ihrer Rückkehr, als sie mich so nachdenklich auf dem Sofa fand. "Du bist traurig, weil wir jetzt zurückmüssen?"
"Ich bin traurig, weil ich glaube zu wissen, was jetzt passiert. Weil wir beide wissen, was jetzt passiert. Soll ich Kleines jetzt in deine Augen schauen?"
"Angie... nein, bitte, das muss es doch nicht heißen."
"Wirklich? Bitte sei ehrlich. Haben wir eine Zukunft? Hast du dir die Frage überhaupt schon gestellt?"
"Ich denke nicht an Zukunft. Wir sind jetzt und hier, ich liebe dich, und werde dich morgen auch noch lieben, daran ändert unser Urlaubsende doch nichts."
"Aber ich denke daran. Ich denke daran einen Job zu finden, eine eigene Wohnung. Eine Partnerin zu haben, mit der ich meinen Alltag teilen kann. Und nicht nur Sex, Rausch und Nervenkitzel. Von der ich weiß, dass sie abends nachhause kommt. Und nicht beim Klauen erwischt, bei einer Razzia aufgegriffen wird, oder an einer Grenze geschnappt. Um die ich nicht ständig Angst haben muss. Angst haben muss, dass jeder Tag der letzte sein kann, an dem wir zusammen sind."
Sie schwieg betroffen. Setzte mehrmals zu sprechen an, aber bekam keinen Ton hinaus.
"Ich liebe dich", führte ich mein Plädoyer fort, ohne Hoffnung auf ein gerechtes Urteil. "Und ich will eine Zukunft haben. Mit dir. Weil du wunderbarste Frau der Welt bist. Und weißt du was? Du bist kein böses Mädchen. Du warst manchmal ein dummes Mädchen. Hat dir das etwa deine Mutter früher eingeredet? Das war falsch, sie hat gelogen, das bist du nicht. Und du bist nicht sie. Du hast kein böses Blut, du liebst und du sorgst dich um andere. Vor allem um mich. Das weiß ich. Hör bitte auf davonzulaufen. Beende endlich deine Flucht, vor deinen Gefühlen und dir selbst. In meinen Armen."
Ich schloss sie ganz fest in meine Arme und wartete zitternd auf ihre Antwort. Sie zitterte und bebte ebenfalls, wirkte aufgewühlt, aber war weiterhin nicht in der Lage zu antworten. Wir küssten uns, verzweifelt, dann wild. Schließlich löste sie sich von mir.
"Ich gehe noch eine rauchen, dann sollten wir ins Bett."
Ich nickte und unterdrückte die aufsteigenden Tränen. Floh ins Bad, um mir die Zähne zu putzen. Bereite mich auf unsere letzte Nacht in Marokko vor. Die vielleicht wirklich unsere letzte wurde. War ihr Schweigen bereits die Antwort gewesen? Ich zwang mich, nicht daran zu denken.
Ein letztes Mal nur an den Moment. Lag bereits nackt auf dem Bett, als ich noch einen Einfall hatte. Suchte eilig eines der eingekauften schwarzen Tücher heraus und verband mir damit die Augen. Erwartete meine Geliebte in vollständiger Dunkelheit.
Hörte, wie sie vom Bad in das Schlafzimmer kam. Fühlte die Bewegung der Matratze, als sie aufs Bett kam. Dann ihre Hände, ihre wunderbaren, zärtlichen Hände, die meinen Körper streichelten. Das Gewicht ihres Körpers, als sie auf mich legte und mich küsste. Streichelte ihren weichen Rücken und verging fast vor Wonne, als sie mit meiner Oberlippe spielte.
Erlebte atemlos, wie sie sich dann abwärts küsste und leckte. Lange an meinen Brüsten verweilte, während ihre Hände zärtlich über mein Gesicht strichen. Dann tiefer sank, um meinen Bauchnabel kreiste. Auf meinem Schamhügel mit ihrer Zunge malte. Ein Abbild ihres Tattoos, da war ich mir vollkommen sicher. Schwer atmend öffnete ich meine Beine für sie.
Sie rieb ihr Gesicht ganz zart an meinen Schenkeln, bevor ihr heißer Atem auf meinem Geschlecht das Erreichen der finalen Position verkündete. Nach einer gefühlten Ewigkeit fühlte ich ihre Lippen, die sanft und zärtlich an meinem Kitzler saugten.
Immer weiter, unterbrochen nur von winzigen Pausen, in der ihre Zungenspitze den von ihren Fingern freigelegten Schwellkörper umtanzte, ohne ihn zu berühren. Sie saugte stärker, und ich hörte mich aufstöhnen.
