meine kleine Tochter (fm:Romantisch, 5999 Wörter)

Da stand ich nun am Bahnhof meiner Heimatstadt und hatte starke Schmerzen, körperliche Schmerzen, die ich kannte und mit denen ich leben konnte und seelische Schmerzen, die mich so etwa 2 Stunden vor dem Eintreffen in meine Heimatstadt wie ein wildes Tier angesprungen hatten und die mir mehr zusetzten als die Schmerzen meiner fast verheilten Verletzung. Der Verletzung, die mich zwang, aus dem aktiven Einsatz als Arzt in einer der größten Hilfsorganisationen der Welt auszuscheiden und mich wieder in meine Heimatstadt zu begeben und eine Stelle als Arzt zu suchen, nein anzunehmen.

Natürlich hatte mein vorheriger Arbeitgeber für mich gesorgt und mir eine gut dotierte Stelle an der Uni-Klinik meiner Heimatstadt besorgt und mir angeboten, mir bei der Wohnungssuche behilflich zu sein. Ich muss ehrlich sein, jetzt, wo ich auf dem Bahnsteig stehe, ist meine Euphorie verflogen und ich würde einfach weglaufen. Aus dieser Stadt einfach weglaufen. Ich könnte heulen, so haben mich meine Erinnerungen an mein Leben und meine große Liebe überrollt und niedergeschmettert.

Vor nunmehr fast 10 Jahren bin ich Hals über Kopf weggelaufen, nach einer sehr emotionalen Zusammenbruch durch Doris einfach weggelaufen. Damals war ich 28 Jahre alt, ein angehender leitender Arzt im städtischen Klinikum, verliebt bis über beide Ohren, wütend, enttäuscht, uneinsichtig und nicht im geringsten Gesprächsbereit.

Ich nahm das Angebot der Hilfsorganisation an und ging für erstmal 2 Jahre nach Afrika, in ein Camp in einer der Krisengebieten und arbeitete dort als Arzt. Die Arbeit war hart, so völlig anders, als in einem modernen Krankenhaus, nahm mich völlig in Beschlag, brachte mich dazu, wie eine Maschine zu arbeiten und auch zu leben. Lange Arbeitszeiten, schlafen vor Erschöpfung, davor manchmal die körperliche Stählung, Training der Selbstverteidigung, zu der uns mein Chef, der später mein Freund wurde, mit strenger Miene anhielt, nein zwang.

Ich hatte bald begriffen, dass es aus zwei Dingen richtig war. Erstens tat es nicht nur dem Körper gut, auch wenn es manchmal, gerade in der ersten Zeit, eine wirkliche Quälerei war und zweitens tat es der Seele gut. Ich lernte schnell, meine immer noch in mir tobenden Emotionen zu beherrschen und schnell und gezielt zu reagieren. Heute bin ich ein fast 39 Jahre alter, großer, schlanker Mann mit kurzen Haaren, jetzt mit einem gepflegten Dreitagebart, breiten Schultern, braungebrannt, fast schon verbrannt und wenn es an meinem Körper Falten gab, waren sie auf meiner Stirn beheimatet. Nur die noch recht große Narbe über den ganzen rechten Oberschenkel, noch höher gehend und das leichte Hinken störte die Gesamterscheinung.

Ihr werdet mich eingebildet finden, aber die Krankenschwestern, die junge Ärztin und meine Physiotherapeutinnen im Krankenhaus in Kapstadt haben es mir mehr als einmal gesagt, dass sie sich viel mehr als nur die Pflege vorstellen konnten und waren zu Beginn sehr erstaunt, dass ich so alt war, wie es nun mal war. Es waren aber auch sehr nette und schöne Frauen und als ich wieder so einigermaßen beweglich war, habe ich ihre Versuche genossen, mich zu fangen. Ja, es ging schon mal weit, sehr weit über das hinaus, was eigentlich ihre Aufgabe war.

Ich bin eben doch ein Mann, der noch recht in Form ist und der lange Zeit dort gelebt hat, wo Gewalt und Schrecken das Leben bestimmt. Nicht, dass ich dort wie ein Eunuch gelebt habe, aber ich bin ganz ehrlich, es gab weder viele Möglichkeiten noch viele weibliche Angebote. Frauen, die meine Aufmerksamkeit erregen konnten, waren fast alle aus dem Gebiet, in dem unser Camp lag, geflohen oder schwer traumatisiert. Und das nicht wegen mir oder meiner Truppe. Leider, wirklich leider, stumpft der Krieg die Menschen furchtbar ab und es gibt viele schwer geschädigte Männer unter den Kämpfern. Dazu kommt noch das Frauenbild dieser Menschen. Ich will nicht weiter darauf eingehen, aber wir haben schreckliche Dinge gesehen und auch behandeln müssen.

Es ist nur gut, dass ich gelernt habe, solche und ähnliche Dinge nicht zu dicht an mich ran kommen zu lassen. Ich meine emotional. Ich bin kein Arschloch, habe aber einen gesunden Selbsterhaltungstrieb.

Kurz zu meiner Vergangenheit. Ich bin in einer wirklich kaputten Familie aufgewachsen. Mein Vater, nicht Papa, war Anwalt, beruflich ein guter Anwalt, persönlich ein ausgesprochenes Arschloch, was ich schon früh merkte. Meine Mama war eine eigentlich schöne Frau, liebenswert, aber

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