Dann fing sie an, mich zu lecken. Ganz anders als sonst, langsam, spielerisch, hauchzart. Plötzlich ein überraschendes Abtauchen und Eindringen ihrer Zunge in meinem Scheideneingang. Gefolgt von langen, weichen Leck-Bewegungen über meine ganze Muschi. Links und rechts neben ihr. Sie hielt an, und ich mit ihr meinen Atem.
Nun spürte ich ein leichtes Flattern über meinen Kitzler, und krallte mich an dem Leinenlaken fest. Die Bewegung blieb, aber der Druck erhöhte sich etwas. Noch etwas mehr, aufstöhnend entließ ich meinen Atem. Sie wurde etwas langsamer, aber die Reibung stärker, und erst dann fühlte ich, wie erregt ich tatsächlich war. Und mich von Sekunde zu Sekunde näher und näher auf den Höhepunkt zubewegte.
Sie fühlte das auch, und ihr Verlangsamen deutete an, dass sie mich wieder verhungern lassen wollte. Wenn sie das wirklich geplant hatte, änderte sie plötzlich ihre Meinung, denn nun beschleunigte sie, und bescherte mir einen heftigen Höhepunkt, ehe ich mich von meiner Überraschung erholt hatte.
Sie presste ihre Zunge flach auf meine Möse, bis der Höhepunkt abgeklungen war und rieb dann ihr Gesicht daran. War im nächsten Moment verschwunden, kam zu meiner Verblüffung aber nicht zu mir hoch, sondern kletterte offenbar vom Bett. Ich wollte schon die Augenbinde anheben, als ich ihre Rückkehr auf der Matratze wahrnahm.
Sie hob meinen Kopf an, zögerte und richtete dann meinen ganzen Oberkörper auf. Knebelte meinen Mund, offenbar mit einem der neuen Tücher. Denn wie bei der Augenbinde roch und in diesem Fall schmeckte es auch irgendwie chemisch. Sie drückte mich wieder auf den Rücken und änderte ihre Position auf dem Bett.
Drei Finger drangen in mich ein und weiteten mit Drehbewegungen und Aufspreizen meinen Lustkanal. Der kurz darauf völlig von ihrer ganzen Hand ausgefüllt war. Die sie lange einfach nur stationär hielt, ohne jede Bewegung. Mir noch eine Atempause gönnte, bevor sie mich richtig rannahm.
Schneller, immer schneller. Nicht brutal, aber heftig. Ohne den Knebel hätte ich das Haus zusammengeschrien. Hatte ich das Gefühl, dass diesmal auch ihr alle Sicherungen durchgingen. Machte sie ungerührt weiter, als ich einen weiteren Höhepunkt erlebte, der allerdings schon als brutal bezeichnet werden konnte.
Sie machte noch minutenlang weiter, quälte mich, aber es gelang ihr nicht mehr, mich noch einmal zum Kommen zu bringen. Auch weil plötzlich in meinem ansonsten nur von wirren Gedanken schwirrenden Kopf sich die Ahnung manifestierte, dass dies das letzte Mal war, dass ich von ihr gefickt wurde. Verlor der Körper den Kampf gegen den Kopf, trotz ihrer wilden Stimulation.
Wurde die Binde nass vor Tränen, bis sie mitbekam, was mit mir los war. Sie hörte auf, zog vorsichtig ab und befreite mich schnell von der Augenbinde und mühsam von ihrem Knebel, weil sie es mit den Knoten zu gut gemeint hatte.
"Was ist, verdammt, habe ich dir wehgetan? Oh Angie..."
Ich schüttelte den Kopf und zog sie an mich. Presste ihren Körper auf meinen, dann meine Lippen auf ihre. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich beruhigt hatte. Und mich mit fast exakt demselben Programm von ihr verabschiedete.
***
Für Zärtlichkeiten blieb am Morgen keine Zeit, wir hatten den Alarm auf halb acht gestellt. Das reichte gerade noch zum schnellen Duschen, Anziehen und Packen der wenigen Sachen, die wir aus unseren Rucksäcken entfernt hatten.
Wir frühstückten nach dem Einchecken im Flughafen. Wir unterhielten uns kaum, auch während des über vierstündigen Fluges nicht besonders viel. Eine Erleichterung über das Verlassen der immer im Hintergrund schwelenden Gefahr wollte sich bei mir nicht einstellen. Dazu war die Trauer, jetzt in eine ungewisse Zukunft ohne sie zu fliegen, viel zu groß.
Ich weinte nicht, ich konnte nicht reden, fühlte mich einfach nur leer und ausgelaugt. Nicht einmal ihre Geste, bei der Landung meine Hand zu halten, berührte mich mehr. Nichts vom Rest des Weges, die Passkontrolle, das lange Warten auf unsere Rucksäcke, die Fahrt mit dem Bus zur U-Bahn-Station, hinterließ irgendeinen Eindruck.
Erst in der U-Bahn gab es den Ansatz des Gesprächs, das wir nun führen mussten.
"Ich muss dann gleich raus, damit ich in die S-Bahn nach Strausberg umsteigen kann", informierte ich sie.
Sie sah mich verzweifelt an. Nickte dann langsam, und wendete ihren Blick ab. Erst als ich aufstand, um den Rucksack aufzusetzen, stand sie mit mir auf, umarmte mich und gab mir einen letzten Kuss. Ich war wie sie unfähig, ein Wort des Abschieds zu finden. Ich taumelte aus der U-Bahn. Sah, wie meine Geliebte mit der anfahrenden U-Bahn aus meinem Gesichtsfeld verschwand.
Ich habe keinerlei Erinnerung mehr an die S-Bahn-Fahrt nach Strausberg. War wie betäubt, erwachte erst halbwegs, als ich vor der Haustür meines Elternhauses stand. Klingelte dann, weil mein Schlüssel im oberen Fach meines Rucksacks und nicht im kleinen Handgepäck war.
Meine Mutter öffnete die Tür, ihr freudiger Gesichtsausdruck machte schnell Bestürzung Platz.
"Wo ist Jara?", hörte ich sie noch fragen. Dann wischten meine Tränen in ihrer Umarmung alle weiteren Wahrnehmungen weg.
Ich saß eine Weile mit ihr in der Küche herum, sie versuchte mich zum Essen zu bewegen, aber ich kriegte nichts runter, trank nur einen Kaffee. Schaffte es auch nicht, ihr irgendetwas zu erklären. Sie begriff selbstverständlich trotzdem, was gerade passiert war. Drängte mich nicht, ihr etwas zu erzählen, spürte, dass ich das in diesem Moment nicht konnte.
Ich legte mich dann in meinem Zimmer auf mein Bett, und bekam einen langen Weinanfall. Den sie hören musste, weil ich es nicht einmal geschafft hatte, meine Tür zu schließen. Irgendwann hörte ich sie telefonieren, bestimmt mit meinem Vater. Nach dem langen Weinen wurde ich nicht nur ruhig, sondern auch müde und schlief übergangslos ein.
Ich wurde vom Streicheln meines Haares wach. Mein Vater hatte sich zu mir aufs Bett gesetzt und umarmte mich, als ich mich aufrichtete.
"Ach Papa..."
"Ich weiß, mein Schatz, ich weiß. Ich weiß alles."
Mein Kopfschütteln quittierte er mit einem Lächeln, das mich verwirrte.
"Doch, das tue ich. Wer Jara wirklich war, und was sie in ihrem Leben alles angestellt hat. Das war erst Zufall, weil ich im Internet nach weiteren Informationen über ihren Vater gesucht habe. Und dabei auf ihre Geschichte gestoßen bin. Schon während eurer ersten Woche in Marokko. So etwas geahnt hatte ich allerdings aber schon zuvor."
Fassungslos starrte ich ihn an.
"Alle weiteren Informationen habe ich dann kürzlich von einer anderen Quelle bekommen. Zumindest alle wichtigen. Wie dem auch sei, es war die richtige Entscheidung, dich von dieser Jara zu trennen. Das war keine Frau für dich. Sie hätte dich unglücklich gemacht."
Ich setzte zur Entgegnung an, aber er legte mir einen Finger auf den Mund.
"Du hast etwas Besseres verdient. Eine Frau, die nicht auf der Flucht ist. Der ihre Liebe zu dir wichtiger als alles andere ist. Keine gesuchte Verbrecherin, die sie zumindest de jure und de facto war. Jemand mit einer Zukunft. Vielleicht... eine begnadete Künstlerin, wie, sagen wir, zum Beispiel unsere Janka Horvoka hier?"
Wie vom Donner gerührt sah ich an seinem liebevoll lächelnden Gesicht vorbei zum Türeingang, wo Jara mit ihrem Rucksack und Reisetaschen stand.
"Darf ich?", fragte sie, aber meine Antwort wartete sie wieder nicht ab.
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